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VwGH 12.12.1960, 0840/56

VwGH 12.12.1960, 0840/56

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Norm
UStG 1959 §2 Abs3 implizit
RS 1
Die Veranstaltung von Volksfesten, die über das Ausmaß eines lokalen Marktes hinausgehen, ist auch dann nicht Ausübung öffentlicher Gewalt, wenn sich im Laufe der Jahre das Volksfest aus einem solchen Markt entwickelt hat. Die Erhebung von Eintrittsgeldern aus Anlaß eines solchen Volksfestes ist umsatzsteuerpflichtig, wenn die Eintrittsgelder nicht in Form öffentlicher Abgaben für die Benützung von Gemeindeeinrichtungen eingehoben werden.
Norm
BAO §209 Abs1
RS 2
Betreibt eine Gemeinde mehrere Betriebe gewerblicher Art, dann wird das Recht der Bemessung der Umsatzsteuer für die Umsätze aus einem dieser Betriebe nicht dadurch unterbrochen, daß das Finanzamt, ohne die Absicht der Besteuerung auch dieser Umsätze gehörig kundzutun, die Gemeinde lediglich auffordert, die Umsätze aus allen Betrieben in einer gemeinsamen Erklärung bekanntzugeben, oder wenn es lediglich die Entsendung eines unterrichteten Vertreters der Gemeinde zum Amt zur Erörterung umsatzsteuerlicher Fragen verlangt.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsidenten Dr. Ondraczek und die Räte Dr. Porias, Dr. Dorazil, Dr. Eichler und Dr. Kaupp als Richter, im Beisein des Sektionsrates Dr. Heinzl als Schriftführer, über die Beschwerde der Stadtgemeinde X gegen den Bescheid der Berufungskommission bei der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom , Zl. 6/68/2 - BK 1955, betreffend Umsatzsteuer für die Jahre 1947, 1949 und 1951, nach durchgeführter Verhandlung, und zwar nach Anhörung des Vortrages des Berichters sowie der Ausführungen des Vertreters der Beschwerde, Rechtsanwalt Dr. Reinhold Graf und des Vertreters der belangten Behörde, Oberfinanzrat Dr. KG, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird, soweit er das Jahr 1947 betrifft, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Die beschwerdeführende Stadtgemeinde, die ein Elektrizitätswerk, eine Leichenbestattung und ein Krankenhaus betreibt, veranstaltet auch jedes zweite Jahr das sogenannte X Volksfest, das als landwirtschaftliche und gewerbliche Messe mit Vergnügungspark auf gemeindeeigenem Grund abgehalten wird. Das Finanzamt hatte für die Jahre 1947, 1949 und 1951 auch die mit der Veranstaltung des Volksfestes zusammenhängenden Einnahmen aus Eintrittsgeldern und Platzmieten als umsatzsteuerpflichtig angesehen und entsprechende Umsatzsteuerbescheide erlassen. Die Gemeinde erhob dagegen Berufung. Die Veranstaltung des X Volksfestes zähle zum öffentlichen Aufgabenbereiche der Stadtgemeinde. Bereits im Jahre 1416 sei der Gemeinde das Recht zur Abhaltung des St. Ägydimarktes verliehen worden, der bis zum Jahre 1878 jährlich und seither jedes zweite Jahr unter der Bezeichnung X Volksfest abgehalten worden sei. Das Marktrecht gehe von dem Grundsatz aus, die Wirtschaft zu beleben und zu fördern. Diesem Zwecke dienten auch die Volksfeste, die seit 1953 für die landwirtschaftliche und gewerbliche Ausstellung die Bezeichnung „Messe“ führen. Daraus ergebe sich, daß die Ägydimärkte, genannt X Volksfeste, kein Betrieb gewerblicher Art der Stadtgemeinde seien, sondern zu deren öffentlichem Aufgabenbereiche zählen. Die Stadtgemeinde sei Eigentümerin des Volksfestgeländes und der darauf errichteten Anlagen. Die Durchführung der Veranstaltungen obliege einem vom Gemeindeausschusse gewählten Unterausschusse. Nach den Bestimmungen der Gemeindewahlordnung seien zur Besorgung der verschiedenen Aufgaben im Bereiche der Hoheitsverwaltung Unterausschüsse zu bestellen. Es stehe somit außer Zweifel, daß es sich bei der Abhaltung des Volksfestes um eine öffentliche Einrichtung der Stadtgemeinde handle. Nach §§ 9 und 10 der Finanzausgleichsgesetznovelle vom , BGBl. Nr. 225, seien die Gemeinden berechtigt, Entgelte für die Benützung gemeindlicher Einrichtungen vorzuschreiben und einzuheben. Solche Entgelte für die Benützung von Gemeindeeinrichtungen und Anlagen, die für Zwecke der öffentlichen Verwaltung betrieben werden, wie