Suchen Hilfe
VwGH 13.10.1976, 0703/76

VwGH 13.10.1976, 0703/76

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen
RS 1
Ausführungen zur Frage, ob ein Bestandvertrag nach seinem Abschluß aber vor Beginn seiner zeitlichen Wirksamkeit bereits aufgekündigt werden kann (Hinweis: verneinend Klang im Klangschen Kommentar, 2te Auflage, 4ter Band, Seite 112, ggtlg MietSlg Nr 5260).
Normen
RS 2
Ausführungen zur Frage, daß die Berufungsbehörde bei einem nicht ganz klaren Urkundentext, abweichend von der Behörde erster Instanz, bei Bemessung der Bestandvertragsgebühr neben der unbestimmten Vertragsdauer auch wegen vermeintlichen Kündigungsverzichtes eine zusätzliche bestimmte Vertragsdauer der Gebühr zu Grunde gelegt hatte, ohne daß diese Frage mit der Partei erörtert worden wäre (Hinweis E , 1218/69, VwSlg 4114 F/1970).
Norm
GebG 1957 §33 TP5 Abs1 Z1
RS 3
Die vertragsmäßige Bestimmung, einen Bestandvertrag unter Einhaltung einer einjährigen Kündigungsfrist jeweils zum Jahresende aufkündigen zu können, hat zur Folge, daß ein aufunbe stimmte Zeit abgeschlossener Bestandvertrag im Hinblick auf die zunächst zeitlich feststehende Vertragsdauer (der am geschlossene Bestandvertrag konnte frühestens mit aufgekündigt werden) als auf zunächst bestimmte Zeit und anschließend auf unbestimmte Zeit geschlossen anzusehen ist.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 0797/69 E VwSlg 4101 F/1970 RS 1

Entscheidungstext

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):

bis 0721/76

Fortgesetztes Verfahren:

0968/78 E ;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kadecka und die Hofräte Dr. Schima, Dr. Reichel, Dr. Seiler und Dr. Schubert als Richter, im Beisein der Schriftführerin Finanzoberkommissär Dr. Feitzinger, über die zu gemeinsamer Beratung und Entscheidung verbundenen Beschwerden der Firma F-gesellschaft m.b.H. & Co. KG in V, vertreten durch Dr. Albert Ritzberger, Rechtsanwalt in Villach, Hauptplatz 16, gegen die Bescheide der Finanzlandesdirektion für Kärnten

1) vom , Zl. 10/37-IV-1975,

2) vom , Zl. 10/38-IV-1975,

3) vom , Zl. 10/63-IV-1975,

4) vom , Zl. 10/64-IV-1975,

5) vom , Zl. 10/65-IV-1975,

6) vom , Zl. 10/66-IV-1975,

7) vom , Zl. 10/73-IV-1975,

8) vom , Zl. 10/74-IV-1975,

9) vom , Zl. 10/75-IV-1975,

10) vom , Zi. 10/76-IV-1975,

11) vom , Zl. 10/77-IV-1975,

12) vom , Zl. 10/78-IV-1975,

13) vom , Zl. 10/79-IV-1975,

14) vom , Zl. 10/72-IV-1975,

15) vom , Zl. 10/71-IV-1975,

16) vom , Zl. 10/70-IV-1975,

17) vom , Zl. 10/67-IV-1975,

18) vom , Zl. 10/69-IV-1975,

19) vom , Zl. 10/68-IV-1975,

betreffend Rechtsgebühr von Bestandverträgen, zu Recht erkannt:

Spruch

Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 48.324,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren an Aufwandersatz wird abgewiesen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin, eine Gesellschaft m.b.H. & Co. KG, hat als Mieterin im Jahre 1974 mit Eigentümern von Appartementwohnungen in der Ferienhaus- und Wohnanlage "H" in B. im wesentlichen gleichlautende Mietverträge abgeschlossen. Der jeweilige Eigentümer der Wohnung richtete an die Beschwerdeführerin ein schriftliches Angebot, mit ihm einen Mietvertrag über die im Vertrag näher bezeichnete Wohnung abzuschließen, wobei er mit dem Angebot bis im Wort blieb. Der im Angebot wiedergegebene Mietvertrag sah im § 1 Abs. 2 für bestimmte Wohnungstypen verschieden hohe Mietzinse vor. So wurden in den gegenständlichen Beschwerdefällen für Wohnungen der Type A-2 S 25.000,-- als jährlicher Mietzins und für Wohnungen der Type B S 28.925,-- als jährlicher Mietzins vereinbart.

