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VwGH 02.10.1968, 0691/68

VwGH 02.10.1968, 0691/68

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssatz


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Norm
EStG 1967 §10 Abs1 Z5;
RS 1
Auch im Falle des UNTERBLEIBENS EINER VERANLAGUNG im Verlustjahre kann der Verlust in den folgenden Jahren nur insoweit zum Abzug zugelassen werden, als er nicht durch andere (positive) Einkünfte im Verlustjahr ausgeglichen worden wäre (E , 1010/49 VwSlg 162 F/1949).

*

E , 0691/68 #1 VwSlg 3788 F/1968;

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dkfm. Dr. Porias und die Hofräte Dr. Schimetschek, Dr. Eichler, Dr. Kaupp und Hofstätter als Richter, im Beisein des Schriftführers Sektionsrat Dr. Walter über die Beschwerde des Präsidenten der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien Niederösterreich und Burgenland, Berufungssenat, vom , Zl. VI-3149/1/67, betreffend Einkommensteuer des HW in B, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Der Mitbeteiligte ist Inhaber eines Einzelhandelsgeschäftes.

Außerdem war er bis März 1966 auch als Dienstnehmer tätig: In seiner Einkommensteuererklärung für 1963 wies er einen Verlust aus Gewerbebetrieb von S 18.055,-- und Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit von S 80.426,--, in der Einkommensteuererklärung für 1964 einen Verlust aus Gewerbebetrieb von S 16.940,-- und Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit von S 88.202,-- aus. Das Finanzamt nahm jedoch eine Veranlagung zur Einkommensteuer für die Jahre 1963 und 1964 nicht vor, da der Mitbeteiligte entgegen der Vorschrift des § 93 Abs. 3 EStG die Anträge auf Veranlagung erst nach Ablauf des auf den Veranlagungszeitraum jeweils folgenden Kalenderjahres gestellt hatte. Dagegen kam es für das Jahr 1965 zu einer Veranlagung der Einkommensteuer, weil der Mitbeteiligte in der Einkommensteuererklärung für 1965 nicht nur Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, sondern auch positive Einkünfte aus Gewerbebetrieb ausgewiesen hatte. Einen Verlustabzug nach § 10 Abs. 1 Z. 5 EStG machte der Mitbeteiligte für das Jahr 1965 nicht geltend. Dagegen setzte er in der Einkommensteuererklärung für 1966 von der ausgewiesenen Summe der Einkünfte von S 81.761,-- Verlustabzüge in der Höhe von S 18.055,-- (aus 1963) und von S 16.950,-- (aus 1964) ab.

Das Finanzamt verweigerte jedoch bei der Einkommensteuerveranlagung für 1966 den geltend gemachten Verlustabzügen die Anerkennung mit der Begründung, daß ein Verlustabzug nur dann hätte anerkannt werden können wenn sich bei der Veranlagung der Vorjahre ein nicht ausgeglichener Verlust ergeben hätte. Da es jedoch für die Jahre 1963 und 1964 wegen der verspäteten Antragstellung des Mitbeteiligten zu keiner Veranlagung gekommen sei, fehle es an vortragsfähigen Verlusten. Der Mitbeteiligte erhob Berufung. Er führte dabei aus, daß er die Verluste aus dem Jahre 1963 und 1964 immer noch geltend machen könne, weil sie durch die Nichtvornahme einer Veranlagung in den betreffenden Verlustjahren steuerlich nicht ausgeglichen worden seien. Die belangte Behörde gab der Berufung des Mitbeteiligten mit Bescheid vom Folge. Sie begründete ihre Entscheidung im wesentlichen damit, daß nach dem Wortlaut des Gesetzes nur jene Verluste, die bei der Veranlagung des Verlustjahres ausgeglichen worden seien, vom Verlustabzug ausgeschlossen seien. Maßgebend sei demnach nicht, ob ein Verlustausgleich möglich gewesen wäre, sondern ob ein solcher tatsächlich stattgefunden habe. Im vorliegenden Fall habe aber ein Verlustausgleich bei der Veranlagung der Verlustjahre schon deshalb nicht stattfinden können, weil für diese Jahre eine Veranlagung auf Grund der Bestimmung der § 93 EStG überhaupt nicht habe vorgenommen werden können. Dagegen wäre ein Verlustabzug in einem Vorjahr, nämlich im Jahre 1965, zwar möglich gewesen, habe jedoch nicht stattgefunden. Es könne deshalb auch der Umstand, daß die Verluste der Jahre 1963 und 1964 bereits bei der Veranlagung 1965 hatten berücksichtigt werden können, die Nichtberücksichtigung dieser Verluste bei der Veranlagung für 1966 nicht begründen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde des Präsidenten der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Als Sonderausgaben sind gemäß § 10 Abs. 1 EStG 1953 abzuziehen .....

