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VwGH 22.10.1970, 0801/69

VwGH 22.10.1970, 0801/69

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssatz


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Normen
RS 1
Ausführungen zur Frage des Nichtzustandekommens eines Rechtsgeschäftes und der Behauptung, es liege ein Prekarium vor.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dkfm. DDr. Dorazil und die Hofräte Dr. Riedel, Dr. Schima, Dr. Reichel und Dr. Simon als Richter, im Beisein des Schriftführers Finanzkommissär Smekal, über die Beschwerde der G H in L, vertreten durch Dr. Gottfried Eypeltauer, Rechtsanwalt in Linz, Fadingerstraße 22, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom , Zl. 295/1-IV-1969, betreffend Rechtsgebühr, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund (Finanzlandesdirektion für Oberösterreich) Aufwendungen in der Höhe von S 390,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Am wurde beim Finanzamt für Gebühren und Verkehrssteuern in Linz eine am errichtete Urkunde zur Gebührenbemessung angezeigt, inhaltlich welcher die Beschwerdeführerin als Vermieterin mit den Ehegatten Hugo und Lisa St. einen Mietvertrag hinsichtlich bestimmter Geschäfts- und Wohnräume in E. geschlossen hatte. Das Mietverhältnis sollte am beginnen und am enden, sich jedoch für den Fall, daß die Beschwerdeführerin für die Geschäftsräume keinen Bedarf habe, bis zum verlängern. Während der Vertragsdauer sollte die Beschwerdeführerin das Recht haben, aus einzelnen im Punkt III des Vertrages aufgezählten Gründen das Vertragsverhältnis durch Kündigung aufzulösen. Als Mietzins wurde ein monatlicher, in bestimmter Weise wertgesicherter Betrag von S 3.700,-- vereinbart. Daneben verpflichteten sich die Mieter zum Ersatz anteiliger Betriebskosten und der anteiligen Grundsteuer. Die Pflicht zur Bezahlung des Mietzinses sollte nach Punkt IV ab dem Monat, in dem die öffentliche Inbetriebnahme des Gast- und Schankgewerbes in den vertragsgegenständlichen Räumlichkeiten durch den Mieter erfolgen wird, spätestens aber ab bestehen. Die Vertragsparteien hatten sodann noch Vereinbarungen hinsichtlich baulicher Veränderungen an dem Mietobjekt und einer Untervermietung etc. getroffen und erklärt, daß im übrigen in Ermangelung einer vertraglichen Regelung die Bestimmungen des Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches über den Bestandvertrag gelten sollten. Im Punkt XI des Vertrages wurde sodann ausgesprochen: "Alle in diesem Vertrag aufgezählten Zugeständnisse seitens der Vermieterin an die Mieter, soweit die Mieter nicht nachträglich eine schriftliche Zusage der Vermieterin erhalten, stellen Prekarien dar."

Für diesen Rechtsvorgang forderte das Finanzamt von der Beschwerdeführerin mit Bescheid vom gemäß § 33 TP. 5 des Gebührengesetzes 1957, BGBl. Nr. 267, (GebGes) die 1 %ige Rechtsgebühr in Höhe von S 5.228,--, wobei es der Berechnung einen jährlichen Nettomietzins von S 44.400,--, sowie jährliche Betriebskosten in geschätzter Höhe von S 6.000,-- zugrunde legte, die Vertragsdauer mit 13 Jahren und 1 Monat feststellte und so (offensichtlich auf Grund eines Rechenfehlers) zu einer Bemessungsgrundlage von S 522.820,-- gelangte.

Gegen diesen Bescheid legte die Beschwerdeführerin Berufung ein, in der sie ausführte, daß, wie aus dem Vertragstext hervorgehe, die gemieteten Räume von der Mieterin für Zwecke der Ausübung des Gast- und Schankgewerbes verwendet werden hätten sollen. Da jedoch die Gewerbebehörde dem Ansuchen der Mieter auf Standortverlegung ihrer bestehenden Gast- und Schankgewerbekonzession nicht entsprochen habe, sei der Mietvertrag, mangels der Möglichkeit, die gemieteten Räume für den bedungenen Zweck zu verwenden, mit einvernehmlich aufgelöst worden. Es sei daher unter sinngemäßer Anwendung des § 16 Abs. 6 GebGes keine Gebühr zu entrichten. Des weiteren wandte sich die Beschwerdeführerin in ihrer Berufung auch gegen die Ermittlung der Bemessungsgrundlage. Wegen des ihr aus den im Vertrag vereinbarten Gründen zustehenden Kündigungsrechtes sei als Bemessungsgrundlage - wenn überhaupt - nur der dreifache Jahresmietzins heranzuziehen, wobei die Betriebskosten jährlich nur S 1.200,-- und nicht - wie vom Finanzamt geschätzt - S 6.000,-- betragen.

