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VwGH 25.06.1975, 0926/75

VwGH 25.06.1975, 0926/75

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Normen
RS 1
Ausführungen zum Begriff der erheblichen Härte als Voraussetzung für die Stundung (Hinweis E , 612/67 ergangen zu § 9 Abs 2 GEG, und auf Stoll, Ermessen im Steuerrecht, Verhandlungen des vierten Österreichischen Juristentages, Wien 1970, Bd I, 02ter Teil, Gutachten S 150).
Normen
RS 1
Ein Befangenheitsgrund, der eine Partei zur Ablehnung eines Richters des VwGH berechtigen würde, kann an sich weder in dem Umstand erblickt werden, dass die ablehnende Partei in einem früheren Rechtsstreit, an dem der nunmehr abgelehnte Richter mitgewirkt hat, unterlegen ist, noch auch in dem Umstand, dass der VwGH in seinem früheren Erkenntnis bei Darstellung des Sachverhaltes Kürzungen vorgenommen und das Parteivorbringen nur auszugsweise wiedergegeben hat (Hinweis B , 827/65 und auf Aufsatz von Schober, Zureichende Befangenheitsgründe? ÖRiZ 1973, S 93 ff). Das Wesen der Befangenheit besteht in der Hemmung einer unparteiischen Entschließung durch unsachliche psychologische Motive.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 0665/75 B RS 1

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dkfm. DDr. Dorazil und die Hofräte Dr. Riedel, Dr. Schima, Dr. Reichel und Dr. Seiler als Richter, im Beisein des Schriftführers Finanzkommissär Dr. Schwärzler, über die Beschwerde des Dr. WV in W, gegen die Berufungsentscheidung der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom GA 11-522/3/75, betreffend Versagung der Stundung bezüglich einer verhängten Ordnungsstrafe, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Wie sich aus der vorliegenden Beschwerde im Zusammenhang mit der beiliegenden Kopie der angefochtenen Berufungsentscheidung der FLD für Wien, NÖ und Bgld vom ergibt, stellte der Beschwerdeführer am beim FA für Gebühren und Verkehrsteuern in W den Antrag, daß eine über ihn verhängte Ordnungsstrafe in der Höhe von S 500,-- bis zur rechtskräftigen Erledigung aller erhobenen Lohnsteuer-Rückzahlungsanträge, längstens jedoch bis zum , gestundet werde. Als Begründung führte der Beschwerdeführer in diesem Antrag im wesentlichen aus, daß er hohe Lohnsteuer-Erstattungsbeträge erwarte, die ihm jedoch von den Abgabenbehörden einfach vorenthalten würden. Es stelle eine erhebliche Härte dar, wenn man einerseits vom Beschwerdeführer die sofortige Bezahlung der Ordnungsstrafe verlange, ihm aber andererseits die Verrechnungsmöglichkeit mit seinen Lohnsteuer-Erstattungsbeträgen dadurch nehme, daß man über diese Lohnsteuer-Rückzahlungsanträge einfach Monate lang nicht abspreche. Dadurch erleide der Beschwerdeführer auch Zinsen- und Liquiditätsverluste.

Mit Bescheid vom wies das zuständige FA das Stundungsansuchen ab.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Berufung. In seinem Rechtsmittel verwies der Beschwerdeführer zwecks Verdeutlichung der erhobenen Lohnsteuer-Erstattungsansprüche auf ca 20 Klagen und Beschwerden bei den Höchstgerichten und nahm auch auf ein am eingebrachtes Stundungsansuchen Bezug. In diesem Ansuchen hatte der Beschwerdeführer ausgeführt, er habe bereits einen Kredit aufnehmen müssen, um die bescheidmäßig vorgeschriebenen Gebühren sowie die Prozeßkosten entrichten bzw bevorschussen zu können, sodaß eine nochmalige Kreditaufnahme zur Bezahlung einer völlig willkürlichen und gesetzwidrig vorgeschriebenen Ordnungsstrafe ihm nicht mehr zugemutet werden könne und er zur Zeit völlig überschuldet sei.

