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VwGH 21.03.1974, 0808/73

VwGH 21.03.1974, 0808/73

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Norm
RS 1
Auch ein Verständigungsschreiben des Zessionars an den debitor cessus löst die Gebührenpflicht nach § 33 TP 21 GebG aus, wenn es als rechtsbezeugende Urkunde über den Zessionsvertrag aufgefasst

werden kann.
Normen
RS 2
Wird eine Urkunde über ein zweiseitig verbindliches Rechtsgeschäft, bevor dieses noch gültig zustande gekommen ist, von dem einen Teil unterzeichnet und dem anderen Teil übergeben, dann entsteht durch diese Übergabe der Urkunde noch nicht die Gebührenschuld.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 1239/63 E VwSlg 3049 F/1964 RS 4

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dkfm. DDr. Dorazil und die Hofräte Dr. Frühwald, Dr. Riedel, Dr. Schima und Dr. Reichel als Richter, im Beisein des Schriftführers Ministerialoberkommissär Dr. Gancz, über die Beschwerde des Dr. GE, RA in W, gegen den Bescheid der FLD für Wien, NÖ und Bgld v GA 11-686/2/73, betreffend Rechtsgebühr, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (FLD für Wien, NÖ und Bgld) Aufwendungen in der Höhe von S 600,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Am legte der Beschwerdeführer dem FA für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien die beglaubigte Abschrift eines Schreibens v an Frau Dr. Edith und Ing. Franz S. mit folgendem Wortlaut vor:

"Sie schulden der M.... KG auf Grund einer erfolgten Möbellieferung einen Betrag von S 2.000,--.

Meine Mandantschaft hat diese Forderung zur teilweisen Abdeckung einer Honorarforderung meiner Kanzlei in der Höhe von S 15.000,-- an mich abgetreten.

Ich ersuche um freundliche Kenntnisnahme und darf Sie ersuchen, den Betrag von S 2.000,-- an mich zur Überweisung zu bringen, …"

Unterfertigt ist dieses Schreiben nicht, jedoch mit der Namensstampiglie des Beschwerdeführers versehen.

Ergänzend gab der Beschwerdeführer noch an, daß er bloß vorsichtshalber Gebührenanzeige erstatte, weil er der Meinung sei, ein Schreiben des Zessionars an den debitor cessus könne keine Gebührenpflicht auslösen, selbst wenn darin der Rechtsgrund und die Zessionsvaluta angeführt sei. Ein derartiges Schreiben des Zessionars mache nämlich - zum Unterschied von einem Verständigungsschreiben des Zedenten an den debitor cessus - nie und nimmer Beweis über ein Rechtsgeschäft, sondern enthalte bloß die Aufstellung einer Rechtsbehauptung. Eine gegenteilige Auffassung, die auch das BMF vertrete, halte der Beschwerdeführer für verfehlt.

Mit Vorhalt v forderte das FA den Beschwerdeführer zunächst auf, das Schreiben vorzulegen, mit dem die M. KG die Forderung von S 2.000,-- an ihn zediert habe, doch gab der Beschwerdeführer in seiner Vorhaltsbeantwortung bekannt, daß die Zession bloß mündlich erfolgt sei, weshalb diesbezügliche Schreiben nicht vorgelegt werden könnten. Daraufhin setzte das FA mit Abgabenbescheid v unter Hinweis auf § 33 TP 21 des Gebührengesetzes 1957 BGBl 267 (GebG) eine Rechtsgebühr von S 40,-- fest; eine Begründung ist diesem Bescheid nicht beigegeben.

In der dagegen erhobenen Berufung machte der Beschwerdeführer neuerlich geltend, daß die Zession selbst nur mündlich zustande gekommen ist. Auch ein Verständigungsschreiben der M. KG an Dr. Edith und Ing. Franz S. liege nicht vor. Nur ein solches Verständigungsschreiben - wäre es verfaßt worden - könne aber die Gebührenpflicht auslösen, da es als rechtsbezeugende Urkunde anzusehen sei. Demgegenüber habe die Erklärung des Zessionars keinen Beweiswert, da er bei der Zession ja Begünstigter sei. Im übrigen handle es sich bei dem Schreiben v auch nicht um eine rechtserzeugende Urkunde, weshalb sich die Gebührenfestsetzung als rechtswidrig erweise.

