VwGH 10.11.1971, 0959/70
Entscheidungsart: ErkenntnisVS
Rechtssatz
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen | |
RS 1 | Pensionleistungen an Gesellschafter-Geschäftsführer einer Personengesellschaft sind Teil des Gewinnes. Für eine solche Vergütung, die keine Betriebsausgabe darstellt, kann keine Rückstellung gebildet werden. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dkfm. DDr. Dorazil und die Hofräte Dr. Eichler, Dr. Kaupp, Dr. Frühwald, Hofstätter, Dr. Schima, Dr. Karlik, Dr. Simon und Dr. Kirschner als Richter, im Beisein der Schriftführer Bezirksrichter Dr. Gerhard und Finanzkommissär Dr. Leitner, über die Beschwerde der H-KG in W, vertreten durch Dr. Viktor Straberger, Rechtsanwalt in Wels, Maria-Theresien-Straße 4, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich, Berufungssenat I, vom , 14/30/2-BK/W-1968 betreffend einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften für das Jahr 1966, nach durchgeführter Verhandlung, uzw nach Anhörung des Vortrages des Berichters sowie der Ausführungen des Vertreters der Beschwerde, Rechtsanwalt Dr. Viktor Straberger und des Vertreters der belangten Behörde, Wirkl. Hofrat Dr. KG, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund (Finanzlandesdirektion für Oberösterreich) Aufwendungen in der Höhe von S 1.228,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Rechtsverhältnisse der Beschwerdeführerin, einer Kommanditgesellschaft, wurden im Gesellschaftsvertrag vom dahin zusammengefaßt, daß die Gesellschaft künftig aus den persönlich haftenden Gesellschaftern FH jun. und Dr. KH, die je allein auch zur Geschäftsführung und Zeichnung berechtigt sind, ferner aus den Kommanditisten FH sen., BH und HA besteht, wobei letzterer auch zum allein zeichnungsberechtigten Prokuristen bestellt wurde. Jeder persönlich haftende Gesellschafter hat (lt Punkt XXIII des Vertrages) mit Vollendung des 65. Lebensjahres einerseits das Recht, sich aus dem Geschäftsbetrieb zurückzuziehen, und andererseits dann als Konsulent ebenso wie im Falle des dauernden Verlustes der vollen Arbeitsfähigkeit das Recht auf den weiteren Bezug von drei Fünfteln des letzten von ihm bezogenen Unternehmerlohnes, dies allerdings nur solange, bis mindestens drei Fünftel seines Kapitalanteiles "seitens dieses Familienstammes" bei der Gesellschaft verbleiben. Auch dem Kommanditisten und Prokuristen HA steht es (lt Punkt XXVI des Vertrages) mit Vollendung des 65. Lebensjahres oder bei Verlust der vollen Arbeitsfähigkeit frei, seine Tätigkeit in der Gesellschaft zu beenden. Es wurde ihm für diesen Fall eine Zusatzrente versprochen, die zusammen mit der von ihm freiwillig fortzusetzenden Angestelltenversicherung auch ihm drei Fünftel des letzten Unternehmerlohnes sichert. In einer Gesellschafterbesprechung vom wurde rechtsverbindlich festgelegt, daß die Punkte XXIII und XXVI des Gesellschaftsvertrages vom bezüglich der Festlegung einer Altersrente für die geschäftsführenden Teilhaber in dem Sinne zu verstehen sind, daß eine solche Rente als eine bevorrechtete Forderung zu gelten hat. Dies gilt auch für den Fall eines Konkurses und einer Auflösung des Gesellschaftsverhältnisses oder eines vorzeitigen Austrittes. Ein späterer "Nachtrag zum Gesellschaftsvertrag" vom , der die oben dargestellten Vertragsbestimmungen teilweise modifiziert, kommt für den in Streit stehenden Abgabenzeitraum (1965/66) nicht in Betracht.
