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VwGH 03.07.1974, 0786/73

VwGH 03.07.1974, 0786/73

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssatz


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Norm
KFG 1967 §2 Z1
RS 1
Eine Verwendung eines Fahrzeuges auf Straßen mit öffentlichem Verkehr im Sinne des § 2 Z 1 KFG 1967 liegt nur dann vor, wenn ein Fahrzeug tatsächlich auf der Straße benützt wird; auf die Verwendbarkeit des Fahrzeuges kommt es jedoch nicht an.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Härtel, Senatspräsident Dr. Dolp und die Hofräte Dr. Schmid, Dr. Schmelz und Dr. Reichel als Richter, im Beisein der Schriftführerin Landesregierungsoberkommissär Dr. Cede, über die Beschwerde des HL in L, vertreten durch Dr. Otto Haselauer, Rechtsanwalt in Linz, Schillerstraße 17, gegen den Bescheid des Bundesministers für Handel, Gewerbe und Industrie vom , Zl. 194.019-II/21/72 (mitbeteiligte Partei: JV in A, vertreten durch Dr. Walter Brunhuemer, Rechtsanwalt in Gmunden, Fellingergasse 7), betreffend Entscheidung nach § 1 Abs. 4 des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird gegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 2.037,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Die mitbeteiligte Partei brachte beim Landesgericht Linz zur GZ 2 Cg 199/69 (nunmehr 31 Cg 114/71) gegen den Beschwerdeführer am eine Schadenersatzklage ein. Sie stützte ihre Klage auf einen Ersatzanspruch nach einem Unfall, an dem ein Gummiradlader (Caterpillar 966 C), dessen Eigentümer der Beschwerdeführer ist, beteiligt war. Das Landesgericht Linz unterbrach das Verfahren und richtete an die belangte Behörde mit Schreiben vom das Ersuchen, gemäß § 1 Abs. 4 KFG 1967, BGBl. Nr. 267, darüber zu entscheiden, ob es sich bei dem fraglichen Caterpillar um ein Kraftfahrzeug im Sinne des Kraftfahrgesetzes 1967 handle.

Mit Bescheid vom , Zl. 194.599-II/21/70, sprach das Bundesministerium für Handel, Gewerbe und Industrie aus, daß das in Frage kommende Fahrzeug mit der firmenmäßigen Bezeichnung Radlader Caterpillar 966 C als Kraftfahrzeug im Sinne des Kraftfahrgesetzes gelte.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Verwaltungsgerichtshofbeschwerde hob der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom , Zl. 1049/71, den bezeichneten Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften auf. Zur Begründung führte er aus, daß die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid wohl den gesetzlichen Tatbestand wiedergegeben, nicht aber die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens dargelegt habe; eine solche Begründung sei nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes unzulänglich, weil ihr nicht zu entnehmen sei, auf Grund welcher Sachverhaltsannahme die belangte Behörde zu ihrem Bescheid gekommen sei.

Die belangte Behörde ergänzte daraufhin das Ermittlungsverfahren durch Einholung eines Sachverständigengutachtens und sprach mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid abermals aus, daß das Fahrzeug mit firmenmäßiger Bezeichnung Radlader Caterpillar 966 C als Kraftfahrzeug im Sinne des Kraftfahrgesetzes 1967 gelte. Zur Begründung wurde ausgeführt, daß es sich bei dem gegenständlichen Caterpillar 966 C mit der Seriennummer 76 J 804-68 um einen sogenannten Radlader handle, der als selbstfahrende Arbeitsmaschine im Sinne des § 2 Z. 21 KFG 1967 anzusprechen sei. Infolge seiner Bauart und Ausrüstung sei er nicht zur Verwendung auf Straßen mit öffentlichem Verkehr bestimmt. Er diene demnach vorwiegend zur Durchführung von nicht in der Beförderung von Personen oder Gütern auf Straßen bestehenden Arbeitsvorgängen. Der Radlader sei aber trotz einer Schaufelbreite von 3,57 m (Breite über Räder 2,72 m), wie sich aus dem in den Gerichtsakten zu GZ 2 Cg 9/72 des Landesgerichtes Linz erliegenden Prospekt der Firma E ergebe, ohne weiteres in der Lage, längere Strecken auf Straßen mit öffentlichem Verkehr bei entsprechender Absicherung zu befahren, z. B. bei Fahrten von einer Baustelle zu einer anderen. Es sei durchaus möglich, Fahrzeuge dieser Type auf Grund einer Ausnahmegenehmigung und entsprechender Auflagen gemäß § 39 KFG 1967 eingeschränkt zum Verkehr bzw. zwecks Durchführung einer Überstellungsfahrt gemäß § 46 KFG 1967 vorübergehend zu verwenden. Es sei daher spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