Laut § 1 Abs. 1 des Vertrages vermietete der jeweilige Wohnungseigentümer der Beschwerdeführerin die im Vertrag topographisch näher bezeichnete Wohnung, behielt sich allerdings vor, diese Wohnung auch selbst bzw. durch seine Gäste zu benützen, wobei laut § 3 des Vertrages nähere Bestimmungen über die schriftliche Ankündigung und die Durchführung der sogenannten Eigennutzung enthalten waren und § 4 eingehende Bestimmungen über die Mietzinsminderung im Fall der Eigennutzung durch den Wohnungseigentümer enthielt. Laut § 1 Abs. 4 des Vertrages wurde der Jahresmietzins als Pauschalmietzins vereinbart, wobei Nebenkosten wie Umsatzsteuern, Betriebs- und Stromkosten nicht von der Beschwerdeführerin, sondern vom jeweiligen Wohnungseigentümer zu tragen waren.

Im § 2 Abs. 3 des Vertragstextes wurden die "Saisonzeiten" im Sinn des Vertrages wie folgt definiert:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Saisonen
Hauptsaison
Nebensaison
Wintersaison
21. Dez. - 8. Jänner(Weihnachten)-30. März - 17. April(Ostern)
-9. Jänner - 29. März-
Sommersaison
-15. Juni - 15. Sep.-
17. April - 14. Juni-16. Sept. - 6. Oktober

Hiebei sollten sich die in der Tabelle genannten Kalenderdaten - ausgenommen 8. und 9. Jänner - auf die Daten der Wochenenden und Wochenbeginne des Jahres 1974 beziehen. Sie sollten sich nach Maßgabe der Kalenderdaten der entsprechenden Wochenenden der folgenden Jahre verändern. Bezüglich der Vertragsdauer wurde in allen Fällen laut § 2 Abs. 1 des Vertragstextes folgendes vereinbart:

"Das Mietverhältnis beginnt mit der Sommersaison 1975 und wird auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. Es kann von jedem Vertragsteil unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von acht Monaten jeweils zum Schluß einer Saison, erstmals jedoch zum Ende der Wintersaison 1976 aufgekündigt werden. Die Kündigung ist nur bei Einhaltung der Schriftform wirksam."

Im § 5 des Vertrages war eine Ausnahmeregelung für Nebensaisonen enthalten: unter anderem sollte die Beschwerdeführerin, in der Erwartung, daß es dem Reiseveranstalter nicht möglich sein werde, alle Nebensaisonzeiten voll zu belegen, das Recht haben, in den vertraglich bezeichneten Nebensaisonen den Vermietbetrieb auf zusätzliche Gästekreise auszudehnen, wogegen der jeweilige Wohnungseigentümer die Möglichkeit hatte, weitere Eigennutzungen ohne zeitgerechte Ankündigung vorzunehmen oder auch seine Wohnung auf eigene Rechnung an Urlaubsgäste zu vermieten. Nach § 5 Abs. 2 des Vertragstextes war der jeweilige Wohnungseigentümer berechtigt, für jeden Tag, in dem die Wohnung während der Nebensaison von der Beschwerdeführerin belegt wurde, einen zusätzlichen Betrag von je S 100,-- zu verlangen. Diese Mietzinserhöhung sollte allerdings jeweils erst nach Fertigstellung der Jahresbilanz der Beschwerdeführerin fällig werden und dem jeweiligen Wohnungseigentümer nur insoweit gebühren, als der veranschlagte Gewinn der Beschwerdeführerin aus der Vermietung nicht unter eine bestimmte kalkulierte Grenze absank. Laut § 10 Abs. 2 des Vertrages - nach dem ersten Absatz dieser Vertragsbestimmung sollte die Beschwerdeführerin die mit der Errichtung des Vertrages verbundenen Kosten tragen - waren die gemäß § 33 Tarifpost 5 des Gebührengesetzes 1957, Bundesgesetzblatt Nr. 267, (GebGes) anfallenden Rechtsgebühren in der Höhe von 1 % der Bemessungsgrundlage von der ersten Mietzinsrate abzuziehen und von der Beschwerdeführerin an das Finanzamt abzuführen. Bemessungsgrundlage sollte der dreifache Jahresmietzins sein, nämlich der in § 1 Abs. 2 genannte Betrag und die vertraglich vereinbarten Zusatzleistungen, die zum Zweck der Gebührenbemessung mit S 2.000,-- jährlich bewertet wurden.