Mit Berufungsvorentscheidung vom gab das Finanzamt der Berufung insoweit statt, als es bei der Errechnung der Bemessungsgrundlage die Höhe der Betriebskosten mit einem Jahresbetrag von S 1.100,-- ansetzte und sohin (infolge Berichtigung des Rechenfehlers) zu einer Gebührenanforderung in Höhe von S 5.953,-- gelangte. Im übrigen wies das Finanzamt die Berufung als unbegründet ab.

Diese Berufungsvorentscheidung gehört jedoch nicht mehr dem Rechtsbestand an, da die Beschwerdeführerin rechtzeitig die Vorlage ihres Rechtsmittels an die Abgabenbehörde zweiter Instanz verlangte. In ihrem Vorlageantrag verwies die Beschwerdeführerin ergänzend zu ihren Berufungsausführungen auf Punkt XI des Mietvertrages, demzufolge nur ein prekaristisches Verhältnis vorliege, da nachträglich eine schriftliche Zusage der Vermieterin nicht ergangen sei. Diese Bestimmung des Vertrages habe sich im Hinblick auf das im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses ungeklärte gewerbebehördliche Konzessionsverfahren als notwendig erwiesen.

Die Finanzlandesdirektion für Oberösterreich hat mit ihrem Bescheid vom der Berufung teilweise Folge gegeben, und die Gebühr mit S 5.953,-- festgesetzt, im übrigen aber das Rechtsmittel abgewiesen. In der Begründung ihrer Entscheidung hat sie im wesentlichen ausgeführt: Nach § 16 Abs 6 GebGes entstehe die Gebührenschuld für das beurkundete Rechtsgeschäft, wenn es der Genehmigung oder Bestätigung einer Behörde oder eines Dritten bedürfe, erst im Zeitpunkt der Genehmigung oder Bestätigung. Aus der Fassung dieser Gesetzesstelle sei ersichtlich, daß unter Bedachtnahme auf diese Rechtsvorschrift nur solche Genehmigungen oder Bestätigungen gemeint seien, die für das Zustandekommen eines Rechtsgeschäftes rechtlich bedeutungsvoll sind. Ferner müßten dieselben (gemeint sind die Genehmigungen oder Bestätigungen) von einer Behörde oder von einem am Rechtsgeschäft unbeteiligten Dritten erteilt werden. Von den zum Zustandekommen eines Rechtsgeschäftes notwendigen Genehmigungen seien jene zu unterscheiden, die zur Durchführung des Rechtsgeschäftes meist von Verwaltungsbehörden erteilt werden. Da diese Genehmigungen das Zustandekommen des schon abgeschlossenen Rechtsgeschäftes nicht mehr berühren, seien sie gebührenrechtlich unerheblich. Das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Slg. Nr. 425/F, sage dazu, daß das fehlende Erfordernis der gewerbebehördlichen Genehmigung nicht geeignet sei, den Vertrag nichtig zu machen, sodaß eine derartige Genehmigung die Entstehung der Gebührenschuld nicht beeinflusse.

Nach § 17 Abs. 4 GebGes sei es auf die Entstehung der Gebührenschuld ohne Einfluß, ob die Wirksamkeit eines Rechtsgeschäftes von einer Bedingung oder einer Genehmigung eines der Beteiligten abhänge. Die nichterteilte Genehmigung nach Punkt XI des Mietvertrages durch die Berufungswerberin sei daher auf die Entstehung der Gebühren ebenso ohne Einfluß wie die Aufhebung des Rechtsgeschäftes (§ 17 Abs. 5 leg. cit.). Sei die Dauer des Bestandvertrages bestimmt, aber der Vorbehalt des Rechtes einer früheren Aufkündigung gemacht, so bleibe dieser Vorbehalt für die Gebührenermittlung außer Betracht (§ 33 TP. 5 Abs. 3 GebGes). Nach dem eindeutigen Wortlaut dieser Gesetzesstelle sei daher die Möglichkeit einer früheren Vertragsaufkündigung für die Gebührenermittlung ohne Belang.

