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VwGH 16.06.1975, 0762/74

VwGH 16.06.1975, 0762/74

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Norm
BauO Wr §6 Abs6;
RS 1
Von einem ausnahmslosen Bauverbot kann im Wald- und Wiesengürtel nicht gesprochen werden (Hinweis E , 1524/64, VwSlg 6508 A/1964).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 0832/72 E RS 2
Norm
BauO Wr §6 Abs6;
RS 2
Die Errichtung von Bauwerken, die der Bewirtschaftung von Weingärten dienen, ist im Wiener Wald- und Wiesengürtel zulässig.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 1524/64 E VwSlg 6508 A/1964 RS 2
Normen
BauO Wr §6 Abs3;
BauO Wr §70;
BauRallg impl;
GewO 1973 §359 Abs1 impl;
GewO 1973 §77 impl;
RS 3
Ist ein Bauvorhaben mit den in den baurechtlichen Vorschriften verankerten öffentlichen Interessen vereinbar, so hat die Baubehörde die Baubewilligung auch dann zu erteilen, wenn das Bauvorhaben mit der wahren Absicht des Bauwerbers nicht im Einklang stehen sollte oder wenn Grund zur Annahme besteht, daß der Bauwerber die Betriebsbedingungen nicht einhalten werde.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 2635/50 E RS 1
Normen
BauO Wr §6 Abs6;
BauO Wr §70;
RS 4
Es kann nicht ohne entsprechende Beweisführung als offenkundig angesehen werden, daß im Wald und Wiesengürtel soweit dort Weinbau betrieben wird, eine die Durchschnittsgröße eines Zimmers nicht übersteigende Hütte schon deswegen für die Unterbringung von Geräten und zum vorübergehenden Schutz der Weinbautreibenden vor Witterungseinflüssen unangemessen wäre, weil sie in 2 Räume mit je einem Fenster unterteilt ist. Es ist daher vom angegebenen Verwendungszweck, der dem eines herkömmlichen Weingartenhauses entspricht, auszugehen.
Norm
BauO Wr §6 Abs6;
RS 5
Eine Vergrößerung eines Weingartenhauses im Wald- und Wiesengürtel ist nicht schlechthin als widmungswidrige Bauführung anzusehen, wenn sie in keinem Mißverhältnis zur Größe des Weingartens steht oder etwa dadurch notwendig wird, daß auf Grund der geänderten Technik in der Bearbeitung des Bodens beim Weinbau mehr oder andere Maschinen bzw. Geräte eingesetzt werden müssen, als bisher, weil auch in einem solchen Falle der Bau in unmittelbarem Zusammenhang mit der Bewirtschaftung des Weingartens, sohin mit der Widmung des Grundes, steht.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 1524/64 E VwSlg 6508 A/1964 RS 3
Normen
BauO Wr §6 Abs6;
BauO Wr §70;
RS 6
Bei einem Projektgenehmigungsverfahren, wie einem Baubewilligungsverfahren, kann es nicht darauf ankommen, in welchem Zustand sich die Weingartenkultur während des Bewilligungsverfahrens befindet, sondern nur darauf, welche Fläche des Grundstücks, dessen Bewirtschaftung die Baulichkeit nach den Bauansuchen dienen soll, für eine solche Bewirtschaftung geeignet ist. Insoweit stellen auch Art und Umfang der Bewirtschaftung des Grundstückes, der eine Baulichkeit dienen soll, Bestandteile des Bauprojektes dar, obwohl eine bestimmte Art der Bewirtschaftung oder das Unterlassen einer bestimmten Art der Bewirtschaftung eines Grundstückes für sich allein baubehördlich nicht erzwungen oder verhindert werden kann.
Normen
AVG §13 Abs3;
BauO Wr §129 Abs10;
BauO Wr §6 Abs6;
BauO Wr §70;
RS 7
Wird die im Projekt angegebene, die Erteilung einer Baubewilligung mit Rücksicht auf den Verwendungszweck einer Baulichkeit rechtfertigende Bewirtschaftung eines Grundstückes in der folge unterlassen, dann tritt dadurch für die Baulichkeit ein konsenswidriger Zustand ein, der ein Einschreiten der Baubehörde gemäß § 129 Abs 10 BO für Wien (Auftrag zur Beseitigung der Baulichkeit) rechtfertigt. Falls das Projekt über den beabsichtigten Umfang der Nutzung keinen ausreichenden Aufschluß gibt, hat die Behörde die Verbesserung des Bauansuchens gem § 13 Abs 3 AVG 1950 zu veranlassen.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Striebl und die Hofräte Dr. Rath, Dr. Hrdlicka, Dr. Straßmann und Dr. Draxler als Richter, im Beisein der Schriftführer Landesgerichtsrat Dr. Kremzow und provisorischer Landesregierungskommissär Dr. Funovits, über die Beschwerde des AH in W, vertreten durch Dr. Kurt Werner, Rechtsanwalt in Wien IX, Wasagasse 2, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom , Zl. MDR-B XXI-4/74, betreffend die Verweigerung einer Baubewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Die Bundeshauptstadt Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 2.400,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer suchte am beim Magistrat der Stadt Wien um Erteilung der nachträglichen Baubewilligung für die Errichtung einer hölzernen Gerätehütte auf dem Grundstück Nr. 2273/2, EZ. 3906 des Grundbuches der Katastralgemeinde X, an. Laut Baubeschreibung und Bauplan handelt es sich um eine Holzhütte in