VwGH 27.10.1961, 0802/61
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssätze
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Norm | EStG 1953 §12 Z2; |
RS 1 | Hat ein Miteigentümer eines Gebäudes seiner Tochter die Reineinkünfte aus seinem Gebäudebesitz geschenkt, dann ist die Tochter dadurch nicht wirtschaftliche Miteigentümerin der Liegenschaft geworden. Sie nimmt an den Verlusten nicht teil und die anteiligen Überschüsse aus der Liegenschaft sind bei der einheitlichen Feststellung nicht ihr, sondern ihrem Vater zuzurechnen. Dieser hat sie auch zu versteuern. Die Schenkung der Reineinkünfte ist beim Geschenkgeber eine steuerlich unbeachtliche Einkommensverwendung. Bei der Tochter sind die Einkünfte nicht zu besteuern. Die Schenkung des Reinertrages einer Liegenschaft fällt unter § 12 Z 2 EStG 1953. Die Einkünfte sind weiterhin dem Schenker zuzurechnen. |
Norm | BAO §24 Abs1 litd; |
RS 2 | Die Schenkung der Reineinkünfte ist beim Geschenkgeber eine steuerlich unbeachtliche Einkommensverwendung. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsidenten Dr. Wasniczek und die Räte Dr. Schirmer, Dr. Schimetschek, Dr. Eichler und Dr. Kaupp als Richter, im Beisein des Finanzoberkommissärs Dr. Zatschek als Schriftführer, über die Beschwerde des Wirkl. Hofrates i.P. Dr. IS in B, gegen den Bescheid der Berufungskommission bei der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom , Zl. 1/13 BK 1960, betreffend Feststellung von Einkünften für 1958, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist Miteigentümer zu einem Fünftel der Häuser in B, S-platz, L-straße und L-straße. Er hat für das Jahr 1958 als Beauftragter sämtlicher Miteigentümer beim Finanzamt, eine Erklärung über die Einkünfte aus diesen Realitäten eingebracht. Laut Vertrag vom hat er seiner Tochter LF mit Wirkung vom die Nettoeinkünfte aus dem Realbesitz geschenkt. In der erwähnten Erklärung wies er seine Tochter als an den Einkünften mitbeteiligt aus, während er sich selbst nicht als beteiligt nannte. Das Finanzamt rechnete jedoch den Anteil aus dem gemeinschaftlichen Realbesitz dem Beschwerdeführer zu. Dieser erhob gegen den Feststellungsbescheid Berufung. Er rügte, daß der Bescheid keine Unterschrift und keine Begründung, sondern nur einen Hinweis auf eine gesetzliche Stelle enthalte. Der Bescheid sei an eine "Hausgemeinschaft" gerichtet, der aber keine Rechtspersönlichkeit zukomme. Der Beschwerdeführer vertrat den Standpunkt, daß der Bescheid jedem der Miteigentümer zuzustellen sei. In sachlicher Hinsicht wendete er sich gegen die Zurechnung der anteiligen Einkünfte aus den erwähnten Realitäten. Er verwies auf die Schenkungsurkunde und machte geltend, daß ihm Einkünfte, die er verschenkt habe, nicht zugeflossen sein könnten. Die Berufungskommission gab der Berufung keine Folge. Sie verwies darauf, daß zu den von den Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes ausgenommenen Abgabenangelegenheit auch, die Erlassung von Feststellungsbescheiden gehöre. Eine einheitliche Feststellung gemäß § 215 AO setze lediglich voraus, daß mehrere Personen an Einkünften beteiligt seien. Es sei jedoch nicht erforderlich, daß diese Gemeinschaft eine eigene Rechtspersönlichkeit besitze. Hinsichtlich der Zustellung des Feststellungsbescheides verwies die Berufungskommission auf die Bestimmungen des § 219 AO. In der Überlassung der Nettoeinkünfte aus den Hausanteilen sei nicht die Einräumung eines Fruchtgenußrechtes gelegen. Ein solches Recht setze vielmehr eine Bewirtschaftung (gemeint des dem Fruchtgenuß unterliegenden Wirtschaftsgutes) durch den Fruchtnießer voraus. Die Verpflichtung des Beschwerdeführers, seiner Tochter den jeweiligen Ertrag der Hausanteile zu überlassen, stelle lediglich das Versprechen dar, ihr einen Geldbetrag zu schenken, dessen Höhe durch die Nettoeinkünfte der Hausanteile bestimmt werde. Die Einkünfte selbst fielen dem Beschwerdeführer zu. Ein wirtschaftliches Eigentum an ihnen stehe der Beschenkten nicht zu. Gemäß § 12 Z. 2 EStG seien freiwillige Zuwendungen weder bei den einzelnen Einkunftsarten noch vom Gesamtbetrag der Einkünfte abzugsfähig. Freiwillige und unentgeltliche Vorausverfügungen über künftig anfallende Einkünfte seien bei der Festsetzung der Einkommensteuer unbeachtlich. Einkünfte, die dem Steuerpflichtigen nur deshalb nicht persönlich zugeflossen seien, weil er auf sie freiwillig verzichtet habe, müßten ihm zugerechnet werden. Es handle sich um eine steuerlich unbeachtliche Einkommensverwendung.
Gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben, in der er den im Verwaltungsverfahren vertretenen Rechtsstandpunkt wiederholt und näher begründet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat darüber erwogen:
Der vom Finanzamt erlassene Bescheid über die einheitliche Feststellung von Einkünften aus den eingangs erwähnten Liegenschaften hat unbestritten keine Unterschrift getragen, hat außer dem Hinweis auf die Bestimmung des § 215 Abs. 2 AO keine Begründung enthalten und war an die "Hausgemeinschaft S Erben zu Handen des Beschwerdeführers" gerichtet. Der Beschwerdeführer erblickt hierin mehrfache Verstöße gegen die abgabenrechtlichen Verfahrensvorschriften. Soweit er behauptet, daß die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes zur Anwendung zu kommen hatten, weil Feststellungsbescheide von der Ausnahmsvorschrift des Art. II Abs. 5 EGVG nicht erfaßt seien, wird darauf verwiesen, daß die Erlassung eines Feststellungsbescheides nach § 215 AO in das der "Ermittlung und Festsetzung der Steuer" dienende Verfahren nach dem zweiten Abschnitt des zweiten Teiles der Abgabenordnung gehört (vgl. den
2. Teil "Besteuerung", 2, Abschnitt, 2. Unterabschnitt AO; dieser Unterabschnitt umfaßt die §§ 204 bis 227 AO, also auch den § 215, der dem Finanzamt bei der Erlassung des Feststellungsbescheides als Rechtsgrundlage gedient hat). Mithin kann keine Rede davon sein, daß der gegenständliche Feststellungsbescheid nicht in einem Abgabenverfahren ergangen wäre. Art. II Abs. 5 EGVG bestimmt aber, daß das Verfahren in Angelegenheiten der Abgaben des Bundes einer besonderen gesetzlichen Regelung vorbehalten ist. Diese Regelung ist - soweit dies für den vorliegenden Streitfall Bedeutung hat - in den Bestimmungen der Abgabenordnung zu finden. Sind aber die Vorschriften des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes auf Feststellungsbescheide nicht anwendbar, so ist auch dem Einwand, daß der Bescheid keine Unterschrift trage, die Rechtsgrundlage entzogen. Es ist aber auch der Vorwurf, daß der Bescheid keine Begründung enthalte, im vorliegenden Fall nicht stichhaltig. Das Finanzamt hat dem Beschwerdeführer vor Erlassung des Bescheides im Wege eines Vorhaltes die Zweifel bekanntgegeben, die gegen die beantragte Aufteilung der Einkünfte und gegen deren Höhe bestanden haben. Wenn es hinsichtlich der Zurechnung einen anderen Rechtsstandpunkt vertreten hat als der Beschwerdeführer und im Bescheide nur auf die Bestimmungen des § 215 AO Bezug genommen hat, konnte der Beschwerdeführer durch dieses Vorgehen, das ihm auf Grund des Vorhaltes erkennbar war, nicht in einem Recht verletzt werden. Es stand ihm die Möglichkeit offen, die Rechtsansicht des Finanzamtes im Rechtsmittelwege zu bekämpfen, und er hat auch von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht. Der Einwand, daß der Bescheid an eine "Hausgemeinschaft" gerichtet gewesen sei, der keine Rechtspersönlichkeit zukomme, ist ebenfalls unbegründet. In dieser Hinsicht genügt es, den Beschwerdeführer auf die Bestimmungen des § 215 Abs. 2 Z. 4 AO zu verweisen, nach denen einkommensteuerpflichtige Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung unbeweglichen Vermögens einheitlich und