z.B. Schwimmbadgebühren, Wasserbezugsgebühren, Kanalräumungsgebühren, Kehrrichtabfuhrgebühren, Kanaleinmündungsgebühren, Marktgebühren, Schlachthofgebühren, Friedhofgebühren, stellten Gebühren nach § 10 Abs. 3 lit. d der Finanzausgleichsgesetznovelle und Abgaben im Sinne des § 1 des Abgabeneinhebungsgesetzes dar. Auch die Eintrittsgelder und Standplatzgebühren beim X Volksfest seien Gebühren solcher Art, seien vom Gemeindeausschuß beschlossen und öffentlich kundgemacht worden und damit öffentliche Abgaben. Diese könnten aber niemals der Umsatzsteuer unterzogen werden. Der von der Behörde vorgenommene Vergleich des Volksfestes mit ähnlichen Veranstaltungen privatrechtlicher Körperschaften, wie der W Messe AG, der I Messe GesmbR oder der G Messe GesmbH, und die daraus gefolgerte Steuerpflicht sei unzutreffend, weil für das Volksfest eine ganz andere Rechtslage bestehe. Die von privatrechtlichen Körperschaften veranstalteten Messen würden nach kaufmännischen Grundsätzen geführt, die Veranstalter genössen Rechtspersönlichkeit und die Veranstaltung sei auf Gewinnerzielung gerichtet. Das X Volksfest hingegen werde von der Stadtgemeinde auf Grund der verliehenen Markturkunde ausgeübt und diese Tätigkeit gehöre zum öffentlichen Aufgabenbereiche der Stadtgemeinde. Der Volksfestausschuß besitze keine Rechtspersönlichkeit, das Volksfestgelände und die darauf befindlichen Anlagen seien Eigentum der Stadtgemeinde. Eine Gewinnabsicht fehle vollkommen. Eine Vorschreibung der Umsatzsteuer für die Volksfestveranstaltung des Jahres 1947 sei im übrigen auch wegen der bereits eingetretenen Verjährung nicht mehr möglich. Die Stadtgemeinde sei zur Vorlage von Umsatzsteuererklärungen betreffend das Volksfest erstmalig im März 1953 aufgefordert worden. Zu dieser Zeit sei bereits Verjährung eingetreten gewesen, denn die fünfjährige Verjährungsfrist habe mit geendet. Die Einbeziehung der Platzmieten in die Umsatzsteuerberechnung sei auch schon deshalb unrichtig, weil Einnahmen aus Verpachtungen und Vermietungen von Grundstücken gemäß § 4 Z. 10 des Umsatzsteuergesetzes (vom , DRGBl. I S. 942, UStG) umsatzsteuerfrei seien. Umsatzsteuerpflichtig seien daher nur die von der Gemeinde erklärten, im Zusammenhange mit dem Volksfeste stehenden Einnahmen aus Fernsprechgebühren, Katalogverkauf, Lautsprecherdurchsagen, Modeschauen usw., nicht jedoch die Einnahmen aus Eintrittsgeldern und Platzmieten. In einer Ergänzung zur Berufung wurde weiter ausgeführt, das sogenannte X Volksfest werde auf Grund und im Rahmen des der Stadt verliehenen Marktprivilegs abgehalten und es handle sich um die Erfüllung einer öffentlich-rechtlichen, im eigenen Wirkungskreise der Stadt gelegenen Aufgabe. Artikel 120 Abs.3 Z.6 B-VG gewährleiste den Ortsgemeinden einen Wirkungsbereich erster Instanz auf dem Gebiete der Markt- und Lebensmittelpolizei. Den Gemeinden sei auch die Überwachung des Marktverkehrs übertragen. Nach § 33 Abs. 3 der oberösterreichischen Gemeindeordnung 1948 gehöre die Marktpolizei zum eigenen Wirkungskreise der Gemeinde, soweit sie nicht Bundessache ist. Aus diesen Bestimmungen gehe hervor, daß die Tätigkeit der Gemeinde auf dem Gebiete des Marktwesens eine öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit sei. Auch die Bestimmungen der § 62 ff der Gewerbeordnung gäben den Gemeinden das Recht, Marktordnungen zu erlassen und Entgelte für die Benützung der Markteinrichtungen zu verlangen. Beträge, welche die durch Marktrechte privilegierten Gemeinden von den Marktbesuchern erheben, seien daher Abgaben, nämlich Gebühren für die Benützung von Gemeindeeinrichtungen. Die rechtliche Eigenschaft dieser Gebühren als öffentlich-rechtliche Abgaben habe der Verwaltungsgerichtshof in zahlreichen Erkenntnissen anerkannt. Die Stadtgemeinde stütze ihr Marktrecht auf das Jahrmarktsprivileg des Herzogs Heinrich XVI. von Bayern aus dem Jahre 1416. Dieses Privileg sei von allen folgenden Landesherren bestätigt und auch nach der Abtretung des Innviertels an Österreich durch kaiserliches Patent vom 31. Mai 1779 garantiert worden. Der Ägydimarkt sei auch nach der zweiten Angliederung des Innviertels an Österreich weiterhin abgehalten worden und durch Hofkanzleidekret von 1836 sei bestimmt worden, daß bis auf weitere Weisungen alle Privilegien fortzudauern haben.

