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VwGH 28.01.1953, 0905/52

VwGH 28.01.1953, 0905/52

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssatz


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Normen
RS 1
Verhältnisse, die sich für Wirtschaftsgüter bestimmter Art aus dem Fehlen einer Inlandserzeugung und der Beschränkung der Einfuhr ergeben, sind keine außergewöhnlichen Verhältnisse, die bei der Ermittlung des gemeinen Wertes solcher Wirtschaftsgüter als Grundlage für eine Bemessung der Schenkungssteuer unberücksichtigt zu bleiben hätten. Bei uneinheitlicher Preisbildung ist als gemeiner Wert ein gewogener Durchschnittspreis anzusetzen.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsidenten Dr. Heiterer-Schaller und die Räte Dr. Ondraczek, Dr. Wasniczek, Dr. Schirmer und Dr. Naderer als Richter, im Beisein des Ministerialoberkommissärs Dr. Hückel als Schriftführer, über die Beschwerde des Dipl. Ing. WH in W gegen die Berufungsentscheidung der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , GA VIII -

 309 - 1952, betreffend Schenkungsteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Begründung

Dem Beschwerdeführer war laut Schreiben vom von OS in M ein gebrauchter Personenkraftwagen Marke "Standard 14" geschenkt worden, für den der Geschenkgeber in der Schweiz 7.500 sfr. aufgewendet hatte. Der Wagen war mit der Bahn nach Oesterreich verfrachtet und am bei der Zollzweigstelle Wien Westbahnhof des Hauptzollamtes Wien zollamtlich abgefertigt worden.

Das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien hat dem Beschwerdeführer von dieser Schenkung Schenkungsteuer unter Zugrundelegung eines Wertes des geschenkten Personenkraftwagens von S 41.920.- vorgeschrieben.

Auf Grund Berufung des Beschwerdeführers, der sich unter Hinweis auf den für Personenkraftwagen in der Schweiz bezahlten Preis (7.500.- sfr.) und die Abnützung des Wagens (Kilometerstand: 26.350) gegen die Höhe der Bemessungsgrundlage wandte, änderte schliesslich die Finanzlandesdirektion am den Steuerbescheid des Finanzamtes dahin ab, dass sie die Steuer von einer Grundlage von 25.670,--S bemass. Im übrigen wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. In der Begründung wurde ausgeführt, es sei nicht der Fabrikswert des Wagens geschätzt worden, sondern der gemeine Wert des Wagens, nämlich der Preis, der bei einer Veräusserung erzielbar gewesen wäre. Nur dieser gemeine Wert bilde nach § 22 Abs. 1 des Erbschaftsteuergesetzes und nach § 10 des Bewertungsgesetzes die Grundlage der Steuerfestsetzung. Für diesen Preis seien aber nur die tatsächlichen Verhältnisse, also vor allem die gegebene Marktlage, nicht aber die Fabrikspreise oder die öffentlichen oder nichtöffentlichen Devisenkurse massgebend. Es sei bekannt, dass in Oesterreich die bei einem Verkauf neuer oder gebrauchter Wagen erzielten Preise sehr hoch sind. Die im Ausland erzielten Preise oder die in ausländischer Währung bekannten Fabrikspreise seien nicht einmal als Anhaltspunkte für den inländischen Verkehrswert brauchbar. Mit Rücksicht auf die inländischen Marktverhältnisse treffe es auch nicht zu, dass der gegenständliche Wagen, wie der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren behauptet hatte, wegen Anlaufes der Erzeugung der neuen Type "Standard-Vanguard" nahezu unverkäuflich gewesen sei. Zwischen den beiden Typen bestehe kein wesentlicher Unterschied. Umfangreiche, durch das Finanzamt seinerzeit durchgeführte Erhebungen hätten ergeben, dass zum Zeitpunkt des Entstehens der Steuerschuld für einen neuwertigem Wagen der gegenständlichen Type bei einem freihändigen Verkauf Preise von ungefähr 45.000 - 50.000 S erzielt wurden. Bei dem Kilometerstand von 26.350 km am müsse angesichts des Umstandes, dass die Uebernahme bereits am vollzogen wurde, ein Verkehrswert zum Zeitpunkt der Schenkung mit mindestens drei Vierteln des Verkehrswertes eines neuwertigem, Fahrzeuges angenommen werden. Es sei daher von einem gemeinen Wert von 3 x 45.000 S / 4 = 33.750 S auszugehen, was nach Abzug der Spesen von 8.073,-- S eine reine Bereicherung von 25.677,-- S ergebe.