Mit der nunmehr durch Beschwerde an den VwGH angefochtenen Berufungsentscheidung vom hat die FLD für Wien, NÖ und Bgld die Berufung als unbegründet abgewiesen. Den Rechtsmittelausführungen des Beschwerdeführers hat die Abgabenbehörde II. Instanz folgendes entgegengehalten:

Auf einen diesbezüglichen im Rahmen des Rechtsmittelverfahrens erlassenen Vorhalt habe der Beschwerdeführer mitgeteilt, daß er im Zug seiner Übersiedlung Adaptierungsarbeiten in seiner neuen Wohnung habe durchführen lassen müssen, die sich auf S 100.000,-- beliefen und die er mit Hilfe von Krediten habe bewerkstelligen müssen. Diese Kredite setzten sieh wie folgt zusammen:

1) Möbelhaus B.: gewährter Kredit S 28.930,--, monatliche Rückzahlung S 1.000,--,

2) C...-Bankverein: gewährter Kredit S 40.000,--, monatliche Rückzahlung S 1.290,--,

3) A...-Automobil- und Warenkredit-Bank: Gewährter Kredit

S 20.000,--, monatliche Rückzahlung 695,--,

4) Erste Ö...Sparkasse: Rahmenkredit auf Grund eines Gehaltskontos,

wobei die Möglichkeit bestehe, das Konto bis zu S 21.000,-- zu überziehen.

Weiters habe der Beschwerdeführer angegeben, daß die Verbindlichkeiten gegenüber der zuletzt genannten Sparkasse S 6.822,-- betragen und daß er wegen der gesetzwidrigen Beschlagnahme von Teilen seines Arbeitslohnes Beschwerden und Klagen bei Höchstgerichten habe einbringen müssen, die immense Kosten verursachen würden. Seinen monatlichen Nettobezug habe der Beschwerdeführer mit durchschnittlich S 8.600,-- angegeben.

Dieses Vorbringen sei nun nach Ansicht der Berufungsbehörde nicht geeignet, dem Stundungsbegehren zum Erfolg zu verhelfen.

Wie der Beschwerdeführer selbst ausführe, habe er ein durchschnittliches Monatseinkommen von S 8.600,--. Bringe man von diesem Betrag die angerührten Rückzahlungen von insgesamt S 2.985,-

- in Abzug und berücksichtige man weiters, daß die Rückzahlung der Schuld gegenüber der Ersten Ö... Sparkasse zeitlich nicht begrenzt sei, so verblieben dem Beschwerdeführer monatlich mehr als S 5.500,--. Die Bezahlung der Ordnungsstrafe in der Höhe von S 500,-- könne ihm daher ohne weiteres zugemutet werden.

Der Einwand, es handle sich bei der Ordnungsstrafe um eine gesetzwidrige Vorschreibung, habe sich im durchgeführten Rechtsmittelverfahren als unzutreffend erwiesen und es sei dieser Einwand unbeachtlich. Abgesehen davon bilde die gesetzwidrige Vorschreibung einer Abgabe für sich allein keinen Grund für eine zu gewährende Stundung. Unbeachtet habe auch das Vorbringen bleiben müssen, daß der Beschwerdeführer Lohnsteuer-Erstattungsbeträge erwarte und die Ordnungsstrafe mit diesem Guthaben verrechnet werden könne, da einerseits dieses Vorbringen mangels diesbezüglicher Beweise als bloße Behauptung angesehen werden müsse und anderseits die Nichtgewährung einer Verrechnungsart für eine Ordnungsstrafe in der Höhe von S 500,-- infolge des geringen Betrags keine erhebliche Härte darstelle. Aus dem gleichen Grund habe auch der behauptete Zinsen- und Liquiditätsverlust außer Betracht bleiben müssen.

Zu den Ausführungen des Beschwerdeführers, durch die Prozesse vor den Höchstgerichten habe er immense Kosten, werde bemerkt, daß dem Beschwerdeführer ausreichend Gelegenheit gegeben worden sei, seine Behauptungen unter Beweis zu stellen, daß er aber jeden Beweis dafür schuldig geblieben sei.

Die Abgabenbehörde II. Instanz habe daher auf Grund des vom Beschwerdeführer aufgezeigten Sachverhalts nicht finden können, daß in der Entrichtung der Ordnungsstrafe eine erhebliche Härte iS des § 212 Abs 1 der Bundesabgabenordnung vom BGBl 194 (BAO) liege. Fehle es aber an einer erheblichen Härte, liege ein für die Stundung erforderliches Tatbestandsmerkmal nicht vor und es könne auch eine Ermessensentscheidung nach der zuletzt genannten Gesetzesstelle nicht gefällt werden.