Die belangte Behörde gab der Berufung teilweise statt, indem sie, abweichend vom erstinstanzlichen Bescheide, die Entgelte für die Überlassung von Grundstücken und den dazu gehörigen Einrichtungen gemäß § 4 Z. 10 UStG aus der Bemessungsgrundlage ausschied. Im übrigen wurde die Berufung abgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt: Gemäß § 2 Abs. 3 UStG stelle die Ausübung der öffentlichen Gewalt keine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit dar. Ausübung öffentlicher Gewalt sei dann gegeben, wenn die öffentlich-rechtliche Körperschaft dem Leistungsempfänger als Träger von Hoheitsrechten gegenübertritt. Nach § 18 der Umsatzsteuer-Durchführungsbestimmungen (vom , DRGBl. I S. 1935, UStDB) seien darunter Leistungen zu verstehen, zu deren Annahme der Leistungsempfänger auf Grund gesetzlicher oder behördlicher Anordnung verpflichtet ist. Das Wesen der Leistung sei, wie sich aus dem Wortlaute des § 18 UStDB ergebe und wie der ehemalige Reichsfinanzhof in seinem Gutachten vom , RStBl. 37 S. 1306/7, ausgeführt habe, immer von der Seite des Leistungsempfängers aus zu beurteilen. Die Leistungen der Gemeinde bei der Abhaltung des Volksfestes bestünden a) in der Überlassung von Grundstücksteilen und Grundstückseinrichtungen zur Benützung durch die Aussteller gegen Entrichtung einer Miete, b) in der Gestattung des Besuches des Volksfestes gegen Entrichtung eines „Eintrittes“. Die Annahme beider Leistungen hänge vom freien Willen des Leistungsempfängers ab. Die Gemeinde könne daher bei Erbringung dieser Leistungen nicht in Ausübung öffentlicher Gewalt handeln. Es bestehe auch kein Gesetz und keine gesetzesgleiche Anordnung, die eine Stadtgemeinde zur Abhaltung von Volksfesten zwinge. Auch müßten die Leistungen im Rahmen einer Tätigkeit erbracht werden, die einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft „eigentümlich und vorbehalten“ ist. Von den über 500 Gemeinden Oberösterreichs hielten nur ganz wenige Volksfeste oder landwirtschaftliche Messen ab. Man könne also nicht davon sprechen, daß das Abhalten von Messen den Gemeinden eigentümlich sei. Andererseits gebe es in Österreich eine Reihe privater Gesellschaften, deren Aufgabe in der Abhaltung von Messen liegt. Es sei diese Tätigkeit auch nicht den Gemeinden vorbehalten.