Riegelwandbau, außen und innen verschalt, mit zwei einfachen Fenstern und einer einfachen Tür, welche auf sechs Betonklötzen (ca. 20 cm über das Erdreich hinausragend) aufgelagert ist, eine bebaute Fläche von 4,00 x 2,80 m sowie eine Firsthöhe von 3,00 m über dem Erdniveau aufweist und im Inneren in zwei mit je einem Fenster ausgestattete, durch eine einfache Tür miteinander verbundene Räume im Ausmaße von 2,70 x 2,80 bzw. 1,30 x 2,80 m unterteilt ist. Die Baubehörde holte eine Äußerung der für Fragen der Landeskultur zuständigen Magistratsabteilung 58 ein, welche mit Schreiben vom im wesentlichen ausführte: Das Grundstück erstrecke sich von der Sstraße ansteigend in südlicher Richtung in Form einer ca. 7 m breiten Riemenparzelle und habe laut Auskunft des Vermessungsamtes ein Gesamtausmaß von 518 m2. Von der Gesamtfläche sei ca. die Hälfte mit einer drei- bis vierreihigen Drahtrahmenkultur bestockt. Die Restfläche sei ungepflegter Rasen bzw. freie Fläche um die Baulichkeit. Die Weinstockkultur sei seit ca. ein bis zwei Jahren ohne jede fachliche Pflege. Eine Bodenbearbeitung sei seither gleichfalls nicht mehr durchgeführt worden. Die Baulichkeit befinde sich am oberen (südlichen) Grundstücksteil und stelle infolge seines Ausmaßes keine ortsübliche Gerätehütte (Kleingartenhütte) dar. Durch die Lage der Hütte werde das Landschaftsbild beeinträchtigt. Zusammenfassend könne festgestellt werden, daß der Grundeigentümer (Tischlermeister) die geringe Weinbaufläche nicht landwirtschaftlich oder weinbaulich nutze, sondern das Grundstück (Grundstück einer ehemaligen landwirtschaftlichen Stückländerei) lediglich für Erholungszwecke vor ca. zwei Jahren erworben habe und verwende. Die Einrichtung dieser Baulichkeit beeinträchtige nicht nur den Widmungszweck sondern erscheine auch für die Bewirtschaftung der wenigen, auf dem verhältnismäßig kleinen Grundstück befindlichen Weinstöcke entbehrlich. Dieses Gutachten wurde dem Beschwerdeführer bei der Bauverhandlung vom vorgehalten. Überdies wurde erörtert, daß die Flächenwidmung "Grünland, Wald- und Wiesengürtel" laute und die Gerätehütte deshalb nicht der Widmung entspreche. Laut Verhandlungsschrift nahm der Beschwerdeführer das Verhandlungsergebnis zur Kenntnis. Mit Bescheid vom , Zl. MA 37/XXI-Stam/3906/6/72, versagte der Magistrat der Stadt Wien gemäß § 70 und § 71 der Bauordnung für Wien die beantragte Baubewilligung. Zur Begründung dieses Bescheides wurde im wesentlichen ausgeführt: Die Bewilligung habe versagt werden müssen, weil laut Fluchtlinienplan für die Liegenschaft die Widmung "Grünland, Wald- und Wiesengürtel" ausgewiesen sei. § 6 Abs. 1 bis 5 der Bauordnung für Wien enthalte Bestimmungen über die Zulässigkeit von Bauanlagen für die einzelnen Widmungsgebiete. Absatz 6 dieser Gesetzesstelle bestimme, daß auf den übrigen, in den vorherigen Absätzen nicht erwähnten Flächen die Errichtung nur solcher Baulichkeiten gestattet sei, die der Widmung entsprächen. In den Absätzen 1 bis 5 des § 6 der Bauordnung für Wien werde der Wald- und Wiesengürtel nicht erwähnt, sodaß die Zulässigkeit von Bauanlagen in diesem Widmungsgebiet nach § 6 Abs. 6 der Bauordnung für Wien zu beurteilen sei. Was die Frage betreffe, ob eine bestimmte Nutzungsart einer Liegenschaft nur für den Wald- und Wiesengürtel typisch sei und eine bestimmte, im Rahmen dieser Nutzungsart erforderliche Baulichkeit zulässig sei, komme es darauf an, ob diese Nutzungsart in den Rahmen des für ein bestimmtes Gebiet charakteristischen Gepräges falle. Danach könnten im landwirtschaftlich genutzten Gebiet allenfalls zu dessen Bewirtschaftung erforderliche Baulichkeiten und im Weinbaugebiet zur Bewirtschaftung von Weingärten notwendige Baulichkeiten zulässig sein. In der Folge wurde das vorerwähnte Gutachten der Magistratsabteilung 58 in seinen wesentlichen Teilen wiedergegeben und ausgeführt: Eine nachträgliche Erteilung der Baubewilligung würde die akute Gefahr einer noch weiteren Verhüttung dieses Gebietes erhöhen. Eine Baubewilligung gemäß § 70 der Bauordnung für Wien sei sohin nicht möglich. Eine Baubewilligung gemäß § 71 dieses Gesetzes habe nicht erteilt werden können, weil die Erhaltung des Wald- und Wiesengürtels im öffentlichen Interesse liege. Dagegen berief der Beschwerdeführer im wesentlichen mit folgender Begründung: Er benötige zur Bearbeitung seines Weingartens eine Fräse, Spritzpumpe und Wasserpumpe sowie verschiedene Geräte und Großgeschirre. Diese könne er unmöglich jedesmal nach Gebrauch wieder in seiner Wohnung unterbringen und auch nicht dorthin transportieren, weil er nicht in der Nähe des Weingartens sondern im 8. Bezirk wohne. Außerdem sei nicht immer mit Schönwetter zu rechnen und er benötige daher bei plötzlichem Regen einen Unterstand für Bekleidung usw.

