VwGH 26.03.1979, 0739/78
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssätze
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Norm | |
RS 1 | Die Leistungen, mit denen Gesellschafter in Ausübung einer gesellschaftsrechtlichen Funktion wie der eines Geschäftführers bei einer Kommanditgesellschaft für die Gesellschaft tätig werden, bewirken keinen Leistungsaustausch, sondern vielmehr eine Leistungsvereinigung. Mit derartigen Leistungen entfalten die Gesellschafter selbst keine Unternehmertätigkeit, sondern tragen lediglich dazu bei, daß die Gesellschaft als Unternehmer tätig werden kann (Hinweis E , 2522/76). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 1550/77 E VwSlg 5203 F/1977 RS 1 |
Normen | |
RS 2 | Ein Unternehmen, das nur unecht steuerbefreite Umsätze bewirkt, - die Gewährung von Krediten fällt unter die Befreiungsbestimmung des § 6 Z 8 lit a UStG 1972 - ist gemäß § 12 Abs 3 UStG 1972 zur Vornahme eines Vorsteuerabzuges nicht berechtigt. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Raschauer und die Hofräte Dr. Reichel, Dr. Seiler, Dr. Schubert und Dr. Würth als Richter, im Beisein der Schriftführerin Ministerialsekretär Mag. Papp, über die Beschwerde der Firma L Gesellschaft mit beschränkter Haftung in L, vertreten durch Dr. Walter Haslinger, Rechtsanwalt in Linz, Taubenmarkt 1, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom , Zl. 6/199/1-BK/St-1977 betreffend Umsatzsteuer für 1973, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 900,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die beschwerdeführende Partei (Beschwerdeführerin) ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die mit Vertrag vom errichtet und noch im selben Monat in das Handelsregister eingetragen wurde. Gegenstand ihres Unternehmens ist die Beteiligung an Personen- und Kapitalgesellschaften, die Übernahme der Geschäftsführung und Vertretung bei den Gesellschaften, an denen sie als persönlich haftender Gesellschafter beteiligt ist, sowie die Verwaltung der erworbenen Beteiligungen. Im Jahre 1973 war sie an den Kommanditgesellschaften "D." und "B." als Gesellschafterin beteiligt. Bei der erstgenannten Gesellschaft oblag ihr gemeinsam mit dem zweiten Komplementärgesellschafter die Geschäftsführung, wofür sie laut Gewinn- und Verlustrechnung betreffend das Jahr 1973 eine besondere Vergütung in Höhe von S 224.244,-- erhielt.
Die Beschwerdeführerin brachte erstmals für das Jahr 1973 eine Umsatzsteuererklärung ein. Darin unterzog sie die Geschäftsführerbezüge der Umsatzsteuer. Weiters errechnete sie eine Steuer vom Selbstverbrauch in Höhe von S 13.200,-- und machte einen Vorsteuerabzug in Höhe von S 21.086,71 geltend. Die darnach sich ergebende Zahllast betrug S 27.992,--.
Abweichend hievon gelangte das Finanzamt Linz bei der Umsatzsteuerveranlagung für 1973 zu einer Zahllast von S 35.879,-- , indem es die von den Geschäftsführerbezügen errechnete Umsatzsteuer als eine gemäß § 11 Abs. 14 des Umsatzsteuergesetzes 1972, BGBl. Nr. 223 (UStG 1972), geschuldete Steuer erfaßte, eine Steuer vom Selbstverbrauch nicht zum Ansatz brachte und auch einen Vorsteuerabzug nicht zuließ. Begründet wurde diese Abweichung von der Steuererklärung damit, daß die Geschäftsführungsentgelte nicht der Umsatzsteuer unterlägen, weil die Geschäftsführung nicht als unternehmerische Tätigkeit, sondern als Erfüllung einer gesellschaftsrechtlichen Verpflichtung anzusehen sei. Da die Beschwerdeführerin mangels Erbringung steuerbarer Leistungen nicht Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuergesetzes sei, könne sie auch vom Recht des Vorsteuerabzuges nicht Gebrauch machen. Die von ihr in Rechnung gestellte Umsatzsteuer schulde sie jedoch gemäß § 11 Abs. 14 UStG 1972.
Die Beschwerdeführerin berief und führte im wesentlichen aus, daß bei juristischen Personen die Unternehmereigenschaft grundsätzlich gegeben sei. Darüber hinaus habe sie für die Firma D. eine Tätigkeit als Geschäftsführer ausgeübt und hiefür ein gesondertes Entgelt bezogen. Ein Geschäftsführerbezug sei jedoch nach einem Urteil des Bundesfinanzhofes vom als umsatzsteuerliches Leistungsentgelt anzusehen, wenn er neben dem Gewinnanteil bezahlt werde. Im übrigen sei aus der Gewinn- und Verlustrechnung für 1973 zu ersehen, daß die Beschwerdeführerin in ihrer Tätigkeit keineswegs auf die bloße Tätigkeit eines Geschäftsführers im engsten Sinne beschränkt sei, sondern daß sie sich durch die Anschaffung und Verwaltung eigenen Vermögens, die Aufnahme und den Verleih von Kapital gegen Zinsen, die laufende Anschaffung von Materialien und den Empfang sonstiger Leistungen geschäftlich betätige. Sie stehe auch nicht bloß mit einer einzigen Personengesellschaft in gesellschaftsrechtlicher Beziehung, sondern mit zwei selbständigen Unternehmen.
