VwGH 05.02.1960, 0640/59
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssatz
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Norm | EStG 1953 §4 Abs2; |
RS 1 | Ausführungen zu der Frage, ob eine "Gesellschaftererklärung" über eine rückwirkende Änderung der Gewinnverteilung den Anlaß zu einer Bilanzberichtigung bilden kann. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsidenten Dr. Wasniczek als Vorsitzenden und die Räte Dr. Schirmer, Dr. Schimetschek, Dr. Eichler und Dr. Kaupp als Richter, im Beisein des Sektionsrates Dr. Klein als Schriftführer, über die Beschwerde der prot. Firma Lichtspiele L, Dipl.Ing. OZ und GH in W gegen den Bescheid der Berufungskommission für Wien bei der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. VI - 3211/9 - 1958, betreffend Gewinnfeststellung und Gewerbesteuer 1956, nach durchgeführter Verhandlung, und zwar nach Anhörung des Vortrages des Berichters sowie der Ausführungen des Vertreters der Beschwerde, Rechtsanwalt Dr. Peter Kisler, und des Vertreters der belangten Behörde, Finanzkommissär Dr. RN, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Die beschwerdeführende Gesellschaft ist eine offene Handelsgesellschaft, die ein Kinounternehmen (die Lichtspiele L.) betreibt. An der Gesellschaft waren GH zu 25 % und Dipl.Ing. OZ zu 75 % beteiligt. Dieser starb am . Auf Grund des Gesellschaftsvertrages war die Gesellschaft nach seinem Tode von den Erben fortzusetzen. Zwischen der erblasserischen Witwe und den in einem Testament vom eingesetzten vier anderen Erben entstanden Erbstreitigkeiten. Die Witwe konnte ein vom Erblasser unterfertigtes eigenhändiges Stenogramm eines späteren Testamentes produzieren, laut dem sie mit 25 %, anstatt wie im Ersttestament mit 5 %, zur Erbin eingesetzt worden war. Der Erbstreit wurde mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes für ZRS. vom , Zl. 2 Cg I/46 - 4, dahin entschieden, daß der Witwe das Erbrecht zu einem Viertel des Nachlasses zugesprochen wurde. Daraufhin wurde von den Erben am ein Erbübereinkommen geschlossen, wonach die Witwe Frau HZ mit dem Stichtag vom faktisch alle Ansprüche auf die Firma Lichtspiele L. aufgab und ihr Erbanspruch durch andere Vermögenschaften abgegolten wurde. Unter anderem wurde seitens der anderen vier Miterben auf Rückerstattung und Verrechnung eines von Frau Z im Jahre 1954 zu Lasten der Fa. Lichtspiele L. entnommenen Betrages von 44.000 S verzichtet, wie überhaupt sämtliche Erben auf eine Verrechnung der in der Zeit vom bis von den einzelnen Erben behobenen Erträgnisse des Verlassenschaftsvermögens verzichteten. Das den übrigen vier Erben verbliebene Verlassenschaftsvermögen wurde nach der eigenen Darstellung der Beschwerdeführerin in diesem Erbübereinkommen nach dem Schlüssel: FK 52,6 %, EI 10,5 %, VZ 21,1 % und GZ 15,8% geteilt. Das Finanzamt veranlagte nun für 1956 die Einkünfte aus den L. Lichtspielen im Wege der einheitlichen Feststellung, in dem es den erklärten Gewinn von
39.343,-- S
die von den einzelnen Gesellschaftern
bezogenen Vergütungen d.s. 34.840,-- S
und für eine aktivierte Großreparatur bzw. Investitionen
83 766,- S
zurechnete, mit
157.949,- S
Die Beschwerdeführerin erhob dagegen Berufung, bekämpfte einzig die "Nichtanerkennung der Adaptierungen und Reparaturen als laufende Betriebsausgaben" und begehrte mündliche Berufungsverhandlung. Die Beschwerdeführerin wurde nunmehr aufgefordert, zur mündlichen Verhandlung Belege über den angeblichen laufenden Erhaltungsaufwand und eine Detaillierung dieser Aufwendungen mitzubringen, In der Niederschrift über die am durchgeführte Verhandlung erscheint festgestellt, daß dieser Aufforderung seitens der Beschwerdeführerin nicht entsprochen wurde und daß deren Vertreter erklärte, die Berufung mit der Maßgabe zurückzuziehen, "daß die Gewinnverteilung anders als bisher, und zwar den wahren Verhältnissen entsprechend vorgenommen werde". Die Beschwerdeführerin würde bis zu einem bestimmten Termin einen schriftlichen, von sämtlichen Gesellschaftern gezeichneten Antrag über die Gewinnverteilung einbringen, bei nicht termingerechter Einbringung solle die Berufung zur Gänze ohne Einschränkung als zurückgezogen gelten. Außer der bisherigen Berufseinschränkung beantrage sie noch "Anerkennung von Rechnungsbeträgen in der Höhe von 9.550 S für Ausbesserung der Polsterung, 3,135 S für Ausbesserung der Lamperien und 7.031 S für Neubeziehung der Sessel.