Mit dem nun beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom wurde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 abgewiesen. Nach einer Darstellung des bisherigen Verfahrensganges wurde der Berufungsbescheid im wesentlichen, wie folgt, begründet: Wie der Begründung des erstinstanzlichen Bescheides, auf welche im übrigen verwiesen werde, entnommen werden könne, sei die nachträgliche Baubewilligung für eine Gerätehütte auf der im gewidmeten Grünland (Wald- und Wiesengürtel) gelegenen Liegenschaft versagt worden, weil diese Hütte der Widmung nicht entspreche. Dem agrartechnischen Gutachten, auf welches sich diese Beobachtung stütze, sei der Beschwerdeführer nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten. Die Berufungsbehörde gehe daher, dem Gutachten folgend, von der Annahme aus, daß eine Gerätehütte des beantragten Ausmaßes für die Bewirtschaftung des verhältnismäßig kleinen Weingartens nicht erforderlich sei. Obschon die Nutzung der Grundfläche als Weingarten mit der Widmung als Wald- und Wiesengürtel durchaus vereinbar sei, könnten im Sinne des § 6 Abs. 6 der Bauordnung für Wien nur solche Baulichkeiten als mit dieser Widmung in Einklang stehend angesehen werden, die mit der zulässigen Weingartenkultur in bezug auf Art und Größe in einem notwendigen Zusammenhang stünden. Ein solcher Zusammenhang sei auf Grund des erwähnten Gutachtens zu verneinen und könne auch vom Beschwerdeführer nicht dargetan werden. Insbesondere bringe er auch nichts vor, was auf eine beabsichtigte Intensivierung und Ausweitung des Weinbaues und damit auf die (künftige) Notwendigkeit einer Gerätehütte schließen ließe. Im übrigen lasse auch die aus dem Einreichplan erkennbare Gestaltung der Hütte, vor allem die Anbringung von Fenstern und die Unterteilung in zwei Räume, den Schluß zu, daß diese Hütte nicht oder zumindest nicht ausschließlich als Aufbewahrungsort für die Geräte gedacht sei. Die Errichtung einer Hütte für Erholungszwecke entspreche aber nicht der Widmung des Gebietes.