Gestützt auf § 33 Tarifpost 5 Abs. 1 GebGes legte das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in K. der Gebührenbemessung eine unbestimmte Vertragsdauer zugrunde und schrieb mit gesonderten Bescheiden vom der Beschwerdeführerin jeweils die 1%ige Rechtsgebühr, ausgehend vom dreifachen Jahresentgelt, zur Entrichtung vor. Als Jahresentgelt errechnete das Finanzamt die Summe vom jeweils fix vereinbarten Betrag - nämlich von S 25.000,-- bzw. S 28.925,-- - zuzüglich des im Schätzungsweg ermittelten Betrages von S 16.000,-- für die Zusatzleistung nach § 5 des Vertrages. Dadurch ermittelte das Finanzamt in den Fällen, da der Jahresmietzins mit S 25.000,-- vereinbart war, eine Bemessungsgrundlage von S 123.000,-- bzw. eine Rechtsgebühr von S 1.230,-- und in den Fällen, in denen der Jahresmietzins mit S 28.925,-- vereinbart war, eine Bemessungsgrundlage von S 134.775,-- bzw. eine Rechtsgebühr von S 1.348,--.

Die Beschwerdeführerin erhob fristgerecht eine gemeinsame Berufung. Sie bekämpfte die - übrigens im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht mehr strittige - Jahresbemessungsgrundlage mit der Begründung, daß der im § 10 Abs. 2 des Vertrages mit jährlich S 2.000,-- bewertete Mietzins für die Zusatzleistung nach § 5 Abs. 2 des Vertragstextes zu Unrecht mit S 16.000,-- angesetzt und in die Bemessungsbasis einbezogen worden sei.

Mit den nunmehr im Spruch bezeichneten, im wesentlichen gleichlautenden Berufungsentscheidungen vom 30. September bzw.  hat die Finanzlandesdirektion für K. den Berufungen der Beschwerdeführerin teilweise Folge gegeben. Die Abgabenbehörde zweiter Instanz setzte - was die Beschwerdeführerin im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unbekämpft läßt - den Betrag für zusätzliche Vermietungen während der Nebensaison von S 16.000,-- auf S 4.000,-- jährlich herab und gelangte im übrigen in Anwendung des § 289 Abs. 2 der Bundesabgabenordnung vom , BGBl. Nr. 194, (BAO) in teilweiser Abänderung der erstinstanzlichen Bescheide zur Ansicht, daß der Gebührenbemessung nicht das dreifache, sondern das vierfache Jahresentgelt zugrunde zu legen sei. In den Fällen, in denen die Vertragspartner einen festen Jahresmietzins von S 25.000,-- vereinbart hatten, setzte die Abgabenbehörde zweiter Instanz eine Rechtsgebühr in der Höhe von S 1.160,-- fest, wogegen sie in den Fällen, in denen die Vertragspartner einen fixen Jahresmietzins von S 28.925,-- vereinbart hatten, zur Ermittlung einer Gebühr im Betrag von S 1.317,-- gelangte. Diese Vorgangsweise hat die Finanzlandesdirektion für K. in allen Fällen folgendermaßen begründet:

Nach § 2 Abs. 1 des Mietvertrages sei der Vertrag zwar auf unbestimmte Zeit abgeschlossen worden, er könne jedoch erstmals zum Ende der Wintersaison 1976 aufgekündigt werden. Im angefochtenen Bescheid sei der Bemessung eine dreijährige Bestanddauer zugrunde gelegt worden. Ein Bestandvertrag gelte nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dann auf bestimmte Dauer abgeschlossen, wenn nach dem Vertragsinhalt beide Vertragsteile auf eine bestimmte Zeit an das Vertragsverhältnis gebunden seien. Nach dem vorliegenden Mietvertrag könnten beide Vertragsteile den Vertrag erstmals zum Ende der Wintersaison 1976 aufkündigen. Daraus ergebe sich, daß bis zu diesem Zeitpunkt der Vertrag als auf bestimmte Dauer abgeschlossen gelte. Wenn sich ein Vertrag nach Ablauf einer bestimmten Zeit weiter verlängere oder wie im vorliegenden Fall ausdrücklich auf unbestimmte Zeit abgeschlossen werde, so sei zunächst von der vereinbarten bestimmten Vertragsdauer auszugehen, nach deren Ablauf die unbestimmte Zeit, somit der Wert des dreifachen Jahresentgeltes hinzuzurechnen sei. Es seien daher im vorliegenden Fall als Vertragsdauer der Zeitraum vom Beginn der Sommersaison 1975 () bis zum Ende der Wintersaison 1976 (, richtig wohl unter Vernachlässigung der Wochentagsveränderungen), somit ein Jahr als bestimmte Dauer, und die daran anschließende unbestimmte Bestanddauer zusammenzurechnen. Im Sinne des § 33 TP 5 Abs. 1 und 3 GebGes habe sich somit eine Gesamtdauer von vier Jahren ergeben.