Innerhalb des verlängerten Termines wurde am eine als "Berichtigte Bilanz und Gewinn- und Verlustkonto" bezeichnete gegenüber der ursprünglichen ohne Begründung abgeänderte Bestand- und Erfolgsrechnung vorgelegt, die bei gleichen Gesellschafterbezügen wie bisher, einen "steuerlichen Reingewinn" von 97.617,31 S, sohin einen Gesamtgewinn von 132.475,31 S auswies. Gleichzeitig wurde eine von den Gesellschaftern GR (bereits ursprünglich neben Dipl.Ing. OZ, FK, VZ, GZ und EI unterzeichnete "Gesellschaftererklärung" über die Verteilung des Reingewinnes des Jahres 1956 vorgelegt, wonach diese Gesellschafterin der genannten Reihenfolge 25 %, 39,45 %, 15,825 %, 11,85 % und 7,875 % des Reingewinnes erhalten sollten. Bei der Aufteilung nach diesen Prozentsätzen erweist sich aber einzig der Anteil der GR als richtig berechnet, die anderen Anteile als zusammen um 44.000 S zu nieder, während diese 44.000 S als "fixer Anteil HZ" ausgewiesen erscheinen.
Die Finanzlandesdirektion beauftragte mit der Begründung, daß eine von sämtlichen Gesellschaftern unterschriebene Erklärung nicht termingemäß. eingebracht wurde (sie vermißte offensichtlich die Unterschrift der in der vorerwähnten "Gesellschaftererklärung" ebenfalls als Gesellschafterin genannten HZ), die Berufung sohin im Sinne der Niederschrift über die Berufungsverhandlung als bedingungslos eingeschränkt anzusehen sei, nunmehr das Finanzamt ihr in diesem eingeschränkten Umfang mit Einspruchsbescheid stattzugeben. Das Finanzamt erließ daraufhin am einen Einspruchsbescheid mit dem es die Einkünfte aus Gewerbebetrieb mit 138.253 S einheitlich festsetzte. Zu dieser Ziffer kam es durch Abrechnung der in der Berufungsverhandlung vom besonders geltend gemachten Betriebsausgaben von den ursprünglich mit 157.949 S festgestellten Einkünften. Die Gewinnverteilung nahm es nach dem Aufteilungsschlüssel vor, der im Erbübereinkommen vom festgelegt war, weil "ein neuer, von sämtlichen bezugsberechtigten Gesellschaftern unterfertigter nicht vorliegt".
Die Beschwerdeführerin beantragte die Entscheidung der Berufungskommission "insoweit der Einspruchsbescheid die Aufteilung des festgestellten Reingewinnes nach dem bisherigen Gewinnverteilungsschlüssel vornimmt und den Bezug von Frau HZ von 44.000 S außer Betracht läßt.