In der Beschwerde wird die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes beantragt; aus der Zitierung des § 42 Abs. 2 lit. c Z. 2 VwGG 1965 neben dem § 42 Abs. 2 lit. a dieses Gesetzes ist zu folgern, daß der Beschwerdeführer darüber hinaus auch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften anstrebt. Als Beschwerdepunkt ist das Recht auf Errichtung einer zur Bearbeitung des Weingartens erforderlichen Geräte- und Unterstandshütte bezeichnet. In der Begründung der Beschwerde wird im wesentlichen ausgeführt: Im angefochtenen Bescheid und im Bescheid der ersten Instanz werde über den Umfang des vom Beschwerdeführer bearbeiteten Weingartens nichts ausgesagt; ohne nähere Begründung werde von nur wenigen Weinstöcken gesprochen. Tatsächlich befänden sich auf dem gegenständlichen Grundstück, das zur Hälfte dem Beschwerdeführer, zur anderen Hälfte aber seiner Tochter eigentümlich gehöre, über 700 Weinstöcke, deren Betreuung und Bewirtschaftung selbstverständlich die Benützung von unterschiedlichen Gerätschaften erfordere. Da der Beschwerdeführer im 8. Bezirk wohne, sei eine Baulichkeit zur Aufbewahrung dieser Gerätschaften und zum Schutz gegen die Witterungsunbilden für den Beschwerdeführer bzw. dessen Tochter unbedingt erforderlich. Nur für diese Zwecke, nicht aber für Erholungszwecke, sei die gegenständliche Hütte errichtet worden, deren Ausmaß keineswegs über die für die Erfüllung dieser Zweckbestimmung notwendige Größe hinausgehe. Inwieweit die Errichtung dieser bescheidenen und auf die umgebende Landschaft bezugnehmende Hütte das Landschaftsbild stören solle, sei überhaupt in keiner Weise begründet.