Im Ergebnis war somit der Berufung der Beschwerdeführerin gegen die erstinstanzlichen Bescheide nur teilweise Erfolg beschieden.

Gegen die obbezeichneten Berufungsentscheidungen der Finanzlandesdirektion für K. richten sich die vorliegenden, im wesentlichen gleichlautenden wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobenen Beschwerden, in denen die Beschwerdeführerin im wesentlichen folgendes ausführt: Strittig sei in den vorliegenden Verträgen der Zusatz, daß der Vertrag erstmals zum Ende der Wintersaison 1976 aufgekündigt werden könne. Der Rechtsirrtum der belangten Behörde liege nun darin, daß ihrer Meinung nach der vorliegende Vertrag eine Mischform zwischen einem Vertrag von bestimmter Dauer und einem Vertrag von unbestimmter Dauer sei. Die belangte Behörde habe die Periode vom bis zum Ende der Wintersaison 1976, nämlich bis zum , als Vertrag von vereinbarter bestimmter Dauer im Ausmaß von einem Jahr gewertet. Daran schließe sich eine nicht feststehende Anzahl von Verlängerungsperioden, sodaß nach Ansicht der belangten Behörde gemäß § 33 TP 5 GebGes der bestimmten Dauer von einem Jahr die vom Gesetz bestimmte hypothetische Dauer von drei Jahren hinzuzurechnen sei. Bei dieser Überlegung verkenne die belangte Behörde aber völlig, so meint die Beschwerdeführerin, daß der strittige Zusatz "erstmals zum Ende der Wintersaison 1976" überhaupt keinen rechtsgestaltenden normativen Inhalt habe, völlig entbehrlich gewesen sei und daß sich an den Rechten und Pflichten der Vertragsteile überhaupt nichts geändert hätte, wenn dieser Zusatz weggeblieben wäre. Der Vertrag habe nämlich unbestrittenermaßen am begonnen. Selbst wenn ein Vertragsteil bereits am Tag des Vertragsbeginnes das ihm zustehende Kündigungsrecht ausgeübt hätte, so hätte er bei Einhaltung einer Kündigungsfrist von acht Monaten niemals mehr zum , sondern frühestens nur zum den Vertrag aufkündigen können. Diese Meinung erläutert die Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerde an Hand einer graphischen Darstellung. Der Zusatz im Vertragstexte wonach der Vertrag erstmals zum Ende der Wintersaison 1976 aufgekündigt werden könne, habe bloß erklärenden Charakter und diene der Klarheit des Parteiwillens. Der normative rechtesgeschäftliche Inhalt des erklärten Parteiwillens erschöpfe sich demnach in der Bestimmung, daß der Vertrag auf unbestimmte Zeit geschlossen werde und jeweils unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von acht Monaten zum 6. Oktober oder 17. April eines Kalenderjahres aufgekündigt werden könne. Angesichts dieser Tatsache könne kaum zweifelhaft sein, daß der in Rede stehende Vertrag auf unbestimmte Zeit geschlossen worden sei. Dieser Zweifel könne höchstens daraus entspringen, daß die bedungene Kündigungsfrist von acht Monaten länger sei als die zwischen den bedungenen Kündigungsterminen (6. Oktober und 17. April eines Kalenderjahres) liegende Zeit von rund sechs Monaten.