Auch die Ableitung des Rechtes zur Abhaltung des Volksfestes aus ehemaligen landesherrlichen Privilegien, womit die Beschwerdeführerin offenbar auch schon den Nachweis der Übertragung von Hoheitsrechten als erbracht ansehe, könne nicht als ausschlaggebend angesehen werden. Maßgebend sei vielmehr, wie auch der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , Slg. Nr. 595 (F) ausgeführt habe, daß von der Ausübung öffentlicher Gewalt oder - wie die Durchführungsbestimmungen sagen - von der Erfüllung öffentlich-rechtlicher Aufgaben nur dann gesprochen werden könne, wenn zur Erreichung eines Zieles in der Rechtsordnung des öffentlichen Rechtes gegründete Hoheitsakte gesetzt werden, nicht aber dann, wenn sich eine öffentlich-rechtliche Gebietskörperschaft zur Erfüllung ihrer Aufgaben der gleichen Mittel bedient wie sie die Ordnung des Privatrechtes auch jedermann sonst zur Verfügung stellt. Daß die Bundesverfassung den Gemeinden einen eigenen Wirkungsbereich auf dem Gebiete der Markt- und Lebensmittelpolizei einräume, sei durchaus richtig, aber die Abhaltung des Volksfestes und seine Überwachung auf Einhaltung marktpolizeilicher Vorschriften sei auseinanderzuhalten. Die Abhaltung des Volksfestes sei eine wirtschaftliche Tätigkeit der Gemeinde, seine Überwachung eine hoheitsrechtliche. Der Umsatzsteuer würden aber nur die Einnahmen aus der wirtschaftlichen Tätigkeit der Platzvermietung und des entgeltlichen Besuches unterworfen. Wenn die Beschwerdeführerin aus § 69 GewO, der den Gemeinden das Recht auf Einhebung von Kostenbeiträgern einräumt, und aus § 10 Abs. 3 lit. d und § 9 Abs. 1 Pkt. 14 des Finanzausgleichsgesetzes schließe, daß es sich bei den erwähnten Entgelten um Gebühren im technischen Sinne handle, die mithin als Steuer nicht einer weiteren Steuer unterworfen werden könnten, sei dem entgegenzuhalten, daß nach § 1 der Abgabenordnung (AO) zu beurteilen sei, was als Abgabe anzusehen ist. Die Entgelte für die Benützung von Gemeindeeinrichtungen und Gemeindegrundstücken seien aber keineswegs immer öffentlich-rechtliche Aufgaben im Sinne der Abgabenordnung (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Slg. Nr. 1081 (F)). Dagegen seien die Entgelte für die Überlassung von Grundstücken und den dazugehörigen Einrichtungen gemäß § 4 Abs. 10 UStG steuerfrei, da anzunehmen sei, daß es sich um reine Grundstücksmieten handle. Im übrigen seien alle Voraussetzungen für die Umsatzsteuerpflicht gegeben und die Gemeinde übe eine selbständige und nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen aus. Der Hinweis auf die Förderung der Wirtschaft könne die Umsatzsteuerpflicht nicht ausschließen. Auch das Vorliegen einer Gewinnabsicht sei nicht Voraussetzung der Steuerpflicht. Die Einwendung der Verjährung könne keinen Erfolg haben. Die Verjährung werde nämlich gemäß § 147 AO durch jede Handlung, die das zuständige Finanzamt zur Feststellung des Steueranspruches vornimmt, unterbrochen. Das zuständige Finanzamt habe die Stadtgemeinde mit Schreiben vom aufgefordert, „die Umsatzsteuer für 1946 und die folgenden Jahre in einer Erklärung zusammenzufassen“. Darunter falle auch das Jahr 1947, weil für dieses Jahr die Umsatzsteuererklärung noch nicht eingebracht war. Ferner habe das Finanzamt zur Klärung der Umsatzsteuerpflicht die Stadtgemeinde mit Schreiben vom aufgefordert, einen bevollmächtigten informierten Vertreter zu entsenden. Am sei diese Aufforderung wiederholt worden. Alle diese Maßnahmen stellten Unterbrechungshandlungen dar, die innerhalb der Verjährungsfrist gesetzt wurden. Die damit in Lauf gesetzte neue Verjährungsfrist sei erst mit Ende des Jahres 1956 abgelaufen. Der im Jahre 1954 zugestellte Umsatzsteuerbescheid für 1947 sei daher noch innerhalb der Verjährungsfrist ergangen.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Mangelhaftigkeit des Verfahrens geltend gemacht wird. Die im Verwaltungsverfahren geltend gemachten Einwendungen werden in der Beschwerde wiederholt. Darüber hinaus wird noch geltend gemacht, die öffentlich-rechtliche Eigenschaft privilegierter bzw. konzessionierter Märkte, vor allem der Jahrmärkte, ergebe sich aus dem V. Hauptstücke der Gewerbeordnung, die in ihrem § 70 den Gemeinden das Recht gebe, Marktordnungen und damit für dieses Gebiet allgemein verbindliche Normen zu erlassen. Damit sei aber ein untrügliches Zeichen der obrigkeitlichen Eigenschaft dieser Einrichtung gegeben. Nach § 71 GewO sei das Marktrecht den Gemeinden, also öffentlich-rechtlichen Körperschaften, vorbehalten. Dieser Vorbehalt bedeute, daß die Abhaltung eines privilegierten Marktes einen Hoheitsakt der Gebietskörperschaft, nämlich eine besondere Form der ihnen übertragenen Marktpolizei darstellt. Im Gegensatz zu den Märkten im eigentlichen Sinne könnten dagegen Muster- und Warenmessen von jedermann mit behördlicher Genehmigung betrieben werden. Die Lehre habe auch stets die obrigkeitliche Eigenschaft eines Marktes anerkannt, so sei auch den früheren „Marktgebühren“ genannten Einnahmen der Gemeinden aus Märkten wegen ihrer Eigenschaft als öffentlich-rechtliche Abgaben die Steuerfreiheit zuerkannt worden, wie zahlreiche Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes aus den Jahren 1881 bis 1904 zeigten.