Die belangte Behörde hat nunmehr der Berufung "in dem durch Parteienerklärung vom eingeschränkten Umfange stattgegeben", d.h. sie hat im Sinne des dargestellten, außer Kraft getretenen Einspruchsbescheides entschieden und auch die entsprechende Aufteilung übernommen. In der Begründung wird ausgeführt, daß die Beschwerdeführerin ihr Begehren in der mündlichen Berufungsverhandlung vom dahin eingeschränkt habe, daß die nunmehr anerkannten Abzugsbeträge für Betriebsausgaben berücksichtigt würden. Der Vertreter der beschwerdeführenden Firma habe sich dabei verpflichtet, einen von sämtlichen Gesellschaftern gezeichneten Gewinnverteilungsplan bis vorzulegen. Für den Fall der Nichteinbringung innerhalb der genannten Frist gelte die Berufung ohne Bedingung als eingeschränkt. Da eine solche von sämtlichen Personen, denen nach Meinung der beschwerdeführenden Firma ein Anteil am Gewinn des Jahres 1956 zuzurechnen sei, gezeichnete Eingabe bis heute (Tag der Berufungsentscheidung) nicht vorgelegt worden sei, sei der Berufung im eingeschränkten Umfange stattzugeben.
Gegen diesen Bescheid hat die Beschwerdeführerin Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof erhoben. Die Aufteilung der Erbschaft nach Ing. Z sei erst durch das Erbübereinkommen vom Jänner 1956 endgültig geregelt worden. Die Entnahme des Betrages von 44.000 S in den Jahren 1954 und 1955 sei als Forderung der Beschwerdeführerin gegen die Witwe des Erblassers verbucht worden. Gegen diese Art der Verbuchung könne vom Standpunkt des Zivilrechtes nichts eingewendet werden. Das Steuerrecht kenne aber keine ruhende Erbschaft, vielmehr gehe die Erbschaft sofort nach dem Tode des Erblassers unmittelbar auf die Erben über. Die Witwe des Erblassers sei im Hinblick auf die Bestimmung des Gesellschaftsvertrages, daß die Gesellschaft nach dem Tode eines Gesellschafters mit dessen Erben fortgesetzt werde, auch ohne ihr Zutun Gesellschafterin der OHG. geworden. Überdies sei sie - im Hinblick auf die Entnahme des Betrages von 44.000 S in mehreren Teilbeträgen - selbst als Gesellschafterin aufgetreten.
Nach der Vorschrift des § 11 des Einkommensteuergesetzes wären ihr zwar die entnommenen Beträge schon im Jahre 1954 zugeflossen, da aber im vorliegenden Fall die Bestimmungen über die Gewinnermittlung gemäß §§ 4 Abs. 1 und 5 EStG zum Zuge kämen, sei der entnommene Betrag von 44.000 S der Witwe des Erblassers erst auf Grund des Erbübereinkommens vom , also im Rahmen der Gewinnverteilung 1956 auf Grund der "Gesellschaftererklärung" zuzurechnen. Hieraus folgert die Beschwerde, daß die der angefochtenen Gewinnfeststellung zugrunde liegende Bilanz unrichtig und daß eine Bilanzberichtigung nach § 4 Abs. 2 EStG zulässig gewesen sei. Deshalb habe auch die belangte Behörde die mündliche Berufungsverhandlung vom vertagt und die Vorlage eines von sämtlichen Gesellschaftern unterzeichneten Gewinnverteilungsplanes innerhalb einer bestimmten Frist zugelassen.
In verfahrensrechtlicher Hinsicht erblickt die Beschwerdeführerin in der Feststellung, die in Aussicht gestellte, von allen Gesellschaftern unterzeichnete Gewinnverteilungserklärung sei nicht vorgelegt worden, eine Aktenwidrigkeit. Die Beschwerdeführerin sei vielmehr dieser Verpflichtung nachgekommen. Eine Unterschrift der Witwe des Erblassers sei begreiflicherweise nicht zu erlangen gewesen, weil sie nunmehr außerhalb der Gesellschaft stehe und weil sie sich dessen wohl bewußt sei, durch ihre Unterschrift auf der Gesellschaftererklärung die Einkommensteuerpflicht des entnommenen Betrages von 44.000 S anzuerkennen. Die belangte Behörde habe auch den Sachverhalt nicht ausreichend ermittelt und habe Feststellungen über die Erbeneigenschaft der Frau Z unterlassen und zu der vorgelegten berichtigten Bilanz für das Jahr 1956 nicht Stellung genommen. Schließlich sei auch das Recht der Beschwerdeführerin auf Parteiengehör verletzt worden, weil nach der Vertagung der Verhandlung vom eine Ladung zu der Sitzung der Berufungskommission vom unterblieben sei. Eine Verletzung von Verfahrensvorschriften sei überdies noch in der den Bestimmungen des Abgabenzustellungsgesetzes widersprechenden Zustellung des angefochtenen Bescheides gelegen. Die Beschwerdeführerin beantragt den Zuspruch von Kosten im Betrage von 1074 S.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:
Nach dem klaren Wortlaut des Antrages auf Entscheidung der Berufungskommission bekämpfte die Beschwerdeführerin im Berufungsverfahren die einheitliche Feststellung von Einkünften des Jahres 1956 schließlich nur mehr hinsichtlich des Aufteilungsschlüssels, bzw. der Nichtberücksichtigung der von Frau HZ im Jahre 1954 entnommenen Beträge von zusammen 44.000 S. Der dem bekämpften Bescheide der belangten Behörde zugrunde gelegte, mit 138,233 S festgestellte Gesamtgewinn der beschwerdeführenden Firma muß daher als im Verwaltungsverfahren außer Streit gestellt angesehen werden und alle Ausführungen der Beschwerde über die Zulässigkeit der sogenannten "Bilanzberichtigung" vom erscheinen demnach in dieser ziffernmäßigen Hinsicht im Hinblick auf das Neuerungsverbot des § 41 VwGG unbeachtlich.