In der Folge erläutert die Beschwerdeführerin die Dauer von Bestandverträgen an Hand der §§ 1113 bis 1116 ABGB. § 1113 ABGB regle den Bestandvertrag auf bestimmte Dauer und § 1116 ABGB enthalte den Vertrag auf unbestimmte Dauer. §§ 1114 und 1115 ABGB regelten Mischformen, wonach der Vertrag nicht unbedingt durch Zeitablauf erlösche, sondern nur unter der Bedingung, daß vor Ablauf der bedungenen Zeit fristgerecht eine Kündigung ausgesprochen werde. Andernfalls erfolgten bestimmte Verlängerungen. Aus dem zivilrechtlichen Inhalt der in Rede stehenden Vertragstypen ergebe sich, daß die Unbestimmtheit der Vertragsdauer innerhalb der Formen "auf unbestimmte Zeit" und "Mischform" durch die Länge der bedungenen Kündigungsfristen (Zinszeiträume) und die Lage der bedungenen Kündigungstermine begrenzt werde. Demgegenüber ergebe sich der gebührenrechtliche Inhalt der in Redestehenden Vertragsformen aus § 33 TP 5 Abs. 3 GebGes. Dort werde bestimmt, daß für das Element der Unbestimmtheit der Vertragsdauer als Bemessungsgrundlage das dreifache Jahresentgelt heranzuziehen sei. Diese Festlegung einer Dreijahresperiode sei eine der Bestimmbarkeit der Bemessungsgrundlage dienende Pauschalvermutung einer Abgabenvorschrift. Diese Vorschrift enthalte eine dreifache Unterstellung, und zwar a), daß es sich bei dem "nach einem gewissen Zeitraum ausgemessenen Zins", sohin bei einer Vertragsperiode um höchstens einen Jahreszins und höchstens eine Jahresperiode handle, b) daß die Verlängerung des Vertrages, die durch Unterlassung der Kündigung eintrete, höchstens jeweils für ein Jahr bewirkt werde und c) daß sich sohin aus Kündigungsterminen und Kündigungsfristen (Verlängerungsperioden) nicht zwingend ergebe, daß der Vertrag bei zweimaliger Unterlassung der Kündigung jedenfalls länger als drei Jahre dauere.

Diese so umrissene der Gebührenfeststellung dienende Pauschalvermutung könne daher nur dann Anwendung finden, wenn sie nicht durch den rechtsgeschäftlichen Parteiwillen widerlegt sei.

Überschreite etwa die Kündigungsfrist den Zeitraum von einem Jahr, so sei bei zweimaliger Unterlassung der Kündigung die (vom Gebührengesetz pauschal vermutete) Dauer von insgesamt drei Jahren überschritten; seien in einem andern Fall die Kündigungstermine so gelagert, daß innerhalb der (vom Gebührengesetz pauschal vermuteten) Vertragsdauer von drei Jahren nicht mindestens drei Termine gelegen seien, zu denen gekündigt werden könne, so würde ebenfalls die (pauschal vermutete) Anzahl von drei Vertragsperioden überschritten werden.

In solchen Fällen würde durch den ausdrücklichen Vertragsinhalt die Drei-Jahres-Grenze des Gebührengesetzes überschritten, weshalb auch seitens der Behörde Anspruch darauf bestehe, daß eine höhere Bemessungsgrundlage als das dreifache Jahresentgelt herangezogen werde. Würde aber diese Grenze nicht überschritten, bestünde dieser Anspruch nicht. Eine solche Auffassung des geltenden Gesetzestextes fände ihre Stütze auch im stenographischen Protokoll des Nationalrates zur Regierungsvorlage für ein neues Gebührengesetz Nr. 1317 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Nationalrates XIII GP. Abschließend stellt die Beschwerdeführerin zur größeren Verdeutlichung in graphischer Darstellung diverse Vertragstypen einander gegenüber, in denen sämtlich zwar das Vertragsverhältnis am beginnt, aber verschiedene Kündigungsfristen und Kündigungstermine vereinbart wären. Hätte man etwa nicht eine Kündigungsfrist von acht Monaten, sondern von 18 Monaten vereinbart und wäre als Termin jeweils der 17. April eines jeden Jahres gesetzt worden oder würde die Kündigungsfrist gar nur sechs Monate betragen, der Kündigungstermin aber nur auf jedes zweite dem Jahr 1975 folgende Kalenderjahr, nämlich auf den 6. Oktober oder auf den 17. April eines jeden zweiten Jahres fallen, dann würden derartige Vertragstypen tatsächlich die pauschal vermutete Obergrenze nach § 33 TP 5 Abs. 3 GebGes überschreiten. Beim vorliegenden Vertragstext sei dies aber nicht der Fall, weshalb die angefochtenen Bescheide aufzuheben seien.

Über die vorliegenden gleichlautenden Beschwerden, welche wegen ihres tatsächlichen und rechtlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden worden sind, hat der Verwaltungsgerichtshof unter Bedachtnahme auf die von der belangten Behörde erstatteten ebenfalls gleichlautenden Gegenschriften nachstehendes erwogen:

Die Abgabenbehörden haben die Gebührenfestsetzung in den gegenständlichen Beschwerdefällen auf § 33 TP 5 Abs. 1 und 3 GebGes gestützt.

Gemäß § 33 TP 5 Abs. 1. erster Fall GebGes beträgt die Rechtsgebühr für Bestandverträge (Miet- oder Pachtverträge), wodurch jemand den Verbrauch einer unverbrauchbaren Sache auf eine bestimmte Zeit und gegen einen bestimmten Preis erhält, nach dem Wert 1 v. H.