Die belangte Behörde beantragt in ihrer Gegenschrift unter Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens die Abweisung der Beschwerde, dies im wesentlichen mit folgender Begründung: Der Beschwerdeführer habe weder in erster Instanz noch während des Berufungsverfahrens vorgebracht, die Hütte sei auch für den angrenzenden Garten seiner Tochter bestimmt. Die belangte Behörde habe daher von vornherein auf Grund der Einreichpläne und des Vorbringens des Beschwerdeführers sein Projekt nur zu der im Lageplan dargestellten Fläche in Beziehung setzen können, welche nach dem Lageplan ein Ausmaß von etwa 600 m2 und laut Auskunft des Vermessungsamtes ein solches von etwa 518 m2 habe. Im agrartechnischen Gutachten werde nicht nur ausgeführt, die geringe Weinbaufläche werde nicht landwirtschaftlich oder weinbaulich genutzt, sondern auch dargelegt, daß die Hütte in Anbetracht ihres Ausmaßes keine ortsübliche Gerätehütte (Weinbauhütte) darstelle. Von diesem Gutachten sowie von der unmittelbaren Aussage des Einreichplanes sei die belangte Behörde ausgegangen. Maßgebend für die Versagung sei daher die mangelnde Notwendigkeit einer Gerätehütte überhaupt und die mangelnde Qualifikation der Baulichkeit als Gerätehütte gewesen. Den erstgenannten Versagungsgrund wolle der Beschwerdeführer mit einer im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unzulässigen Neuerung widerlegen, dem Hinweis auf die Ausstattung der Hütte halte er die Behauptung entgegen, sie diene nicht Erholungszwecken sondern nur zur Aufbewahrung von Gerätschaften und zum Schutz vor Witterungsunbilden. Die belangte Behörde bestreite nicht, daß die Hütte durchaus geeignet wäre, diesem Zweck zu dienen. Die Hütte weise jedoch offensichtlich eine darüberhinausgehende Zweckbestimmung als Erholungshütte (Gartenhütte) auf, was in einer entsprechenden Grundfläche und Ausstattung seinen Niederschlag finde. Eine bloße Gerätehütte - und sei sie auch zusätzlich zum Unterstellen bei während der Arbeit auftretenden Niederschlägen gedacht - bedürfte nicht der Unterteilung in zwei Räume mit je einem Fenster. Die belangte Behörde habe daher schon aus dem eingereichten Plan den Schluß ableiten müssen, daß die Bezeichnung der Baulichkeit als Gerätehütte mit dem Planinhalt nicht vereinbar sei und nur im Hinblick auf die geltende Flächenwidmung gewählt worden sei. Die demnach nicht als Gerätehütte für landwirtschaftliche (weinbauliche) Zwecke, sondern als Gartenhütte für Erholungszwecke einzustufende Baulichkeit sei somit als solche dahingehend zu prüfen gewesen, ob sie der Widmung entspreche (§ 6 Abs. 6 der Bauordnung für Wien). Diese Frage sei zu verneinen, denn der Wald- und Wiesengürtel stehe nur insoweit einer Bebauung offen, als Baulichkeiten mit Rücksicht auf die jeweilige Beschaffenheit dieser Flächen zu deren Erhaltung und Nutzung erforderlich seien. Eine Gartenhütte der vom Beschwerdeführer errichteten Art sei im gegenständlichen Bereich von X, wo der Wald- und Wiesengürtel durch Weingärten sein charakteristisches Gepräge erhalte, zur entsprechenden Bewirtschaftung nicht erforderlich. Mit der Störung des Landschaftsbildes habe sich die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid nicht befaßt, weil die Versagung der Baubewilligung schon aus anderen Gründen zu bestätigen gewesen sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Sowohl der Beschwerdeführer als auch die belangte Behörde gehen übereinstimmend davon aus, daß die Liegenschaft als "Grünland, Wald- und Wiesengürtel" gewidmet ist. Für die Zulässigkeit von Bauführungen im Wald- und Wiesengürtel ist, wie bereits in den beiden verwaltungsbehördlichen Bescheiden ausgeführt wurde, § 6 Abs. 6 der Bauordnung für Wien maßgeblich; es ist dort die Errichtung nur solcher Baulichkeiten gestattet, die der Widmung entsprechen. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , Zl. 832/72, auf welches unter Erinnerung an Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, verwiesen wird, dargelegt hat, ist es mit der Widmung "Grünland, Wald- und Wiesengürtel" unvereinbar, Grundflächen für Zwecke des Wohnens und Siedelns der Bebauung zuzuführen. Zulässig sind jedoch Bauführungen, die mit der Erhaltung der typischen Erscheinungsformen dieses Widmungsgebietes und ihrer zweckentsprechenden Erhaltung in unmittelbarem Zusammenhang stehen. Dies kann insbesondere auch auf Baulichkeiten, die der Bewirtschaftung von Weingärten dienen (Weingartenhäuser),

zutreffen, wie der Ver waltungsgerichtshof in seinem

Erkenntnis vom , Slg. N. F. Nr. 6508/A, ausgesprochen und begründet hat.