Entgegen der Ansicht des angefochtenen Bescheides liege die Leistung der Gemeinde im Streitfall auch nicht in der entgeltlichen Überlassung von Grundstücksteilen und Grundstückseinrichtungen bzw. der Gestattung des Besuches gegen Entrichtung eines Eintrittsgeldes, sondern die Leistung der Gemeinde bestehe gemäß § 71 GewO in der Abhaltung des Marktes selbst, wobei die Benützungsüberlassung der Markteinrichtungen nur einen Teil dieser Abhaltung darstellte. Die Gemeinde könne den Besuch auch gar nicht gestatten, weil gemäß § 62 und 68 GewO bei eigentlichen Märkten Marktfreiheit herrsche, also jedermann zum Besuche des Marktes berechtigt sei. Die Ausübung der öffentlichen Gewalt aus dem Grunde zu verneinen, daß der Leistungsempfänger, d.i. der Markt- bzw. Volksfestbesucher, zum Besuche nicht verpflichtet sei, sei jedenfalls richtig. Es gebe eine Reihe von obrigkeitlichen Tätigkeiten, zu deren Annahme niemand gezwungen werden, deren obrigkeitlicher Charakter aber niemand bezweifeln könne, z.B. die Inanspruchnahme der Gerichte in zivilen Streitigkeiten oder der Besuch der Mittel- und Hochschulen. Es gebe also eine Reihe von Beispielen, wo der Leistungsempfänger die Leistung der Obrigkeit nicht annehmen müsse. Nehme er sie aber an, so unterwerfe er sich öffentlicher Satzung. Auch sei die Anführung gewisser Arten von Leistungen im § 18 UStDB nur eine beispielsweise. Auch die Meinung der belangten Behörde, daß es sich bei der Abhaltung des Marktes (Volksfest) um keine einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft „eigentümliche und vorbehaltene“ Tätigkeit handle, sei durch Hinweis auf die §§ 69 ff der Gewerbeordnung widerlegt, die die Abhaltung von Märkten, wie bereits ausgeführt, allein den politischen Gemeinden vorbehalten. Damit sei auch erwiesen, daß die Verleihung das Marktprivilegs gleichzeitig der Nachweis der Übertragung eines Hoheitsrechtes sei, da ja § 71 der Gewerbeordnung den Bestand eines Marktrechtes ausdrücklich von der Verleihung abhängig mache.

Wenn der Hoheitsträger dem Besucher gegen Entgelt Markteinrichtungenüberläßt so entstehe daraus kein Bestandvertrag, auch wenn etwa dieses Rechtsverhältnis irrig als solcher bezeichnet werde, die Zuweisung eines Platzes auf dem Markt bleibe immer ein obrigkeitlicher Akt. Auch der Hinweis der belangten Behörde auf § 1 AO gehe fehl, weil nicht aus dieser Gesetzesstelle, sondern nur aus den besonderen Verwaltungsvorschriften geschlossen werden könne, ob in bestimmten Fällen eine Inanspruchnahme der Verwaltung vorliegt.

