VwGH 05.10.1970, 0642/70
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssätze
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Normen | |
RS 1 | Nicht jede objektive Rechtswidrigkeit des Bescheides der obersten Gemeindebehörde kann zu dessen Aufhebung führen. Die Aufhebung hat vielmehr zur Voraussetzung, daß subjektive Rechte des Vorstellungswerbers verletzt wurden. Die Aufsichtsbehörde ist aber nicht, wie die Berufungsbehörde im Verwaltungsverfahren, dazu berufen, in der Sache selbst zu entscheiden, und darf daher auch nicht die vom Vorstellungswerber angestrebte Aufhebung des Bescheides der obersten Gemeindeinstanz wenn dessen subjektive Rechte nicht verletzt wurden, auf eine, wenngleich vorliegende, objektive Rechtswidrigkeit stützen, welche Befugnis den Berufungsbehörden im Gegensatz zu den Aufsichtsbehörden zusteht. Die eine aufsichtsbehördliche Aufhebung rechtfertigende Rechtsverletzung kann allerdings sowohl im materiellen Recht als auch in einer entscheidungswesentlichen Verletzung formeller Rechtsvorschriften liegen. |
Normen | BaugestaltungsV 1936 §1; BauO Krnt 1866 §20; BauO Krnt 1969 §20; |
RS 2 | Aus § 1 der Verordnung über die Baugestaltung (GBl. f. Öst. Nr. 526/39) kann kein subjektives öffentliches Recht auf Einhaltung eines Seitenabstandes in einem Gebiet, für welches kein Bebauungsplan besteht, abgeleitet werden. Dasselbe gilt für § 20 der Kärntner Bauordnung von 1866. |
Normen | BauO Krnt 1866 §20; BauO Krnt 1969 §20; |
RS 3 | Eine Vorschrift, derzufolge in einem Gebiet, welches faktisch in offener Bauweise verbaut ist, von der Nachbargrenze oder von Gebäuden auf Nachbargrund zur Wahrung dieser Bauweise, auch ohne daß ein Verbauungsplan bestünde, bestimmte oder auch nur überhaupt Abstände einzuhalten sind, enthält die Bauordnung für Kärnten nicht. |
Normen | BauO Krnt 1866 §20; BauO Krnt 1969 §20; |
RS 4 | § 20 der Kärntner Bauordnung dient dem öffentlichen Interesse und begründet keine subjektiven Rechte des Nachbarn. (Hinweis auf E vom , Zl. 0092/67) |
Normen | BauO Krnt 1866 §20 impl; BauO Krnt 1969 §20 impl; BauRallg; VwGG §34 Abs2; VwGG §42 Abs2 litc; |
RS 5 | Wird in einer Beschwerde die Verletzung von Verfahrensvorschriften behauptet, diese behauptete Rechtswidrigkeit jedoch in der Beschwerde nicht ausgeführt und wird daraufhin der Beschwerdeführer vom Gerichtshofe zur Verbesserung der Beschwerde in diesem Punkt aufgefordert, dann hat er die seiner Ansicht nach vorliegenden Verfahrensmängel deutlich zu umschreiben. Unterlässt er dies, dann ist das Verfahren über die Beschwerde auch dann einzustellen, wenn der Beschwerdeführer andere von ihm behauptete Rechtswidrigkeiten ausreichend dargestellt hat. |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 0002/67 B VwSlg 3605 F/1967 RS 1
(hier: durch die Erklärung der Einwendungen zu privatrechtlichen
und durch die Verweisung auf den Zivilrechtsweg anstelle der
Zurückweisung, tritt eine Beeinträchtigung der Rechtsstellung des
Nachbarn nicht ein). |
Normen | |
RS 6 | Gewohnheitsrecht kommt als Rechtsquelle subjektiver öffentlicher Nachbarrechte nicht in Betracht. |
Normen | BauRallg; EGZPO Art37; |
RS 7 | Die Anführung privatrechtlicher Einwendungen in einem baubehördlichen Bescheid ist nur insoweit rechtlich relevant als sie im Sinne des Art XXXVII des EG zur ZPO bei behördlich bewilligten Bauten die Möglichkeit eröffnet, nicht nur auf Schadenersatz sondern auch auf Beseitigung des Baues zu klagen. |
Normen | |
RS 8 | Wenn ein Nachbar in einem Verfahren, betreffend die Erteilung einer Baubewilligung bei richtiger rechtlicher Beurteilung seines Vorbringens nur die Verletzung eines subjektiven Privatrechtes geltend macht, dann ist Gegenstand der Entscheidung der Berufungsbehörde nur mehr die Frage, ob die Qualifikation der Einwendung als privatrechtliche und damit die Verweisung auf den Rechtsweg dem Gesetz entsprochen hat. In einem solchen Falle darf daher die Berufungsbehörde die Unzulässigkeit der Bauführung nicht aus einem anderen, im bisherigen Verfahren unerörtert gebliebenen Grunde feststellen und das Ansuchen um Baubewilligung abweisen. (Hinweis auf E vom , Zl. 1381/56, VwSlg 4725 A/1958, vom , Zl. 0033/60, Vwslg. 5621 A/1960) |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 0280/53 E RS 2
