VwGH 21.09.1964, 0724/64
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssatz
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Norm | ASVG §110 Abs1 Z2 lita; |
RS 1 | Gerichtliche Amtshandlungen genießen nur dann die Gebührenfreiheit nach § 110 Abs 1 Z 2 lit a ASVG, wenn sie Rechtsverhältnisse betreffen, die zwischen den Versicherungsträgern und ihren Verbänden einerseits und den Versicherten, deren Dienstgebern, den Anspruchswerbern und Anspruchsberechtigten auf Leistung der Versicherung, der Vertragspartner der Versicherung sowie den Fürsorgeträgern anderseits abgewickelt werden; daher fallen Rechtsstreitigkeiten zwischen den SV-Träger und einem Exzindierungskläger, deren Eigentum zugunsten rückständiger SV-Beiträge gepfändet worden war, nicht darunter. |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 0804/62 E VwSlg 2816 F/1963 RS 1 |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsidenten Dr. Porias und die Hofräte Dr. Eichler, Dr. Kadecka, Dr. Klecatsky und Dr. Brunner als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Angst, über die Beschwerde der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse für Arbeiter und Angestellte in Linz gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes Linz vom , Zl. Jv 279-33/64, betreffend Gerichtsgebühren (Befreiung nach § 110 ASVG), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Der beschwerdeführende Sozialversicherungsträger hatte gegen die Inhaberin einer Bäckerei in S eine Forderung von 7960,24 S an rückständigen Sozialversicherungsbeiträgen. Dem Schuldverhältnis waren zwei Personen als Bürgen und Zahler beigetreten. Gegen diese Bürgen erwirkte der Beschwerdeführer einen Zahlungsbefehl des Bezirksgerichtes Linz. Hiefür schrieb der Kostenbeamte dem Beschwerdeführer verschiedene Gerichtsgebühren und Kosten im Gesamtbetrag von 109,10 S zur Zahlung vor. In einem Berichtigungsantrag berief sich der Beschwerdeführer auf die Gebührenbefreiungsbestimmungen der §§ 109 und 110 ASVG, die seiner Ansicht nach auf den gegenständlichen Fall anzuwenden seien. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dem Berichtigungsantrag keine Folge gegeben.
Dagegen richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerde beruft sich mit Recht nicht mehr auf die persönliche Gebührenbefreiung nach § 109 ASVG, weil sich diese Vorschrift nur auf Stempel- und Rechtsgebühren, aber nicht auf die gerichts- und Justizverwaltungsgebühren bezieht. Was den Anwendungsbereich des § 110 Abs. 1 Z. 2 lit. a ASVG betrifft, so hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , Zl. 804/62, auf dessen Begründung unter Berufung auf Art. 19 Abs. 4 der Geschäftsordnung, BGBl. Nr. 220/1952, verwiesen wird, aus dem Wortlaut des Gesetzes abgeleitet, daß die sachliche Gebührenfreiheit an zwei Voraussetzungen geknüpft ist. Erstens müssen die Schriften und Amtshandlungen Rechtsverhältnisse betreffen, die in Durchführung der in lit. a genannten Belange, d.
h. also in Durchführung der im Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz geregelten Versicherungen begründet oder abgewickelt werden. Die prozessuale oder exekutive Verfolgung von Ansprüchen auf Sozialversicherungsbeiträge durch Träger der Sozialversicherung gehört zweifellos zu diesen Belangen. Insoweit ist den Ausführungen der Beschwerde beizupflichten. Zweites aber müssen die Rechtsverhältnisse, auf die sich die Schriften oder Amtshandlungen beziehen, zwischen dem in lit. a umschriebenen Personen begründet oder abgewickelt werden. Dieser Personenkreis umfaßt nach dem Wortlaut der genannten Vorschrift einerseits die Versicherungsträger und ihre Verbände, andererseits die Versicherten, deren Dienstgeber, die Anspruchswerber und Anspruchsberechtigten auf Versicherungsleistungen, die Vertragspartner der Versicherung und die Fürsorgeträger. An dem gegenständlichen Prozeßrechtsverhältnis, das der Abwicklung einer der im Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz geregelten Versicherungen diente und dem die strittigen Gebührenforderungen ihre Entstehung verdankten, war wohl auf der einen Seite der Beschwerdeführer, also ein Sozialversicherungsträger, beteiligt; ihm standen jedoch auf der anderen Seite Personen gegenüber, die nicht als Versicherte, deren Dienstgeber, Anspruchswerber und Anspruchsberechtigte, Vertragspartner oder Fürsorgeträger anzusprechen sind, die sich vielmehr lediglich für die Schuld eines Dienstgebers von Versicherten verbürgt hatten. Zwar standen diese Personen als Bürgen auch in einem Vertragsverhältnis zum beschwerdeführenden Sozialversicherungsträger, doch kommen als "Vertragspartner der Versicherung" im Sinne des § 110 Abs. 1 Z. 2 lit. a ASVG nur die im § 338 ASVG genannten Personen und Stellen in Frage, mit denen die Versicherungsträger zwecks Versorgung der Versicherten und ihrer Angehörigen mit den gesetzlich und satzungsmäßig vorgeschriebenen Leistungen Verträge abzuschließen verpflichtet sind (vgl. das Erkenntnis vom , Slg. N.F. Nr. 1840/F). Es mangelt daher im vorliegenden Fall an der zweiten, für den Eintritt der sachlichen Gebührenbefreiung erforderlichen Voraussetzung.
Wenn die Beschwerde auf das eben angeführte Erkenntnis insofern verweist, als dort die Gebührenfreiheit in einem Prozeß anerkannt wurde, in dem einem Sozialversicherungsträger als beklagter Partei nicht nur Ärzte, sondern auch hinterbliebene Angehörige von solchen als Kläger gegenübergestanden waren, so kann darin ein Widerspruch zu der oben dargelegten Rechtsansicht nicht erblickt werden; denn auch die Angehörigen der Ärzte, deren sich die Versicherungsträger zur Durchführung der ihnen übertragenen Aufgaben vertragsmäßig bedienen, sind als Vertragspartner deshalb anzusehen, weil ja bereits in den zwischen den Ärzten und den Sozialversicherungsträgern abgeschlossenen Verträgen die Leistungspflicht der letzteren an die Angehörigen der Ärzte vorgesehen ist.
Aus den angeführten Gründen war die Abweisung des Berichtigungsantrages durch die belangte Behörde nicht rechtswidrig, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1952 abzuweisen war.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Norm | ASVG §110 Abs1 Z2 lita; |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1964:1964000724.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
TAAAF-53172