Aus den §§ 60 bis 74 der Bauordnung für Wien geht nun hervor, daß es sich bei der Baubewilligung um einen antragsbedürftigen Verwaltungsakt handelt, mit welchem über ein konkretes Vorhaben des Bauwerbers abgesprochen wird; dies gilt auch für jene Fälle, in denen nachträglich um die Baubewilligung für ein bereits errichtetes Gebäude angesucht wird. Art, Umfang und Verwendungszweck der Baulichkeit sind demnach dem Bauansuchen (einschließlich der Pläne und Beschreibungen) zu entnehmen. Untersuchungen darüber, ob der Inhalt des Bauansuchens mit der wahren Absicht des Bauwerbers in Einklang steht, dürfen von der Baubehörde nicht angestellt werden (siehe das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Slg. N. F. Nr. 2129/A), es sei denn, das Bauansuchen wäre insoweit in sich widerspruchsvoll, als Art und Umfang der Baulichkeit mit dem angegebenen Verwendungszweck nach objektiven Gesichtspunkten unvereinbar sind. Die Ausführungen im angefochtenen Bescheid, daß die aus dem Einreichplan erkennbare Gestaltung der Hütte, vor allem die Anbringung von Fenstern und die Unterteilung in zwei Räume, den Schluß zulasse, daß diese Hütte nicht oder zumindest nicht ausschließlich als Aufbewahrungsort für Geräte gedacht sei und die Errichtung einer Hütte für Erholungszwecke nicht der Widmung des Gebietes entspreche, vermögen unter Berücksichtigung des vorstehend dargelegten Grundsatzes die Abweisung des Bauansuchens nicht zu tragen. Es kann nämlich nicht ohne entsprechende Beweisführung als offenkundig angesehen werden, daß eine die Durchschnittsgröße eines Zimmers nicht übersteigende Hütte schon deswegen für die Unterbringung von Geräten und zum vorübergehenden Schutz der Weinbautreibenden vor Witterungseinflüssen unangemessen wäre, weil sie in zwei Räume mit je einem Fenster unterteilt ist. Es ist daher vom angegebenen Verwendungszweck, der dem eines herkömmlichen Weingartenhauses entspricht, auszugehen. Damit wäre allerdings für den Beschwerdeführer dann noch nichts gewonnen, wenn die belangte Behörde mit der weiteren Annahme im Recht wäre, auch ein Weingartenhaus entspreche mit Rücksicht auf die Lage des Einzelfalles nicht der Widmung. Letzteres wäre dann der Fall, wenn