Gegen diese Berufungsentscheidung der FLD für Wien, NÖ und Bgld vom richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde, über die der VwGH erwogen hat:

Gem § 212 Abs 1 BAO kann die Abgabenbehörde auf Ansuchen des Abgabepflichtigen den Zeitpunkt der Entrichtung einer Abgabe hinausschieben (Stundung) oder die Entrichtung in Raten bewilligen, wenn die sofortige oder volle Entrichtung der Abgabe für den Abgabepflichtigen mit erheblichen Härten verbunden wäre und die Einbringlichkeit der Abgabe durch den Aufschub nicht gefährdet wird.

Die über den Beschwerdeführer gem § 112 Abs 2 BAO verhängte Ordnungsstrafe ist zufolge § 3 Abs 1 und Abs 2 lit c BAO als Abgabe zu qualifizieren.

Der Beschwerdeführer legt der belangten Behörde in seiner Beschwerde zunächst aktenwidrige Sachverhaltsfeststellungen zur Last. Das Nettomonatseinkommen des Beschwerdeführers betrage keineswegs S 8.600,--, da von diesem Betrag monatlich S 1.500,-- als Lohnsteuer "beschlagnahmt" würden. Die oberflächlicher Lektüre der vorgelegten Kontoauszüge hätte die belangte Behörde erkennen müssen, daß die Durchschnittsmonatsbezüge S 7.100,-- betragen. Es verblieben daher dem Beschwerdeführer nicht über S 5.500,-- monatlich, sondern lediglich S 4.100,--. Weiters habe die belangte Behörde unberücksichtigt gelassen, daß der Beschwerdeführer hohe Lohnsteuer-Erstattungsbeträge zu erwarten habe. Diese Tatsache sei auch bei der zuständigen Geschäftsabteilung 5 der belangten Behörde aktenkundig. Wenn die belangte Behörde die Ordnungsstrafe als geringen Betrag von nur S 500,-- bezeichne, so verkenne sie die Rechtslage. Eine erhebliche Härte könne nicht bloß bei der Einbringung hoher Abgabenbeträge eintreten, vielmehr liege eine erhebliche Härte stets dann vor, wenn die Einbringung einer selbst geringfügigen Abgabe in keinem wirtschaftlich vertretbaren Verhältnis zu jenen Nachteilen stehe, die sich daraus für die Abgabepflichtigen ergeben würden. Diesbezüglich nahm der Beschwerdeführer auch auf einschlägige Erkenntnisse des VwGH Bezug. Durch das Vorgehen der Abgabenbehörde würde dem Beschwerdeführer ein erheblicher Zinsen- und Liquiditätsverlust verursacht. Die Finanzbehörden würden durch gesetzwidrige Verschleppung des Abgaben-Lohnsteuer-Erstattungsverfahrens die gesetzlich vorgesehene Verrechnungsmöglichkeit von Abgabenschuldigkeiten mit Abgabenguthaben hintertreiben. Trotz des äußerst geringen Zinsen- und Liquiditätsverlustes sei daher in der sofortigen Entrichtung der Ordnungsstrafe von S 500,-- sehr wohl eine erhebliche Härte gelegen.

Diese Darlegung vermögen der vorliegenden Beschwerde nicht zu dem gewünschten Erfolg zu verhelfen.

Voraussetzung dafür, daß die Abgabenbehörde im Rahmen des ihr vom Gesetzgeber eingeräumten Ermessens über einen vorliegenden Stundungsantrag entscheiden kann, ist das Vorliegen einer "erheblichen Härte". Dies ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn der Zahlungspflichtige seine Notlage oder finanzielle Bedrängnis nachweist. In seinem Erk vom , 612/67 - an Art 14 Abs 4 der hg GO BGBl 1965/45 sei erinnert -, ergangen zu § 9 Abs 2 des Gerichtlichen Einbringungsgesetzes BGBl 1962/288 mit einem von § 212 Abs 1 BAO etwas abweichenden Wortlaut - hat der GH seiner Meinung Ausdruck gegeben, die Einbringung von Gebühren und Kosten sei dann nicht mit einer besonderen Härte verbunden, wenn der notdürftige Unterhalt nicht gefährdet werde. Die Lehre hat das Vorliegen einer Notlage oder finanziellen Bedrängnis nicht als alleinigen möglichen Anwendungsfall für das Vorliegen einer erheblichen Härte qualifiziert. Dieses Tatbestandsmerkmal verlange keineswegs Unmöglichkeit der Zahlung oder Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz des Abgabenschuldners, es werde vielmehr - so Stoll, Ermessen im Steuerrecht, Verhandlungen des 4. Österreichischen Juristentages, Wien 1970, Bd I, 2. Teil, Gutachten 150 - schon dann als erfüllt anzunehmen sein, wenn die pünktliche Zahlung, gemessen an der Vermögens- und Ertragslage, an den bestehenden Verpflichtungen, insbesondere den Unterhaltsberechtigten gegenüber, und im Hinblick auf die sonst bestehenden Verbindlichkeiten, ferner im Hinblick auf das berechtigte und anzuerkennende Interesse des Antragstellers an der Erhaltung und am Bestand der ihm zur Verfügung stehenden Erwerbsquellen nicht zumutbar sei.

