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VwGH 18.06.1963, 0554/62

VwGH 18.06.1963, 0554/62

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Norm
RS 1
Beim Auslagenersatz gem § 19 Abs 2 Z 1 EStG 1953 müssen die Zwecke des Arbeitgebers im Vordergrund stehen. Der Arbeitnehmer darf an der Ausgabe dieser Beträge kein unmittelbares eigens Intersse haben. Eine geringfügige Umsatzbeteiligung rechtfertigt aber noch nicht die Annahme, dass deswegen eine Interesse des Arbeitnehmers an den für den Dienstgeber getätigten Auslagen besteht. Aus diesem Grunde allein kann daher die Steuerfreiheit dieser Auslagenersätze nicht versagt werden.
Normen
RS 2
Ersetzt ein Arbeitgeber seinem Angestellten Repräsentationsauslagen, die dieser im Interesse des Arbeitgebers und in dessen Auftrag erbringt, dann ist dieser Auslagenersatz nur dann lohnsteuerpflichtig, wenn der Arbeitnehmer selbst auch ein Interesse an diesen Auslagen und an den dadurch geförderten Geschäftsabschlüssen hat. Dieses Interesse wird dann in der Regel ausgeschlossen sein, wenn der Angestellte neben seinen festen Bezügen eine sehr geringe Umsatzprovision erhält. Der Ersatz von Auslagen für die eigene Verpflegung des Arbeitnehmers, dem eine entsprechende Haushaltsersparnis gegenübersteht, ist jedoch auf keinen Fall steuerfrei.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsidenten Dr. Dietmann und die Hofräte Dr. Schirmer, Dr. Eichler, Dr. Raschauer und Dr. Frühwald als Richter, im Beisein des Schriftführers, Finanzoberkommissärs Dr. Zatschek, über die Beschwerde des JB in I, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Tirol vom , Zl. 2176 - I - 1961, betreffend Lohnsteuer und Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichfonds für Kinderbeihilfe, zu Recht erkannte

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist Inhaber einer Weingroßhandelsfirma mit dem Sitz in G, die eine Niederlassung in I besitzt. Er beschäftigt in seiner I Betriebsstätte u. a. den Dienstnehmer ME. ME ist Prokurist und Geschäftsführer, ihm obliegt die gesamte Geschäftsführung und Vertretung der Firma im Inland. Im Rahmen dieser Tätigkeit hat er Kundenbesuche zu absolvieren, bei denen Bestellungen entgegengenommen, gegebenenfalls Inkassi getätigt und der sonst übliche Kontakt mit der Kundschaft gepflogen wird. Dabei werden dann Geschäftsgepflogenheiten entsprechend auch Bewirtungen (insbesondere der Stammkunden des jeweiligen Abnehmerwirtes) vorgenommen. Die bei dieser Außentätigkeit entstehenden Spesen (für auswärtige Nächtigung, „Eigenverpflegung, Fahrten, Getränke auf Grund von Bewirtungen und freiwillige Trinkgelder an das Bedienungsperson) werden dem Dienstnehmer vom Dienstgeber gegen Verrechnung ersetzt; diese erfolgt durch tageweise Aufzeichnung der entstandenen Unkosten unter Beifügung der entsprechenden Belege. Im Übrigen besteht das Arbeitsentgelt des Prokuristen E in einem monatlichen Fixbezug von S 4.500 (mit zwei gleich hohen Sonderzahlungen jährlich), freier Dienstwohnung und einer Provision in Höhe von 0,5 % des Gesamtumsatzes der Betriebsstätte (im Monatedurchschnitt ca. S 1.100,--).

