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VwGH 30.01.1973, 1004/72

VwGH 30.01.1973, 1004/72

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssatz


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Normen
RS 1
Bei Gewinnermittlung gem § 4 Abs 3 EStG 1967 kann eine Rentenzahlung nur so behandelt werden, daß die Rentenverpflichtung als Schuldpost passiviert und die Rentenzahlung (auch die darin enthaltene Zinsentangente) solange gewinneutral behandelt wird, als die Schuldpost nicht erschöpft ist. Erst wenn die tatsächlichen Rentenzahlungen die gebildete Schuldpost übersteigen, sind sie insoweit (und zwar zur Gänze) Betriebsausgaben.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schimetschek und die Hofräte Hofstätter, Mag. DDr. Heller, Dr. Simon und Dr. Seiler als Richter, im Beisein des Schriftführers Finanzoberkommissär Dr. Leitner, über die Beschwerde des ES in W, vertreten durch Dr. Peter Pewny, Rechtsanwalt in Wien I, Graben 12, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Berufungssenat V, vom , Zl. 6-2883/70, betreffend Einkommensteuer 1965 bis 1967, nach durchgeführter Verhandlung, und zwar nach Anhörung des Vortrages des Berichters sowie der Ausführungen des Vertreters der Beschwerde, Rechtsanwalt Dr. Peter Pewny, und des Vertreters der belangten Behörde, Oberfinanzrat Dr. FP, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland) Aufwendungen in der Höhe von S 1.300,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist Steuerberater und übernahm 1965 seine Kanzlei von einem anderen Steuerberater gegen Leibrente. Den Gewinn ermittelt der Beschwerdeführer gemäß § 4 Abs. 3 EStG. Die übernommene Leibrentenverpflichtung bzw. die Zahlung der Renten behandelte der Beschwerdeführer so, daß er den Rentenbarwert nach versicherungsmathematischer Methode mit S 334.862,-- ermittelte, diesen Betrag als Firmenwert auswies und davon in den Streitjahren jährlich 10 % als Absetzung für Abnutzung (AfA) geltend machte. Weiters bewertete der Beschwerdeführer in den Streitjahren jeweils zum Jahresende den Barwert der Rentenschuld neu und wies die Verminderung der Rentenschuld als sonstige Erlöse aus; die Rentenzahlungen wurden in voller Höhe als Betriebsausgaben gewinnmindernd verrechnet.

In den Einkommensteuerbescheiden 1965 bis 1967 vertrat das Finanzamt - der Rechtsauffassung des Prüfers anläßlich einer Betriebsprüfung folgend - den Standpunkt, daß die Berechnung des Rentenbarwertes nicht versicherungsmathematisch, sondern nach den Vorschriften des Bewertungsgesetzes zu erfolgen habe. Dementsprechend verminderte es die AfA vom Firmenwert. Außerdem sei die jährliche Neubewertung der Rentenschuld und die Behandlung der Schuldminderungen als Erträge sowie die der Rentenzahlungen als Betriebsausgaben nur bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG (Bestandsvergleich) zulässig. Die Rentenzahlungen seien solange nicht gewinnmindernd absetzbar, als die ursprünglich ermittelte Rentenschuld nicht überstiegen werde, da die Zahlungen nur eine Betriebsvermögensumschichtung darstellten.

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde der Berufung gegen diese erstinstanzlichen Abgabenbescheide insofern Folge gegeben, als sie den Rentenbarwert in Übereinstimmung mit dem Beschwerdeführer nicht nach den Vorschriften des Bewertungsgesetzes ermittelte. Sie ermittelte die Rentenschuld vielmehr in Übereinstimmung mit dem Beschwerdeführer nach versicherungsmathematischer Methode mit S 334.862,--, setzte diesen Betrag, gleich dem erworbenen Firmenwert und nahm davon eine 10 %ige AfA vor. Darüber hinaus versagte die belangte Behörde der Berufung den Erfolg:

