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VwGH 17.09.1976, 0934/75

VwGH 17.09.1976, 0934/75

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Normen
BAO §6 Abs1
GrEStG 1955 §17 Z4
RS 1
Bei der den im Abschnitt 39 des Ankommens über den Amtssitz der IAEO, BGBl Nr 1958/082, genannten Personen eingeräumten Befreiung von der Grunderwerbsteuer handelt es sich um eine PERSÖNLICHE Abgabenbefreiung. Kommt eine solche Abgabenbefreiung dem Käufer eines Grundstückes zugute, so darf in einem solchen Fall die Abgabenbehörde auf Grund der Bestimmung des § 17 Z 4 GrEStG den Verkäufer als Gesamtschuldner zur Steuerleistung heranziehen.
Norm
BAO §209 Abs1
RS 2
Die Verjährung des Bemessungsrechtes (§ 209 Abs 1 BAO) wird auch durch eine Handlung unterbrochen, die nicht gegen die schließlich als Abgabenschuldner in Anspruch genommene Person gerichtet ist (hier: die gegen den von der Grunderwerbsteuer befreiten Käufer eines Grundstückes gerichteten Unterbrechungshandlungen der Abgabenbehörde sind auch gegen den schließlich als Abgabenschuldner in Anspruch genommenen Verkäufer des Grundstückes wirksam).
Normen
BAO §20
BAO §6 Abs1
RS 3
Die Heranziehung eines von mehreren Gesamtschuldnern zur Steuerzahlung ist eine Ermessensentscheidung; für eine solche bleibt aber kein Raum, wenn, nachdem sich die Zahlungsunfähigkeit der übrigen Mitschuldner zur Zahlung in Anspruch genommen wird.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 0419/71 E RS 2

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Eichler und die Hofräte Dr. Raschauer, Kobzina, Dr. Straßmann und Dr. Salcher als Richter, im Beisein der Schriftführerin Ministerialsekretär Papp, über die Beschwerde des RS in W, vertreten durch Dr. Robert Hyrohs, Rechtsanwalt in Wien I, Kärntnerstraße 37, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. GA 11-15/11/1975, betreffend Grunderwerbsteuer, nach durchgeführter Verhandlung, und zwar nach Anhörung des Vortrages des Berichters sowie der Ausführungen des Vertreters der Beschwerde, Rechtsanwalt Dr. Robert Hyrohs, und des Vertreters der belangten Behörde, Finanzkommissär Dr. CB, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 1.560,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Kaufvertrag vom erwarben unter anderem fünf Angehörige der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO) in Wien von der Rechtsvorgängerin des Beschwerdeführers, MS, je ein Zwölftel Anteil der Liegenschaft EZ. 1152, KG. H. Für diesen Grunderwerb wurde die Grunderwerbsteuerbefreiung gemäß § 4 Abs. 1 Z. 2 lit a des Grunderwerbsteuergesetzes 1955, BGBl. Nr. 140, in der für den Beschwerdefall geltenden Fassung (GrEStG), beantragt. Das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien versagte jedoch die Grunderwerbsteuerbefreiung und schrieb den fünf Erwerbern mit Bescheid vom für den Erwerb der Liegenschaftsanteile Grunderwerbsteuer in der Höhe von je S 9.432,--, insgesamt also S 47.160,--, zur Entrichtung vor. Der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung gab die belangte Behörde mit Bescheid vom keine Folge. Auf Grund der dagegen erhobenen Beschwerde wurde diese Berufungsentscheidung vom Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom , Zl. 2158/71, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit der Begründung aufgehoben, daß zu untersuchen gewesen wäre, ob die Beschwerdeführer zu den im Abschnitt 39 des Abkommens vom über den Amtssitz der IAEO, BGBl. Nr. 82/1958, genannten Personen gehören. Da dies hinsichtlich der eingangs erwähnten fünf Erwerber zutraf, gab die belangte Behörde den Berufungen dieser Erwerber mit Bescheid vom Folge.

Daraufhin schrieb das Finanzamt mit Bescheid vom dem Beschwerdeführer als Rechtsnachfolger der Verkäuferin und als Gesamtschuldner die ursprünglich den Käufern angelastete Grunderwerbsteuer im Gesamtbetrag von S 47.160,-- zur-Entrichtung vor.