(Dies gilt auch für unzulässige öffentlich rechtliche
Einwendungen, da dem Nachbarn im Baubewilligungsverfahren nur die
Verfolgung subjektiver öffentlicher Rechte möglich ist, diese
Rechtsverfolgung überdies voraussetzt, daß das betreffende
Vorbringen nicht mangels rechtzeitiger Erhebung von Einwendungen
gemäß § 42 AVG 1950 präkludiert ist. |
Norm | |
RS 9 | Eine Verletzung des Gleichheitssatzes liegt dann nicht vor, wenn die Behörde in jenem Vollzugsbereiche, in dem sie rechtlich gebunden ist, dem Gesetz entsprechend vorgeht oder sich zumindest ernsthaft um eine dem Gesetz entsprechende Lösung des Rechtsfalles bemüht. (Hinweis auf die E des Zl. b 478/67 und vom , Zl. B 205/68) |
Norm | |
RS 10 | Für die Frage der Verletzung des Gleichheitssatzes ist nur eine Unsachlichkeit oder Willkür in dem die Person der Partei betreffenden Verhalten der Behörde entscheidend, nicht aber das Verhalten der Behörde in anderen Fällen. (Hinweis auf E des VfGH, Slg. Nr. 3016) |
Norm | |
RS 11 | Die Aufsichtsbehörde darf den Bescheid der obersten Gemeindeinstanz nicht wegen eines für den Sachausgang unwesentlichen Verfahrensmangels aufheben. Eine Verletzung dieses Grundsatzes kann in einem Verfahren, in welchen sich zwei Parteien mit widerstreitenden Interessen entgegenstehen, nicht nur von der Gemeinde, sondern auch von jener Partei mit Bescheid an den VwGH geltend gemacht werden, deren Rechtsstellung durch die Aufhebung des Gemeindebehördlichen Bescheides beeinträchtigt wird. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Borotha und die Hofräte Dr. Lehne, Dr. Leibrecht, Dr. Hrdlicka und Dr. Straßmann als Richter, im Beisein des Schriftführers Regierungskommissär Dr. Schmitz, über die Beschwerde des Dr. H und der M B in S, vertreten durch Dr. Paul Meyer, Rechtsanwalt in Villach, 10.-Oktober-Straße 13, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom , Zl. BauR 1 -37,/1/1970 (mitbeteiligte Parteien: Dipl.- Ing. Ch und G W in P, vertreten durch Dr. Emil Walther, Rechtsanwalt in Klagenfurt, Alter Platz 23) , betreffend eine Baubewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Kärnten hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von S 1.030,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Die Beschwerdeführer suchten am bei der Gemeinde O um Erteilung der Baubewilligung für einen Zubau zu dem auf dem Grundstück Nr. 770/3 der Katastralgemeinde M (P) bestehenden Gebäude an; der Zubau umfasst nach dem Bauplan und der Baubeschreibung ein Geschoß mit einer verbauten Fläche von
92.70 m2 und erstreckt sich bis zur Grenze des Nachbargrundstückes Nr. 770/4 desselben Grundbuches (Eigentümer: Dipl.-Ing. Ch W und G W). Bei der Bauverhandlung erhoben die Nachbarn Dipl.-Ing. Ch W und G W, die ordnungsgemäß geladen worden waren, durch ihren Bevollmächtigten gegen das Bauvorhaben folgenden Einwendungen:
"1) Durch die Errichtung des Zubaues an der Grundstücksgrenze werden die Bauwerber bei allfälligen Reparaturarbeiten das Nachbargrundstück der Familie W betreten müssen und außerdem besteht die Gefahr, dass der Zaunsockel durch die Bauführung beschädigt werden könnte.
2) Durch die Baumaßnahme wird die östliche Umfassungsmauer an der Südseite auf die Geländerhöhe der Terrasse des Wohnhauses B hochgeführt und bis zur südlichen Stirnfläche der Terrassenplatte gegen Süden hin vorgezogen. Aus diesen Maßnahmen heraus werden die Sichtverhältnisse vom Wohnhaus der Familie W gegen Westen hin beeinträchtigt.
3) Durch die Errichtung einer Terrasse im nördlichen Teil des Zubaues kann von dieser Terrasse aus der Sitzplatz sowie das südliche Grundstück der Familie W eingesehen werden.
4) Außerdem ist durch die Errichtung des Zubaues eine erhöhte Lärmbelästigung im besonderen durch die vorgelagerte Sitzterrasse zu erwarten.
5) Durch die (wohl richtig: In der) Tatsache des Anbaues an die Grundstücksgrenze erblicken die Ehegatten W eine Wertverminderung ihres Grundstückes."
Der Besuch einer gütlichen Beilegung durch den Verhandlungsleiter scheiterte.