Nach Abs. 3 des zitierten Paragraphen ist bei unbestimmter Dauer des Bestandvertrages als Wert das dreifache Jahresentgelt anzunehmen. Ist die Dauer des Bestandvertrages bestimmt, aber der Vorbehalt des Rechtes einer früheren Aufkündigung gemacht, so bleibt dieser Vorbehalt für die Gebührenermittlung außer Betracht.

Zwischen der Beschwerdeführerin und der belangten Behörde besteht kein Streit darüber, daß die von jener als Mieterin abgeschlossenen Verträge an sich der Gebührenpflicht nach § 33 TP 5 GebGes unterliegen. Die Beschwerdeführerin bekämpft die Abgabenfestsetzungen lediglich der Höhe nach und bemängelt im verwaltungsgerichtlichen Verfahren, daß die belangte Behörde bei der Gebührenbemessung den gegenständlichen Verträgen zunächst eine bestimmte Vertragsdauer, nämlich die Zeit vom bis zum , und anschließend eine unbestimmte Vertragsdauer zugrunde gelegt habe und damit zur Bemessungsgrundlage des einfachen und des dreifachen Jahresentgeltes gelangt sei, statt die vorliegenden Verträge lediglich als Abmachungen von unbestimmter Dauer zu qualifizieren und der Gebührenbemessung nur das dreifache Jahresentgelt zugrunde zu legen.

Im Ergebnis kommt den Beschwerdeausführungen Berechtigung zu, wenngleich der Verwaltungsgerichtshof den Darlegungen der Beschwerdeführerin nur teilweise beipflichten kann. So verkennt die Beschwerdeführerin die Rechtslage, wenn sie meint, dem § 33 TP 5 Abs. 3 GebGes wohne der Charakter einer gesetzlichen Vermutung inne und es werde ein Bestandvertrag auf unbestimmte Dauer als auf drei Jahre abgeschlossen präsumiert, weshalb die von der belangten Behörde vorgenommene Zusammenrechnung - Vertrag auf bestimmte Dauer zuzüglich Vertrag auf unbestimmte Dauer - dann nicht Platz greifen könnte, wenn ein beiderseits vereinbarter Kündigungsverzicht vorliege, der nicht über einen Zeitraum von länger als drei Jahren, gerechnet vom Vertragsbeginn an, wirksam wäre. Für eine derartige gesetzliche Vermutung liefert der Gesetzestext nicht den geringsten Anhaltspunkt, vielmehr hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , Slg. Nr. 4101/F, eingehend dargelegt, daß die vertragsmäßige Bestimmung, einen Bestandvertrag unter Einhaltung einer einjährigen Kündigungsfrist jeweils zum Jahresende aufkündigen zu können, zur Folge habe, daß ein auf unbestimmte Zeit geschlossener Bestandvertrag im Hinblick auf die zunächst zeitlich feststehende Vertragsdauer - der am geschlossene Bestandvertrag konnte in jenem Beschwerdefall frühestens mit aufgekündigt werden - als auf zunächst bestimmte Zeit und anschließend auf unbestimmte Zeit geschlossen anzusehen ist. Überdies sei zur Widerlegung obiger Rechtsansicht der Beschwerdeführerin auch auf das Erkenntnis vom , Slg. Nr. 3058/F, - auf das der Gerichtshof in seinem Erkenntnis vom , Slg. Nr. 4101/F, hingewiesen hat - wie auch auf das Erkenntnis des Gerichtshofes vom , Zl. 1228/72), Bezug genommen, wobei an Art. 14 Abs. 4 der hg. Geschäftsordnung, BGBl. Nr. 45/1965, erinnert sei.

Der Verwaltungsgerichtshof konnte sich auch nicht bestimmt finden, für die Auslegung des geltenden Gebührengesetzes den Motivenbericht zum Entwurf eines künftigen Gebührengesetzes heranzuziehen. Die Beschwerdeführerin vermochte auch trotz ihrer durchaus beachtlichen zivilrechtlichen Überlegungen und Hinweise auf die §§ 1113 bis 1116 ABGB für ihren Rechtsstandpunkt nichts Entscheidendes zu gewinnen.

Allerdings führt die Beschwerdeführerin auch aus, der Hinweis, daß die Aufkündigung erstmals zum Ende der Wintersaison 1976 erfolgen könne, habe lediglich verdeutlichenden Charakter und es läge in Wahrheit ein Kündigungsverzicht auf bestimmte Zeit gar nicht vor: denn auch bei Vereinbarung einer Kündigungsfrist von acht Monaten jeweils zum Schluß einer Saison könne mit Rücksicht auf den gewählten Vertragsbeginn, nämlich den Beginn der Sommersaison 1975, bei Einhaltung der vertraglich festgesetzten achtmonatigen Kündigungszeit und Beachtung der Kündigungstermine das Bestandverhältnis frühestens zum Ende der Wintersaison 1976 aufgekündigt werden.