In der dagegen erhobenen Berufung wendete der Beschwerdeführer ein, daß sich die Vorschreibung auf einen im Jahre 1968 stattgefundenen Rechtsvorgang beziehe und daher der Anspruch des Finanzamtes auf Bezahlung einer Grunderwerbsteuer bereits verjährt sei. Im übrigen könne seitens des Finanzamtes keine Doppelzahlung verlangt werden, weil der begehrte Betrag bereits von der G Gesellschaft m.b.H. entrichtet worden sei.

Die das Berufungsbegehren abweisende Berufungsvorentscheidung des Finanzamtes verlor durch den Antrag des Beschwerdeführers auf Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz gemäß § 276 BAO ihre Wirkung. In diesem Antrag brachte der Beschwerdeführer ergänzend vor, daß es sich im vorliegenden Fall nicht um eine Bemessungsverjährung, sondern um eine Vollstreckungsverjährung handle. Im übrigen sei hier keine persönliche Steuerfreiheit gegeben, sondern es beziehe sich die Steuerfreiheit vielmehr auf das ganze Rechtsgeschäft.

Hierauf erging der nunmehr angefochtene Bescheid der belangten Behörde vom , mit dem die Berufung gleichfalls abgewiesen wurde. In der Begründung ihrer Entscheidung führte die belangte Behörde nach Darstellung des Sachverhaltes sowie des bisherigen Verfahrensablaufes und nach Wiedergabe der Bestimmung des § 209 Abs. 1 BAO aus, daß im gegenständlichen Fall die Verjährung nicht nur durch den an die Käufer ergangenen Grunderwerbsteuerbescheid des Finanzamtes vom , sondern auch durch die in diesem Zusammenhang ergangenen Berufungsentscheidungen der belangten Behörde vom und vom unterbrochen worden sei, sodaß die Verjährungsfrist mit neu zu laufen begonnen habe. Aus der gesetzlichen Regelung, daß jede nach außen erkennbare Amtshandlung der Behörde - selbst wenn diese dem Abgabepflichtigen nicht zur Kenntnis gelangte - eine die Verjährung unterbrechende Wirkung auslöse, ergebe sich, daß mit Erlassung des Abgabenbescheides gegen einen von mehreren Gesamtschuldnern die Bemessungsverjährung auch gegenüber allen anderen Gesamtschuldnern eine Unterbrechung erfahre. Der Einwand, es handle sich hier um keine Bemessungs-, sondern um eine Vollstreckungsverjährung, sei allein deshalb unzutreffend, weil gemäß § 17 Z. 4 GrEStG die am Erwerbsvorgang beteiligten Personen Steuerschuldner, also Gesamtschuldner im Sinne des § 6 Abs. 1 BAO seien. Nur die Inanspruchnahme eines Haftenden (§ 224 BAO) - was aber im vorliegenden Fall nicht zutreffe - habe auf den Lauf der Bemessungsverjährung keinen Einfluß und unterbreche lediglich - weil sie eine Maßnahme der Einhebung darstelle - die Verjährung des Einhebungsrechtes (§ 238 BAO). Dem Einwand, aus der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 2158/71, ergebe sich keineswegs, daß die dort genannten Personen persönliche Steuerfreiheit geießen, sei entgegenzuhalten, daß die persönliche Abgabenbefreiung für Diplomaten eindeutig dem Inhalt des Abkommens über die IAEO, BGBl. Nr. 82/1958, in Verbindung mit dem Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen, BGBl. Nr. 66/1966, zu entnehmen sei und demzufolge diesbezüglich keinerlei Zweifel berechtigt seien.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend gemacht wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde und über die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift erwogen:

