VwGH 26.03.1965, 0928/63
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssätze
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Norm | |
RS 1 | Aufwendungen iSd § 9 EStG 1953 ist grundsätzlich nur eine tatsächliche Ausgabe, ein steuerlich zu beachtendes Abfließen aus dem Vermögen des Steuerpflichtigen zu verstehen. Verrichtet ein Steuerpflichtiger die Verwaltungsarbeit für sein Haus, aus dem er Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung bezieht, selbst, so kann er hiefür eine steuerliche Abzugspost nicht geltend machen. |
Normen | Mietzinse steuerliche Behandlung 1956 §1; Mietzinse steuerliche Behandlung 1956 §2; |
RS 2 | Der Begriff "Werbungskosten" in den §§ 1 und 2 des Bundesgesetzes über die steuerliche Behandlung gewisser verrechnungspflichtiger Mietzinse, BGBl. 176/56, kann nur im Sinne des gleichartigen Begriffs im Einkommensteuergesetz verstanden werden. |
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RS 3 | Bei Anwendung des Progressionsvorbehalts in bezug auf ausländische Einkünfte darf eine Kürzung dieser Einkünfte um die ausländische Einkommenssteuer und Vermögenssteuer nicht erfolgen. |
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RS 4 | Im Falle der Anwendung von Doppelbesteuerungsabkommen ist die Anwendung des § 10 Abs 1 Z 6 EStG 1953 (dem diesen gegenüber die Stellung der lex generalis zukommt) ausgeschlossen. |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie VwGH Erkenntnis 1963/06/28 2312/61 1 |
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RS 5 | Der Ergänzungsauftrag muß eine den Umständen entsprechende und angemessene Beantwortungsfrist setzen. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden, Senatspräsidenten Dr. Wasniczek, und die Hofräte Dr. Schirmer, Dr. Schimetschek, Dr. Eichler und Dr. Kaupp als Richter, im Beisein des Schriftführers, Ministerialsekretärs Dr. Walter, über die Beschwerde des HR in W, vertreten durch den bevollmächtigten Rechtsanwalt Dr. Hans Georg Zedtwitz in Wien III, Oelzeltgasse 3, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Berufungssenat, vom , Zl. VI-2283/5/62, betreffend Einkommensteuer 1957 und 1959, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Begründung
Der Beschwerdeführer, der Privatangestellter ist, hat im Jahre 1952 in W, ein Mietwohngrundstück erworben, in dem er auch selbst eine Wohnung innehat. Seine Ehefrau, mit der er in den streitgegenständlichen Jahren zusammen veranlagt wird, hat in B Hausbesitz. Die Einkünfte daraus werden auf Grund des Doppelbesteuerungsabkommens mit der Bundesrepublik Deutschland dort zur Einkommensteuer herangezogen. In seiner Einkommensteuererklärung für das Jahr 1957 stellte der Beschwerdeführer für 1957 und die folgenden Jahre den Antrag auf Berücksichtigung des sogenannten Werbungskostenfünftels auf Grund des Bundesgesetzes vom , BGBl. Nr. 176/1956, über die steuerliche Behandlung gewisser verrechnungspflichtiger Mietzinse. Die Einkünfte seiner Ehegattin aus dem Hausbesitz in B gab der Beschwerdeführer in Ergänzungen zu den Steuererklärungen 1957, 1958 und 1959 ziffernmäßig bekannt. Von den Hauseinkünften der betreffenden Jahre brachte er noch die darauf jeweils entfallende in Deutschland entrichtete Einkommensteuer, Vermögenssteuer und Vermögensabgabe in Abzug, wobei er die Ansicht vertrat, daß nur die Nettobeträge in Österreich zugeflossen seien. Der Beschwerdeführer machte in den Jahren 1957, 1958 und 1959 sowie auch in den Jahren 1952 bis 1956 für das durch ihn selbst verwaltete Haus Verwaltungskosten in Höhe von 10 % der Mieteinnahmen als Werbungskosten geltend. Gegen die für die genannten Jahre vom Finanzamt erlassenen Einkommensteuerbescheide, die von den Erklärungen und Anträgen des Beschwerdeführers abwichen, erhob er Berufung. Mit Schreiben vom gab die belangte Behörde dem Beschwerdeführer bekannt, sie beabsichtige, die erstinstanzlichen Bescheide dahingehend zu ändern, daß die vom Finanzamt bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung für die eigene Verwaltungstätigkeit abgezogenen Beträge als Werbungskosten nicht anzuerkennen, dafür aber auch keine Einkünfte aus selbständiger Arbeit für diese Verwaltungstätigkeit anzusetzen seien. Ein unter den Werbungskosten des Jahres 1953 geltend gemachter Aufwand für den Ersatz eines gebrauchsunfähig gewordenen Ofens in Höhe von S 2.874,-- zähle nicht zu den Werbungskosten und sei daher bei der Berechnung des Werbungskostenfünftels nicht zu berücksichtigen. Es wurde dem Beschwerdeführer Gelegenheit gegeben, innerhalb einer Frist von vier Tagen eine schriftliche Gegenäußerung zu der beabsichtigten Änderung einzubringen. Dieses Schreiben wurde am zugestellt. In einer Gegenäußerung vom führte der Beschwerdeführer aus, die von ihm eingebrachten Berufungen seien seit vielen Monaten unerledigt geblieben und er habe an das Bundesministerium für Finanzen einen Revolutionsantrag gestellt. Falls aber die Zuständigkeit der belangten Behörde noch gegeben sein sollte, stelle er den Antrag, zur Beantwortung des Vorhalts eine Frist von vier Wochen einzuräumen. Die belangte Behörde wies die Berufungen als unbegründet ab. Sie führte dazu aus, daß der Beschwerdeführer sein Haus selbst verwalte und deshalb unbeschadet der Bestimmung des § 6 Abs. 5 des Mietengesetzes nicht berechtigt sei, für diese Tätigkeit Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abzusetzen. Allfällige Barauslagen, die ihm für die Verwaltung seines Hauses entstanden seien, würden mangels deren Nachweises mit S 200,-- jährlich geschätzt und bei der Ermittlung der Einkünfte berücksichtigt.
Der für das Kalenderjahr 1953 geltend gemachte Aufwand für den Ersatz eines gebrauchsunfähig gewordenen Ofens zähle in der Regel zu den Kosten der Lebensführung und nicht zu den Werbungskosten. Der Beschwerdeführer habe trotz Vorhalt nicht bewiesen, daß dieser Aufwand in seinem Falle zu den Werbungskosten gehöre.
Zur beantragten Berücksichtigung der ausländischen Einkommen- und Vermögenssteuer sei zu bemerken: Der Beschwerdeführer und seine Ehefrau seien in Österreich unbeschränkt einkommensteuerpflichtig und gemäß § 26 Abs. 1 des Einkommensteuergesetz 1953 zusammen zu veranlagen. Die Einkommensteuer bemesse sich nach dem im § 32 Abs. 6 EStG niedergelegten progressiven Steuertarif. Der Beschwerdeführer und seine Ehefrau unterlägen der Einkommensteuer grundsätzlich mit sämtlichen Einkünften, die sie im Kalenderjahr bezogen haben und die Höhe der Einkommensteuer richte sich nach ihrem ganzen Einkommen, und zwar gleichgültig, ob davon Einkünfte aus dem In- oder Ausland erfließen. Mithin seien die Einkünfte der Ehefrau aus dem Grundstück in B grundsätzlich in Österreich Bestandteil des Einkommens des Ehepaares. Nun bestimme aber Art. 3 des zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland abgeschlossenen Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen, daß die Einkommensteuer von gewissen Einkommensteilen (hier Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung), hinsichtlich deren das Besteuerungsrecht der Bundesrepublik Deutschland zusteht, von Österreich nicht zu erheben sei. Dadurch würde aber keine Ausnahme von dem Grundsatz geschaffen, daß ein unbeschränkt Steuerpflichtiger mit seinen sämtlichen Einkünften in Österreich der Einkommensteuer unterliege und seine Besteuerung nach dem im § 32 Abs. 6 vorgesehenen Steuersatz vorzunehmen ist. Die aufgezeigte Rechtslage werde durch die Bestimmung des Art. 15 Abs. 3 des vorerwähnten Abkommens nur verdeutlicht, indem dem Wohnsitzstaat das Recht zugestanden wird, die Steuern von den ihm zur Besteuerung überlassenen Einkünften nach dem Satz zu erheben, der dem gesamten Einkommen des Steuerpflichtigen entspricht. Dabei war aber zu berücksichtigen, daß gemäß § 12 Z. 3 des Einkommensteuergesetzes Personensteuern, somit die auch in Deutschland entrichtete Einkommensteuer, Vermögenssteuer und Vermögensabgabe nicht zu den abzugsfähigen Ausgaben zählten und daher als Werbungskosten nicht zu berücksichtigen waren.