Die belangte Behörde wies zunächst auf den Unterschied zwischen der Gewinnermittlung durch Einnahmen-Ausgabenrechnung und der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich hin. Bei der ersteren würden Forderungen und Schulden grundsätzlich nicht berücksichtigt. Der Erwerb eines Betriebes (Kanzlei) oder eines einzelnen Wirtschaftsgutes gegen Leibrente stelle ein Rechtsgeschäft mit schuldrechtlicher Komponente dar. Schuldaufnahme und Schuldtilgung seien daher bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG keine Einnahmen bzw. Ausgaben. Der Kapitalwert der Rente (Rentenbarwert) stelle demnach die Anschaffungskosten der erworbenen Wirtschaftsgüter dar, von denen die AfA zu berechnen sei. Die Tilgung der anläßlich des Erwerbes ermittelten Rentenschuld stelle daher grundsätzlich keine Betriebsausgabe dar. Eine solche liege erst dann vor, wenn die Summe der Rentenzahlungen die seinerzeit ermittelte Rentenschuld (Rentenbarwert) übersteige. Der Beschwerdeführer vermöge für seinen Standpunkt aber auch nichts zu gewinnen, wenn er darauf hinweise, daß Rentenzahlungen bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG zu keinem anderen Ergebnis führen dürften; als sich bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG ergäbe. Diese Gleichstellung betreffe ja nicht die einzelnen Wirtschaftsjahre, sondern den gesamten, sich im Regelfall über Jahrzehnte erstreckenden Zeitraum, in dem der Gewinn nach einer der beiden Methoden ermittelt worden sei. Erst beim Übergang zur Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG werde durch die Ermittlung von Zu- oder Abschlägen der Vermehrung oder Verminderung des Betriebsvermögens während der Periode der vereinfachten Gewinnermittlung Rechnung getragen und die Angleichung steuerlicher Vorgänge bei beiden Gewinnermittlungsmethoden hergestellt. Ähnliches geschehe bei der Betriebsveräußerung, wobei der Einnahmen-Ausgabenrechner verhalten sei, eine Vermögensaufstellung nach den Vorschriften des § 6 EStG zu errichten. Es seien dies Ausnahmeregelungen, die bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG nur unter bestimmten Voraussetzungen Platz greifen. Die vom Beschwerdeführer gewählte Methode der Rentenverrechnung würde zu einer Verwischung der Grenzen. zwischen den einzelnen Gewinnermittlungswerten führen und eine durch das Gesetz nicht gedeckte weitere Ausnahme darstellen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde. Der Beschwerdeführer wirft der belangten Behörde vor, sie habe übersehen, daß sich jede Rente aus zwei Komponenten zusammensetze, aus dem Schuldtilgungsbetrag und den Zinsen für die Stundung der Zahlung. Im Beschwerdefall ergebe das einen gesamten Rentenbarwert von S 457.792,--. Richtigerweise habe die Berufungsbehörde im angefochtenen Bescheid diesen Rentenbarwert mit 4 % abgezinst und sei hiedurch zu der unbestrittenen Summe von S 334.862,-- gekommen. Der Unterschied zwischen dem nicht abgezinsten und dem abgezinsten Kapitalwert, nämlich S 122.930,--, stelle Zinsen dar. Die belangte Behörde habe also anerkannt, daß die vom Beschwerdeführer gezahlte Leibrente einen Zinsenteil enthalte. Diese Abzinsung gereiche dem Beschwerdeführer aber steuerlich zum Nachteil. Hätte in dem angefochtenen Bescheid die Abzinsung nämlich nicht stattgefunden, so müßte die jährliche AfA von einer Basis von S 457.792,-- erfolgen. Es sei „unverständlich und durchaus unzulässig“, daß die belangte Behörde einerseits den Rentenbarwert zum Nachteile des Beschwerdeführers abzinse, andererseits jedoch den Zinsenbetrag dort, wo er dem Beschwerdeführer zum Vorteil gereiche, nämlich als nichtschuldtilgenden Rentenbestandteil, nicht anerkennen wolle. Es stehe fest, daß zwar nicht die Rückzahlung eines zur Anschaffung von Wirtschaftsgütern aufgenommenen Darlehens gewinnmindernd wirke, wohl aber die Zinsen für das Darlehen. Beim Kauf auf Leibrente liege nichts anderes als ein Ratenkauf vor, der auf die Zinsen entfallende Teil der Raten sei als gewinnmindernd anzuerkennen. Der Verwaltungsgerichtshof habe schon im Erkenntnis vom , Zlen. 874/55 und 875/55, diese Rechtsansicht anerkannt und im zitierten Fall nur wegen der Ungewißheit des jeweiligen Rentenausmaßes eine gesonderte gewinnmindernde Zinsenberechnung abgelehnt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