Ungeachtet dessen gab das FA dem Rechtsmittel mit Berufungsvorentscheidung v keine Folge. In der Begründung dieses Bescheides hielt es dem Beschwerdeführer entgegen, das in Rede stehende Schreiben sei sehr wohl als rechtsbezeugende Urkunde anzusehen, deren Aushändigung an einen Dritten die Gebührenpflicht begründe: sei doch bei der Zession, zumal der entgeltlichen, jeder der beiden Vertragsteile Begünstigter und Verpflichteter zugleich. Es könne daher nicht behauptet werden, die Ausführungen in der Urkunde seien eine bloße Behauptung des Zessionars ohne Beweiswert.

Die erwähnte Berufungsvorentscheidung gehört indes nicht mehr dem Rechtsbestand an, weil der Beschwerdeführer den Antrag stellte, sein Rechtsmittel der Abgabenbehörde zweiter Instanz zur Entscheidung vorzulegen. Aus diesem Anlaß wies er abermals darauf hin, daß aus der Zession lediglich der Zessionar begünstigt sei, da er die abgetretene Forderung erhalte. Darin erschöpfe sich die Zession; ob sie entgeltlich oder unentgeltlich sei, könne aus ihr nicht erschlossen werden.

Die FLD für Wien, NÖ und Bgld, der die Berufung sodann zur Entscheidung vorgelegt worden ist, hat das Rechtsmittel mit Bescheid v endgültig abgewiesen. Eine rechtserzeugende Urkunde sei im gegenständlichen Falle - so hat die FLD in der Begründung der Berufungsentscheidung dargetan - unbestrittenermaßen nicht ausgestellt worden. Eine schriftliche Verständigung des debitor cessus durch den Zessionar von der Forderungsabtretung sei jedoch in jedem Fall als rechtsbezeugende Urkunde zu werten, insbesondere aber dann, wenn die Urkunde neben dem der Zession zugrunde liegenden Rechtsgeschäft die Benennung des Zedenten und die Zessionsvaluta enthalte und vom Zessionar unterfertigt sei. All dies könne dem Schreiben v entnommen werden. Nun genüge es bei zweiseitig verbindlichen Rechtsgeschäften - und um ein solches handle es sich bei der Zession - für die Auslösung der Gebührenpflicht, daß die von einem Vertragspartner unterzeichnete Urkunde an den anderen Vertragsteil oder an einen Dritten ausgehändigt werde. Daß die Aushändigung der Urkunde an den debitor cessus erfolgt sei, habe der Beschwerdeführer nicht in Abrede gestellt. Aber auch der Umstand, daß die gegenständliche Zessionsmitteilung nur vom Zessionar und nicht vom Zedenten unterfertigt worden sei, könne keine andere rechtliche Beurteilung bewirken, da bei der Zession, als einem zweiseitig verbindlichen Rechtsgeschäft, jeder der beiden Vertragsteile auch Träger von Verpflichtungen sei und somit jeder der beiden Vertragsteile bei Aushändigung von ihm allein unterzeichneter, rechtsbezeugender Urkunden an einen Dritten - im gegenständlichen Fall den debitor cessus - den erfolgten Abschluß der Zession in einer Weise beurkunde, welche es ihm nicht mehr gestatte, die ihm aus der Zession treffenden Verpflichtungen dem anderen Vertragsteil gegenüber zu bestreiten.

Gegen diesen Bescheid der FLD für Wien, NÖ und Bgld v richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts erhobene Beschwerde.

Der VwGH hat darüber erwogen:

Gem § 33 TP 21 Abs 1 Z 3 GebG unterliegen Zessionen oder Abtretungen überhaupt von Schuldforderungen oder anderen Rechten einer Rechtsgebühr von 2 vH nach dem Werte des Entgelts - dies allerdings, wie aus § 15 Abs 1 GebG erhellt - unter der Voraussetzung, daß hierüber auch eine Urkunde errichtet wurde.

Der Beschwerdeführer wendet sich nun gegen die von der belangten Behörde vertretene Rechtsansicht, die Zession sei als ein zweiseitig verbindliches Rechtsgeschäft aufzufassen, weshalb § 16 Abs. 1 Z 1 lit b GebG zum Zuge komme. Nach dieser Gesetzesstelle entsteht die Gebührenschuld bei zweiseitig verbindlichen Rechtsgeschäften, wenn die Urkunde von einem Vertragsteil unterzeichnet wird, im Zeitpunkt der Aushändigung (Übersendung) der Urkunde an den anderen Vertragsteil oder an dessen Vertreter oder an einen Dritten. Der Beschwerdeführer hält der belangten Behörde entgegen, daß die Zession wohl ein zweiseitiges Rechtsgeschäft sei, das Anbot und Annahme voraussetze, während von einem auch zweiseitig verbindlichen Rechtsgeschäft nicht im allerentferntesten gesprochen werden könne. Der Zessionar, so meint der Beschwerdeführer, übernehme nämlich keine wie immer geartete Verbindlichkeit, obschon er ein oder mehrere Rechte erwerbe. Die Verbindlichkeit liege vielmehr allein beim Zedenten, der u.a. für die Einbringlichkeit des zedierten Betrags hafte.