Gegen diesen Bescheid wendet sich der Beschwerdeführer mit der vorliegenden Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der er Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend macht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer befaßt sich zunächst in der Beschwerde mit der Bestimmung des § 2 Z. 1 KFG 1967 und vermeint, daß der angefochtene Bescheid ausdrücklich feststelle, daß das Fahrzeug nicht zur Verwendung auf Straßen mit öffentlichem Verkehr bestimmt sei. Demnach hätte der angefochtene Bescheid richtig lauten müssen, daß das gegenständliche Kraftfahrzeug nicht als Kraftfahrzeug im Sinne des Kraftfahrgesetzes 1967 gelte, weil es weder zum Verkehr auf Straßen bestimmt sei, noch auf Straßen verwendet werde. Ein Begründungsmangel werde auch darin erblickt, daß nicht festgestellt worden sei, ob das gegenständliche Kraftfahrzeug ein auf Straßen verwendetes Fahrzeug sei. Außerdem gehe aus dem Bescheid nicht hervor, auf Grund welcher Beweismittel die in dem Bescheid enthaltenen Feststellungen getroffen worden seien. Lediglich hinsichtlich der Feststellung, daß der Radlader öffentliche Straßen bei entsprechender Absicherung befahren könne, werde auf den Akt GZ 2 Cg 9/72 des Landesgerichtes Linz verwiesen, ohne daß jedoch angeführt worden sei, auf welche Aktenstücke sich diese Feststellung gründe.