Mit Bescheid vom , Zl. 153-B-1968, erklärte der Bürgermeister von O die Bauführung in öffentlich-rechtlicher Hinsicht als zulässig. Die vorerwähnten Anrainereinwendungen wurden als privatrechtlich erklärt und die Anrainer zur Wahrung ihrer privatrechtlichen Interessen gemäß § 10 Abs. 2 der Kärntner Bauordnung, LGBl. Nr. 12/1866, auf den Rechtsweg verwiesen. Dieser Bescheid wurde den erwähnten Anrainern am zugestellt. Sie erhoben dagegen vorerst mit einer am zur Post gegebenen Eingabe persönlich und hierauf mit einer am zur Post gegebenen weiteren Eingabe durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt die Berufung. In der ersten Berufungsschrift wird vorerst bemängelt, dass die Baubehörde auf die Einwendungen nicht eingegangen sei, sondern die Ausführung des Baues vom Spruch des ordentlichen Gerichtes abhängig gemacht habe. Des weiteren wird ausgeführt, der Bescheid erkläre die Bauführung zu Unrecht in öffentlich-rechtlicher Hinsicht als zulässig, da bisher am Seeufer - wo die Bauführung stattfinden soll - die offene Verbauung gehandhabt worden sei und eine geschlossene Verbauung nicht nur zu Ungunsten der Anrainer, sondern auch zu Ungunsten des gesamten Fremdenverkehrs wäre. Dass die Gemeinde O es verabsäumt habe, für dieses Gebiet einen Verbauungsplan zu erlassen, dürfe nicht dazu führen, dass den Anrainern der aus der Bauführung hervorkommende Nachteil auferlegt werde. Die Baubehörden hätten ansonsten immer auf den "gewohnheitsrechtlichen" Mindestabstand von 3 m bei Bauführungen an der Nachbargrenze geachtet. Ferner wird darauf hingewiesen, dass der Zubau dem Betrieb einer Frühstückspension dienen solle und dafür die nötigen Einstellmöglichkeiten für Kraftfahrzeuge nicht gegeben seien. Schließlich aber werde die Errichtung und spätere Instandsetzung des Baues deswegen unmöglich sein, weil die berufungswerbenden Anrainer das Betreten ihres Grundes für diese Zwecke untersagen. In der zweiten Berufungsschrift wird vorerst gleichfalls geltend gemacht, die Einwendungen seien nicht nur solche privatrechtlicher, sondern auch solche öffentlichrechtlicher Natur. Die Verwaltungsbehörde dürfe ferner nicht Parteirollen für das gerichtliche Verfahren zuteilen. Weiters wird geltend gemacht, § 20 der Kärntner Bauordnung in Verbindung mit § 1 der Verordnung über Baugestaltung (GBl. für Österreich Nr. 526/1939) sehe ungeachtet des Umstandes, dass in der Kärntner Bauordnung ein Seitenabstand ausdrücklich und ziffernmäßig nicht vorgeschrieben sei, bei offener Bauweise die Möglichkeit vor, die Einhaltung eines Seitenabstandes zu verlangen. Es wäre auch vom öffentlich-rechtlichen Gesichtspunkt aus zu berücksichtigen gewesen, dass eine Aneinanderreihung und Zusammendrängung von Bauwerken bis an die Grundgrenze heran unzumutbar und unzulässig sei und das Gesamtbild restlos verderbe, wozu noch komme, dass der Blick zum See dadurch beeinträchtigt werde. Nach der ständigen Spruchpraxis der Kärntner Landesregierung müsse in Gebieten mit offener Verbauung jedes Gebäude von der Grundgrenze einen seiner Höhe entsprechenden Abstand einhalten. Auch in dieser Berufungsschrift wird beantragt, den Bescheid aufzuheben bzw. das Bauansuchen abzuweisen.
Mit dem auf Grund des Sitzungsbeschlusses des Gemeindevorstandes vom ausgefertigten Berufungsbescheid vom , Zl. 153-B-1969, wurden "die mit Eingabe vom und vom ..... vorgebrachten Berufungen" abgewiesen und wurde der Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde O vom "vollinhaltlich bestätigt". Aus der Begründung dieses Bescheides geht hervor, dass die mit dem Schriftsatz vom erhobene Berufung als nicht innerhalb der Rechtsmittelfrist eingebracht angesehen worden "und daher von vorne herein abzuweisen" gewesen sei. Im übrigen wird in der Begründung ausgeführt, dass es sich bei den vorgebrachten Einwendungen um solche rein privater Natur gehandelt habe. Schließlich wird noch ausgeführt, es bestehe für das betreffende Gebiet kein Bebauungsplan, der zwingende Abstände vorschreibe, es sei aber auch keine Sichtbehinderung von der Bundesstraße zum See gegeben, da das Bauwerk niveaugleich zur Bundesstraße errichtet werden solle.