Hingegen ist die Beschwerde insoweit im Recht als sie behauptet, die belangte Behörde gehe in ihrem Bescheide aktenwidrig davon aus, daß die "Gesellschaftererklärung" über die Verteilung des Reingewinnes 1956 nicht von allen Gesellschaftern unterfertigt sei. Im maßgebenden Jahr 1956 waren nämlich laut Erbübereinkommen tatsächlich nur mehr die unterfertigten Personen Gesellschafter der Firma Lichtspiele L., da HZ demnach bereits Mitte 1955 aus der Firma ausgeschieden ist, wobei für den vorliegenden Streitfall gar nicht untersucht zu werden brauchte, ob sie früher nach bürgerlichem Recht oder zumindest steuerrechtlich als deren Gesellschafterin anzusehen war oder nicht. Die gerügte Aktenwidrigkeit ist aber nicht als wesentlich anzusehen, denn auch wenn alle Gesellschafter der beschwerdeführenden Firma eine Gewinnverteilungserklärung wie die vorliegende unterzeichnen, die im Ergebnis völlig abweichende Ziffern von dem nach ihren eigenen Angaben maßgebenden Aufteilungsschlüssel des Erbübereinkommens enthält und für diese Abweichung keinerlei Motivierung angeben oder ein rechtlich unbegründetes Begehren stellen, können sie nicht verlangen, daß eine solche Erklärung als "Berichtigung" im Sinne des § 4 Abs. 2 EStG angesehen wird. Rechtlich völlig unbegründet ist insbesondere das Begehren der beschwerdeführenden Firma, Beträge, die Frau HZ seinerzeit unter welchem Rechtstitel immer aus den Erträgen früherer Jahre entnommen hat, nun als gesellschaftliche Beteiligung der Genannten am Gewinn des Jahres 1956 zu behandeln, zumal dieser selbst nach eigener Darstellung der Beschwerde für 1956 gar keine Gesellschafterqualität mehr zukommt. Die von Frau HZ behobenen 44.000 S fallen nach dem eindeutigen Wortlaut des Erbübereinkommens unter die zwischen den Vertragspartnern nicht verrechnungspflichtigen Behebungen in der Zeit vom bis zu Lasten der damaligen Erträgnisse des Verlassenschaftsvermögens und können daher die Gewinnverteilung des Jahres 1956 der beschwerdeführenden Firma keinesfalls berühren. An dieser grundlegenden Tatsache könnte auch eine Vermeidung der von der Beschwerdeführerin behaupteten Verfahrensmängel nichts ändern, sodaß auf die bezüglichen Ausführungen nicht weiter einzugehen war.
Zusammenfassend ergibt sich demnach, daß die belangte Behörde über die Berufung der Beschwerdeführerin - wenn auch mit einer rechtsirrigen Begründung - im Ergebnis ohne Rechtsverletzung entschieden hat.
Die Beschwerde mußte daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1952 als unbegründet abgewiesen werden.
Wien, am
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Norm | EStG 1953 §4 Abs2; |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1960:1959000640.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
LAAAF-53059