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VwGH 02.06.1967, 0865/66

VwGH 02.06.1967, 0865/66

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Norm
EStG 1953 §6 Abs1 Z1;
RS 1
Gebäude eines Betriebes bilden in der Regel eine Einheit und können daher bei der Teilwertfestsetzung im allgemeinen nur einheitlich bewertet werden, und zwar einschließlich Grund und Boden. Jede Teilwertabschreibung von Betriebsgrundstücken hat daher zur Voraussetzung, daß der Gesamtwert des Betriebsgrundstückes (Grund und Gebäude) niedriger ist als die gesamten Buchungsätze hiefür (Hinweis: Das Urteil des ehemaligen Reichsfinanzhofes vom , RStBl 1938, S 179).
Norm
VwGG §47;
RS 2
Ausführungen zum Zuspruch der Kosten für Straßenbahn in Wien an den nicht in Wien wohnhaften Vertreter (hier: für FLD Vorarlberg).

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden, Senatspräsidenten Dr. Wasniczek, und die Hofräte Dr. Schirmer, Dr. Schimetschek, Dr. Kaupp und Dr. Riedel als Richter im Beisein des Schriftführers, Ministerialsekretärs Dr. Walter, über die Beschwerde des GS in I, vertreten durch Dr. Franz Helbich, Rechtsanwalt in 1190 Wien, Iglaseegasse 60, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Vorarlberg, Berufungssenat, vom , Zl. 792-2/1966, betreffend Einkommen- und Gewerbesteuer 1963, nach durchgeführter Verhandlung, und zwar nach Anhörung des Vortrages des Berichters sowie der Ausführungen des Vertreters der Beschwerde, Rechteanwaltes Dr. Franz Helbich und des Vertreters der belangten Behörde, Oberfinanzrates AP, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Finanzlandesdirektion für Vorarlberg) Aufwendungen in der Höhe von S 1.477,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein handelsgerichtlich protokollierter Kaufmann, ist Inhaber eines Hotelbetriebes in I. Das Betriebsgebäude war in einer zum erstellten Schillingeröffnungsbilanz unter Zugrundelegung einer voraussichtlichen Restnutzungsdauer von 50 Jahren von S 539.084,-- auf S 2,459.588,-- aufgewertet worden. Im Jahre 1963 wurde mit einem Kostenaufwand von S 2,947.651,-- ein Hotelneubau errichtet, wobei ein Teil des bisherigen Hotelgebäudes abgetragen wurde; es handelte sich dabei um die im Inventarverzeichnis unter dem Namen "Altbau" und "Halle" angeführten Trakte des Hotelgebäudes, die der Beschwerdeführer in der Schlußbilanz 1963 selbst noch mit S 707.657,-- bzw. S 87.445,-- ewertet hatte. Im übrigen hatte der Beschwerdeführer für 1963 hinsichtlich des Hotelbetriebes (insbesondere im Hinblick auf eine geltend gemachte vorzeitige AfA von S 987.632,--) einen Verlust von S 388.588,-- erklärt, den das Finanzamt bei Erlassung des Einkommensteuerbzw. Gewerbesteuerbescheides 1963 der Besteuerung zugrunde legte.

Dennoch erhob der Beschwerdeführer gegen diese Steuerbescheide Berufung, weil bei der Ermittlung des steuerpflichtigen Gewinnes der Restbuchwert der abgebrochenen Gebäudeteile nicht gewinnmindernd abgeschrieben worden war. Er wies dabei darauf hin, daß technische wie wirtschaftliche Gründe den Abbruch der alten Teile des Betriebsgebäudes veranlaßt hätten. Es seien nämlich an den betreffenden Trakten vorzeitige außergewöhnliche, nicht voraussehbare schwere Bauschäden aufgetreten, die durch abnormale Witterungsverhältnisse (hauptsächlich 1963) verursacht worden seien. Hiezu legte der Beschwerdeführer das Gutachten eines Bausachverständigen vom vor, in welchem bestätigt wird, daß der Beschwerdeführer den Sachverständigen im April 1963 beauftragt habe, Sanierungsvorschläge für den stark mitgenommenen "Saaltrakt", der 1929 erstellt worden war, auszuarbeiten und insbesondere zu prüfen, ob eine Aufstockung noch möglich wäre. Der betreffende Hoteltrakt habe jedoch schon längere Zeit stärkere Baumängel gezeigt, zu welchen im Winter 1962/1963 durch die hohen Schneelasten und das Aufweichen des Untergrundes zur Zeit der Schneeschmelze noch zusätzliche Bauschäden hinzugekommen seien. Eine überschlägige Rechnung habe ergeben, daß eine Behebung dieser Schäden nicht sinnvoll wäre, weil sie den Kosten eines Neubaues gleichgekommen wären. Deshalb habe der Sachverständige dem Beschwerdeführer empfohlen, im Zuge einer Neuplanung diesen Bauteil abzureißen. Im übrigen - so wird in der Berufungsschrift weiter ausgeführt - hätten auch wirtschaftliche Überlegungen den Abbruch der alten Gebäudeteile veranlaßt, da der Hotelberieb infolge der Modernisierung aller umliegenden Gast- und Beherbergungsbetriebe mit seinen bisherigen Leistungsmöglichkeiten nicht mehr konkurrenzfähig gewesen sei, sodaß sich der Beschwerdeführer entschlossen habe, durch eine Modernisierung des Betriebes eine Ertragsverbesserung zu erzielen.