Gegen den Berufungsbescheid erhoben die Anrainer das Rechtsmittel der Vorstellung. Sie wendeten sich vorerst gegen die Annahme, der zweite Berufungsschriftsatz sei verspätet eingebracht worden, dies mit der Begründung, der Tag der Zustellung des Bescheides der ersten Instanz sei ein Samstag gewesen, und die Berufungsfrist hätte daher auf Grund des Landesgesetzes vom , LGBl. für Kärnten Nr. 48/1961 (richtig wohl: des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 37/1961 in der Fassung des BGBl. Nr. 189/1963) erst am Montag, dem , geendet. In der Sache selbst wird vorgebracht, es habe sich bei den in der Bauverhandlung erhobenen Einwendungen auch um solche öffentlich-rechtlicher Natur gehandelt, insbesondere was die Einhaltung eines Seitenabstandes anlange. Einwendungen, die nicht näher und ausdrücklich als öffentlich-rechtliche oder privatrechtliche qualifiziert würden, seien in erster Linie als Einwendungen öffentlich-rechtlicher Art aufzufassen. Es handle sich um ein Seegrundstück am Millstättersee in einer Gegend, in der offene Bauweise bestehe und die Gebäude einen gegenseitigen Seitenabstand von rund 15 m hätten. Eine Aneinanderreihung und Zusammendrängung von Bauwerken bis an die Grundgrenze heran sei unzumutbar und unzulässig, wenngleich in der Kärntner Bauordnung ein Seitenabstand nicht ausdrücklich und ziffernmäßig vorgeschrieben sei; dies ergebe sich aus der ständigen Rechtsprechung der Kärntner Landesregierung. Des weiteren werden die von den Anrainern bereits im vorangegangenen Verfahren geltend gemachten Umstände, nämlich die Notwendigkeit des Betretens von Nachbargrund bei der Bauführung und bei Reparaturen, die Behinderung der Sichtverhältnisse der Anrainer, die vermehrte Einsicht auf den Grund der Anrainer, die Vermehrung der Lärmbelästigung und die Wertverminderung des Anrainergrundstückes, als Verletzung von Anrainerrechten dargestellt. Schließlich wird gerügt, die Gemeindebehörden hätten zu Unrecht die Parteirollen anlässlich, der Verweisung auf den Rechtsweg verteilt.
Die belangte Behörde gab mit dem nunmehr beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom , Zl. BauR 1-3771/1970, der Vorstellung der Anrainer Folge und hob gemäß § 84 der Allgemeinen Gemeindeordnung, LGBl. für Kärnten Nr. 1/1966, in Verbindung mit § 66 Abs. 4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1950 und § 48 der Kärntner Bauordnung, LGBl. für Kärnten Nr. 48/1969, den Bescheid des Gemeindevorstandes der Gemeinde O vom auf. Die Aufhebung wurde vorerst darauf gestützt, dass der Gemeindevorstand zu Unrecht die zweite Berufungsschrift vom als verspätet angesehen und die darin enthaltenen Ausführungen nicht berücksichtigt habe. Der aufsichtsbehördliche Bescheid folgt in dieser Hinsicht der Argumentation der Vorstellungswerber und führt im übrigen aus, wenn die Berufung als verspätet angesehen worden sei, dann hätte sie nicht abgewiesen werden dürfen, sondern wäre sie zurückzuweisen gewesen. Im Vorgehen des Gemeindevorstandes sei eine Rechtsverletzung zu erblicken, welche die Aufhebung des Bescheides nach sich ziehen müsse. Eine weitere Rechtsverletzung bedeute es, dass die Anrainer mit ihren Einwendungen auf den Rechtsweg verwiesen worden seien; richtigerweise hätten nur die privatrechtlichen Einwendungen als solche auf der Rechtsweg verwiesen werden dürfen und die Gemeindebehörden hätten überdies zu Unrecht die Parteirollen im Zivilrechtsverfahren zugeteilt. Die erteilte Baubewilligung verletze aber auch in materiellrechtlicher Hinsicht die Rechte der Anrainer. Das zur Bebauung bestimmte Grundstück liege im Bauland-Kurgebiet und sei in offener Bauweise bebaut. Ein Bebauungsplan bestehe nicht. Nach § 20 der Kärntner Bauordnung und § 1 der Verordnung über Baugestaltung vom sei jedoch Rücksicht auf die Gestaltung des Orts- , Straßen- und Landschaftsbildes zu nehmen. Dies sei nur durch eine geordnete Verbauung möglich. Bei offener Bauweise sei eine aufgelockerte Bebauung mit ausreichenden Seitenabständen erforderlich; letzteres sei dann der Fall, wenn die Höhe des Gebäudes als Seitenabstand von Gebäude zu Gebäude vorhanden sei. Dem Erfordernis des Seitenabstandes für einen projektierten Bau sei auf der eigenen Grundfläche Rechnung zu tragen. Es könne den Anrainern nicht zugemutet werden, dass bei Errichtung eines Baues auf ihrem Grund der ausreichende Seitenabstand ihnen allein angelastet werde, zumal infolge der offenen Bauweise und des Fehlens eines Bebauungsplanes, der eine geschlossene Bauweise vorsehe, ein Zusammenbauen an der Grenze nicht statthaft wäre. Ein solches Vorgehen würde aber den verfassungsrechtlich gewährleisteten Grundsatz der Gleichheit vor dem Gesetz verletzen.