Der Beschwerdeführer wendet zunächst ein, daß Angehörige des Personals der IAEO, die den Dienstgrad P-5 oder einen höheren Dienstgrad besitzen, die Privilegien des Art. 34 des Wiener Übereinkommens, BGBl. Nr. 66/1966, genießen, wozu auch die Befreiung von der Grunderwerbsteuer gehöre. Die im Punkt V. des Kaufvertrages vom enthaltene Bestimmung, wonach die Käufer die mit der Errichtung und grundbücherlichen Durchführung des Vertrages verbundenen Kosten und Gebühren, sowie eine allfällige Grunderwerbsteuer samt Zuschlägen zur ungeteilten Hand zu tragen haben, würde im vorliegenden Fall dazu führen, daß die an sich von der Entrichtung der Grunderwerbsteuer befreiten Käufer auf dem Umweg über die Steuerpflicht des Verkäufers (§ 17 Z. 4 GrEStG) doch die Steuer entrichten müßten. Da das Grunderwerbsteuergesetz auf den Erwerbsvorgang abstelle, Käufer und Verkäufer also eine einheitliche abgabenrechtliche Leistung schuldeten, komme die Bestimmung des § 6 Abs. 1 BAO zur Anwendung, bei der die Abgabenfreiheit eines Gesamtschuldners nicht zur Folge habe, daß der andere Mithaftende zur Abgabe heranzuziehen sei. Die Abgabenfreiheit des Erwerbsvorganges auch nur für einen Mitschuldner bewirke somit, daß der gesamte Erwerbsvorgang grunderwerbsteuerfrei sei.

Gemäß § 17 Z. 4 GrEStG sind bei einem Kauf die am Erwerbsvorgang beteiligten Personen Steuerschuldner. Gemäß § 6 Abs. 1 BAO sind Personen, die nach Abgabenvorschriften dieselbe abgabenrechtliche Leistung schulden, Gesamtschuldner (Mitschuldner zur ungeteilten Hand, § 891 ABGB). Da sohin im vorliegenden Fall Veräußerer und Erwerber Steuerschuldner und zufolge der Vorschrift des § 6 Abs. 1 BAO Gesamtschuldner sind, durfte die Abgabenbehörde den anderen Gesamtschuldner zur Steuerleistung heranziehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 419/71). Die rein persönliche Abgabenbefreiung der Käufer ergibt sich aus den für die Angestellten der IAEO in Wien vorgesehenen Befreiungsbestimmungen gemäß dem Abkommen über den Amtssitz der IAEO, BGBl. Nr. 82/1958, in Verbindung mit dem Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen, BGBl. Nr. 66/1966. Die dort vorgesehene Abgabenfreiheit kann sich daher niemals auf den steuerbaren Vorgang als solchen, sondern nur auf die am Erwerbsvorgang beteiligten Personen beziehen, die diplomatischen Status genießen und für die diese Abgabenfreiheit vorgesehen ist. Dem Vorbringen des Beschwerdevertreters in der Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof, die Beschränkung der Steuerbefreiung auf die Person des Erwerbers habe im Ergebnis keinerlei wirtschaftliche Auswirkungen, da in der überwiegenden Zahl der Fälle auf Grund der vertraglichen Regelung die den Käufer treffende Belastung mit der Grunderwerbsteuer der Käufer übernehmen müsse, kann eine gewisse Berechtigung nicht abgesprochen werden, jedoch vermag dieser Umstand daran nichts zu ändern, daß es sich hier nach der geltenden Gesetzlage nur um eine persönliche, d.h. auf die Person des begünstigten Abgabenpflichtigen einschränkte, und nicht um eine sachliche, d.h. auf den Rechtsvorgang selbst bezogene Steuerbefreiung handelt. Die Abgabenbehörde ist daher nicht rechtswidrig vorgegangen, wenn sie im Beschwerdefall die Abgabenforderung gegenüber jenem Mitschuldner geltend gemacht hat, der keine Abgabenfreiheit genießt.

Der Beschwerdeführer wendet jedoch in der Beschwerde auch die Verjährung des Abgabenanspruches ein. Die fünfjährige Verjährungsfrist habe am begonnen und daher am geendet. Der Beschwerdeführer sei jedoch erstmals mit Bescheid des Finanzamtes vom als Gesamtschuldner für die Entrichtung der Grunderwerbsteuer herangezogen worden. Zu diesem Zeitpunkt sei jedoch sowohl bemessungs- als auch Einhebungsverjährung eingetreten. Entgegen der Ansicht der belangten Behörde könne die eindeutig nur gegen einen Gesamtschuldner gerichtete Unterbrechungshandlung dem durch sie nicht berührten Gesamtschuldner nicht schaden. Die Erlassung von Steuerbescheiden gegenüber den Käufern sei daher keine dem Beschwerdeführer gegenüber gültige Unterbrechungshandlung.