Gegen diese Berufungsentscheidung der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde, in der die Beschwerdeführerin in ihren Rechten dadurch verletzt zu sein behauptet, daß von der belangten Behörde ungeachtet der Bestimmung des Punktes XI des Vertrages ein gebührenpflichtiges Bestandverhältnis angenommen wurde. In eventu rügt die Beschwerde auch die Errechnung der Bemessungsgrundlage.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

Gemäß § 33 TP. 5 GebGes unterliegen Bestandverträge (Miet- oder Pachtverträge), wodurch jemand den Gebrauch einer unverbrauchbaren Sache auf eine gewisse Zeit und gegen einen bestimmten Preis erhält, nach dem Wert einer Gebühr von 1 v. H.

Für die Festsetzung der Gebühren ist gemäß § 17 Abs. 1 GebGes der Inhalt der über das Rechtsgeschäft errichteten Schrift (Urkunde) maßgebend.

Die Beschwerdeführerin meint nun, daß auf Grund eben dieser Rechtsvorschrift im Hinblick auf Punkt XI des Vertrages für die vorliegende Urkunde keine Gebührenpflicht entstanden sei, weil die von ihr in diesem Vertragspunkte vorbehaltene schriftliche Zusage nicht erteilt worden und deshalb ein rechtsgültiges Bestandverhältnis nicht zustande gekommen sei. Die im Punkt XI vereinbarte schriftliche Zusage könne aber nicht als Genehmigung des Bestandverhältnisses - wie die Berufungsbehörde meine - oder etwa als Bedingung aufgefaßt werden. Die Beschwerdeführerin verweist auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Slg. Nr. 775/F, und führt weiter aus, daß für den dargelegten Standpunkt auch der Umstand spreche, daß sie von den Ehegatten St. die diesen prekaristisch überlassenen Räume zurückverlangt habe. Die weitere Folge davon sei die Auflösung des Vertrages mit Wirkung vom gewesen. Es habe daher nur ein prekaristisches Rechtsverhältnis vorgelegen, das nach dem Gebührengesetz 1957 keiner Rechtsgebühr unterliege. Dieser Rechtsmeinung vermochte der Verwaltungsgerichtshof nicht zu folgen. Aus dem Inhalt der streitgegenständlichen Urkunde erhellt, daß die Absicht der Vertragsparteien auf den Abschluß eines Mietvertrages gerichtet war, dessen rechtliche Bedingungen in allein Einzelheiten geregelt wurden. Es bestand vor allem Einigung über das Mietobjekt und den Mietzins, sodaß am Zustandekommen des Bestandvertrages kein Zweifel bestehen kann.

Aus dem Beschwerdevorbringen ergibt sich vielmehr, daß die Beschwerdeführerin den grundlegenden Unterschied zwischen dem Nichtzustandekommen eines Rechtsgeschäftes und seiner Nichtausführung verkennt. Denn die Beschwerdeführerin weist nicht nur in der Beschwerde darauf hin, daß das Bestandverhältnis nicht zustande gekommen sei und der Vertrag wieder aufgelöst wurde, sondern bringt schon im Berufungsverfahren vor, daß "der Mietvertrag mangels der Möglichkeit, die gemieteten Räume für den bedungenen Zweck zu verwenden, einvernehmlich mit aufgelöst wurde". Da gemäß § 17 Abs. 5 GebGes das Unterbleiben der Ausführung des beurkundeten Rechtsgeschäftes die Gebührenpflicht aber nicht wieder aufhebt, kann dieses Vorbringen der Beschwerdeführerin nicht zum Erfolg führen. Aus diesem Grunde ist auch der Hinweis auf das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom verfehlt. Denn der Verwaltungsgerichtshof hat darin ausgesprochen, daß den Abgabepflichtigen gemäß § 17 Abs. 2 GebGes die Möglichkeit offen steht, auch gegen den Inhalt einer Urkunde den Beweis, zu führen, daß das beurkundete Rechtsgeschäft nicht zustande gekommen ist, und in einem solchen Fall die Urkunde, der keinerlei Parteienvereinbarung zugrunde liegt, für sich allein eine Gebührenschuld nicht auslöst. Das ist aber nicht das Rechtsproblem des vorliegenden Rechtsstreites. Aus dem bisher Gesagten ergibt sich, daß es im Streitfall nicht an der Parteienvereinbarung als solcher mangelt, sondern lediglich an der Durchführung des abgeschlossenen Rechtsgeschäftes.