Die belangte Behörde gab der Berufung der Beschwerdeführerin mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid nicht Folge. Zur Begründung führte sie aus, daß die Ges.m.b.H. & Co. als Personenvereinigung und ihre Gesellschafter für den Bereich des Umsatzsteuerrechts je für sich als Unternehmer anzusehen seien, sofern die allgemeinen Voraussetzungen - gewerbliche oder berufliche Tätigkeit - vorlägen. Erschöpfe sich hingegen die Tätigkeit eines persönlich haftenden Gesellschafters ausschließlich in der Geschäftsführung für die Kommanditgesellschaft, so übe er dabei lediglich eine gesellschaftsrechtliche Funktion aus, die ihn noch nicht zum Unternehmer mache. Seine Leistungen seien daher unmittelbar Ausfluß des Gesellschaftsverhältnisses selbst (Erfüllung der im Handelsgesetzbuch oder im Gesellschaftsvertrag festgelegten Verpflichtung) und nicht Erfüllung eines mit der Kommanditgesellschaft abgeschlossenen Umsatzgeschäftes. Nach herrschender Österreichischer Rechtslehre gelte dies auch für den Fall, daß die Geschäftsführung der persönlich haftenden Ges.m.b.H. übertragen werde, und zwar gleichgültig, ob sie hiefür eine gesonderte Vergütung erhalte oder nicht (vgl. Kastner-Stoll, Die Ges.m.b.H. & Co. KG, 2. Aufl., S. 484 f, und die dort angeführte Literatur). Auch dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 2522/76, könne nach Ansicht der belangten Behörde entnommen werden, daß die Geschäftsführertätigkeit einer Komplementär-Ges.m.b.H. für sich allein keine Unternehmereigenschaft begründe. Dieser Auffassung schließe sich die belangte Behörde an. Die Beschwerdeführerin habe auch keine sonstige Tätigkeit entfaltet, die als nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen im Sinne des § 2 Abs. 1 UStG 1972 hätte angesehen werden können. Ein Verhalten, das über das Ansammeln von Kapital, das Nutzen des Eigenen und das Einsammeln von Nutzungen nicht hinausgehe, das also den Rahmen des Eigenlebens nicht überschreite, stelle nach ständiger Rechtsprechung keine Unternehmertätigkeit dar. Der Umstand, daß die Beschwerdeführerin bei ihrer Geschäftsführung eigenes Vermögen eingesetzt habe, sodaß - wie in der Berufung ausgeführt werde - ein Teil des Geschäftsführerentgeltes als Nutzungsentgelt für das Anlagevermögen anzusehen sei, habe daher auf die Beurteilung des Streitfalles keinen Einfluß. Die Beschwerdeführerin habe nicht behauptet, daß sie mit der Kommanditgesellschaft oder einem Dritten Miet- oder Nutzungsverträge abgeschlossen habe. Ebensowenig beruhten die "Zinsen für Privatkonto" auf einem nachhaltig ausgeführten Leistungsaustausch. Die Nutzung von Kapital durch die Gesellschafter könne nämlich nicht als nachhaltige Kreditgewährung angesehen werden. Auch der Umstand, daß die Beschwerdeführerin an einer weiteren Kommanditgesellschaft (ohne Geschäftsführerfunktion) beteiligt sei, vermöge ihr nicht zu der erstrebten Unternehmereigenschaft zu verhelfen. Aus dem Gesagten folge somit, daß sich die Beschwerdeführerin im Jahre 1973 nicht als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 1 UStG 1972 betätigt habe, sodaß ihr ein Recht auf Vorsteuerabzug gemäß § 12 Abs. 1 UStG 1972 nicht zustehe. Da die Beschwerdeführerin jedoch über das Geschäftsführerentgelt eine Rechnung gelegt und in dieser eine Umsatzsteuer in der Höhe von S 35.879,-- ausgewiesen hatte, schulde sie gemäß § 11 Abs. 14 UStG 1972 diesen Betrag (auf die Möglichkeit einer Rechnungsberichtigung werde in diesem Zusammenhang hingewiesen, vgl. Kranich-Siegl-Waba, Mehrwertsteuerhandbuch, 2. Aufl., Anm. 34 zu § 11).
Die Beschwerdeführerin bekämpft diesen Bescheid mit der vorliegenden Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.