gesondert festgestellt werden, wenn an den Einkünften mehrere beteiligt sind. Für die einheitliche Feststellung ist also nicht erforderlich, daß die Beteiligten eine Rechtsperson bilden. Vielmehr genügt die Tatsache, daß sie an den Einkünften der genannten Art "beteiligt" sind. Sie bilden dann eine Gemeinschaft - auf die Bezeichnung im Einzelfall kommt es nicht an -, für die hinsichtlich der Zustellung des Feststellungsbescheides die Bestimmungen des § 219 Abs. 1 AO gelten (vgl. den letzten Satz dieser Gesetzesstelle). Da der Beschwerdeführer in der von ihm unterschriebenen und beim Finanzamt eingereichten Erklärung ausdrücklich als Zustellungsvertreter ausgewiesen war, wurde ihm der Feststellungsbescheid nach § 219 Abs. 1 AO mit Rechtswirkung für und gegen alle Beteiligten zugestellt. Mithin entbehren die Einwendungen formalrechtlicher Art, die von der Beschwerde erhoben werden, jedweder rechtlichen Grundlage. Es ist aber auch der Vorwurf einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung des Sachverhaltes unbegründet.
Der Beschwerdeführer hat laut Schenkungsvertrag die Nettoeinkünfte aus seinen Anteilen an mehreren Realitäten seiner Tochter unentgeltlich überlassen. Die Tochter hat die Schenkung angenommen. Da es sich um die Nettoeinkünfte handelt, die den Gegenstand der Schenkung bilden, hat sie einen allfälligen Verlust, der sich aus der Gebarung mit den Häusern ergeben könnte, deren Miteigentümer aber der Beschwerdeführer geblieben ist, nicht zu tragen. Ebenso kommt eine Haftung für Aufwendungen, die durch die Bewirtschaftung der Häuser entstehen, nicht in Betracht. Der Beschwerdeführer hat aber mit dem Schenkungsvertrag den Reinertrag seiner Miteigentumsanteile unentgeltlich einer dritten Person zugewendet, sodaß der Tatbestand des § 12 Z. 2 EStG erfüllt ist. Nach dieser gesetzlichen Bestimmung können freiwillige Zuwendungen, weder bei den einzelnen Einkunftsarten (also im vorliegenden Fall bei den Einkünften des Beschwerdeführers aus Vermietung und Verpachtung) noch vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden, auch wenn die Zuwendungen auf einer besonderen Vereinbarung (hier auf dem Schenkungsvertrag) beruhen. Die Beschwerde kann auch daraus, daß in dem angefochtenen Bescheid von einem "Versprechen" des Beschwerdeführers die Rede ist, nichts für ihre Sache gewinnen. Ist doch offensichtlich mit dieser Redewendung nur auf die Tatsache Bezug genommen, daß Gegenstand der Schenkung nicht allein die gegenwärtigen, sondern auch die künftigen Reinerträge der Miteigentumsanteile des Beschwerdeführers sind. Die belangte Behörde hat auf Grund des Schenkungsvertrages den Sachverhalt richtig beurteilt, indem sie eine unentgeltliche Verfügung über künftige Einnahmen angenommen hat. Eine Versteuerung beim Empfänger (vgl. auch Blümich, Einkommensteuergesetz, 5. Aufl., S. 437). Mithin war die Beschwerde in keiner Richtung begründet und mußte deshalb gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1952 abgewiesen werden.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Normen | |
Sammlungsnummer | VwSlg 2519 F/1961 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1961:1961000802.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
SAAAF-53304