Auch mit diesem Einwand vermag der Beschwerdeführer nicht durchzudringen. Zunächst ist festzuhalten, daß die vom Beschwerdeführer erhobene Verjährungseinrede ausschließlich unter dem Gesichtspunkt einer allfälligen Bemessungsverjährung zu prüfen war. Eine allfällige Einhebungsverjährung kommt im vorliegenden Fall schon deshalb nicht in Betracht, weil die Abgabe mangels einer rechtskräftigen Festsetzung noch nicht fällig war. Zufolge der Bestimmung des § 207 Abs. 2 BAO beträgt die Verjährungsfrist für die Grunderwerbsteuer fünf Jahre. Die Verjährung beginnt gemäß § 208 Abs. 1 lit. a BAO mit dem Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist, soweit nicht im Abs. 2 ein anderer Zeitpunkt bestimmt wird. Da im Beschwerdefall der Abgabenanspruch durch den im Jahre 1968 bewirkten Erwerbsvorgang entstanden ist, begann die fünfjährige Verjährungsfrist am zu laufen. Nach den zutreffenden und durch die Aktenlage gedeckten Feststellungen des angefochtenen Bescheides wurde die Verjährung nicht nur durch den an die Käufer ergangenen Grunderwerbsteuerbescheid des Finanzamtes vom , sondern auch durch die in der Folge ergangene Berufungsentscheidung der belangten Behörde vom unterbrochen. Nach § 209 Abs. 1 BAO wird die Verjährung durch jede zur Geltendmachung des Abgabenanspruches oder zur Feststellung des Abgabenpflichtigen (§ 77) von der Abgabenbehörde unternommene, nach außen erkennbare Amtshandlung unterbrochen. Die Verjährungsfrist beginnt mit Ablauf des Jahres, in welchem die Unterbrechung eingetreten ist, neu zu laufen. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers stellen die vorerwähnten, von den Abgabenbehörden erlassenen Bescheide wirksame Unterbrechungsmaßnahmen im Sinne des § 209 Abs. 1 BAO dar. Die Verjährung des Bemessungsrechtes wird auch durch eine Handlung unterbrochen, die nicht gegen die schließlich als Abgabenschuldner in Anspruch genommene Person gerichtet ist. Nach dem Wortlaut des Gesetzes genügt es, daß das Finanzamt irgendeine Handlung zur Geltendmachung des Abgabenanspruches vornimmt, vorausgesetzt, daß diese Handlung nach außen in Erscheinung tritt. Die vorerwähnten Bescheide bewirkten somit eine Unterbrechung der Verjährungsfrist, was zur Folge hatte, daß die Geltendmachung des Abgabenanspruches gegen den Beschwerdeführer mit Bescheid vom noch innerhalb der Verjährungsfrist erfolgt ist.

Sofern der Beschwerdeführer in der Beschwerde zur Stützung seiner Auffassung auf die hg. Erkenntnisse vom Slg. Nr. 2994/F, und vom , Slg. Nr. 3117/F, hinweist, so vermag er damit für seinen Standpunkt nichts zu gewinnen, weil beide Fälle die Frage der Verjährung bei Geltendmachung einer abgabenrechtlichen Haftung zum Gegenstand hatten, ihnen daher anders gelagerte Sachverhalte zugrunde lagen.

Auf Grund der aufgezeigten Erwägungen ergibt sich sohin, daß der angefochtene Bescheid mit einer Rechtswidrigkeit, die zu seiner Aufhebung durch den Verwaltungsgerichtshof führen könnte, nicht belastet ist. Demgemäß war die vorliegende Beschwerde nach § 42 Abs. 1 VwGG 1965 als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die Bestimmungen der §§ 47 ff VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom , BGBl. Nr. 4/1975.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
BAO §20
BAO §209 Abs1
BAO §6 Abs1
GrEStG 1955 §17 Z4
Sammlungsnummer
VwSlg 5004 F/1976
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1976:1975000934.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
EAAAF-53501