Der VwGH vermag dem Beschwerdeführer in dieser Auffassung im Hinblick auf den gem § 17 Abs. 1 GebG für die Festsetzung der Gebühr maßgebenden Inhalt der Schrift v jedoch nicht zu folgen. Schon in seinem Erk v , Slg 3049(F) - von dem abzugehen der vorliegende Fall keinen Anlaß bietet - hat sich der Gerichtshof unter Berufung auf die Lehre zur Rechtsmeinung bekannt, daß bei der Beurteilung der rechtlichen Eigenschaft einer Forderungsabtretung das Grundgeschäft vom Erfüllungsgeschäft - und als solches stelle sich die Abtretung dar - nicht getrennt werden könne. Ob nun bei einer Abtretung im Einzelfall nur ein Vertragsteil Verpflichtungen übernommen habe, hänge also von der Kenntnis des Grundgeschäfts ab.

Im vorliegenden Fall ist, wie aus dem eingangs wiedergegebenen Schreiben v erhellt, eine Forderung der M. KG an Frau Dr. Edith und Ing. Franz S. deshalb an den Beschwerdeführer abgetreten worden, weil er die gen Gesellschaft rechtsfreundlich vertreten hat, wofür ihm seinerseits ein Honoraranspruch gegen den Zedenten in der Höhe von S 15.000,-- erwachsen ist. Die streitige Abtretung erfolgte also entgeltlich, sodaß auch das Rechtsgeschäft als solches als ein entgeltliches anzusehen ist. Entgeltliche schuldrechtliche Geschäfte sind aber zweiseitig verbindlich. Wenn der Beschwerdeführer demgegenüber der Meinung ist, es handle sich bei der gegenständlichen Urkunde nur um eine Verständigung iS des § 1396 ABGB und sich damit etwa auf der Linie des hg Erk v , Slg 1887(F) befindet, so ist ihm entgegenzuhalten, daß das gegenständliche Schreiben alle Merkmale eines Zessionsvertrags enthält und damit keine bloße Verständigung, sondern eine Urkunde darstellt, die geeignet ist, vollen Beweis zu machen. Da im übrigen unbestritten ist, daß das Schreiben v unterfertigt (vgl. § 18 Abs. 1 GebG) einem Dritten, nämlich den Schuldnern der M. KG, übersendet worden ist, haben die Abgabenbehörden nicht geirrt, wenn sie die Gebührenpflicht dieser Schrift nach der TP 21 des § 33 GebG bejaht haben.

Breiten Raum widmet der Beschwerdeführer schließlich einer Kritik an zwei, nicht einmal im AÖF verlautbarten Erl des BMF (v und , deren Wortlaut in der Beschwerde nicht weiter angeführt ist) und der daraus abgeleiteten Verwaltungspraxis, die seiner Meinung nach rechtsirrig auf das hg Erk v , 2171/65, gestützt werde. In diesem Punkt genügt der Hinweis, daß der Beschwerdeführer aus den erwähnten Erk schon mangels gehöriger Kundmachung keine vor dem VwGH zu verfolgenden Rechte ableiten kann. Vollends fehl geht aber der Hinweis auf eine Verwaltungspraxis, die ein Verständigungsschreiben des Zessionars an den debitor cessus dann nicht als gebührenpflichtig ansehe, wenn darin die Zessionsvaluta nicht angeführt sei. Denn damit vermag der Beschwerdeführer nicht darzutun, in welchen subjektiv-öffentlichen Rechten er verletzt sein sollte.

Die vorliegende Beschwerde erweist sich somit in keinem Punkt als begründet; sie war daher gem § 42 Abs. 1 VwGG 1965 abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG 1965 und die V d BK v , BGBl 427.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
Sammlungsnummer
VwSlg 4662 F/1974
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1974:1973000808.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
LAAAF-53315