Die dem Beschwerdeführer mit Verfügung vom vorgehaltene Berechnung des Werbungskostenfünftels weiche von dessen Angaben nur bezüglich der Verwaltungsgebühren und des Ofenersatzes abt. Es sei ihm deshalb zuzumuten gewesen, innerhalb von vier Tagen dazu eine Stellungnahme abzugeben, sodaß sich der Fristverlängerungsantrag vom als nicht begründet erwiesen habe.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Gerichtshof erwogen hat:
1. Zur Frage der Hausverwaltungskosten:
Der Beschwerdeführer begehrt für die von ihm selbst erbrachte Tätigkeit der Verwaltung seines Hauses die Absetzung von Werbungskosten in Höhe von 10 % der Mietzinseingänge. Die belangte Behörde hat diesem Begehren mit Recht nicht stattgegeben. In der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof wird der Antrag auf die Berücksichtigung des "10 %igen Hausverwaltungshonorars bei Berechnung des Werbungskostenfünftels" eingeschränkt und geltend gemacht, die Nichtberücksichtigung durch die Behörde sei gesetzwidrig und gegen den Grundsatz der Steuergleichheit verstoßend. Der Verwaltungsgerichtshof konnte diese Ansicht nicht teilen.
Nach § 9 EStG sind Werbungskosten Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Unter Aufwendung ist im Sinne des Gesetzes grundsätzlich nur eine tatsächliche Ausgabe, ein steuerlich zu beachtendes Abfließen aus dem Vermögen des Steuerpflichtigen zu verstehen. Wenn im § 9 auch die Absetzung für Abnutzung unter den Werbungskosten aufgeführt ist, so ist dies, abgesehen davon, daß es sich dabei um eine Spezialbestimmung handelt, nur ein scheinbarer Widerspruch. Hier findet zwar keine geldliche Ausgabe, wohl aber eine durch die Abnutzung herbeigeführte Verminderung des Vermögens statt. Verrichtet der Beschwerdeführer die Verwaltungsarbeit aber selbst, so kann nach dem Wortlaut und Sinn der angeführten Gesetzesbestimmung eine steuerliche Abzugspost nicht gegeben sein. Daran ändert auch der Umstand nichts, daß das Mietengesetz im § 6 Abs. 5 dem Vermieter gestattet, für die mit der Verwaltung des Hauses verbundene Tätigkeit einschließlich der Auslagen für Drucksorten u. dgl. von den allgemein geltenden gesetzlichen Hauptmietzinsen ein Zehntel als Verwaltungskosten in Abzug zu bringen. Hier handelt es sich nämlich um die gesetzmäßige Verwendung des Hauptmietzinses, der für andere Bestimmungen des Mietengesetzes von Bedeutung ist (Verrechnungspflicht), nicht aber für die Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nach dem Einkommensteuergesetz. Auch der Hinweis auf das Bundesgesetz über die steuerliche Behandlung gewisser verrechnungspflichtiger Mietzinse, BGBl. Nr. 176/1956, kann zu keiner anderen Auffassung führen. Das Gesetz spricht sowohl im § 1 dieses Gesetzes von der Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung und verwendet hier wie auch im § 2 den Begriff Werbungskosten, wobei kein Zweifel bestehen kann, daß - wie ja auch aus der Bezeichnung des Gesetzes "über die steuerliche Behandlung gewisser verrechnungspflichtiger Mietzinse" hervorgeht - der Begriff nur im Sinne des Einkommensteuergesetzes maßgeblich sein kann. Hinsichtlich der Höhe der von der Behörde geschätzten tatsächlichen Baraufwendung siehe die Ausführungen unter 3.