Diesen Darlegungen hält die belangte Behörde in ihren Gegenschriften entgegen, die Beschwerdeführerin lasse die Bestimmung des § 17 Abs. 1 GebGes außer acht, wonach für die Festsetzung der Gebühren der Inhalt der über das Rechtsgeschäft errichteten Schrift(urkunde) maßgebend sei. Die Behörde sei nicht zur Prüfung verhalten, ob verschiedene Vertragsbestimmungen die gleichen Rechtswirkungen nach sich zögen, und sie sei dann nicht verpflichtet, nur diejenigen Bestimmungen zu beachten, welche die niedrigere Gebühr zur Folge hätten. § 2 Abs. 1 des Bestandvertrages lasse erkennen, daß die Vertragsteile zunächst auf bestimmte Zeit, nämlich jedenfalls bis zum , hätten gebunden sein wollen, da vor diesem Termin eine Aufkündigung des Vertrages ausgeschlossen sein sollte. Diese ausdrückliche Vertragsbestimmung könne nach den angeführten Gesetzesstellen nicht einfach übergangen werden. Das materiellrechtliche Vorbringen der Beschwerdeführerin sei nicht stichhältig. Ihre Behauptung, daß unter Berücksichtigung der Kündigungstermine 17. April und 6. Oktober unter Einhaltung der achtmonatigen Kündigungsfrist eine Kündigung erstmals zum  möglich gewesen wäre, sei sohin "keineswegs unumstritten"'. Die Beschwerdeführerin - so meint die belangte Behörde - gehe stillschweigend von der Voraussetzung aus, daß eine Kündigung erst ab bei vollem Lauf der Kündigungsfrist zulässig wäre. Diese Auffassung stehe jedoch im Gegensatz zur Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom , Mietrechtliche Sammlung Nr. 5260, wonach eine Kündigung auch schon vor Übergabe des Bestandgegenstandes auf den ersten nach Wirksamwerden des Vertrages liegenden Kündigungstermin möglich sei. Darin zeige sich, daß dem ausdrücklichen Ausschluß des Kündigungsrechtes sehr wohl eine normative Bedeutung beizumessen sei, da die Parteien damit unabhängig von der Rechtsprechung eine bestimmte Vertragsdauer von mindestens einem Jahr hatten absichern wollen. Auch deshalb sei der Vertrag bis zum Ende der vereinbarten beiderseitigen Bindung, also auf bestimmte Zeit abgeschlossen worden.

Diese Darlegungen der belangten Behörde in der Gegenschrift lassen allerdings nicht darüber hinwegsehen, daß § 2 Abs. 1 des Vertragstextes dann als widersprüchlich anzusehen ist, wenn man davon ausgeht, daß vor Beginn der Sommersaison 1975, also vor dem , eine Kündigung überhaupt nicht ausgesprochen werden durfte. Haben nämlich die Vertragsparteien nicht ausdrücklich oder stillschweigend etwas anderes vereinbart, wird im Sinne der im Klangschen Kommentar 4. Band, Zweite Auflage, auf Seite 112 vertretenen Lehrmeinung (dagegen die von der belangten Behörde zitierte Oberste Gerichtshof-Entscheidung MietSlg. Nr. 5260) davon ausgegangen, daß die Kündigung eines Bestandverhältnisses nach Abschluß des Bestandvertrages, aber vor Beginn des Bestandzeitraumes nicht möglich ist. Die Beschwerdeführerin stellt den Gebrauch des Wortes "jedoch" nunmehr als ein Vergreifen im Ausdruck bei Abfassung des § 2 Abs. 1 des Vertragstextes hin und meint, es könnte der Vertrag erstmals sohin zum Ende der Wintersaison 1976 aufgekündigt werden. Die belangte Behörde hingegen ist offensichtlich der Meinung, die Vertragsteile seien der Ansicht gewesen, es hätte sofort nach Vertragserrichtung, also noch vor Beginn des Mietverhältnisses, schon eine Aufkündigung unter Einhaltung von Kündigungstermin und Kündigungsfrist vorgenommen werden können. Durch Gebrauch des Wörtchens "jedoch" hätten die Vertragsteile offensichtlich die Möglichkeit ausschließen wollen, daß noch vor Beginn der Sommersaison bereits eine Kündigung mit achtmonatiger Kündigungsfrist bis zum ausgesprochen werde. Auf alle Fälle hätten die Vertragsteile bis zum Ende der Wintersaison 1976 gebunden sein wollen.