In der Beschwerde wird die Aufhebung des aufsichtsbehördlichen Bescheides - offenbar wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften - beantragt; Beschwerdepunkt ist offenbar die behauptete Verletzung des Rechtes auf Erteilung der Baubewilligung. Die Beschwerde räumt zwar ein, dass die von den mitbeteiligten Parteien mit Schriftsatz vom eingebrachte zweite Berufung rechtzeitig war, vertritt jedoch den Standpunkt, dass dieser Schriftsatz eine bloße Wiederholung des Parteivorbringens vom gewesen sei und daher die Rechte der mitbeteiligten Parteien durch die Nichtberücksichtigung der zweiten Berufungsschrift nicht verletzt worden seien. Zur Verweisung der Anrainereinwendungen auf den Zivilrechtsweg wird vorgebracht, der von den Beschwerdeführern diesbezüglich beim Bezirksgericht Millstatt eingebrachten negativen Feststellungsklage sei in erster Instanz und in der Berufungsinstanz stattgegeben worden. Die belangte Behörde habe weiters zu Unrecht eine Verletzung der Anrainer durch Nichteinhaltung eines Seitenabstandes angenommen, weil eine solche Verpflichtung weder aus § 20 der Kärntner Bauordnung; noch aus der Verordnung über die Baugestaltung abgeleitet werden könne, überdies aber die offene Bauweise nicht in einem Bebauungsplan festgelegt worden sei, sondern lediglich faktisch bestehe, und der Flächenwidmungsplan das betreffende Gebiet als Bauland und Kurgebiet ausweise. Eine Gleichheitsverletzung könne schon deswegen nicht vorliegen, weil auch die Vorstellungswerber (und nunmehrigen mitbeteiligten Parteien) an die Grundstücksgrenze herangebaut hätten, und zwar mit einem Gebäude, welches nur im oberen Teil als Garage diene, während der untere Teil als Keller und Abstellraum Verwendung finde, sodass das gesamte Gebäude nicht nach der Reichs-Garagenordnung beurteilt werden dürfe. Eine Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften wird darin erblickt, dass die belangte Behörde ein im Zuge des Vorstellungsverfahrens eingeholtes amtsinternes Gutachten außer acht gelassen habe, welches ergebe, dass eine Beeinträchtigung der örtlichen Situation durch den geplanten Bau nicht eintrete.
Die belangte Behörde beantragt in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde. Zur Nichtberücksichtigung des zweiten Berufungsschriftsatzes wird darauf hingewiesen, dass der Gemeindevorstand sich insbesondere mit der darin aufgestellten Behauptung, die vorgebrachten Einwendungen seien auch öffentlichrechtlicher Natur, nicht auseinander gesetzt habe, was die nunmehrigen mitbeteiligten Parteien in ihrem Recht auf ein mangelfreies, objektives und die Entscheidung begründendes Berufungsverfahren verletzt habe. Die bei der Verweisung der Einwendungen auf den Zivilrechtsweg vorgenommene Verteilung der prozessualen Parteirollen habe die Befugnisse der Baubehörde nach § 10 der Kärntner Bauordnung von 1866 überschritten. Zur Frage des im Vorstellungsverfahren eingeholten Sachverständigengutachtens wird in der Gegenschrift ausgeführt, die Vorstellungsbehörde sei an ein solches Gutachten nicht gebunden, zumal sie auf Grund des von der Gemeindebehörde angenommenen Sachverhaltes zu entscheiden habe. Im übrigen wiederholt die Gegenschrift die bereits im angefochtenen Bescheid dargelegten Rechtsausführungen.
Die mitbeteiligten Parteien haben keine Gegenschrift erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 84 Abs. 4 der Allgemeinen Gemeindeordnung, LGBl. für Kärnten Nr. 1/1966, hat die Landesregierung im Vorstellungsverfahren den Bescheid, wenn Rechte des Einschreiters durch ihn verletzt wurden, aufzuheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde "zurückzuweisen". Die Gemeinde ist bei der neuerlichen Entscheidung an die Rechtsansicht der Landesregierung gebunden. Daraus folgt, dass nicht jede objektive Rechtswidrigkeit des Bescheides der obersten Gemeindebehörde zu dessen Aufhebung im aufsichtsbehördlichen Vorstellungsverfahren führen kann. Die Aufhebung hat vielmehr zur Voraussetzung, dass subjektive Rechte des Vorstellungswerbers verletzt wurden. Die Aufsichtsbehörde ist aber nicht, wie die Berufungsbehörde im Verwaltungsverfahren (§ 66 AVG 1950), dazu berufen, in der Sache selbst zu entscheiden, und darf daher auch nicht die vom Vorstellungswerber angestrebte Aufhebung des Bescheides der obersten Gemeindeinstanz, wenn dessen subjektive Rechte nicht verletzt wurden, auf eine, wenngleich vorliegende, objektive Rechtswidrigkeit stützen, welche Befugnis den Berufungsbehörden im Gegensatz zu den Aufsichtsbehörden zusteht. Die eine aufsichtsbehördliche Aufhebung rechtfertigende Rechtsverletzung kann allerdings sowohl im materiellen Recht liegen als auch in einer entscheidungswesentlichen Verletzung formeller Rechtsvorschriften. Das materielle Baurecht begründet nun nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur insoweit subjektive öffentliche Rechte, als die betreffenden Vorschriften nicht nur dem öffentlichen Interesses sondern auch dem Interesse der Nachbarn dienen. Zu letzteren Bestimmungen zählen nicht die Vorschriften über die schönheitlichen Rücksichten (siehe Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Slg.N.F.Nr. 3600 /A). Aus der zur Wahrung des Ortsbildes dienenden Bestimmung des § 1 der Verordnung vom über die Baugestaltung (Gesetzblatt für Österreich Nr. 526/1939) konnten daher keinesfalls subjektive öffentliche Rechte der mitbeteiligten Parteien abgeleitet werden.