In ihrer Bilanz zum setzte die Beschwerdeführerin unter der passiven Rechnungsabgrenzung "Pensionsrückstellung" S 552.770,-- ein und rechnete in der Erfolgsrechnung 1965/66 dem Bilanzgewinn einen Betrag von S 167.137,-- für "nichtabzugsfähige Pensionsrückstellung" zu. In der von ihr beigelegten "Bilanzbeschreibung 1965/66" gab sie unter "Punkt 22, Pensionsrückstellung 1965/66" die Erläuterung, sie habe im laufenden Geschäftsjahr für ihre Gefolgschaft und für ihre Gesellschafter einen Pensionsfonds gegründet. Die Berechnung der Pensionsrückstellung sei von einem Versicherungsmathematiker vorgenommen worden. Da die Gesellschafter für sich selbst keine Rücklage bilden könnten, seien verschiedene Beträge aus der Rücklage auszuscheiden und als Privatentnahme der betreffenden Gesellschafter zu behandeln gewesen.
Im Zug einer Betriebsprüfung, die sich ua auf die einheitliche Gewinnfeststellung und die Gewerbesteuer für 1966 bezog, nahm der Prüfer den Standpunkt ein, die bei der Beschwerdeführerin vorliegende Art der Altersversorgung bei Familienpersonengesellschaften (die 4%ige Beteiligung des Kommanditisten HA könne in diesem Zusammenhang ausgeklammert werden) gegenüber ihren Gesellschafter-Geschäftsführern sei als außerbetriebliche Versorgung anzusehen, die Bildung einer Rückstellung aus diesem Titel daher steuerlich nicht zulässig. Aber selbst bei Vorliegen der sachlichen Voraussetzung für die Bildung der Rückstellung wäre noch zu berücksichtigen, daß die Belastung eines Gesellschafter-Geschäftsführers durch Versorgungsansprüche anderer Gesellschafter-Geschäftsführer nur insoweit anerkannt werden könne, als sie den Wert des eigenen Rechtes übersteige. Das zuständige Finanzamt schloß sich diesem Rechtsstandpunkt an und versagte der vorgenommenen Rückstellung für die vereinbarte Altersversorgung der Gesellschafter die Anerkennung, weil in dieser Rückstellung eine Einkommensverwendung zu erblicken sei, die den steuerlichen Gewinn nicht beeinträchtigen könne. Dementsprechend setzte es den Gewinn der Beschwerdeführerin aus Gewerbebetrieb für 1966 sowie die Anteile der Gesellschafter an den gemeinschaftlichen Einkünften fest.
Dagegen erhob die Beschwerdeführerin Berufung. Sie könne der Feststellung des Finanzamtes, es handle sich um eine "Familiengesellschaft", nicht beipflichten, weil der Gesellschaft schon seit Jahren ein familienfremder Gesellschafter (HA) angehöre. Es sei auch in nächster Zeit wieder mit einer Vermehrung der Gesellschafter durch Hereinnahme besonders verdienter Arbeiter oder Angestellter zu rechnen. Gerade diese Umstände hätten die Gesellschafter bewogen, auch für sich selbst eine Pensionsrückstellung durchzuführen. Die Voraussetzungen für die Anerkennung der Pensionsrückstellung, nämlich das Vorliegen eindeutiger schriftlicher Vereinbarungen über unwiderrufliche Ansprüche und Verpflichtungen, die Tatsache, daß Steuerumgehungen nicht geplant seien, und der Umstand, daß der Gesellschafter den auf ihn selbst entfallenden Anteil seiner Pensionsrückstellung nicht als Betriebsausgabe geltend machen könne, seien im gegebenen Fall erfüllt. Die Ansicht des Betriebsprüfers, die Belastung des einen Gesellschafter-Geschäftsführers durch Versorgungsansprüche anderer Gesellschafter-Geschäftsführer sei nur insoweit anzuerkennen, als sie den Wert des eigenen Rechtes übersteige, setze voraus, daß diese Rechte aktiviert würden. Die Aktivierung von Pensionsansprüchen lehne die Rechtsprechung aber einheitlich ab, weshalb beantragt werde, der Berufung "voll stattzugeben", dh von der vom Finanzamt vorgenommenen Zurechnung der Pensionsrückstellung vom Gewinn abzusehen.