Bei der Beurteilung des Beschwerdefalles ist in erster Linie von dem wesentlichen Unterschied zwischen der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich (§ 4 Abs. 1 und § 5 EStG) und durch Gegenüberstellung von Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben (§ 4 Abs. 3 EStG) auszugehen. Bei der zuletzt genannten Gewinnermittlungsart, die der Beschwerdeführer seiner Gewinnberechnung unbestrittenermaßen zugrunde legt, werden grundsätzlich nur die tatsächlich in Geld bestehenden oder in Geldwert zu veranschlagenden Betriebseinnahmen den in Geld oder Geldwert bestehenden Betriebsausgaben gegenübergestellt. Änderungen im Werte des Betriebsvermögens, die nicht in einer Geldbewegung ihren Niederschlag finden, bleiben (sieht man von der AfA ab) unberücksichtigt. Bereits daraus folgt, daß der Beschwerdeführer nicht im Recht ist, wenn er trotz der von ihm vorgenommenen sogenannten Überschußrechnung gewinnmäßige Auswirkungen aus einer unterschiedlichen Bewertung seiner Rentenschuld ziehen möchte, denn die Behandlung der Rente durch den Beschwerdeführer läuft letztlich auf einen sogenannten partiellen Betriebsvermögensvergleich hinaus, welcher im Sinne des hg. Erkenntnisses vom , Zl. 2132/71, bei Einnahmen-Ausgabenrechnern nicht zulässig ist.

Der Beschwerdeführer verweist darauf, daß der Verwaltungsgerichtshof auch bei Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG die in Rückzahlungen von betrieblichen Darlehen enthaltenen Schuldzinsen als Betriebsausgaben anerkennt. Das ist richtig. Die weitere Schlußfolgerung, für Rentenzahlungen aus einer kapitalisierten Rentenschuld könne nichts anderes gelten, ist jedoch nicht stichhältig. Zwar ist dem Beschwerdeführer einzuräumen, daß es der Natur der Anschaffung eines Wirtschaftsgutes nicht gegen einen einmaligen Kaufpreis, sondern gegen lebenslängliche Leibrente entspricht, die einzelnen Rentenleistungen nicht bloß als Kapitaltilgungen eines unverzinslichen Kapitals anzusehen. Vielmehr trifft zu, daß je nach Lebenserwartung des Berechtigten und Zinsfuß ein Teil der laufenden Rentenzahlungen wirtschaftlich als Zins zu betrachten ist. Der Beschwerdeführer verkennt jedoch das Wesen der mit der vereinfachten Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG beabsichtigten globalen Gewinnermittlung, die in der dem Gesetzgeber vorschwebenden typischen Betrachtung gelegen ist, daß auf lange Sicht das Ergebnis eines Betriebsvermögensvergleiches dem einer Geldüberschußrechnung (zumindest annähernd) gleichkommen wird. Die Natur dieser vereinfachten Ermittlung des steuerpflichtigen Gewinnes schließt aber diffizile Gewinnermittlungsmethoden, die ordnungsmäßige Buchführung und regelmäßigen Bestandsvergleich voraussetzen, aus. Daran ändert nichts, daß zur Vermeidung allzugroßer Diskrepanzen in bestimmten Fällen auch bei der „Überschußrechnung“ Angleichungen an das dem Betriebsvermögensvergleich entsprechende Ergebnis vorgenommen werden, so bei der Anwendung der für die AfA geltenden Grundsätze, bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinnes und beim Übergang von der Gewinnermittlung durch Einnahmen-Ausgabenrechnung zur Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich. Der Beschwerdeführer ist daher nicht berechtigt - wie er das in der Beschwerde erstmalig begehrt den in den Rentenzahlungen rechnerisch enthaltenen Zinsenanteil als Betriebsausgaben zu verrechnen.