Mag man nun den Begriff der erheblichen Härte iS der eben zit. Lehrmeinung weiter auslegen oder einer eher engeren Auslegung den Vorzug geben, so folgt daraus auf jeden Fall, daß die zwangsweise Einbringung einer Ordnungsstrafe von S 500,-- in Anbetracht der Einkommensverhältnisse des Beschwerdeführers für diesen keine erhebliche Härte darstellt, uzw selbst dann nicht, wenn die belangte Behörde den dem Beschwerdeführer monatlich frei verbleibenden Nettobetrag tatsächlich zu hoch angesetzt haben sollte. Zufolge des BG vom BGBl 216 über das Dienstverhältnis der Hochschulassistenten, wissenschaftlichen Hilfskräfte, Demonstratoren und Vertragsassistenten gebührt dem Beschwerdeführer - der gerichtsbekanntermaßen unter dieses Gesetz fällt - neben dem Monatsentgelt für jedes Kalendervierteljahr eine Sonderzahlung in der Höhe von 50 vH des Monatsentgelts. Diesen Umstand hat der Beschwerdeführer in seinen Ausführungen vollkommen außer Betracht gelassen. Demnach ist bei der gegebenen Sachlage die über den Beschwerdeführer verhängte Ordnungsstrafe von S 500,--

keineswegs so hoch, daß ihre Einbringung für den Beschwerdeführer eine erhebliche Härte bedeuten würde und deshalb für ihn nicht zumutbar wäre.

Da schon der Inhalt der vorliegenden Beschwerde erkennen ließ, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gem § 35 Abs 1 VwGG 1965 ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am

Entscheidungstext

Entscheidungsart: Beschluss

Entscheidungsdatum:

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dkfm. DDr. Dorazil und die Hofräte Riedel und Dr. Schima als Richter, im Beisein des Schriftführers Finanzkommissär Dr. Schwärzler, den Beschluss gefasst:

Spruch

Der vom Beschwerdeführer Dr. jur. WV gemäß § 31 Abs. 2 VwGG 1965 geltend gemachten Ablehnung der Mitglieder des Verwaltungsgerichtshofes Hofrat Dr. Reichel und Hofrat Dr. Seiler in der Beschwerdesache gegen die Berufungsentscheidung der FLD für Wien, NÖ und Bgld vom , GA 11-522/3/75, betreffend Stundung einer Ordnungsstrafe, Zahl 926/76, wird keine Folge gegeben.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist Doktor der Rechte und Universitätsassistent an der rechts- und staatswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien.

I.

Der Beschwerdeführer stellt für das Kalenderjahr 1970 beim FA für den III. und XI. Bezirk in W. einen Antrag auf Berücksichtigung erhöhter Werbungskosten gem. § 51 Abs. 3 Z. 1 EStG 1967. Mit Berufungsentscheidung vom GA 5-6259/71 entsprach die FLD für Wien, NÖ und Bgld dem gestellten Antrag im administrativen Instanzenzug nur zum Teil. Dagegen erhob der Beschwerdeführer Beschwerde vor dem VwGH. Mit Erk. v. , 758/72-8 hat dieser GH die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Dem entscheidenden Senat VI A gehörten u.a. die Hofräte Dr. Reichel und Dr. Seiler als Mitglieder an. Ein nachmals vom Beschwerdeführer gestellter Antrag auf Wiederaufnahme des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist mit B des GH v. , 954/73 als unbegründet abgewiesen worden. Dem beschlußfassenden Senat VI A gehörte u.a. auch Hofrat des VwGH Dr. Seiler als Mitglied an.