Z. 5 bei buchführenden Gewerbetreibenden, die Bücher nach den Vorschriften des Handelsgesetzbuches führen, die in den drei vorangegangenen Wirtschaftsjahren entstandenen Verluste aus Gewerbebetrieb, soweit sie nicht bei der Veranlagung für die vorangegangenen Kalenderjahre ausgeglichen oder abgezogen worden sind.

Aus diesem Gesetzeswortlaut zieht die belangte Behörde den Schluß, daß im Falle des Unterbleibens einer Veranlagung für das Verlustjahr ein Verlustabzug in einem der folgenden Jahre vorgenommen werden kann, wenn für diese eine Veranlagung durchgeführt wird, da in einem solchen Fall ein Verlustausgleich bei der Veranlagung für das Verlustjahr nicht stattgefunden hat. Diese wörtliche Gesetzesauslegung würde also zu dem Ergebnis führen, daß ein in dem Gewerbebetrieb eines buchführenden Steuerpflichtigen eingetretener Verlust im Zuge der Einkommensteuerveranlagung für die nächsten drei Jahre stets in voller Höhe zum Abzug zuzulassen wäre, wenn für das Verlustjahr selbst keine Einkommensteuerveranlagung stattgefunden hat. Das würde jedoch eine Begünstigung bedeuten, die über das Maß dessen hinausgeht, worauf die Absicht des Einkommensteuergesetzes gerichtet war. Deren die Absicht der bezogenen Gesetzesvorschrift geht dahin, daß dann, wenn in einem buchführenden Gewerbebetrieb Verluste eintreten, diese zunächst gegen die Gewinne oder Einnahmenüberschüsse aufgerechnet werden sollen, die der Steuerpflichtige im selben Jahre bei anderen Einkunftsarten erzielt hat, und daß nur ein etwa verbleibender Verlustüberschuß im folgenden (oder zweit- oder drittnächsten) Jahre zum Abzuge zugelassen werden soll. In jenen Fällen, in denen eine Veranlagung der Einkommensteuer für das Verlustjahr unterblieben ist, hat daher die Abgabenbehörde bei der Veranlagung für das folgende bzw. für das zweit- oder drittnächste Jahr zu erheben, welche Höhe der geltend gemachte Gewerbeverlust erreicht hat, sowie welche Einkünfte aus anderen Einkunftsarten abzüglich allfälliger Sonderausgaben diesem Verluste im Verlustjahr gegenüberstanden, und hat erst nach Vornahme eines Verlustausgleichen im Sinne des § 2 Abs. 2 EStG einen etwa noch verbleibenden Verlustbetrag zum Abzug im folgenden oder allenfalls im zweit- oder drittnächsten Jahr zuzulassen (vgl. das Erkenntnis vom , Slg. Nr. 162/F).

Im vorliegenden Fall standen den vom Mitbeteiligten ausgewiesenen gewerblichen Verlusten von S 18.055,-- (1963) und S 16.940,-- (1964) erheblich höhere positive Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit von S 80.426,-- (1963) und S 88.202,-- (1964) gegenüber, sodaß die betreffenden Verluste im Falle einer Veranlagung jedenfalls bereits in den Verlustjahren selbst jeweils ausgeglichen worden wären. Wenn ein solcher Ausgleich deshalb unterblieben ist, weil der Mitbeteiligte den Antrag auf Durchführung einer Veranlagung verspätet gestellt hat (§ 93 Abs. 3 EStG), kann er aus der Unterlassung der zeitgerechten Antragstellung nicht das Recht ableiten, die Verluste in späteren Jahren geltend zu machen, weil es nicht im Belieben des Steuerpflichtigen steht, sich das Jahr, in dem er den Verlust steuerlich geltend machen will, innerhalb des nach § 10 Abs. 1 Z. 5 EStG zulässigen Zeitraumes frei auszuwählen (vgl. die Erkenntnisse vom , Slg. Nr. 2900/F, vom , Zl. 427/62, und vom 20. Dezmber 1963, Zl. 1497/63).

Da die belangte Behörde dies offenbar verkannte, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Norm
EStG 1967 §10 Abs1 Z5;
Sammlungsnummer
VwSlg 3788 F/1968
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1968:1968000691.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
IAAAF-53128