VwGH 17.01.1968, 0897/67
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssätze
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Norm | GSpG 1962 §27 Abs2; |
RS 1 | Unter der "Jahresbruttospieleinnahme" eines Spielbankbetriebes ist die Rechengröße zu verstehen, die sich aus dem Unterschied zwischen den Spieleinnahmen und den Spielausgaben innerhalb eines Kalenderjahres ergibt. |
Norm | GSpG 1962 §28; |
RS 2 | Die monatliche Bruttospieleinnahme (als Grundlage der monatlichen Abrechnung der Spielbankabgabe) ergibt sich aus der Summe der Salden, die im Laufe des Monates täglich nach Beendigung des Spielbetriebes unter behördlicher Aufsicht aus den Überschüssen bzw Abgängen der einzelnen Spieltische errechnet werden. Abrechnungen die auf diesen Salden beruhen, können auch dann nicht als unrichtig angesehen werden, wenn die Höhe der Überschüsse bzw Abgänge durch allfällige bei der Gewinnauszahlung an die Spieler unterlaufene Irrtümer oder regelwidrige Vorgänge beeinflußt wurde und der Saldo in Unkenntnis dessen auf Grund der effektiv vorhandenen Überschüsse (Abgänge) errechnet wurde. Eine rechnungsmäßige Erhöhung durch Berücksichtigung effektiv vorhandener Gewinne, somit durch Heranziehung fiktiver Beträge, mögen sie sich auch als durch Schätzung Anerkennung oder Gerichtsurteil der Höhe nach bestimmte Forderungen der Spielbank darstellen, widerspräche dem Gesetz. Vielmehr führt erst die tatsächliche Abstattung solcher Forderungen an die durch regelwidrige Vorgänge geschädigte Spielbank zu einer Erhöhung der Bruttospieleinnahme. |
Norm | VwGG §47; |
RS 3 | Zuspruch des bereits in der Beschwerde angesprochenen Verhandlungsaufwandes; keine Kostenote am Schluß der Verhandlung gelegt. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden, Senatspräsidenten Dr. Porias, und die Hofräte Dr. Eichler, Dr. Kadecka, Dr. Raschauer und Dr. Frühwald als Richter, im Beisein des Schriftführers, prov. Finanzkommissärs Dr. Glöckel, über die Beschwerde der C AG in W, vertreten durch Dr. Christoph Suchomel, Rechtsanwalt in Wien I, Kärntnerring 10, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. GA VIII-613/6/67, betreffend Spielbankabgabe, nach der am durchgeführten Verhandlung, und zwar nach Anhörung des Vortrages des Berichters, sowie der Ausführungen des Vertreters der Beschwerde, Rechtsanwaltes Dr. Christoph Suchomel, und des Vertreters der belangten Behörde, Oberfinanzrates Dr. FR, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 2.250,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführerin wurde mit Bescheid des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien vom für die Jahre 1965 und 1966 unter Bezug auf § 28 Abs. 3 des Glücksspielgesetzes eine Spielbankabgabe in Höhe von S 1,550.000,--
vorgeschrieben. In der Begründung dieses Bescheides führte das Finanzamt aus, daß die Bruttospieleinnahmen in einer Betriebsstätte der Beschwerdeführerin in den Jahren 1965 und 1966 durch betrügerische Manipulationen seitens ihrer Angestellten verkürzt worden seien, wodurch auch die staatlichen Spielbankabgaben im aliquoten Teil eine Verkürzung erfahren hätten. Die Beschwerdeführerin erhob Berufung und führte in dieser im wesentlichen aus, den Bestimmungen des Glücksspielgesetzes könne nicht entnommen werden, daß eine Spielbankabgabe auch von jenen Beträgen zu berechnen und zu entrichten sei, die aus irgend einem Grunde dem Spielbankunternehmen überhaupt nicht zugeflossen seien. Wenn der Bundesschatz die Meinung vertrete, er habe durch Manipulationen von Angestellten der Beschwerdeführerin dadurch einen Schaden erlitten, daß ihm zu wenig Spielbankabgabe zugeflossen sei, so könne er diesen Schaden nur im Wege eines ordentlichen Gerichtsverfahrens, keinesfalls aber einfach durch die Vorschreibung einer Spielbankabgabe hereinbringen. Die Berufung wurde von der belangten Behörde mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid als unbegründet abgewiesen. In den Entscheidungsgründen führte die belangte Behörde aus, die Beschwerdeführerin könne nicht bestreiten, daß