Die belangte Behörde ließ sich von der Beschwerdeführerin zunächst eine Ergänzung des versicherungsmathematischen Gutachtens über die Höhe der Pensionsrückstellungen mit Stichtag vorlegen und hat sodann mit Bescheid vom der Berufung teilweise Folge gegeben. Sie ist in ihren Entscheidungsgründen davon ausgegangen, es sei der Beschwerdeführerin zuzugeben, daß nach Punkt XXIII des Gesellschaftsvertrages vom zwei Zusagen vorliegen, nämlich 1.) eine solche auf das Recht der persönlich haftenden Gesellschafter, im Fall als sie sich mit Vollendung des 65. Lebensjahres von der Tätigkeit im Betriebe zurückziehen, weiterhin als Konsulent gegen ein vermindertes Entgelt (drei Fünftel des letztbezogenen Unternehmerlohnes) tätig sein zu können und 2.) eine weitere auf eine Invaliditätsrente für den Fall des dauernden Verlustes der vollen Arbeitsfähigkeit in der Höhe von gleichfalls drei Fünftel des letztbezogenen Unternehmerlohnes. Zu einer rückstellungsfähigen und rückstellungspflichtigen Pension könne nur die unter
2.) bezeichnete Verpflichtung führen. In der rechtsverbindlichen Feststellung der Gesellschafter anläßlich der Gesellschafterbesprechung vom sei eine Erweiterung der ursprünglich gegebenen Zusage auf eine Alters- und Witwenversorgung der beiden Gesellschafter-Geschäftsführer zu erblicken. Die Zuführung zur Pensionsrückstellung für die beiden Gesellschafter-Geschäftsführer könne in der Bilanz der Beschwerdeführerin zum aber jedenfalls nur in Höhe der Unterschiede der versicherungsmathematisch errechneten Deckungskapitalien (Gegenwartswerte) zu Beginn und am Ende des Wirtschaftsjahres 1965/66 vorgenommen werden, während eine Nachholung von Zuführungen, die in früheren Wirtschaftsjahren unterlassen wurden, unzulässig sei. Der bezeichnete Unterschiedsbetrag belaufe sich nach dem Ergänzungsgutachten des Sachverständigen für den Gesellschafter-Geschäftsführer FH auf
S 158.850,-- und für den Gesellschafter-Geschäftsführer Dr. KH auf
S 125.360,--. Auch die Zuführung zur Pensionsrückstellung für den Gesellschafter-Prokuristen HA könne nur in der Höhe des Unterschiedes des versicherungsmathematisch errechneten Deckungskapitals zu Beginn und am Ende des Wirtschaftsjahres 1965/66 erfolgen, der nach dem Gutachten
S 23.490,-- betrage. Im übrigen sei eine Pensionszusage, die als Entgelt für eine Tätigkeit des Gesellschafters zugunsten der Gesellschaft gegeben werde und die nicht auf der persönlichen Fürsorge der anderen Gesellschafter beruhe, steuerlich auch unter Familienangehörigen anzuerkennen. Im vorliegenden Fall handle es sich bei den erteilten Pensionszusagen um solche, die auch einem Familienfremden gegeben worden wären, sodaß - im Gegensatz zur Auffassung des Finanzamtes - keine Vermutung für das Vorliegen einer außerbetrieblichen Versorgung streite. Im übrigen sei es richtig, daß der pensionsberechtigte Gesellschafter-Geschäftsführer nicht verpflichtet sei, die Pensionsanwartschaft zu aktivieren. Dies gelte jedoch nur mit der Einschränkung, daß Pensionsrechte und Pensionsverpflichtungen der Gesellschafter-Geschäftsführer als eine wirtschaftliche Einheit angesehen werden müssen. Die Belastung eines Gesellschafter-Geschäftsführers durch Pensionsansprüche anderer Gesellschafter-Geschäftsführer könne also nur insoweit anerkannt werden, als sie den Wert seines eigenen Rechtes übersteige. Pensionszusagen an Gesellschafter-Prokuristen seien ebenso zu beurteilen wie die den Gesellschafter-Geschäftsführern gegebenen Zusagen. Von dieser Rechtsauffassung ausgebend errechnete die Finanzlandesdirektion für den Gesellschafter FH einen in der Teilbilanz abzugsfähigen Betrag von
S 4.921,--, für den Gesellschafter Dr. KH einen solchen Betrag in der Höhe von S 22.336,--, für den Kommanditisten HA ergab sich kein abzugsfähiger Betrag.