Die belangte Behörde gab der Berufung des Beschwerdeführers mit dem angefochtenen Bescheide keine Folge. Sie begründete ihre abweisende Entscheidung im wesentlichen damit, daß der Berufungssenat den vom Beschwerdeführer vorgebrachten Argumenten keine entscheidende Bedeutung habe beimessen können. Aus den vorgelegten Bausachverständigengutachten gehe nicht hervor, daß die in der seinerzeitigen Schillingeröffnungsbilanz angesetzte restliche Nutzungsdauer durch besondere, in der Zwischenzeit eigetretene und nicht voraussehbare Ereignisse verkürzt worden wäre. Wenn damals der Unternehmer trotz voraussehbarer wirtschaftlicher Entwicklung im Interesse einer möglichst hohen zukünftigen Abschreibung basis die restliche Nutzungsdauer und damit den Wert eines alten Gebäudes überhöht angesetzt habe, dann müsse er gemäß dem Grundsatz von Treu und Glauben die von ihm geschätzte Nutzungsdauer gegen sich gelten lassen, sofern eben nicht besondere und unvermutete Ereignisse die Restnutzungsdauer beeinträchtigten, was in der vorliegenden Rechtssache nicht der Fall gewesen sei.

Über die gegen diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde hat der Gerichtshof erwogen:

Gemäß § 6 Abs. 1 EStG sind Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die der Abnutzung unterliegen, mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten, vermindert um die Absetzung für Abnutzung nach § 7 EStG, anzusetzen. Ist der Teilwert niedriger, so kann dieser angesetzt werden. Zu den Anschaffungs- oder Herstellungskosten gehören grundsätzlich alle Kosten, die zur Anschaffung bzw. Herstellung des betreffenden Wirtschaftsgutes nötig sind. Dazu gehören nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bei der Errichtung eines Neubaues nicht nur die Kosten für die Errichtung des Neubaues im engeren Sinn. Im Fall eines Neubaues bei gleichzeitiger Niederreißung des alten Gebäudes gehören vielmehr in der Regel auch die mit dem niedergerissenen Gebäude im Zusammenhang stehenden Restbuchwerte zu den Anschaffungskosten (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Slg. N. F. Nr. 2402/F, vom , Slg. Nr. 2676/F, vom , Zl. 1071/63, vom , Zl. 1754/63, vom , Zl. 240/65, und vom , Zl. 2106/64).

Im vorliegenden Fall begehrte der Beschwerdeführer, der übrigens im Jahresabschluß 1963 selbst noch die Restbuchwerte der niedergerissenen Gebäudeteile den Anschaffungskosten des Neubaues hinzugerechnet und 20 % dieser so erstellten Anschaffungskosten als "vorzeitige Abschreibung" im Sinne des § 1 Abs. 3 lit. b BewFrG 1957 abgesetzt hatte, erstmals im Berufungsverfahren - entgegen seinen eigenen Bilanzansätzen die volle Abschreibung der Restbuchwerte.

Dieses Begehren war seiner Form nach schon deshalb verfehlt, weil der Beschwerdeführer als handelsgerichtlich protokollierter Kaufmann eine Änderung der Gewinnermittlung, die auf seinen eigenen Bilanzansätzen aufgebaut war, nur im Weg einer Änderung der Bilanz hätte erreichen können, welcher die Abgabenbehörde nur dann hätte zustimmen müssen; wenn es sich um eine sogenannte "Bilanzberichtigung" gehandelt hätte, d. h. wenn die eingereichte Schlußbilanz 1963 den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung unter Befolgung der Vorschriften des Einkommensteuergesetzes widersprochen hätte (§§ 5 und 4 Abs. 2 EStG).