durch das Verhalten ihrer Angestellten in einem ihrer Betriebe die Bruttospieleinnahmen verkürzt worden seien, wodurch nicht nur der Beschwerdeführerin ein Schade entstanden, sondern auch eine Verkürzung der Spielbankabgabe erfolgt sei. Daraus ergebe sich aber, daß die von der Beschwerdeführerin vorgelegten Abrechnungen hinsichtlich dieses Betriebes für die Jahre 1965 und 1966 unrichtig gewesen seien. Gemäß § 28 Abs. 3 des Glücksspielgesetzes sei daher die Erlassung des angefochtenen Bescheides berechtigt gewesen. Da diese gesetzlichen Bestimmungen die Erlassung eines Abgabenbescheides zulassen würden, bestehe keine Veranlassung, das rechtskräftige Strafurteil abzuwarten oder gar den verkürzten Abgabebetrag durch die ordentliche Gerichte geltend zu machen. Nach § 27 Abs. 2 des Gesetzes sei die Spielbankabgabe von den Jahresbruttospieleinnahmen eines jeden Spielbankbetriebes gesondert zu berechnen. Da die von der Beschwerdeführerin vorgelegten Abrechnungen unrichtig gewesen seien, mußten die Jahresbruttospieleinnahmen vom Finanzamt gemäß § 184 der Bundesabgabenordnung geschätzt werden. Bei dieser Schätzung sei das Finanzamt bemüht gewesen, den tatsächlichen Verhältnissen möglichst nahezukommen und habe die Bemessungsgrundlage schlüssig errechnet.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde, die der Berufung folgend, im wesentlichen die Auffassung vertritt, daß Gewinne der Spieler - mögen sie berechtigterweise oder infolge betrügerischer Machenschaften ausbezahlt worden sein - die Jahresbruttospieleinnahmen schmälerten. Jahresbruttospieleinnahme sei die Differenz zwischen Spielverlusten und Spielgewinnen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 27 Abs. 1 und Abs. 2 des Glücksspielgesetzes, BGBl. Nr. 169/1962, in der Fassung der Glücksspielgesetz-Novelle 1964, BGBl. Nr. 288/1963, haben Spielbankunternehmungen eine Spielbankabgabe zu entrichten, die von den Jahresbruttospieleinnahmen eines jeden Spielbankbetriebes gesondert zu berechnen ist. Die Spielbankabgabe beträgt je nach der Höhe der Bruttospieleinnahmen 35 v. H. bis 80 v. H. dieser Einnahmen. Gemäß § 28 Abs. 1 und 2 des Gesetzes ist die Spielbankabgabe an dem der Spieleinnahme folgenden zweiten Werktag fällig und die Spielbankunternehmung hat über die im Lauf eines Monats abgeführten Beträge an Spielbankabgabe bis zum
15. des nachfolgenden Monats über die Österreichische Glücksspielmonopolverwaltung an das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern eine nach Spielbankbetrieben gegliederte Abrechnung vorzulegen. Diese Abrechnung gilt als Steuererklärung. Gemäß Abs. 3 des § 28 ist ein Abgabenbescheid nur zu erlassen, wenn der Abgabepflichtige die Einreichung der Abrechnung unterläßt oder wenn diese als unvollständig oder unrichtig befunden wird.
Im vorliegenden Fall wurden in einem Betrieb der Beschwerdeführerin in den Jahren 1965 und 1966 die Spieleinnahmen durch unredliche Manipulationen von Angestellten verkürzt. Das Strafverfahren und die Schadenersatzprozesse gegen die Angestellten bzw. die beteiligten Spieler sind noch nicht abgeschlossen, sodaß die tatsächliche Schadenssumme nicht bekannt ist. Die belangte Behörde hat nun unter Hinweis auf die vorgekommenen Manipulationen die von der Beschwerdeführerin vorgelegten Abrechnungen als unrichtig befunden, die Spieleinnahmen für die Jahre 1965 und 1966 durch Schätzung ermittelt und unter Bezug auf § 28 Abs. 3 des Glücksspielgesetzes gegen die Beschwerdeführerin einen Abgabenanspruch des Bundesschatzes in Höhe von S 1,550.000,-- geltend gemacht.
Bemessungsgrundlage für die Berechnung der Spielbankabgabe sind gemäß § 27 Abs. 2 des Glücksspielgesetzes die Jahresbruttospieleinnahmen. Das Gesetz selbst erläutert nicht, was unter der "Jahresbruttospieleinnahme" eines Spielbankbetriebes zu verstehen ist. Diesem Begriff ist daher gemäß § 6 des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches die Bedeutung zuzulegen, die sich aus der Eigentümlichkeit des Wortes in Zusammenhang mit dem Sinn und Zweck des Glücksspielgesetzes ergibt.