In der gegen diese Berufungsentscheidung der Finanzlandesdirektion beim Verwaltungsgerichtshof eingebrachten Beschwerde bemängelt de Beschwerdeführer, dass ihm die Art der Erhebungen über die Verkaufspreise und insbesondere nicht mitgeteilt worden sei, wer diese Angaben gemacht habe. Er sei daher nicht in der Lage gewesen, zu den Angaben Stellung zu nehmen. Es sei auch nicht zu ersehen, ob den Auskunftspersonen bekannt war, dass ein neuer Wagen dieser Type im Inland um rund 28.000 S zu erhalten war, wie es der Beschwerdeführer im Berufungsverfahren behauptet und worüber er eine Bestätigung vorgelegt hatte. Sicherlich müsse doch jeder Wagen, der angeblich um 45.000 - 50.000 S verkauft werde, zunächst einmal bei der Fabrik bzw. bei der inländischen Vertretung um rund 28.000 S neu gekauft worden sein. Die belangte Behörde behaupte selbst nicht, dass ein Inländer den Wagen bei der Fabrik um diesen Preis nicht erhalten habe. Es könne nicht angenommen werden, dass jeder Inländer einen Wagen, den er bei der Fabriksniederlage um 28.000 S erworben hat, um 45.000 bis 500000 S weiterverkauft. Es müsse also in Oesterreich mehr Wagen geben, die der Besitzer um 28.000 S erworben hat, als solche, für die er 45.000 bis 50.000 S auslegen musste. Wenn aber Wagen auf illegalem Wege nach Oesterreich gekommen und dort zu den von der Behörde geschätzten Preisen verkauft worden seien, so könne dieser "Schieberpreis" gewiss nicht als der normale gemeine Wert im Sinne des § 10 des Bewertungsgesetzes bezeichnet werden. Denn der Erwerber habe den höheren Preis wahrscheinlich nur deswegen gezahlt, weil er mit dem Erwerb des Wagens nicht zuwarten konnte oder wollte, bis er ihn von der Fabrik erhielt. Unzutreffend sei auch die Annahme der belangten Behörde, dass zwischen den Typen "Standard 14" und "Standard Vanguard" kein wesentlicher Unterschied bestanden habe. Dies sei eine unbewiesene Behauptung der belangten Behörde durch Einholung von Auskünften bei der Erzeugerfirma oder ihrer inländischen Vertretung hätte dieser Irrtum aufgeklärt werden können.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über diese Beschwerde erwogen:

Unbestritten ist, dass dem Beschwerdeführer nicht ein Geldbetrag geschenkt wurde, sondern dass der Geschenkgeber aus eigenen Mitteln einen PKW angeschafft und ihn aus der Schweiz an den Beschwerdeführer nach Oesterreich abgesendet hat. Bemessungsgrundlage der Schenkungsteuer bildet somit gemäss §§ 1 und 10 des Bewertungsgesetzes (vom , DRGBl. I S. 1035) und § 22 Abs. 1 des Erbschaftsteuergesetzes (vom , DRGBl. I S. 320) der gemeine Wert des Wagens. Streitig ist nur mehr dieser gemeine Wert in Oesterreich. Für die Wertermittlung ist gemäss § 21 ErbStG der Zeitpunkt des Entstehens der Steuer schuld massgebend. Gemäss § 14 Abs. 1 Z. 2 ErbStG entsteht bei Schenkungen unter Lebenden die Steuerschuld mit dem Zeitpunkt der Ausführung der Zuwendung. Der belangten Behörde ist nun ein Irrtum unterlaufen, wenn sie vermeint, dass der Beschwerdeführer den Wagen bereits im Oktober 1948 zur Verfügung gehabt habe. Nach den im Akt einliegenden Zollbelegen ist ihm der Wagen vielmehr erst am ausgefolgt worden. Da er am zum ersten Mal der Standardvertretung zum Service übergeben worden war und an diesem Tage einen Kilometerstand von