Es erhebt sich somit die Frage, ob der Beschwerdeführer etwa dadurch, daß er den Wert des Betriebsgebäudes bei Erstellung der Schlußbilanz 1963 nicht um die vollen Restbuchwerte der abgerissenen Gebäudeteile vermindert hat, gegen zwingende Vorschriften des Bilanz- oder Steuerrechts verstoßen habe. Diese Frage ist aus folgenden Gründen zu verneinen:

Soweit der Beschwerdeführer sich darauf beruft, daß die betreffenden Gebäudeteile in außergewöhnlichem Maße technisch und wirtschaftlich abgenutzt gewesen seien, wäre selbst dann, wenn dies - entgegen den Feststellungen der belangten Behörde - tatsächlich zugetroffen wäre, eine Absetzung für außergewöhnliche technische oder wirtschaftliche Abnutzung gemäß § 7 Abs. 1 EStG zwar zulässig, nicht aber zwingend erforderlich gewesen, da nach herrschender Lehre keine Verpflichtung, sondern nur ein Recht zur Vornahme der Absetzung für außergewöhnliche Abnutzung besteht, sofern nicht das Wirtschaftsgut vernichtet oder aus dem Betriebsvermögen ausgeschieden ist (vgl. Blümich-Falk, Einkommensteuergesetz, 8. Aufl., Anmerkung 7, lit. a zu § 7 EStG; Hermann-Heuer, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, S. 51441). Hiebei ist unter "Wirtschaftsgut" - wie noch unten näher ausgeführt werden wird - das Betriebsgebäude als ganzes und nicht bloß ein Teil desselben zu verstehen. Verstieß aber die Nichtvornahme einer allenfalls zulässigen Absetzung für außergewöhnliche Abnutzung nicht gegen zwingende Bilanz- oder Steuervorschriften, so konnte sie auch nicht nachträglich im Weg einer Bilanzänderung gegen den Willen der Abgabenbehörde erzwungen werden.

Es ist daher nur noch zu prüfen, ob das Betriebsgebäude allenfalls eine solche Wertminderung erfahren hatte, daß der Teilwert desselben erheblich und dauernd unter die um die normale AfA verminderten Herstellungskosten gesunken war, und ob der Beschwerdeführer verpflichtet gewesen wäre, den niedrigen Teilwert anzusetzen. Nun ist aber bei Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens gemäß § 133 Z. 1 und 2 des Aktiengesetzes der Ansatz der höheren Anschaffungs- oder Herstellungskosten auch bei geringerem Zeitwert möglich. Hier steht es auch beim Vollkaufmann in der Regel in seinem Belieben, ob er die höheren Anschaffungskosten oder den niedrigeren Teilwert der Bilanzbewertung zugrunde legt; ein Zwang, nicht verwirklichte Verluste beim Anlagevermögen auszuweisen, besteht nach dieser in der Bilanzlehre als "gemildertes Niederstwertprinzip" bezeichneten Regel jedenfalls nicht (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 1711/57, und vom , Zl. 172/62; Pucharski-Jiresch, Einkommensteuergesetz, 7. Aufl., S. 218 f. Blümich-Falk, Einkommensteuergesetz, 9. Aufl., S. 603, Hermann-Heuer, Kommentar zur Einkommensteuer, S. 395; Littmann, Einkommensteuerrecht,

8. Aufl., S. 588). Im übrigen müßte man im vorliegenden Fall bei der Ansetzung des Teilwertes davon ausgehen, daß für den Erwerber eines Betriebes das Betriebsgrundstück und die darauf befindlichen Betriebsgebäude grundsätzlich eine Einheit darstellen. Der Teilwert muß daher für die gesamte Betriebsliegenschaft als solche ermittelt werden. Auch kann es nicht darauf ankommen, wie der Steuerpflichtige das Betriebsgebäude und seine einzelnen Teile buchmäßig behandelt hat. Für die Teilwertberechnung bilden die Gebäude eines Betriebes jedenfalls eine Einheit und können daher nur einheitlich bewertet werden, und zwar einschließlich von Grund und Boden. Jede Teilwertabschreibung hat daher zur Voraussetzung, daß der Gesamtwert des Betriebsgrundstückes (Grund und Boden und Betriebsgebäude) niedriger ist als die gesamten Buchansätze dafür (vgl. das Urteil des ehemaligen Reichsfinanzhofes vom , RStBl. 1938, S. 179, und die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 1754/63, vom , Zl. 240/65, und vom , Zl. 2106/64; Littmann, Einkommensteuerrecht, 8. Aufl., S. 581 f.). Daß das gesamte Betriebsgebäude aber eine solche Wertminderung erfahren habe, daß dessen Teilwerte erheblich unter dem auf den Herstellungskosten basierenden Gesamtbuchwert liege, hat der Beschwerdeführer im vorliegenden Fall niemals behauptet. Sohin war sein letzten Endes auf eine Bilanzberichtigung hinzielendes Begehren von vornherein zum Scheitern verurteilt.

Die vorliegende Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über die Kosten des Verwaltungsgerichtshofverfahrens gründet sich auf § 48 Abs. 2 VwGG 1965.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
EStG 1953 §6 Abs1 Z1;
VwGG §47;
Sammlungsnummer
VwSlg 3623 F/1967
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1967:1966000865.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
FAAAF-53395