Als Jahreszeitraum (Jahresbruttospieleinnahme) für die Berechnung der Spielbankabgabe kommt offensichtlich nur das Kalenderjahr in Betracht. Das geht aus der Bestimmung des Art. II Abs. 1 der Glücksspielgesetz-Novelle 1964 hervor, derzufolge dieses Bundesgesetz mit in Kraft tritt. Hätte der Gesetzgeber der Berechnung der Spielbankabgabe einen anderen Zeitraum als das Kalenderjahr zugrunde legen wollen, wären in der Novelle Übergangsbestimmungen unvermeidlich gewesen.
Bei der Auslegung des vom Gesetz gebrauchten Wortes "Bruttospieleinnahme" ist zu bedenken, daß es sich bei Spielbankbetrieben in der Regel um Erwerbsgesellschaften handelt, die mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben werden, und der im Glücksspielgesetz nicht näher definierte Einnahmebegriff eines solchen Unternehmens ist daher nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen auszulegen. Betriebswirtschaftlich ist unter einer Bruttoeinnahme eine Rechengröße zu verstehen, aus der sich nach Abzug weiterer Aufwandposten der Gewinn oder der Verlust des Unternehmens ergibt. Die Bruttospieleinnahme eines Spielbankbetriebes ist nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes die Rechengröße, die sich aus dem Ertragsrest der Spiele eines bestimmten Zeitraumes ergibt, durch Abzug der Spielbankabgabe zu der Nettoeinnahme, und schließlich nach Abzug weiterer Aufwandposten zum Gewinn oder Verlust des betreffenden Spielbankbetriebes führt. Aus der Besuchs- und Spielordnung für die Spielbankbetriebe der Beschwerdeführerin ist weiters zu entnehmen, daß es sich bei dem Ertragsrest der Spiele nur um Jetons oder Bargeld handeln kann, weil die Einsätze - auch bei Spielansagen (Annoncen) - entweder in Jetons oder in Bargeld geleistet werden müssen.
Zusammenfassend ist somit unter der "Jahresbruttospieleinnahme" eines Spielbankbetriebes eine Rechengröße zu verstehen, die sich aus dem Unterschied zwischen den Spieleinnahmen und den Spielausgaben innerhalb eines Kalenderjahres ergibt. Der jeweilige Überschuß (Abgang) dieser Spieleinnahmen und Spielausgaben (Gewinne und Verluste) wird, wie unbestritten feststeht, nach Beendigung des täglichen Spielbetriebes bezüglich der einzelnen Tische unter Bedachtnahme auf deren Dotation errechnet und es werden schließlich die erzielten Überschüsse bzw. Abgänge zusammengerechnet bzw. kompensiert. Dieser Vorgang sowie jede Bewegung der Jetons steht unter behördlicher Aufsicht. Von diesen auf solche Weise erfaßten Beträgen ist dann die Spielbankabgabe zu errechnen und jeweils am folgenden zweiten Werktag abzuführen. Demnach hat der nach Schluß jedes Spieltages aus den Überschüssen bzw. Abgängen der einzelnen Spieltische gezogene Saldo die Grundlage für die Abrechnung der Spielbankabgabe zu bilden. Abrechnungen, die auf diesem Saldo beruhen, können daher nicht als unrichtig angesehen werden, und zwar auch dann nicht, wenn die Höhe der Überschüsse bzw. Abgänge durch allfällige bei der Gewinnauszahlung an die Spieler unterlaufene Irrtümer oder regelwidrige Vorgänge beeinflußt wurde und der Saldo in Unkenntnis der Irrtümer oder der Vorgänge auf Grundlage der effektiv vorhandenen Überschüsse errechnet wurde. Eine rechnungsmäßige Erhöhung der Bruttospieleinnahmen durch Berücksichtigung von bei der Abrechnung effektiv nicht vorhandenen Gewinnen, somit durch Heranziehung fiktiver Beträge, mögen sie sich auch als durch Schätzung, Anerkenntnis oder Gerichtsurteil der Höhe nach bestimmte Forderungen der Spielbank darstellen, entspricht somit nicht dem Gesetz. Vielmehr führt erst die tatsächliche Abstattung solcher Forderungen an die durch regelwidrige Vorgänge geschädigte Spielbank zu einer Erhöhung der Spieleinnahmen.
Da die belangte Behörde sohin die Rechtslage verkannt hat, war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965 aufzuheben. Der Ausspruch über die Kosten gründet sich auf § 47 und § 48 Abs. 1 VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzleramtes vom , Art. I Abschnitt A, BGBl. Nr. 4.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Normen | |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1968:1967000897.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
HAAAF-53432