Gemäß § 2 Z. 1 KFG 1967 gilt als Kraftfahrzeug ein zur Verwendung auf Straßen bestimmtes oder auf Straßen verwendetes Fahrzeug, das durch technisch freigemachte Energie angetrieben wird und nicht an Gleise gebunden ist, auch wenn seine Antriebsenergie Oberleitungen entnommen wird. Aus dieser Bestimmung ergibt sich, daß es zwei Möglichkeiten gibt, ein Fahrzeug als Kraftfahrzeug im Sinne der oben zitierten Bestimmung anzusehen, nämlich einerseits wenn es ein zur Verwendung auf Straßen bestimmtes Fahrzeug ist, oder andererseits, wenn es auf Straßen tatsächlich verwendet wird. Bei dem gegenständlichen Fahrzeug handelt es sich um einen Caterpillar 966 C mit der Seriennummer 76 J 804-1968, und zwar um einen sogenannten Radlader. Dieser Radlader ist nach dem von der belangten Behörde eingeholten Sachverständigengutachten durch Maschinenkraft (technisch frei gemachte Energie), nicht an Gleise gebundenes Fahrzeug und besitzt einen 6 Zylinder-Viertaktdieselmotor D 333, Leistung 170 PS bei 2200 U/Min., mit einem Planetenlastschaltgetriebe. Das Fahrzeug ist mit vier Vorwärts- und vier Rückwärtsgängen ausgestattet und erreicht laut Herstellerangabe eine Höchstgeschwindigkeit von 34 km/h im vierten Vorwärtsgang bzw. 40,2 km/h im vierten Rückwärtsgang. Die Lenkung erfolgt vollhydraulisch. Der Radlader ist mit einer Betriebsbremse ausgestattete und seine Beleuchtung besteht aus Arbeits- und Fahrtbeleuchtung vorne und hinten, Rück- und Bremsleuchten. Die Schaufelbreite beträgt bei der Kippschaufel 3,37 m, das Gesamtgewicht des Fahrzeuges ist rund 14,5 Tonnen. Das Sachverständigengutachten kommt zu dem Ergebnis, daß der gegenständliche Radlader Type Caterpillar 966 C infolge Bauart und Ausrüstunga nicht zur Verwendung auf Straßen mit öffentlichem Verkehr bestimmt sei, doch vermeint es, daß es sich dabei noch um ein Kraftfahrzeug im Sinne des § 2 Z. 1 KFG 1967 handle, weil das Fahrzeug auf Straßen mit öffentlichem Verkehr verwendet werden könnte und auf ebener Fahrbahn auch eine beachtliche Geschwindigkeit zu erreichen vermöge. Was zunächst die erste Möglichkeit anlangt, ob der gegenständliche Caterpillar ein zur Verwendung auf Straßen bestimmtes Fahrzeug ist, so kommt das Sachverständigengutachten und ihm folgend auch die belangte Behörde zur Überzeugung, daß dieses Fahrzeug infolge seiner Bauart und Ausrüstung nicht zur Verwendung auf Straßen mit öffentlichem Verkehr bestimmt sei, weil es vorwiegend zur Durchführung von nicht in der Beförderung von Personen oder Gütern auf Straßen bestehenden Arbeitsvorgängen diene. Diese Ansicht kann als zutreffend angesehen werden, doch kann sich der Gerichtshof nicht der Feststellung des Sachverständigen hinsichtlich der anderen Möglichkeit anschließen, nämlich, daß das gegenständliche Fahrzeug als Kraftfahrzeug gemäß § 2 Z. 1 KFG 1967 deshalb zu gelten habe, weil die Möglichkeit der Verwendung auf öffentlichen Straßen gegeben sei. Abgesehen davon, daß diese Feststellung eine rechtliche Beurteilung darstellt, die nicht Aufgabe eines Sachverständigen ist, spricht der Wortlaut der oben angeführten Gesetzesstelle gegen die von der belangten Behörde aus den Sachverständigengutachten übernommenen rechtlichen Beurteilung. Nach § 2 Z. 1 KFG 1967 ist ein Fahrzeug dieser Bestimmung auch dann zu unterstellen, wenn es sich dabei um ein auf Straßen verwendetes Fahrzeug handelt, d. h. das Fahrzeug muß auf der Straße benützt werden und muß demnach tatsächlich am öffentlichen Verkehr teilnehmen. Der Umstand, daß nur die Möglichkeit besteht, mit einem solchen Fahrzeug unter besonderen Vorkehrungen, wie bei entsprechender Absicherung, die Straßen zu befahren, macht das Fahrzeug noch nicht zu einem auf Straßen „verwendeten Fahrzeug“. Dies geht auch aus den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage über das Kraftfahrgesetz 1967, und zwar zu § 2 Z. 1 hervor (186 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Nationalrates XI. GP.). Es. ergibt sich sohin, daß der gegenständliche Caterpillar 966 C weder zur Verwendung auf Straßen bestimmt nach auf Straßen verwendet wird und daher auch nicht als Kraftfahrzeug im Sinne des 2 Z. 1 KFG 1967 anzusehen ist.

Da mithin die belangte Behörde von einer unrichtigen Rechtsanschauung ausgegangen ist und das gegenständliche Fahrzeug als ein solches im Sinne des § 2 Z. 1 KFG 1967 beurteilt hat, erwies sich der angefochtene Bescheid als inhaltlich rechtswidrig, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965 aufzuheben war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom , BGBl. Nr. 427. Das Kostenmehrbegehren war als im Gesetz nicht begründet abzuweisen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Norm
KFG 1967 §2 Z1
Sammlungsnummer
VwSlg 8650 A/1974
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1974:1973000786.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
UAAAF-53283