VwGH 15.11.1963, 0749/62
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssatz
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Norm | |
RS 1 |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden, Senatspräsidenten Dr. Wasniczek, und die Hofräte Dr. Schirmer, Dr. Koprivnikar, Dr. Schimetschek und Dr. Kaupp als Richter, im Beisein des Schriftführers, Finanzoberkommissärs Dr. Walter, über die Beschwerde der Firma S OHG in W gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat) vom , Zl. VI-3547/2/619 betreffend einheitliche Gewinnfeststellung 1956 bis 1958, nach durchgeführter Verhandlung, und zwar nach Anhörung des Vortrages des Berichters sowie der Ausführungen des Vertreters der Beschwerde, Rechtsanwaltes Dr. Travnicek, und des Vertreters der belangten Behörde, Finanzrates Dr. K, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin, eine offene Handelsgesellschaft, unterhält einen chemisch-pharmazeutischen Erzeugungsbetrieb. Im Zug einer Betriebsprüfung, die sich auf die Jahre 1956 bis 1958 bezog, stellte der Prüfer fest, daß die Einkäufe von verunreinigtem alten Quecksilber lediglich durch in der beschwerdeführenden Firma selbst angefertigte Handbelege nachgewiesen sind; diese Belege enthielten Name und Anschrift des jeweiligen Lieferanten sowie den Preis und die Menge des angekauften Quecksilbers und waren in den meisten Fällen mit dem am Kopf des Beleges angeführten Namen unterfertigt Eine Nachforschung des Prüfers ergab jedoch, daß an den in den Handbelegen angeführten Adressen keiner der genannten Lieferanten wohnhaft war. Bei dieser Sachlage versagte der Prüfer den Quecksilbereinkaufsbelegen zu 30 % die Anerkennung und erhöhte dementsprechend die Gewinne um S 23.299,-- (1956), S 14.674,-- (1957) und S 13.714,-- (1958). Das Finanzamt schloß sich der Auffassung des Betriebsprüfers an und erließ für die genannten Jahre entsprechende Gewinnfeststellungsbescheide.
Dagegen erhob die Beschwerdeführerin Berufung. Sie führte dabei aus, daß sie im Juli 1955 an sämtliche Altwarenhändler Karten mit der Aufforderung versendet habe, ihr verunreinigtes Quecksilber zum Ankauf anzubieten. Daraufhin seien zahlreiche Leute gekommen, die sich auf die ausgesendeten Karten beriefen, sodaß die Gesellschafter der Beschwerdeführerin diese Personen mit gutem Grund als befugte Altwarenhändler ansehen konnten und von ihnen Quecksilber gekauft hätten. Soweit die Verkäufer keine eigenen Rechnungen ausstellten, habe man selbst Belege hergestellt und sich den Einkauf durch die Gegenzeichnung des Verkäufers bestätigen lassen; diese Belege seien daher - entgegen der Auffassung des Prüfers - nicht als Eigenbelege, sondern als Fremdbelege anzusehen. Zur Ausweisleistung seien die Lieferanten nicht verhalten worden; doch habe man keinen Verdacht geschöpft, weil in der Regel immer wieder dieselben Leute gekommen seien. Jedenfalls seien die Betriebsausgaben im vollen Umfange tatsächlich getätigt worden, sodaß die Vornahme eines 30 %igen Abschlages nicht gerechtfertigt sei.
Nachdem das Finanzamt die Berufung hinsichtlich des Begehrens, die durch die genannten Einkaufsbelege nachgewiesenen Auslagen zur Gänze als Betriebsausgaben anzuerkennen, abgewiesen hatte, beantragte die Beschwerdeführerin die Entscheidung durch die Berufungskommission. Sie führte dabei noch ergänzend aus, daß sie durch ihre Bücher nachweisen könne, daß das angekaufte Quecksilber zur Gänze verkauft worden sei, womit der Nachweis des Einkaufes erbracht sei, da sonst diese Mengen nicht hätten verkauft werden können, wenn sie nicht vorhanden gewesen wären.