Gegen diesen Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene vorliegende Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem verstärkten Senate seine in den Erkenntnissen vom Slg 844(F) und vom Slg 2970(F) bezüglich der Zulässigkeit der Bildung von Pensionsrückstellungen für Gesellschafter-Geschäftsführer vertretene Rechtsansicht nicht mehr aufrechterhalten.
Die zugesagte Pensionsleistung stellt eine Vergütung für eine Tätigkeit im Dienste der Gesellschaft dar, die gem § 15 Abs 1 Z 2 EStG zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb gehört. Diese Bestimmung geht davon aus, daß alles, was der Gesellschafter einer Personengesellschaft von der Gesellschaft für eine Tätigkeit im Dienste der Gesellschaft erhält, Teil des Gewinnes der Gesellschaft ist, wobei es nicht darauf ankommt, wann diese Tätigkeit ausgeübt wird, sondern wann die Vergütung ausgezahlt wird. Ebensowenig wie die gezahlte Vergütung den Gewinn der Gesellschaft mindern kann, ist es auch nicht zulässig, für eine solche Vergütung, die keine Betriebsausgabe darstellt, eine Rückstellung zu bilden.
Pensionszusagen, die sich Gesellschafter einer Personengesellschaft gegenseitig machen, sind nur insoweit rechtlich einzulösen, als die für die Erfüllung dieser Zusagen erforderlichen. Mittel in den von der Gesellschaft erzielten Gewinnen ihre Deckung finden; denn zu Lasten Dritter (der Gläubiger des Gesellschaftsunternehmens) können sich Gesellschafter nach der sie handelsrechtlich treffenden Verantwortung nicht Pensionen zusagen. Daraus ergibt sich, daß Vereinbarungen zwischen den Gesellschaftern, die derartige Zusagen enthalten, nichts anderes sind, als Vereinbarungen darüber, in bestimmten Zeiträumen erzielte Gewinne nicht sogleich, sondern erst nach Eintritt bestimmter Ereignisse (Invalidität eines Gesellschafters oder Erreichen einer bestimmten Altersgrenze) in der in den Pensionszusagen festgelegten Art und Weise auf einen oder mehrere der Gesellschafter auszuschütten. Solche Vereinbarungen sind daher nichts anderes als Vereinbarungen über eine besondere Art der Gewinnverteilung. Durch eine solche Pensionsvereinbarung wird die Gewinnverteilung des einen Zeitraumes zugunsten der Gewinnverteilung in einem späteren Zeitraum korrigiert. Für eine solche Korrektur sind aber die Einrichtungen der Rückstellung, der Wertberichtigung oder der Erfolgsabgrenzung, die das Bestehen von Forderungen und Schulden voraussetzen, nicht gedacht (vgl. d BFH vom BStBl. III S 222).
Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid Rückstellungen für Pensionszusagen an die Gesellschafter-Geschäftsführer - wenn auch nicht in dem von der Beschwerdeführerin begehrten Ausmaß - zugelassen. Da aber nach dem oben Gesagten auf die Anerkennung solcher Rückstellungen kein Rechtsanspruch bestand, konnte die Beschwerdeführerin durch das Vorgehen der belangten Behörde in keinem Recht verletzt worden sein, sodaß die Beschwerde gem § 42 Abs 1 VwGG 1965 als unbegründet abzuweisen war.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG 1965 und auf der V d BKA vom BGBl. 4.
Wien, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen | |
Sammlungsnummer | VwSlg 4307 F/1971; |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1971:1970000959.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
FAAAF-53531