das Weingartenhaus im Mißverhältnis zur Größe des

Weingartens stünde (siehe Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Slg. N.F. Nr. 6508/A). Ein solches Mißverhältnis glaubte die belangte Behörde auf Grund des agrartechnischen Gutachtens annehmen zu müssen. Hiebei ist der belangten Behörde zwar darin beizupflichten, daß die erstmals in der Beschwerde vorgebrachten Ausführungen über die beabsichtigte gemeinsame Verwendung des Weingartenhauses zur Bewirtschaftung des Weingartens des Beschwerdeführers wie auch des Weingartens seiner Tochter als unzulässige Neuerung im Sinne des § 41 Abs. 1 VwGG 1965 unberücksichtigt bleiben müssen. Dennoch findet sich aber nach Auffassung des Gerichtshofes eine Divergenz zwischen dem agrartechnischen Gutachten einerseits und den Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid. Nach letzterem gehe die Berufungsbehörde von der Annahme aus, daß eine Gerätehütte des beantragten Ausmaßes für die Bewirtschaftung des verhältnismäßig kleinen Weingartens nicht erforderlich sei und daß nur solche Baulichkeiten als mit der Widmung in Einklang stehend angesehen werden könnten, die mit der zulässigen Weingartenkultur in bezug auf Art und Größe in einem notwendigen Zusammenhang stünden. Die belangte Behörde bezieht sich also nicht auf jene Ausführungen des agrartechnischen Gutachtens, in welchem auf den gegebenen Zustand der Weinstockkultur und auf die Zahl der Weinstöcke Bezug genommen wird. Nach Auffassung des Gerichtshofes kann es bei einem Projektgenehmigungsverfahren nicht darauf ankommen, in welchem Zustand sich die Weingartenkultur während des Bewilligungsverfahrens befindet sondern nur darauf, welche Fläche des Grundstückes, dessen Bewirtschaftung die Baulichkeit nach den Bauansuchen dienen soll, für eine solche Bewirtschaftung geeignet ist. Insoweit stellen auch Art und Umfang der Bewirtschaftung des Grundstückes, der eine Baulichkeit dienen soll, Bestandteile des Bauprojektes dar, obwohl eine bestimmte Art der Bewirtschaftung oder das Unterlassen einer bestimmten Art der Bewirtschaftung eines Grundstückes für sich allein baubehördlich nicht erzwungen oder verhindert werden kann. Wird die im Projekt angegebene, die Erteilung einer Baubewilligung mit Rücksicht auf den Verwendungszweck einer Baulichkeit rechtfertigende Bewirtschaftung eines Grundstückes in der Folge unter lassen, dann tritt dadurch für die Baulichkeit ein konsenswidriger Zustand ein, der ein Einschreiten der Baubehörde gemäß § 129 Abs. 10 der Bauordnung für Wien (Auftrag zur Beseitigung der Baulichkeit) rechtfertigt. Falls das Projekt über den beabsichtigten Umfang der Nutzung keinen ausreichenden Aufschluß gibt, hat die Behörde die Verbesserung des Bauansuchens gemäß § 1 Abs. 3 AVG 1950 zu veranlassen. Obwohl also die belangte Behörde bei der Beurteilung des vorliegenden Rechtsfalles von einem richtigen Prinzip ausging, stützte sie sich auf ein Gutachten, welches auf dem faktischen Zustand des Weingartens beruhte. Es kann auch nicht von vornherein gesagt werden, daß eine Baulichkeit im vorliegenden Ausmaß jedenfalls in einem Mißverhältnis zu einem Weingarten steht, der mehrere hundert Quadratmeter groß ist, sodaß sich für die in der Gegenschrift der belangten Behörde vertretene Auffassung, eine "Gerätehütte" sei für den vorliegenden Weingarten überhaupt unnötig, derzeit keine genügende Grundlage findet.

Der Sachverhalt ist also insoweit ergänzungsbedürftig geblieben, als nicht ausreichend geklärt wurde, ob die vorliegende Baulichkeit nach Art und Größe des im Projekt bezeichneten Weingartens, soweit dieser für den genannten Zweck objektiv geeignet ist, auch unter Berücksichtigung einer allfälligen Änderung der Technik in der Bearbeitung des Bodens beim Weinbau in einem Mißverhältnis steht.

Der angefochtene Bescheid war deshalb wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 lit. c Z. 2 VwGG 1965 aufzuheben.

Der Ausspruch über die Kosten gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG 1965 und die Verordnung des Bundeskanzlers vom , BGBl. Nr. 4/1975, insbesondere auf deren Art. IV Abs. 2.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
AVG §13 Abs3;
BauO Wr §129 Abs10;
BauO Wr §6 Abs3;
BauO Wr §6 Abs6;
BauO Wr §70;
BauRallg impl;
GewO 1973 §359 Abs1 impl;
GewO 1973 §77 impl;
Sammlungsnummer
VwSlg 8846 A/1975
Schlagworte
Baubewilligung BauRallg6
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1975:1974000762.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
YAAAF-53247