26.350 aufgewiesen hat, kann er also an diesem Tage nicht schon vom Beschwerdeführer nennenswert abgenützt gewesen sein. Der gemeine Wert ist somit nach den Verhältnissen des unter Zugrundelegung einer Zahl von rund 26.000 gefahrenen Kilometern zu ermitteln.

Der gemeine Wert wird gemäss § 10 Abs. 2 des Bewertungsgesetzes durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei einer Veräusserung zu erzielen wäre. Dabei sind alle Umstände, die den Preis beeinflussen zu berücksichtigen. Ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse sind nicht zu berücksichtigen. Hiebei können Verhältnisse, die sich daraus ergeben, dass Wirtschaftsgüter der betreffenden Gattung im Inland nicht erzeugt werden und die Einfuhr dieser Güter aus Gründen der Devisenbewirtschaftung gedrosselt ist, nicht, wie der Beschwerdeführer vermeint, als ungewöhnliche Verhältnisse angesprochen werden. Es geht aber ebensowenig an, wie es anscheinend die belangte Behörde im Auge hat, Veräusserungspreise, die von inländischen Zweigniederlassungen ausländischer Erzeuger verlangt werden, schlechthin als durch ungewöhnliche Verhältnisse bedingt anzusehen. Wenn die Preisbildung für ein bestimmtes Wirtschaftsgut zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht einheitlich ist, geht es auch nicht an, schlechthin der Ermittlung des Wertes den höchsten der in diesem Zeitpunkt erzielten Preise zugrunde zu legen. Es muss dann ein gewogener Durchschnittspreis angesetzt werden. Darüber muss also die Finanzbehörde geeignete Erhebungen anstellen; sie muss insbesondere auch darüber Gewissheit erlangen, welchen Preis ein aus dem Auslande eingeführtes Wirtschaftsgut in einer inländischen Niederlage des ausländischen Verkäufers tatsächlich im gegebenen Zeitpunkt erzielt hat und ob Abschlüsse zu diesem Preis tatsächlich in nennenswertem Umfang möglich waren, oder ob die Nachfrage nach diesem Gegenstand zu einem grossen Teil oder gar überwiegend auf andere Weise befriedigt werden musste.

Nun hat sich die belangte Behörde in der Berufungsausführung auf "umfangreiches, seinerzeit vom Finanzamt durchgeführte Erhebungen" berufen. Welcher Art diese Erhebungen waren, ist aber aus der Aktenlage nicht ersichtlich und die Art und das Ergebnis der Ermittlungen ist auch dem Beschwerdeführer nicht vorgehalten worden. Der Beschwerdeführer hatte somit, wie er mit Recht rügt, im Verwaltungsverfahren keine Gelegenheit, sich zu dem Ergebnis dieser Ermittlungen zu äussern und allfällige Bedenken dagegen geltend zu machen. Bei Vermeidung dieses Verfahrensmangels hätte die belangte Behörde unter Umständen zu einem anderen Ergebnis gelangen können. Der angefochtene Bescheid was daher gemäss § 42 Abs. 2 lit. c Z. 3 VwGG 1952 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Gemäss § 39 Abs. 2 lit. b VwGG 1952 wurde von der Abhaltung einer mündlichen Verhandlung, die das Bundesministerium für Finanzen beantragt hatte, abgesehen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
Sammlungsnummer
VwSlg 703 F/1953
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1953:1952000905.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
ZAAAF-53452