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VwGH 22.09.1955, 1009/55

VwGH 22.09.1955, 1009/55

Entscheidungsart: Erkenntnis

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsidenten Dr. Guggenbichler und die Räte Dr. Höslinger, Dr. Borotha, Dr. Schimetschek und Penzinger als Richter, im Beisein des Sektionsrates Dr. Dolp als Schriftführer, über die Beschwerde des FW in A gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom , Zl. III a1 - 204/2, betreffend Kostenersatz in einer Wasserrechtsangelegenheit zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die mitbeteiligten P und RG in A, sind zur ungeteilten Hand schuldig, dem Beschwerdeführer die mit 212 S 82 g bestimmten Kosten des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Nach dem dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegenden Sachverhalt haben die mitbeteiligten P und RG im Sommer 1954 durch Umleiten des sogenannten W-bächleins auf das dem Beschwerdeführer gehörige Wiesengrundstück Nr. 844 dessen durch § 35 des Wasserrechtsgesetzes (kurz WRG) geschützte Rechte verletzt. Nach vergeblicher rechtsfreundlicher Abmahnung hat der Beschwerdeführer durch seinen Rechtsanwalt bei der Bezirkshauptmannschaft Schwaz gemäß § 35 des WRG beantragt, den Mitbeteiligten die Ableitung des Wasserlaufes auf sein Grundstück zu untersagen und sie gemäß § 106 Abs. 2 WRG zum Kostenersatz zu verpflichten. Nach einer an Ort und Stelle durchgeführten Verhandlung entschied die Bezirkshauptmannschaft in der Hauptsache im Sinne des Antrages des Beschwerdeführers, im Kostenpunkt sprach sie dem Beschwerdeführer jedoch lediglich die Barauslagen im Betrag von 13 S 50 g zu und wies das Mehrbegehren mit der Begründung ab, daß im wasserrechtlichen Verfahren kein Anwaltszwang bestehe und der Beschwerdeführer die Abänderung des natürlichen Abflusses des Wbächleins durch einen einfachen Antrag an die Bezirkshauptmannschaft hätte abwehren können.

Die im Kostenpunkt vom Beschwerdeführer erhobene Berufung wurde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid unter Bezugnahme auf die § 105 und 106 WRG sowie auf § 74 Abs. 2 AVG abgewiesen. In der Begründung ihres Bescheides schloß sich die belangte Behörde der Rechtsauffassung der ersten Instanz an und verwies darauf, daß das wasserrechtliche Verfahren auch von Amts wegen durchzuführen und keinerlei besonders verwickelte Rechtsverhältnisse dabei zu klären gewesen wären, sodaß es nicht unbedingt notwendig gewesen sei, einen Rechtsanwalt beizuziehen und einen an und für sich einfachen Streit zwischen Nachbarn dadurch zu verteuern. Ein Beweis, daß P und RG den Rechtsstreit leichtfertig oder mutwillig geführt hätten, sei nicht erbracht worden. Ein Ersatz der vom Beschwerdeführer für die Berufung angesprochenen Kosten wurde wegen der Erfolglosigkeit des Rechtsmittels nicht zugesprochen.

Gegen diesen Berufungsbescheid richtet sich die beim Verwaltungsgerichtshof wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Über sie wurde erwogen:

Die Frage der grundsätzlichen Verpflichtung der in der Hauptsache sachfällig gewordenen mitbeteiligten Parteien zum Kostenersatz an den Beschwerdeführer ist unbestritten. Denn es handelt sich bei der Abwehr eines nach § 35 WRG unzulässigen Eingriffes in die Rechte des Beschwerdeführers um keines der im § 106 Abs. 1 WRG angeführten Verfahren. Der Kostenersatz ist auch -