§ 20 der Kärntner Bauordnung von 1866 bestimmt, dass im allgemeinen die Bewilligung zur Herstellung baulicher Anlagen aller Art dort zu versagen ist, wo Feuersicherheits-, Gesundheits- oder andere öffentlichen Rücksichten, so z.B. Rücksichten auf das Orts-und Landschaftsbild, den Fremdenverkehr, dagegen begründete Bedenken erregen. Auch diese Vorschrift dient also, soweit sie überhaupt normativen Inhalt hat und für den vorliegenden Fall in Betracht kommt, ausschließlich dem öffentlichen Interesse und vermag subjektive Rechte der Nachbarn nicht zu begründen (siehe Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 92/67, auf welches unter Erinnerung an Art. 14 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, verwiesen wird). Eine Vorschrift, derzufolge in einem Gebiet, welches faktisch in offener Bauweise verbaut ist, von der Nachbargrenze oder von Gebäuden auf Nachbargrund zur Wahrung dieser Bauweise, auch ohne dass ein Verbauungsplan bestünde, bestimmte oder auch nur überhaupt Abstände einzuhalten wären, lässt sich in der Kärntner Bauordnung von 1866 nicht auffinden. Gewohnheitsrecht kommt als Rechtsquelle subjektiver öffentlicher Nachbarrechte gemäß Art. 18 Abs. 1 des Bundes-Verfassungsgesetzes überhaupt nicht in Betracht. Selbst wenn man daher, wie die belangte Behörde dies offenbar getan hat, die von den mitbeteiligten Parteien bei der Bauverhandlung erhobenen Einwendungen in dem Sinne werten wollte, dass die Nichteinhaltung eines Seitenabstandes gerügt wurde, was der Gerichtshof nicht für zutreffend hält, wären durch die Erteilung der Baubewilligung im gemeindebehördlichen Instanzenzug insoweit Rechte der Nachbarn nicht verletzt worden. Im übrigen konnten in materiellrechtlicher Hinsicht nur solche Rechtsverletzungen Grund für eine Aufbebung der Baubewilligung im aufsichtsbehördlichen Verfahren bieten, bezüglich deren die Anrainer bei der Bauverhandlung Einwendungen erhoben haben, also nicht nach § 42 AVG 1950 präkludiert sind. Solche Einwendungen wurden aber nicht erhoben.
Eine Verletzung der Rechte der vorstellungswerbenden Anrainer hätte allerdings darin gelegen sein können, dass die von ihnen erhobenen Einwendungen zu Unrecht auf den Zivilrechtsweg verwiesen worden wären, obwohl Sie, als öffentlich-rechtliche Einwendungen, einer Sachentscheidung zuzuführen gewesen wären. Der Verwaltungsgerichtshof ist nun zwar der Auffassung, dass die in der obigen Sachverhaltsdarstellung bezeichneten Einwendungen 2) bis 4) (Beeinträchtigung der Sicht vom Nachbargrund gegen Westen, Einsicht auf den Nachbargrund und erhöhte Lärmbelästigung) von den Gemeindebehörden erster und zweiter Instanz nicht ohne weiteres hätten als privatrechtlich erklärt werden dürfen, da hiefür von den Anrainern ein Privatrechtstitel nicht ausdrücklich geltend gemacht wurde (siehe Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 92/67, auf welches unter Erinnerung an Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, verwiesen wird, sowie die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom , Slg. N. F. Nr. 3735/A, und vom , Slg. N. F. Nr. 6272/A). Damit ist aber für die mitbeteiligten Parteien nichts gewonnen, da der Kärntner Bauordnung subjektive öffentliche Rechte, auf deren Verletzung sich die genannten Einwendungen beziehen könnten, fremd sind. Wenn es sich also nicht um privatrechtliche Einwendungen, sondern um öffentlich-rechtliche Einwendungen handelte, so wären diese Einwendungen zurückzuweisen gewesen; durch die Erklärung zu privatrechtlichen Einwendungen und durch die Verweisung auf den Zivilrechtsweg an Stelle der Zurückweisung ist folglich eine Beeinträchtigung der Rechtsstellung der Anrainer nicht eingetreten. Sie wurden daher auch insoweit in keinem Recht verletzt. Die restlichen Einwendungen aber stützen sich eindeutig auf Privatrechtstitel und wurden daher richtigerweise als privatrechtliche Einwendungen behandelt.