Zur Frage der Verjährung sei darauf hinzuweisen, daß das Schreiben des Finanzamtes vom sich in den Akten der Gemeinde nicht vorfinde. Die Annahme, daß es ihr nicht zugekommen sei, sei daher gerechtfertigt. Im übrigen werde die Verjährung doch wohl nur dadurch unterbrochen, daß finanzbehördliche Handlungen unter ausdrücklichem Hinweis auf die angeblich zu versteuernden Einnahmen gesetzt werden. Allgemein gehaltene nicht konkretisierte Schritte könnten die Verjährung nicht unterbrechen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

Die belangte Behörde hat in teilweiser Stattgebung der Berufung die von der Gemeinde vereinnahmten Entgelte, für die Überlassung von Grundstücken und den dazu gehörigen Einrichtungen als steuerfreie Grundstücksmiete gemäß § 4 Z. 10 UStG behandelt. Sie hat damit einem in der Berufung gestellten Eventualantrage der Beschwerdeführerin entsprochen. Es kann dahingestellt bleiben, ob es sich im Streitfalle bei diesen Einnahmen tatsächlich um echte „Marktgebühren“ gehandelt hat, wie die Beschwerdeführerin behauptet. Soweit nämlich die Beschwerde geltend machte, die Befreiung von der Umsatzsteuer für diese Entgelte habe sich nicht, wie die Behörde annimmt, auf § 4 Z. 10 UStG zu stützen, vielmehr handle es sich hier um nach § 2 Abs. 3 dieses Gesetzes überhaupt nicht steuerbare, in Ausübung der öffentlichen Gewalt erzielte Einnahmen, erübrigt es sich, auf diese Einwendungen einzugehen, weil im angefochtenen Bescheide sei es ans welchem Grund immer, noch dazu einem Antrage folgend, eine Umsatzsteuer für diese Entgelte nicht vorgeschrieben wurde, die Beschwerdeführerin sich dadurch also nicht beschwert fühlen konnte. Strittig bleiben mithin allein die Einnahmen der Gemeinde aus den Eintrittsgeldern die für die Gestattung des Besuches des Volksfestes, des Markt- oder Messegeländes erhoben wurden. Die Beschwerdeführerin macht auch für diese Einnahmen die Steuerfreiheit gemäß § 2 Abs 3 UStG bzw. § 18 UStDB, geltend und vertritt den Standpunkt, die auf dem alten Rechte der Gemeinde zur Abhaltung des St. Ägydimarktes beruhende Veranstaltung des seit den 80er Jahren des vorigen Jahrhunderts so genannten „X Volksfestes“, das seit 1953 aus Gründen der Wirtschaftswerbung für die landwirtschaftliche und gewerbliche Ausstellung die Bezeichnung „Messe“ führe, zähle zum öffentlichen Aufgabenbereiche der Stadtgemeinde.

Die umfangreichen und gründlichen Ausführungen der Beschwerdeführerin über den historischen Ursprung des Marktrechtes der Gemeinde, mit denen sie die öffentlich-rechtliche Eigenschaft der Veranstaltung erhärten will, erweisen sich insofern als nicht zielführend, als die Marktberechtigung der Gemeinde als solche nicht bestritten und mithin deren Ursprung nicht von Belang war. Hingegen sind in den Bestimmungen des Bundes-Verfassungsgesetzes, des Reichsgemeindegesetzes, der Gewerbeordnung und der Gemeindeordnung, auf die die Beschwerdeführerin hinweist, gesetzliche Grundlagen über die Stellung der Gemeinde auf dem Gebiete des Marktwesens enthalten. Aus diesen ergibt sich nun, daß den Gemeinden in Angelegenheiten der Markt- und Lebensmittelpolizei durch Artikel 120 Abs. 3 Z. 6 des Bundes-Verfassungsgesetzes 1920 ein Wirkungsbereich in erster Instanz gewährleistet ist, daß darüber hinaus schon das Reichsgemeindegesetz vom 5. März 1862, RGBl. Nr. 18, im Artikel V die Lebensmittelpolizei und die Überwachung des Marktverkehrs, namentlich auch die Aufsicht über Maß und Gewicht, dem selbständigen Wirkungskreise der Gemeinde zugeordnet hat, daß die oberösterreichische Gemeindeordnung 1948, LGBl. Nr. 22/1949, im § 33 die Marktpolizei, soweit sie nicht Bundessache ist, in den eigenen Wirkungskreis der Gemeinde verweist und daß schließlich auch auf dem Gebiete des Gewerberechtes durch das V. Hauptstück der Gewerbeordnung (Marktverkehr) den Gemeinden ein öffentlich rechtlicher Aufgabenkreis zugewiesen wird. Abgesehen von den den Gemeinden überlassenen marktpolizeilichen Aufgaben erhielten sie also auch durch die Gewerbeordnung das Recht, Marktordnungen zu erlassen (§ 70 GewO) und Kostenbeiträge einzuheben (§ 69 GewO). Nach § 70 hat jede Gemeinde, in welcher Märkte abgehalten werden, unter Genehmigung der politischen Landesstelle