II.

Wegen beleidigender Schreibweise in einem Stundungs- und Nachsichtsgesuch hinsichtlich von Stempelgebühren für ein die Lohnsteuer betreffendes Ansuchen verhängte das FA für Gebühren und Verkehrsteuern in W. über den Beschwerdeführer gem. § 112 Abs. 3 BAO eine Ordnungsstrafe in Höhe von S 500,--. Mit Eingabe vom beantragte der Beschwerdeführer ihm die Begleichung dieser Ordnungsstrafe zu stunden. Dieses Ansuchen wies das FA ab. Eine dagegen erhobene Anrufung hat die FLD für Wien, NÖ und Bgld am abgewiesen.

Am langte eine vom Beschwerdeführer am zur Post gegebene Beschwerde gegen diese Berufungsentscheidung ein.

Nach den einschlägigen Best der ab geltenden Geschäftsverteilung des VwGH fällt die Entscheidung über die gegenständliche Beschwerde in die Zuständigkeit des Senats VII. Diesem gehören als Vorsitzender SenPräs des VwGH Dkfm. DDr. Dorazil und als ständige Mitglieder die Hofräte des VwGH Dr. Riedel, Dr. Schima, Dr. Reichel und Dr. Seiler an.

In der Beschwerde lehnte der Beschwerdeführer gem. § 31 Abs. 2 VwGG 1965 u.a. die Hofräte des VwGH Dr. Reichel und Dr. Seiler wegen Befangenheit ab und verwies diesbezüglich zwecks Vermeidung unnötiger Wiederholungen auf die Begründung seiner früheren Ablehnungsanträge in den Beschwerdesachen Zl. 1915/74, 191/75, 288/75, 289/75 u. 290/75.

In den diesbezüglichen früheren Ablehnungsanträgen hatte der Beschwerdeführer vorgebracht, daß der Senat VI A im hg Beschwerdeverfahren Zl. 758/72 auf sein seinerzeitiges nach Ansicht des Beschwerdeführers maßgebliches Vorbringen mit keinem Wort eingegangen sei. Der Beschwerdeführer legte in seinem seinerzeitigen Ablehnungsantrag ausführlich dar, in welchen Punkten seiner Ansicht nach der VwGH sein maßgebliches Vorbringen übergangen habe. Während der erkennende Senat VI A das rechtliche Vorbringen des Beschwerdeführers "unterschlagen" habe, sei die Sachverhaltsschilderung im erstinstanzlichen Antrag auf Berücksichtigung erhöhter Werbungskosten wortwörtlich mit allen Zahlenangaben in den Entscheidungsgründen des Erk. v. , 758/72 detailliert wiedergegeben worden. Daran habe der erkennende Senat die "lapidare" Schlußfolgerung geknüpft: "Der Anwendungsbereich des § 12 EStG 1967 wird durch die Vorschrift des § 24 Abs. 1 der Dienstpragmatik nicht eingeschränkt." Auf gut deutsch heiße das "des gibts net; des derfs net geben." Auf diese Weise habe der erkennende Senat den Beschwerdeführer um seinen gesetzlichen Anspruch auf Berücksichtigung der in Erfüllung einer Dienstpflicht erwachsenen Bekleidungs- und Verpflegungsmehraufwendungen als Werbungskosten gebracht.