Die belangte Behörde leitete allerdings einen Aufhebungsgrund aus dem Umstand ab, dass nicht die Einwendungen, sondern die Anrainer mit ihren Einwendungen auf den Zivilrechtsweg verwiesen wurden. Die belangte Behörde erblickte darin, den Vorstellungswerbern folgend, eine unzulässige Verteilung der Parteirollen im Zivilprozess. Es ist der belangten Behörde zuzugeben, dass es dem Wortlaut des § 10 der Kärntner Bauordnung eher entsprochen hätte, lediglich die unbehobenen privatrechtlichen Einwendungen in der Erledigung speziell anzuführen und deren Austragung dem Rechtswege vorzubehalten. Die mitbeteiligten Parteien sind, aber dennoch durch das Vorgehen der beiden Gemeindeinstanzen auch in diesem Punkte nicht in ihren Rechten verletzt worden.i
Die Anführung privatrechtlicher Einwendungen in einem baubehördlichen Bescheid ist nämlich nur insoweit rechtlich t relevant, als sie im Sinne des Art. XXXVII des Einführungsgesetzes zur Zivilprozessordnung bei behördlich bewilligten Bauten die Möglichkeit eröffnet, nicht nur auf Schadenersatz, sondern auch auf Beseitigung des Baues zu klagen. Die Parteirollen im zivilgerichtlichen Verfahren ergeben sich aber diesbezüglich mangels gegenteiliger zivilprozessualer Vorschriften - anders als bei der Erbrechtsklage nach § 125 des Außerstreitpatentes - ausschließlich daraus, wer das Gericht mit seiner Klage anruft, was wieder davon abhängt, worüber der Rechsstreit ausgetragen wird (Unterlassungsklage, positive Feststellungsklage oder negative Feststellungsklage). Auch dieser von der belangten Behörde herangezogene Aufhebungsgrund lag daher in Wahrheit nicht vor. Was nun die Behandlung der Berufungsschrift vom durch die oberste Gemeindeinstanz anlangt, so ist die Aufsichtsbehörde allerdings mit Recht davon ausgegangen, dass dieser Schriftsatz noch innerhalb der Berufungsfrist zur Post gegeben wurde, also nicht als verspätet hätte behandelt werden dürfen. Der Gemeindevorstand hat indes nicht etwa die Entscheidung in der Sache abgelehnt. Er hat vielmehr den ersten Berufungsschriftsatz der mitbeteiligten Parteien vom zum Anlass genommen, gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 in der Sache, nämlich über die Rechtmäßigkeit der Erteilung einer Baubewilligung an die nunmehrigen Beschwerdeführer unter Berücksichtigung der bei der Bauverhandlung erhobenen Einwendungen, zu entscheiden. Er hätte zwar im Sinne des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 497/1424/66, auf welches unter Erinnerung an Arte 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965,-verwiesen wird, die beiden Berufungsschriften als eine einheitliche Berufung werten müssen und sich mit dem gesamten Vorbringen der Berufungswerber zu befassen gehabt. Entgegen der Auffassung der nunmehrigen Beschwerdeführer kann der Verwaltungsgerichtshof auch nicht finden, dass der zweite Berufungsschriftsatz lediglich das Vorbringen im ersten Berufungsschriftsatz wiederholt; so wurde insbesondere im zweiten Schriftsatz ausdrücklich betont, dass es sich bei den erhobenen Einwendungen um solche öffentlich-rechtlicher Natur gehandelt habe und dass sich die Notwendigkeit zur Einhaltung der offenen Bauweise aus § 20 der Kärntner Bauordnung von 1866 und aus § 1 der Verordnung über Baugestaltung ergäbe. Damit hat der Gemeindevorstand insoweit Verfahrensvorschriften verletzt, als er nicht auf das gesamte Berufungsvorbringen sachlich eingegangen ist. Da das Vorstellungsverfahren jedoch der aufsichtsbehördlichen Rechtskontrolle über die Gemeinden in der Richtung dient, ob Rechte der Vorstellungswerber verletzt wurden, können nur solche Verfahrensmängel zur Aufhebung des Bescheides der obersten Gemeindeinstanz führen, die auf die Entscheidung von Einfluss sein konnten. Bereits in seinem Erkenntnis vom , Slg. N. F. Nr. 3954/A, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass dann, wenn ein Nachbar in einem Verfahren betreffend die Erteilung einer Baubewilligung bei richtiger rechtlicher Beurteilung seines Vorbringens nur die Verletzung eines subjektiven Privatrechtes geltend macht, Gegenstand der Entscheidung der Berufungsbehörde nur mehr die Frage ist, ob die Qualifikation der Einwendung als privatrechtliche und damit die Verweisung auf den Rechtsweg dem Gesetz entsprochen hat. In einem solchen Falle darf daher die Berufungsbehörde die Unzulässigkeit der Bauführung nicht aus einem anderen, im bisherigen Verfahren unerörtert gebliebenen Grunde feststellen und das Ansuchen um Baubewilligung abweisen. Was der Gerichtshof damals über privatrechtliche Einwendungen gesagt hat, muss umso mehr auch für unzulässige öffentlich-rechtliche Einwendungen gelten, da bei anderer Auffassung dem Grundgedanken des Baurechtes und insbesondere auch der Kärntner Bauordnung zuwider gehandelt würde, dass dem Nachbarn im Baubewilligungsverfahren nur die Verfolgung subjektiver öffentlicher Rechte möglich ist und dass diese Rechtsverfolgung überdies voraussetzt, dass das betreffende Vorbringen nicht mangels rechtzeitiger Erhebung von Einwendungen gemäß § 42 AVG 1950 präkludiert ist. So betrachtet, hätte der Gemeindevorstand von O auch dann zu keinem anderen Bescheid kommen können, wenn er die Ausführungen im zweiten Berufungsschriftsatz vom berücksichtigt und sich in der Begründung seiner Entscheidung mit diesem Vorbringen auseinander gesetzt hätte. Daraus folgt aber weiters, dass der Gemeindevorstand mit dieser Vorgangsweise keine subjektiven Rechte der nunmehrigen mitbeteiligten Parteien verletzt hat und dass daher auch der ihm unterlaufene Mangel die Aufhebung der Baubewilligung durch die belangte Behörde nicht rechtfertigen konnte.