Die vorstehenden Überlegungen haben den Verwaltungsgerichtshof in den Erkenntnissen vom , Zl. 322/65, und vom , Zl. 79/71, bewogen, die Rechtsmeinung zu vertreten, daß bei der steuerlichen Behandlung von Rentenzahlungen die Minderung der Rentenschuld bei Einnahmen-Ausgabenrechnern unberücksichtigt zu bleiben hat, sodaß in der Rentenzahlung solange keine Betriebsausgabe zu erblicken ist, als der Wert der kapitalisierten Rentenschuld nicht überschritten wird. Von der in jenen Erkenntnissen zum Ausdruck gebrachten Rechtsauffassung abzuweichen, findet der Verwaltungsgerichtshof aus Anlaß des Beschwerdefalles keinen Grund.

Wenn der Beschwerdeführer zur Stützung seines Vorbringens auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 1777/61, verweist, so ist damit für ihn deswegen nichts gewonnen, weil in jenem Beschwerdefall lediglich ausgesprochen worden ist, daß bei der buchmäßigen Ermittlung eines Gewinnes anläßlich der Veräußerung eines teilweise privat genutzten Personenkraftwagens kein Unterschied zwischen den Gewinnermittlungsarten besteht. Es handelte sich somit um einen, vom Sachverhalt und von der zu beurteilenden Rechtsfrage her betrachtet, mit dem Beschwerdefall keineswegs zu vergleichenden Rechtsfall. Ebenso spricht auch das hg. Erkenntnis vom , Zl. 644/61, nicht für den Beschwerdestandpunkt. Zwar hat der Verwaltungsgerichtshof dort ausgesprochen, daß die Behandlung der Renten bei Betriebsvermögensvergleich und Einnahmen-Ausgabenrechnung die gleiche sein müsse. Das ist jedoch im Sinne der vorstehenden Ausführungen nur so zu verstehen, daß auf lange Sicht und im Endergebnis der gleiche Erfolg zu resultieren hat. Daß in jeder einzelnen Besteuerungsperiode tatsächlich dasselbe ziffernmäßige Ergebnis auszuweisen ist, ist dem Erkenntnis nicht zu entnehmen und wäre wegen des grundsätzlichen Unterschiedes zwischen den Gewinnermittlungsarten nicht vertretbar.

Der Beschwerdeführer beruft sich schließlich auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 874, 875/55, Slg. Nr. 1459/F. In dem jenem Erkenntnis zugrunde liegenden Beschwerdefall hat der Erwerber eines Betriebes an die Witwe seines Betriebsvorgängers eine lebenslängliche Rente in der Höhe von 15 v. H. des jeweiligen Jahresumsatzes zu entrichten gehabt. Der Verwaltungsgerichtshof hat zu dem Begehren des damaligen Beschwerdeführers, es sei zumindest jener Teil der Rentenzahlung, der der Zinsentangente entspricht, als Betriebsausgabe abzuziehen, die Meinung vertreten, daß bei diesem Sachverhalt naturgemäß auch eine gesonderte Zinsenberechnung im Hinblick auf die Ungewißheit des jeweiligen Rentenausmaßes unterbleiben mußte. Daraus kann der Beschwerdeführer aber nicht ableiten, daß bei Bestimmtheit der Rentenhöhe eine Berücksichtigung von rechnerischen Zinsen zulässig wäre. Die wiedergegebenen Ausführungen im zitierten Erkenntnis sind vielmehr nur als zusätzliches Argument für die Nichtberücksichtigung von Zinsen zu verstehen.

Somit erweist sich die vorliegende Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom , BGBl. Nr. 427, insbesondere auf Art. IV Abs. 2 der Verordnung.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
Sammlungsnummer
VwSlg 4487 F/1973;
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1973:1972001004.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
CAAAF-53600