Für eine derartige Sachverhaltsannahme bietet das durchgeführte Ermittlungsverfahren keine ausreichende Grundlage. Zwar wird dann, wenn aus der Urkunde die Art oder Beschaffenheit eines Rechtsgeschäftes oder andere für die Festsetzung der Gebühren bedeutsame Umstände nicht deutlich zu entnehmen sind, gemäß § 17 Abs. 2 GebGes bis zum Gegenbeweis der Tatbestand vermutet, welcher die Gebührenschuld begründet oder die höhere Gebühr zur Folge hat. Im gegenständlichen Fall wurde gegenüber der Beschwerdeführerin jedoch erstmals in den angefochtenen Berufungsentscheidungen der Standpunkt vertreten, der Bemessung der Bestandvertragsgebühr sei nicht eine dreijährige, sondern eine vierjährige Vertragsdauer zugrunde zu legen. Bei der gegebenen Sachlage hätte der Beschwerdeführerin im Sinne des § 115 Abs. 2 der Bundesabgabenordnung vom , BGBl. Nr. 194, Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Rechte und Interessen gegeben werden müssen, nämlich zur Führung eines allfälligen Gegenbeweises im Sinne des § 17 Abs. 2 GebGes; hatte sie doch von sich aus keine Veranlassung gehabt, auf die Frage der Vertragsdauer einzugehen; die Abgabenbehörde erster Instanz hatte ihrer Entscheidung ja lediglich eine unbestimmte Vertragsdauer und nicht eine einjährige bestimmte Vertragsdauer zuzüglich einer unbestimmten Vertragsdauer zugrunde gelegt.

Im fortgesetzten Ermittlungsverfahren wird demnach im Hinblick auf die oben angeführte unterschiedliche Auffassung von Lehre und Rechtsprechung im Rahmen eines von der Partei gemäß § 17 Abs. 2 GebGes zu führenden Beweises zu klären sein, ob nach dem Willen und den Vorstellungen der Vertragsparteien ein beiderseitiger Kündigungsverzicht bis zum konstitutiv vereinbart worden ist. Die achtmonatige Kündigungsfrist für sich allein ohne beiderseitige Bindung der Vertragsparteien an den Vertrag durch Erklärung eines konstitutiven Kündigungsverzichtes - könnte nur dann als beiderseitige zeitliche Bindung angesehen werden, wenn die Länge der Kündigungsfrist im Hinblick auf die wirtschaftlichen Gegebenheiten ungerechtfertigt erschiene. (Vergleiche in diesem Zusammenhang auch die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom , Slg. Nr. 4101/F, und vom , Slg. Nr. 4114/F).

Bislang wurden von der belangten Behörde - die von einer andern Rechtsansicht ausgegangen ist - keine entsprechenden Feststellungen getroffen.

Die angefochtenen Bescheide mußten somit wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben werden, weil der Sachverhalt in wesentlichen Punkten einer Ergänzung bedarf und weil Verfahrensvorschriften außer acht gelassen wurden, bei deren Einhaltung die belangte Behörde zu anderen Bescheiden hätte kommen können (vergleiche § 42 Abs. 2 lit. c Z. 2 und 3 VwGG 1965).

Der Zuspruch von Aufwandersatz an die Beschwerdeführerin gründet sich auf § 48 Abs. 1 lit. a und b VwGG 1965 und auf Art. I A Z. 1 der Verordnung des Bundeskanzlers vom , BGBl. Nr. 4/1975. Zur notwendigen Rechtsverfolgung war gemäß § 28 Abs. 5 VwGG 1965 lediglich die Vorlage je einer Kopie der angefochtenen Bescheide (S 7,60 Beilagengebühr) erforderlich. Die Umsatzsteuer war durch den Schriftsatzaufwand abgegolten.

Je Beschwerde waren demnach zuzuerkennen: S 2.400, -- Schriftsatzaufwand plus S 135,-- Eingabenstempel plus S 7,60 Beilagenstempel, somit pro Beschwerde S 2.542,60. Der Aufwandersatz für 19 Beschwerden beträgt daher zuzüglich der Vollmachtsstempel von S 15,-- S 48.324,40. Das Mehrbegehren an Aufwandersatz war als im Gesetz nicht gedeckt abzuweisen.

Wien, am

Wien,

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen
Sammlungsnummer
VwSlg 5029 F/1976
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1976:1976000703.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
QAAAF-53147