Der Verwaltungsgerichtshof hat darüber unter Bedachtnahme auf die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift erwogen:
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom , Slg. Nr. 5203/F, die Rechtsauffassung vertreten, daß die Leistungen, mit denen Gesellschafter in Ausübung einer gesellschaftsrechtlichen Funktion wie der eines Geschäftsführers bei einer Kommanditgesellschaft für die Gesellschaft tätig werden, keinen Leistungsaustausch bewirken, sondern vielmehr eine Leistungsvereinigung. Mit derartigen Leistungen werde von den Gesellschaftern selbst keine Unternehmertätigkeit im Sinne des § 2 Abs. 1 UStG 1972 entfaltet, sondern lediglich dazu beigetragen, daß die Gesellschaft nachhaltig zur Erzielung von Einnahmen tätig werden könne und somit zum Unternehmer werde. Dabei könne es nicht maßgeblich sein, ob nun die Gesellschafter für ihre Leistung unmittelbar am Geschäftserfolg der Gesellschaft teilhaben oder unabhängig von ihm (aber letztlich doch zu seinen Lasten) eine Vergütung erhalten; ändere doch dieses Kriterium nichts daran, daß die Geschäftsführertätigkeit eines Gesellschafters, die eine unerläßliche Voraussetzung für die Unternehmertätigkeit der Gesellschaft bilde, eben nur als Grundlage für die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit der Gesellschaft als Unternehmer, nicht aber selbst als unternehmerische Betätigung angesehen werden könne.
An dieser Rechtsauffassung hält der Verwaltungsgerichtshof weiterhin fest. Für den Beschwerdefall ergibt sich daraus, daß in der Besorgung der Geschäftsführung bei der in der Sachverhaltsdarstellung genannten Kommanditgesellschaft seitens der Beschwerdeführerin keine sonstige Leistung derselben im umsatzsteuerrechtlichen Sinn zu erblicken ist. Da die Beschwerdeführerin aber, wie unbestritten ist, der Kommanditgesellschaft über ihre Geschäftsführertätigkeit eine Rechnung mit gesondertem Steuerausweis erteilt hat, haben die Verwaltungsinstanzen zutreffenderweise die Vorschrift des § 11 Abs. 14 UStG 1972 angewendet und auf Grund der Rechnung eine entsprechende Steuerschuld der Beschwerdeführerin festgestellt.
Der Rechtslage entspricht auch die Versagung des in Anspruch genommenen Vorsteuerabzuges. Da die Beschwerdeführerin, wie bereits dargelegt, mit ihrer Geschäftsführertätigkeit eine gesellschaftsrechtliche Funktion ausgeübt, nicht aber eine unternehmerische Tätigkeit entfaltet hat, kann sie darauf ihre Unternehmereigenschaft, die nach § 12 UStG 1972 eine der Voraussetzungen für die Berechtigung zum Vorsteuerabzug bildet, nicht gründen. Die belangte Behörde ist auch im Recht, wenn sie die gesellschaftsrechtliche Beteiligung der Beschwerdeführerin an zwei Kommanditgesellschaften nicht als unternehmerische Betätigung gewertet hat.
Die Beschwerdeführerin macht jedoch geltend, daß sie darüber hinaus noch weitere wirtschaftliche Aktivitäten entwickelt habe. So habe sie sowohl im Jahre 1972 als auch in den Jahren ab 1974 regelmäßig Zinserträge für die Gewährung von Darlehen an Dritte erzielt. Weiters erziele sie ab dem Kalenderjahr 1976 regelmäßig Entgelte für die Durchführung von Tischlerarbeiten bei der Firma B.
Dieses Vorbringen ist, soweit es sich auf die Durchführung von Tischlerarbeiten bezieht, schon im Hinblick auf das für das verwaltungsgerichtliche Verfahren geltende Neuerungsverbot nicht weiter in Betracht zu ziehen. Dagegen hat die Beschwerdeführerin bereits im Berufungsschriftsatz, freilich ohne nähere Konkretisierung, den Verleih von Kapital gegen Zinsen als Teil ihrer geschäftlichen Betätigung angegeben, das erwähnte Neuerungsverbot greift daher hier nicht Platz. Die Beschwerdeführerin übersieht indes, daß damit für ihre Sache nichts zu gewinnen ist. Denn ein Unternehmen, das nur unecht steuerbefreite Umsätze bewirkt - die Gewährung von Krediten fällt unter die Befreiungsbestimmung des § 6 Z. 8 lit. a UStG 1972 -, ist gemäß § 12 Abs. 3 UStG 1972 zur Vornahme eines Vorsteuerabzuges nicht berechtigt.
Zusammenfassend ergibt sich sohin, daß die behauptete Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht vorliegt. Die Beschwerde mußte daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 316/1976 als unbegründet abgewiesen werden.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG 1965 und Art. I B Z. 4 und 5 der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 542/1977.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Normen | |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1979:1978000739.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
YAAAF-53208