von einem vor Durchführung der Ortsverhandlung gestellten Beweisantrag abgesehen, für den Kosten nicht verzeichnet worden sind - fristgerecht vor Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides gestellt worden. Worüber der Verwaltungsgerichtshof aus Anlaß des heutigen Beschwerdefalles zu entscheiden hatte, ist lediglich die Frage, ob die belangte Behörde den zweiten Satz des § 106 Abs. 2 WRG richtig angewendet hat, wenn sie dem Beschwerdeführer die Zuerkennung der Kosten seiner anwaltlichen Vertretung deshalb verweigerte, weil sie sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht als notwendig ansah. Nun ergibt sich aus dem der Rechtssache zugrunde liegenden, aus den vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens ersichtlichen Sachverhalt, daß der Beschwerdeführer zur Anrufung der Behörde durch das rechtswidrige Verhalten der mitbeteiligten Parteien gezwungen war, die trotz anwaltlicher Abmahnung und Androhung weiterer Schritte dem Standpunkt des Beschwerdeführers nicht Rechnung getragen hatten. Daß er sich dabei der Hilfe eines Rechtsanwaltes bediente, der nach § 8 RAO zur Parteienvertretung auch vor Verwaltungsbehörden befugt ist, kann ihm nicht zum Vorwurf gemacht werden, zumal die Frage, welcher Weg - der Verwaltungsweg oder die Klage vor dem Zivilgericht - einzuschlagen war, keineswegs einfach zu entscheiden ist und nicht übersehen werden darf, daß die Beiziehung eines Rechtsanwaltes auch der zweckentsprechenden Vorbereitung des Verfahrens und dem Versuch einer gütlichen Beilegung auf Grund der vom Rechtsanwalt gewonnenen Einsicht in die rechtliche Situation dient und die Beiziehung eines Rechtsanwaltes somit auch zur Vermeidung überflüssiger Rechtsstreitigkeiten und, wenn dies nicht möglich ist, zur zweckentsprechenden Sammlung des Prozeßstoffes beizutragen geeignet ist.

Daß ein Anwaltszwang im Verwaltungsverfahren nicht besteht, worauf sich die Behörde besonders beruft, schließt keineswegs aus, daß die Partei berechtigt ist, sich auch in solchen Fällen eines Anwaltes zu bedienen und unter den Voraussetzungen des § 106 Abs. 2 WRG hiefür Kostenersatz begehren kann. Da sich die anwaltliche Vertretung vorliegend auf die notwendigsten Verfahrensschritte zur Geltendmachung des Rechtsanspruches des Beschwerdeführers im wasserrechtlichen Verfahren vor der Verwaltungsbehörde beschränkte, kann nicht gesagt werden, daß sie das zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendige Maß überschritten hätte. Angesichts dieser Beschränkung des Prozeßaufwandes bezüglich der Vertretung des Beschwerdeführers durch seinen Rechtsanwalt auf das notwendigste Maß spielte die Frage, inwieweit die Führung des Rechtsstreites durch die Mitbeteiligten etwa als leichtfertig oder mutwillig anzusehen war, keine Rolle. Da die belangte Behörde die Rechtslage in diesem Punkt unrichtig beurteilt hat, mußte ihr Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG als rechtswidrig aufgehoben werden. Sie wird bei dem von ihr unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofes zu erlassenden Ersatzbescheid auch auf die in der Berufung des Beschwerdeführers verzeichneten Kosten Bedacht zu nehmen haben.

Die Entscheidung über die Kosten des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens beruht auf § 47 Abs. 1 VwGG, wobei der Verwaltungsgerichtshof dem in der Beschwerde angesprochenen, auf Grund sinngemäßer Anwendung des Rechtsanwaltstarifes für das zivilgerichtliche Verfahren berechneten und von ihm für angemessen erachteten Kostenbetrag noch die Barauslagen für die Stempel für drei weitere Beschwerdeausfertigungen im Betrage von 18 S zuzuschlagen hatte.

Wien, am

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Norm
WRG 1959 §123 Abs1 impl;
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1955:1955001009.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
UAAAF-53620