Dann schrieb der Beschwerdeführer in seinen Ablehnungsanträgen wörtlich: "Was also während der Nazi-Zeit durch Schlagen der Partei in den Gestapo-Prügelkellern erreicht wurde, nämlich die Partei vom Beharren auf ihren gesetzlichen Ansprüchen abzubringen, wurde von den abgelehnten Mitgliedern des VwGH durch Unterschlagen von Parteivorbringen in den Entscheidungsgründen des Erkenntnisses erreicht." In seinen Ablehnungsanträgen schilderte der Beschwerdeführer sodann die Erfolglosigkeit seines zur Zl. 954/73 eingebrachten Antrags auf Wiederaufnahme des Verfahrens. Der Beschwerdeführer kritisierte im einzelnen den seiner Meinung nach nicht ordnungsgemäß begründeten Inhalt des B des GH v. , 954/73. Die abgelehnten Mitglieder des VwGH gehörten offensichtlich zu jener Sorte von Menschen, die den Vorwurf "Mord" mit dem Hinweis Schmecks - der einschlägige Mordparagraph sei ja nicht zitiert worden - hinlänglich entkräftet zu haben glauben. Bei dieser Auffassung von Rechtsstaatlichkeit sei eine Anzeige wegen Mißbrauchs der Amtsgewalt oder eine Disziplinaranzeige gegen die nunmehr abgelehnten VwGH-Mitglieder genauso aussichtslos gewesen, wie wenn man seinerzeit gegen das Schlagen und Mißhandeln durch die Gestapo-Schwergen mit einer Anzeige bei eben dieser Gestapo oder bei den Volksgerichten Abhilfe hätte schaffen wollen. Denn eher begingen Standesgenossen selbst ein Amtsvergehen und träten das Rechtsstaatsprinzip mit Füßen, bevor sie einen ihrer Standesgenossen aburteilten. Als einzig wirksame Möglichkeit der Partei, sich wenigstens künftighin gegen ein Unterschlagen ihres Vorbringens abzusichern, bleibe daher nur die Ablehnung jener Richter wegen Befangenheit. Sollte der GH das Unterschlagen von Parteivorbringen zum Zwecke des Abwürgens eines an sich wohlbegründeten Parteibegehrens nicht als sonstigen wichtigen Grund ansehen, der geeignet sei, in die volle Unbefangenheit der dieser Rechtsprechungsmethode huldigenden VwGH-Mitglieder Zweifel zu setzen, bleibe nur der außerrechtliche Weg der ORF-Sendung "In eigener Sache" offen, um die Öffentlichkeit entscheiden zu lassen, ob es mit der Stellung eines Höchstrichters vereinbar sei, durch "Unterschlagen" von Parteivorbringen einen "Justamentstandpunkt" durchzudrücken. Es sei vielleicht doch eher Aufgabe eines Höchstrichters, der Partei zu ihrem Recht zu verhelfen, wenn sie die besseren, nicht widerlegbaren Argumente für ihren Rechtsstandpunkt vorbringen könne, möge dadurch auch die Obrigkeit in eine mißliche Lage gebracht werden, die zu beseitigen, einzig und allein Sache des Gesetzgebers sei. Jedenfalls glaube er, Beschwerdeführer, mit der öffentlichen Meinung in der Annahme konform zu gehen, daß nicht nur Verbrecher in Uniform mit dem Rechtsstaat unvereinbar seien, sondern ebenso auch "Verbrecher im Talar", "Verbrecher in Ärmelschonern" udgl.

III.

Gem. § 31 Abs. 1 VwGG 1965 haben sich die Mitglieder des GH und Schriftführer unter Anzeige an den Präsidenten bei Vorliegen bestimmter im Gesetz aufgezählter Gründe der Ausübung ihres Amtes wegen Befangenheit zu enthalten. Dies hat z.B. zufolge der Z. 5 der zitierten Gesetzesstelle dann zu geschehen, wenn sonstige wichtige Gründe vorliegen, die geeignet sind, in die volle Unbefangenheit der eingangs genannten Personen Zweifel zu setzen. Aus den angeführten Gründen können zufolge Abs. 2 der zitierten Gesetzesstelle Mitglieder des GH und Schriftführer auch von den Parteien, uzw spätestens zu Beginn der Verhandlung, abgelehnt werden. Stützt sich die Ablehnung auf § 31 Abs. 1 Z. 5 VwGG 1965, so hat die Partei die hiefür maßgebenden Gründe glaubhaft zu machen. Über die Ablehnung entscheidet in Abwesenheit des Abgelehnten der für die Rechtssache zuständige Senat durch Beschluß. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag. Werden der Vorsitzende oder so viele Mitglieder des Senates abgelehnt, daß nicht wenigstens drei verbleiben, so hat der Präsident die Beschlußfassung über den Ablehnungsantrag dem nach der Geschäftsverteilung vorgesehenen Senat zuzuweisen. Beschließt der hiezu berufene Senat, daß die Ablehnung begründet ist, so hat der Präsident den Eintritt es Ersatzmitglieds (§ 11 Abs. 4 VwGG 1965) zu verfügen.

IV.