2. Zur Frage der Berücksichtigung ausländischer Personensteuern:
Bei der Berechnung des Steuersatzes für die Jahre 1957, 1958 und 1959, bei der die ausländischen Einkünfte der Ehefrau aus Vermietung und Verpachtung zu berücksichtigen waren, hat die Behörde die darauf entfallende deutsche Einkommen- und Vermögensteuer sowie Vermögensabgabe nicht abgezogen. Die Beschwerde macht dagegen geltend, nur die Nettobeträge seien tatsächlich zugeflossen. Dies ist unrichtig. Zugeflossen sind die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, d. s. die Einnahmen abzüglich der Werbungskosten, und zwar ohne Kürzung durch die Einkommensteuer und Vermögenssteuern, weil diese Steuern gemäß § 12 Z. 3 EStG als nicht abzugsfähige Ausgaben bei der Ermittlung der Einkünfte nicht zu berücksichtigen waren. Da der § 12 für das ganze Gebiet der Einkommensteuer gilt, also für beschränkt und unbeschränkt Steuerpflichtige und sowohl für inländische als auch für ausländische Einkünfte, ist nicht einzusehen, warum ausländische Personensteuern bei der Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung und im weiteren des Gesamteinkommens abzugsfähig sein sollten. Was aber die Berücksichtigung der Einkommensteuer als Sonderausgabe anlangt (§ 10 Abs. 1 Z. 6), so ist auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 2312/61, zu verweisen, von dem dem Beschwerdeführer über Antrag eine Abschrift zugeleitet werden wird. Der Gerichtshof hat dort dargetan und begründet, daß im Falle der Anwendung von Doppelbesteuerungsverträgen, wobei bestimmte Einkünfte aus der unbeschränkten Besteuerung ausscheiden, die Anwendung des § 10 Abs. 1 Z. 6 ausgeschlossen ist. Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes hat die Behörde mithin in diesen beiden Beschwerdepunkten das Gesetz richtig angewendet.
Im übrigen konnten die Ausführungen des Beschwerdeführers über eine Verletzung des Grundsatzes der Gleichheit vor dem Gesetze durch den angefochtenen Bescheid den Gerichtshof nicht von dieser Auffassung überzeugen.
3. Was hingegen den gerügten Mangel der Verletzung von Verfahrensvorschriften anlangt, so erwies sich die Beschwerde in diesem Punkt als begründet, Die Behörde hat im Verfahren weder die Frage der Aufwendung für den Ofenersatz noch die Frage des tatsächlichen Baraufwandes betreffend die vom Beschwerdeführer selbst durchgeführte Hausverwaltung ausreichend geprüft. Sie hat dem Beschwerdeführer auch nicht die Möglichkeit gegeben, sich rechtzeitig zu diesen Punkten zu äußern. Denn die von der Behörde gewährte Frist von vier Tagen war in Ansehung der gegebenen Umstände - der Beschwerdeführer steht als Angestellter im Beruf und die geforderten Nachweisungen betrafen eine Reihe von Jahren - jedenfalls als ungenügend anzusehen. Die Behörde konnte daher die Frage der strittigen Aufwendungen ohne eigene Ermittlungen (§ 115 Abs. 1 BAO) nicht schon damit abtun, daß der Beschwerdeführer zu dem Vorhalt vom nicht Stellung genommen habe.
Obwohl der Beschwerde in wesentlichen Punkten der Erfolg zu versagen war, mußte der angefochtene Bescheid, der ein einheitliches Ganzes bildet, dennoch wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 lit. c Z. 2 und 3 VwGG 1965 aufgehoben werden.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Normen | BAO §161; BAO §48; EStG 1953 §12 Abs3; EStG 1953 §9 Abs1; Mietzinse steuerliche Behandlung 1956 §1; Mietzinse steuerliche Behandlung 1956 §2; |
Sammlungsnummer | VwSlg 3247 F/1965 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1965:1963000928.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
PAAAF-53490