die Marktordnung, welche auch den Tarif für die Benützung der Markteinrichtungen zu enthalten hat, nach den örtlichen Bedürfnissen festzusetzen usw. und nach § 69 dürfen die Gemeinden von den Marktbesuchern für die Benützung der Markteinrichtungen nur Entgelte verlange, die eine Vergütung für den überlassenen Raum, den Gebrauch von Buden und Gerätschaften und für andere mit der Abhaltung des Marktes verbundene Auslagen bilden. Daraus geht hervor, daß das Gewerberecht, dessen Anwendung im Bereiche der Hoheitsverwaltung liegt, in diesem Umfange den Gemeinden öffentlich-rechtliche Aufgaben einräumt. Im Rahmen dieses Aufgabenkreises ist die Gemeinde also u.a. berechtigt, von den Marktbesuchern für die Benützung der Markteinrichtungen Entgelte zu verlangen. Was unter Marktbesuchern zu verstehen ist, ergibt sich einerseits aus den Bestimmungen über den Marktbesuch (§ 62 GewO) und über die Gleichberechtigung der Marktbesucher (§ 68 ebendort). Nach § 62 Abs. l ist jedermann berechtigt, die Märkte mit allen im Verkehr gestatteten Waren zu beziehen usw. und nach § 68 Abs. 1 stehen allen Marktbesuchern im Betrieb ihrer Marktgeschäfte die gleichen Befugnisse zu. Wird demnach unter Marktbesuch die Berechtigung, die Märkte mit Waren zu beziehen, verstanden, dann ist Marktbesucher derjenige, der Waren auf den Markt bringt und damit (§ 68) Marktgeschäfte betreibt. Nur solche Personen sind also „Marktbesucher“, von denen die Gemeinden gemäß § 69 GewO, Kostenbeiträge, sogenannte Marktgebühren, erheben dürfen. Im Streitfalle werden aber nicht nur von den Marktbesuchern im Sinne der angeführten Bestimmungen der Gewerbeordnung Gebühren erhoben, sondern auch von anderen Personen allein für das Betreten des Volksfest- bzw. des Markt- oder Messegeländes Eintrittsgelder verlangt. Die Erhebung solcher Eintrittsgelder erweist sich als dem Begriff der „Marktfreiheit“ zuwiderlaufend, die eine Gebührenbelastung, wie oben dargetan, nur bezüglich der Marktbesucher und nur in dem vom Gesetze vorgesehenen Umfange (§ 69 GewO) gestattet. Daraus ergibt sich aber, daß die im vorliegenden Falle strittigen Eintrittsgelder keinesfalls im Rahmen des von der Gewerbeordnung den Gemeinden eingeräumten Aufgabenkreises vereinnahmt sein können, auch dann nicht, wenn sie von einem Unterausschusse des Gemeindeausschusses beschlossen worden sind. Die bei der öffentlichen Verhandlung dem Verwaltungsgerichtshofe vorgelegten Gemeindeakten ergeben überdies, daß für die streitigen Jahre die Eintrittsgebühren lediglich von einem Unterausschusse des Gemeindeausschusses, nicht aber von den nach § 35 Abs. 2 Z. 1 lit. a und b der oberösterreichischen Gemeindeordnung zur Beschlußfassung über den Gemeindevoranschlag und zur Erlassung von Abgabensatzungen allein zuständigen Gemeindeausschusse (vgl. auch § 38 Abs. 3 dieser Gemeindeordnung beschlossen worden sind. Daraus ergibt sich aber weiter auch, daß es sich hier nicht am die Auferlegung öffentlicher Abgaben für die Benützung von Gemeindeeinrichtungen handeln kann. Auch dieser Einwand der Beschwerdeführerin erweist sich somit als verfehlt. Aus dem gleichen Grunde kann füglich auch nicht angenommen werden, daß diese Eintrittsgelder als Entgelt für eine allgemeine marktpolizeiliche Tätigkeit der Gemeinde anzusehen sind.

Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits mehrmals (vgl. die hg. Erkenntnisse Slg.N.F.Nr. 595 (F) und Slg.N.F.Nr. 1889 (F)) ausgesprochen, daß nicht, jede Tätigkeit einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft auch Ausübung der öffentlichen Gewalt darstellt, daß vielmehr darunter nur eine hoheitliche Tätigkeit verstanden werden kann. Die Tätigkeit der Gemeinde, die im vorliegenden Falle den umsatzsteuerlich maßgebenden Tatbestand im Leistungsaustausch in sich schließt, nämlich die Duldung - die umsatzsteuerrechtlich der Leistung gleichzusetzen ist - des Betretens des Festgeländes gegen Entgelt, ist aber, wie dargetan, keine hoheitliche. Im übrigen geht auch die Veranstaltung der Volksfeste weit über die Abhaltung eines lokalen Marktes hinaus, was sich zum Beispiel auch aus der Festsetzung besonderer Eintrittspreise für Kinder nach dem Inhalte der vorgelegten Beschlüsse des Unterausschusses ergibt.