Die belangte Behörde gab der Berufung der Beschwerdeführerin mit dem angefochtenen Bescheid in dem vor dem Verwaltungsgerichtshof allein strittigen Punkte des Einkaufes von Altquecksilber keine Folge. Sie begründete ihre abweisende Entscheidung damit, daß nur nachgewiesene Betriebsausgaben abzugsfähig seien. Im vorliegenden Falle habe jedoch der Betriebsprüfer festgestellt, daß bei dem größten Teil der über den Einkauf von Altquecksilber hergestellten Eigenbelege die Namen und Anschriften der Verkäufer fingiert gewesen seien, da die namentlich angeführten Verkäufer an den angegebenen Adressen weder wohnhaft noch bekannt gewesen seien. Auch habe die Beschwerdeführerin selbst mit Schreiben vom dem Finanzamt mitgeteilt, daß auch ihre eigenen Bemühungen, die tatsächlichen Anschriften dieser Lieferanten in Erfahrung zu bringen, keinen Erfolg gebracht hätten. Wenn auch die von der Betriebsprüfung durchgeführte Mengenrechnung ergeben habe, daß die strittigen Mengen an Quecksilber dem Betriebe zugeflossen sein können, so sei damit noch nicht nachgewiesen, daß auch die hiefür geltend gemachten Ausgaben in der behaupteten Höhe tatsächlich geleistet worden seien. Bei der geschilderten Gebarung sei es nämlich nicht ausgeschlossen, daß unter Umständen bedenkliche Ankäufe zu niedrigeren als den üblichen Marktpreisen erfolgten, während in den Handbelegen die üblichen Marktpreise aufschienen. In wirtschaftlich normalen Zeiten, zu denen die strittigen Jahre gehörten, könne von einem ordentlichen Kaufmann erwartet werden, daß er für seine Rohstoffeinkäufe ordentliche Fakturen der Lieferanten verlange. Es habe sich ja im vorliegenden Fall um keine Kleinsteinkäufe, sondern jeweils um Käufe von mehreren Kilogramm Altquecksilber, bis zu 22 kg gehandelt. Bei solcher Sorglosigkeit habe es die Beschwerdeführerin in Kauf nehmen müssen, daß das Finanzamt einen Risikoabschlag von 30 % von den behaupteten Anschaffungskosten des nicht belegten Einkaufes vorgenommen habe. Nach Meinung des Senates sei dieser Abschlag sogar eher zu gering als zu hoch anzusehen.
Über die gegen diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde hat der Gerichtshof erwogen:
Gemäß § 205 a AO bzw. § 162 BAO kann das Finanzamt verlangen, daß der Steuerpflichtige die Empfänger von Beträgen, die er als Betriebsausgaben abgesetzt hat, genau bezeichnet. Soweit der Steuerpflichtige die vom Finanzamt verlangten Angaben nicht macht, werden die beantragten Absetzungen nicht vorgenommen.
Im vorliegenden Fall ist unbestritten, daß die Identität des größten Teiles der Verkäufer von Altquecksilber nicht festgestellt werden konnte, weil diese an den Anschriften, die in den von der Beschwerdeführerin selbst hergestellten Belegen aufschienen, unbekannt waren. Ferner steht fest, daß die Beschwerdeführerin der Aufforderung, die tatsächlichen Empfänger dieser Betriebsausgaben namhaft zu machen, nicht nachgekommen ist. Von dieser Verpflichtung vermochte die Beschwerdeführerin auch ihr Anbot, die Tatsache der erfolgten Zahlung der Einkaufspreise durch einen Zeugen zu beweisen, nicht zu befreien. Denn es geht hier nicht so sehr darum, daß der Steuerpflichtige an sich den Nachweis erbringt, eine Betriebsausgabe getätigt zu haben, als daß eine Verkürzung der Steuern dadurch verhindert werden soll, daß der Steuerpflichtige den Namen des Zahlungsempfängers nennt und damit die Finanzverwaltung in die Lage setzt, die der Betriebsausgabe auf der Seite des Zahlungsempfängers entsprechende Einnahme bei diesem zu versteuern. In dieser entscheidenden Frage hätte aber der belangten Behörde auch die Aussage eines Zeugen nichts genützt, der lediglich die Tatsache der Auszahlung von Kaufpreisen bestätigt hätte, die Namen der Zahlungsempfänger aber gleichfalls nicht hätte nennen können. Die belangte Behörde konnte deshalb auch im vorliegenden Fall von der Vernehmung eines Zeugen, der lediglich über ein derart eingeschränktes Beweisthema angeboten wurde, mit Recht Abstand nehmen, ohne dadurch einen Verfahrensmangel zu verursachen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Slg. Nr. 1754/F).
Bei dieser Sachlage kann sich die Beschwerdeführerin auch nicht dadurch als beschwert erachten, daß die Abgabenbehörde im Schätzungswege 30 % der geltend gemachten Betriebsausgaben nicht anerkannt hat, obschon sie aus der Mengenrechnung ihrer Buchhaltung nachweisen konnte, daß die angeführten Quecksilbermengen tatsächlich im vollen Umfang gekauft worden sein mußten. Denn im § 205 a AO geht es nicht so sehr um den mangelnden Nachweis einer Betriebsausgabe, als um die Verhütung von Steuerverkürzungen. Es wird daher nach dieser Gesetzesstelle dem bezahlten Einkaufspreis die Abzugsfähigkeit vornehmlich nicht deshalb versagt, weil sein Charakter als Betriebsausgabe bezweifelt wird, sondern weil der Finanzverwaltung infolge der Nichtbekanntgabe des Namens des Zahlungsempfängers die Möglichkeit genommen wird, die auf diesen Geschäftsvorgang entfallenden Steuern beim Empfänger zu erheben (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Slg. Nr. 1754/F). Somit wäre die Abgabenbehörde im vorliegenden Falle sogar berechtigt gewesen, allen Zahlungen, deren Empfänger nicht einwandfrei nachgewiesen worden waren, die Abzugsfähigkeit zu versagen. Wenn sie dies nur hinsichtlich 30 % der Quecksilbereinkäufe getan hat, geschah dadurch der Beschwerdeführerin kein Unrecht.
Die vorliegende Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1952 als unbegründet abzuweisen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Norm | |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1963:1962000749.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
CAAAF-53224