Schließlich hat die belangte Behörde ihre aufhebende Entscheidung damit begründet, dass durch das Vorgehen der mitbeteiligten Parteien auf Wahrung des Grundsatzes der Gleichheit vor dem Gesetz verletzt worden sei. Eine Verletzung dieses Rechtes kann jedoch dann nicht vorliegen, wenn die Behörde in jenem Vollzugsbereiche, in dem sie rechtlich gebunden ist, dem Gesetz entsprechend vorgeht (siehe Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , Zl. B 478/67) oder sich zumindest ernstlich um eine dem Gesetz entsprechende Lösung des Rechtsfalles bemüht (siehe Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , Zl. B 205/68). Bei der gegebenen Sach- und Rechtslage war nur der Gemeindevorstand von O verpflichtet, die von den mitbeteiligten Parteien bei der Bauverhandlung erhobenen Einwendungen zurückzuweisen bzw. als privatrechtlich zu erklären. Dass er alle Einwendungen als privatrechtlich erklärt hat, lässt auch nicht andeutungsweise den Schluss zu, dass er sich nicht ernstlich um die der Rechtslage entsprechende Entscheidung bemüht habe. Über die Entscheidung der Anrainereinwendungen hinaus konnten aber die mitbeteiligten Parteien durch den Bescheid der Gemeindebehörde nicht im Gleichheitsrechte verletzt werden, weil für die Frage der Verletzung des Gleichheitssatzes nur eine Unsachlichkeit oder Willkür in dem die Person der Partei betreffenden Verhalten die Behörde entscheidend ist, nicht aber das Verhalten der Behröde in anderen Fällen (siehe Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes Slg. Nr. 3016). Dass der Gemeindevorstand gegenüber den Beschwerdeführern nicht von der allenfalls bestehenden Möglichkeit, das Bauvorhaben gemäß § 1 der Verordnung über Baugestaltung abzuweisen, Gebrauch gemacht hat, kommt als Gleichheitsverletzung gegenüber den mitbeteiligten Parteien schon deswegen nicht in Betracht, weil ihnen diesbezüglich ein subjektives Recht überhaupt nicht zustand, ebenso wenig hatten sie ein subjektives Recht auf Erlassung eines Bebauungsplanes. Es erübrigt sich daher, auf die in der Beschwerde erhobene Behauptung, die mitbeteiligten Parteien hätten gleichfalls bis an die gemeinsame Grundgrenze herangebaut, einzugehen, weshalb auch dahingestellt bleiben kann, ob einer Berücksichtigung dieses Vorbringens nicht das Neuerungsverbot nach § 41 VwGG 1965 entgegenstand.
Die belangte Behörde hat also die den Beschwerdeführern von der Gemeinde O im Instanzenzug erteilte Baubewilligung aufgehoben, ohne dass diese subjektive öffentliche Rechte der mitbeteiligten Parteien verletzt hätte. Damit hat sie aber ihrerseits die beschwerdeführenden Parteien in ihrem Recht auf Erteilung der Baubewilligung verletzt. Der angefochtene Bescheid war somit wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965 aufzuheben. Es erübrigt sich daher, auf die Verfahrensrüge einzugehen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG 1965 und die Verordnung des Bundeskanzleramtes vom , BGBl. Nr. 4; das Mehrbegehren war abzuweisen, da der Kostenersatz nach der vorzitierten Verordnung des Bundeskanzleramtes nach Pauschalsätzen bemessen wird.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Normen | ABGB §10; AVG §66 Abs4; BaugestaltungsV 1936 §1; BauO Krnt 1866 §20 impl; BauO Krnt 1866 §20; BauO Krnt 1866; BauO Krnt 1969 §20 impl; BauO Krnt 1969 §20; BauRallg; B-VG Art119a Abs5; B-VG Art18 Abs1; EGZPO Art37; GdO Allg Krnt 1966 §84 Abs4; StGG Art2; VwGG §34 Abs2; VwGG §42 Abs2 litc; |
Sammlungsnummer | VwSlg 7873 A/1970 |
Schlagworte | Beschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch den Berufungsantrag Umfang der Anfechtung Teilrechtskraft Teilbarkeit der vorinstanzlichen Entscheidung |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1970:1970000642.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
GAAAF-53065