Die Beschwerdeführerin hat nicht bestritten, daß sie eine nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, wenn auch ohne die Absicht, Gewinne zu erzielen, ausübt; sie hat lediglich Ausübung der öffentlichen Gewalt (§ 2 Abs. 3 UStG) geltend gemacht. Da aber diese Ausnahmebestimmung nicht anwendbar ist, die übrigen Voraussetzungen einer Umsatzsteuerpflicht jedoch gegeben waren, konnte im angefochtenen Bescheid in dieser Hinsicht eine Rechtswidrigkeit nicht erblickt werden.

Dagegen sind die Einwendungen der Beschwerdeführerin zur Frage der Verjährung des Abgabenanspruches für das Jahr 1947 berechtigt. Gemäß § 145 AO verjährt die Umsatzsteuer in 5 Jahren. Die Verjährung wird aber gemäß § 147 AO durch jede Handlung unterbrochen, die das zuständige Finanzamt zur Feststellung des Anspruches oder des Verpflichteten vornimmt. Als solche Unterbrechungshandlungen hat die belangte Behörde das Schreiben des Finanzamtes Linz vom , in dem die beschwerdeführende Gemeinde aufgefordert wurde, die Umsatzsteuer für die Betriebe gewerblicher Art für 1946 und die folgenden Jahre in einer Erklärung zusammenzufassen, das Schreiben desselben Finanzamtes vom , in dem die Beschwerdeführerin aufgefordert wurde, die Umsätze für sämtliche Gemeindebetriebe (Elektrizitätswerk, Leichenbestattung und Krankenhaus) ab 1946 in einer Erklärung zusammengefaßt vorzulegen, das Schreiben vom , mit dem die Frist zur „Aufstellung der Umsätze“ für die Gemeindebetriebe erstreckt und gleichzeitig gebeten wurde, einen in dieser Angelegenheit informierten bevollmächtigten Vertreter an das Amt zu entsenden und das Schreiben vom , das die Aufforderung vom wiederholt, angesehen. Diese Ansicht konnte der Verwaltungsgerichtshof nicht teilen. In keinem der angeführten Schreiben ist nämlich eine Aufforderung enthalten, auch die Einnahmen aus dem „X Volksfest“ zur Umsatzsteuer zu erklären, oder auch nur ein Hinweis enthalten, daß die Behörde diese Einnahmen als umsatzsteuerpflichtig ansehe. Zweck dieser Aufforderungen war lediglich, die Umsätze dreier bestimmt angeführter Betriebe gewerblicher Art der Beschwerdeführerin, die als solche jeder für sich getrennt zur Körperschaftsteuer zu veranlagen waren, für Zwecke der Umsatzsteuer zusammenzufassen. Aus ihnen konnte aber die Beschwerdeführerin nicht entnehmen, daß das Finanzamt auch die Umsätze aus dem Volksfest erfassen wollte. Zur Unterbrechung der Verjährung hätte es aber eines ausdrücklichen Hinweises auf die Einnahmen aus dieser Veranstaltung bedurft, deren umsatzsteuerliche Erfassung das Finanzamt in diesem Zeitpunkt offenbar selbst noch nicht in Erwägung gezogen hatte. Diese Schreiben waren daher nicht geeignet, die Verjährung des Abgabenanspruches für das Jahr 1947, die am begonnen und mit geendet hatte, zu unterbrechen. Erst mit Schreiben vom , also nach Ablauf der Verjährungsfrist, wurde der Beschwerdeführerin bekanntgegeben, daß das Finanzamt auch die Einnahmen aus der Veranstaltung des Volksfestes zur Umsatzsteuer heranziehen wollte. Die Besteuerung der Eintrittsgelder erwies sich somit für das Jahr 1947 wegen Eintrittes der Verjährung als rechtswidrig. Insoweit war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1952 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben. Im übrigen war die Beschwerde abzuweisen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
BAO §209 Abs1
UStG 1959 §2 Abs3 implizit
Sammlungsnummer
VwSlg 2342 F/1960
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1960:1956000840.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
LAAAF-53354