Wenn die Beschwerdeführerin andererseits darzutun versucht, daß gegenständlich lediglich ein Vertrag des Inhaltes zustandegekommen sei, daß zwischen ihr und den Ehegatten St. ein Prekarium vereinbart wurde, so kann ihr auch darin nicht gefolgt werden. Die Beschwerdeführerin übersieht nämlich, daß es sich bei einem Prekarium seiner Natur nach um ein unentgeltliches Rechtsgeschäft handelt. Die Beschwerdeführerin will im Punkt XI des Vertrages aber nur die von ihr als Vermieterin Vertrag aufgezählten Zugeständnisse an die Mieter" als Prekarien angesehen wissen. Hinsichtlich der ihr aus dem Vertrag zustehenden Rechte wurde eine prekaristische Vereinbarung nicht getroffen; daher sind vor allem die Verpflichtungen der Mieter hinsichtlich der Mietzinszahlung rechtlich verbindlich geworden. Eine Vereinbarung wie die vorliegende kann aber ihrem Inhalte nach - schon wegen der mangelnden Unentgeltlichkeit - nicht als Bittleihe im Sinne des § 974 ABGB angesehen werden, wozu kommt, daß das behauptete "Prekarium" - wie schon erwähnt - zutreffendenfalls überhaupt nur hinsichtlich einzelner Punkte des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrages vereinbart sein könnte und nicht den Vertrag als ganzen erfaßt. Die belangte Behörde hat sohin zu Recht gemäß dem Inhalte der streitigen Urkunde das Vorliegen eines Mietvertrages bejaht.

Die Beschwerdeführerin wendet sich schließlich in ihrer Beschwerde in eventu aber auch gegen die Ermittlung der Bemessungsgrundlage (allerdings aus einem anderen Grunde als den im Berufungsverfahren vorgetragenen) und bringt in diesem Zusammenhange vor, die belangte Behörde hätte die Bemessungsgrundlage nicht auf Grund der vereinbarten Vertragsdauer errechnen dürfen, sondern hätte zu berücksichtigen gehabt, daß die Verpflichtung zur Mietzinszahlung erst in einem späteren Zeitpunkt eintrete.

Nun ist es wohl richtig, daß die Vertragsparteien im Punkt IV des Vertrages vereinbart haben, daß die Verpflichtung zur Bezahlung des Mietzinses ab dem Monat beginnt, in dem die öffentliche Inbetriebnahme des Gast- und Schankgewerbes in den gemieteten Räumlichkeiten erfolgt, spätestens aber am . Die Vertragsparteien haben sohin die Verpflichtung zur Mietzinszahlung für die Zeit vom Beginn des Mietverhältnisses bis zum von der Bedingung abhängig gemacht, daß eine Inbetriebnahme des Gast- und Schankgewerbes erfolgt, die theoretisch schon unmittelbar nach Vertragsabschluß erfüllt sein hätte können. Gemäß § 26 GebGes gelten aber für die Bewertung der gebührenpflichtigen Gegenstände die Vorschriften des Bewertungsgesetzes 1955 u. a. mit der Maßgabe, daß bedingte Leistungen als unbedingte zu behandeln sind. Die belangte Behörde hat demnach den Bescheid auch nicht mit Rechtswidrigkeit belastet, wenn sie die nur bedingt vereinbarten Mietzinszahlungen (für die bestimmte Dauer von 10 Jahren und 1 Monat sowie für die weitere Dauer von 3 Jahren) der Bemessungsgrundlage zugerechnet hat.

Somit erweist sich die gegenständliche Beschwerde in keinem ihrer Punkte als berechtigt, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 als unbegründet abzuweisen war.

Die belangte Behörde hat für den Fall ihres Obsiegens den Ersatz von Aufwendungen in Höhe von S 390,-- (S 330,-- Schriftsatzaufwand und S 60,-- Vorlageaufwand) geltend gemacht. Diesem Begehren war gemäß § 47 Abs. 1 und 2 lit. b, 48 Abs. 2 lit. a und b, § 59 Abs. 1 und 2 lit. a und b VwGG 1965 in Verbindung mit Art. I B Z. 4 und 5 der Verordnung des Bundeskanzleramtes vom , BGBl. Nr. 4, zu entsprechen. Die Festsetzung der zweiwöchigen Leistungsfrist gründet sich auf § 59 Abs. 4 VwGG 1965.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1970:1969000801.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
EAAAF-53300