Vorweg ist festzuhalten, daß es nicht Aufgabe des nunmehr von den - von der gegenständlichen Ablehnung nicht betroffenen - Mitgliedern gebildeten, über die vorliegende Ablehnung entscheidenden Senats sein kann, über den Inhalt des Erk. des GH

v. , 758/72 und des B des GH v. , 954/73 wertende Aussagen zu machen und diese Entscheidungen einer positiven oder negativen Zensur zu unterwerfen. Dies wäre mit der staatsrechtlichen Funktion höchstrichterlicher Rechtsprechung unvereinbar. Entscheidend für die gegenständliche Beschlußfassung konnte einzig und allein sein, ob aus der damaligen Mitwirkung der vom Beschwerdeführer nunmehr abgelehnten beiden Richter des VwGH Hofrat Dr. Reichel und Dr. Seiler an den vorgenannten beiden hg Verfahren wichtige Gründe dafür hergeleitet werden können, die geeignet sind, die volle Unbefangenheit dieser beiden Richter im Verfahren über die zur hg Zl. 926/75 anhängige Beschwerde in Zweifel zu ziehen. Der Beschwerdeführer bejaht dies anscheinend mit der Begründung, im seinerzeitigen Erk. des GH v. sei sein Parteivorbringen "unterschlagen" worden, und es habe der GH in seiner Entscheidung über die Wiederaufnahme v. den Wiederaufnahmeantrag als eine unzulässige Kritik an einer früheren Entscheidung des GH gewertet.

Für diese Annahme des Beschwerdeführers ergeben sich nicht die geringsten Anhaltspunkte. Das Wesen der Befangenheit besteht in der Hemmung einer unparteiischen Entschließung durch unsachliche psychologische Motive (vgl. B des GH v. , 827/65, wobei an Art. 14 Abs. 4 der hg GO BGBl. 1965/45 erinnert sei). Die ablehnende Partei muß bei Würdigung aller Umstände des Falls Grund zur Annahme haben, daß der abgelehnte Richter gegenüber der Partei eine Haltung einnehmen werde, die dessen Unvoreingenommenheit und Unparteilichkeit störend beeinflussen könne. Vom Standpunkt des Ablehnenden müssen vernünftige, jedem Dritten einleuchtende Gründe vorliegen, an der Unbefangenheit und Unparteilichkeit des Richters zu zweifeln (vgl. Schober:

"Zureichende Befangenheitsgründe?" Österreichische Richterzeitung 1973, 93 ff, hier. S 95, Spalte 1). Bei der gegebenen Sachlage kann aber hievon im vorliegenden Fall keinesfalls gesprochen werden. Ein solcher Befangenheitsgrund kann weder in dem Umstand erblickt werden, daß die ablehnende Partei in einem früheren Rechtsstreit, an dem ein nunmehr abgelehnter Richter mitgewirkt hat, unterlegen ist, noch in dem Umstand, daß der VwGH in der Begründung seines früheren Erk. (§ 43 Abs. 2 VwGG 1965) bei Darstellung des für die Beurteilung des Falls maßgebenden Sachverhalts (vgl. § 14 Abs. 3 der hg. GO) zweckmäßige Kürzungen vorgenommen und das Parteivorbringen nur auszugsweise - im Erk. v. , 758/72 wird immerhin auf fast 3/4 Seiten engzeilig der Parteiantrag samt Rechtsausführungen und auf 21 Zeilen das Berufungsvorbringen zitiert - wiedergegeben hat. Davon, daß in einem derartigen Vorgehen unsachliche Motive der an der Entscheidung mitwirkenden Senatsmitglieder zum Ausdruck kommen könnten, kann keine Rede sein. Das gleiche gilt für die Erledigung des Wiederaufnahmeantrags zur Zl. 954/73. Da sohin keinerlei Gründe für die Ablehnung der in Rede stehenden Mitglieder des VwGH Hofrat Dr. Reichel und Hofrat Dr. Seiler iS des § 31 Abs. 1 Z. 5 VwGG 1965 glaubhaft gemacht wurden, konnte dem vorliegenden Ablehnungsantrag kein Erfolg beschieden sein.

Bezüglich der im seinerzeitigen Ablehnungsantrag vom Beschwerdeführer erhobenen Vorwürfe und der von ihm gebrauchten Schreibweise bleibt eine allfällige gesonderte Entscheidung vorbehalten.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1975:1975000926.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
OAAAF-53486