Die Firma hatte bisher nur von den Gehältern, Provisionen, Pauschalzulagen und Sonderzahlungen Lohnsteuer und Beiträge zum Ausgleichsfonds für Kinderbeihilfe abgeführt. Anläßlich einer am durchgeführten Lohnsteuerprüfung, die sich auf die Jahre 1958 bis 1960 erstreckte, unterzog das Finanzamt u. a. auch die dem Dienstnehmer E für Repräsentationskosten gewährten Vergütungen der Besteuerung. Dies führte hinsichtlich dieser Vergütungen zu einer Nachforderung an Lohnsteuer und an Dienstgeberbeiträgen zum Ausgleichsfonds für Kinderbeihilfe, die neben anderen Beträgen dem Beschwerdeführer mit Haftungs- und Zahlungsbescheid des Finanzamtes vom zur Nachzahlung vorgeschrieben wurden. Die vom Beschwerdeführer bezahlten Vergütungen für Fahrgelder sowie für Tages- und Nächtigungsaufwendungen wurden jedoch vom Finanzamt als Reisespesen gemäß § 19 Abs. 2 Z. 2 EStG 1953 anerkannt und von der Nachbesteuerung ausgenommen.

Der Beschwerdeführer berief gegen den Haftungs- und Zahlungsbescheid mit der Begründung, bei den nachträglich besteuerten Vergütungen für Repräsentationsspesen handle es sich nicht um den Ersatz eigener Konsumationsspesen des Dienstnehmers, sondern um die Vergütung von Ausgaben, die im besonderen Auftrage der Firma getätigt würden und bei denen daher nicht das Interesse des Dienstnehmers, sondern jenes der Firma im Vordergrund stehe. In einem solchen Falle liege aber nach den Ausführungen des Einkommensteuerkommentars von Blümich (7. Auflage S. 893) nicht zum Arbeitslohn gehöriger Auslagenersatz nach § 19 Abs. 2 Z. 1 EStG 1953 vor.

Das Finanzamt wies mit Einspruchsbescheid vom das Berufungsbegehren in bezug auf den Prokuristen E ab. Daraufhin beantragte der Beschwerdeführer die Entscheidung der Finanzlandesdirektion für Tirol, wobei er die bisher vorgebrachten Gründe wiederholte.

Die belangte Behörde wies mit dem angefochtenen Bescheid das Berufungsbegehren hinsichtlich des Dienstnehmers E ab. In der Begründung dieser Entscheidung wurde ausgeführt, im vorliegenden Fall sei streitentscheidend, ob die erwähnten Repräsentationsaufwendungen im Sinne des § 19 Abs. 2 EStG 1953 als Auslagen des Dienstgebers oder als solche des Dienstnehmers anzusehen seien. Unter Aufwendungen des Arbeitgebers würden nach Literatur und Rechtsprechung jene verstanden, an denen der Arbeitnehmer kein unmittelbar eigenes Interesse habe und die der Dienstnehmer nur als Bote des Arbeitgebers verausgabe. Bestehe auch ein eigenes, nicht nur ganz unerhebliches Interesse des Arbeitnehmers an den Aufwendungen, dann lägen keine Aufwendungen des Dienstgebers und im Falle eines Ersatzes seitens des Dienstgebers auch keine Auslagenersätze nach § 19 Abs. 2 Z. 1 EStG 1953 vor (Blümich, 7. Auflage S. 893, Oeftering a. a. O. und RStBl. 1936 S. 987). Im Gegenstandsfall sei der Arbeitnehmer ME ohne Zweifel an den sogenannten Repräsentationsaufwendungen mehr als ganz unerheblich interessiert gewesen; denn der mit Hilfe der Repräsentationsaufwendungen erzielte Geschäftserfolg beeinflusse auch maßgeblich die Höhe seiner eigenen Einkünfte, wobei es unbeachtlich sei, daß diese Aufwendungen sicherlich auch im Interesse des Arbeitgebers lagen. Mit Rücksicht auf diese Beurteilung erübrige sich die beantragte Einvernahme aller Gastwirte und Kellnerinnen der besuchten Betriebe, weil das Beweisthema nicht einschlägig erscheine. Der Ersatz der sogenannten Repräsentationsspesen stelle deshalb bei ME vorerst Lohn dar und könne nur über eine entsprechende Freibetragseintragung auf der Lohnsteuerkarte (als erhöhte Werbungskosten für Repräsentationsaufwendungen) die Lohnsteuerbemessungsgrundlage beeinflussen.

Der Beschwerdeführer bekämpft in seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde die Entscheidung der belangten Behörde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Zur behaupteten Rechtswidrigkeit des Inhaltes führt der Beschwerdeführer aus, daß die von ME getätigten Ausgaben den Zweck hätten, dem Beschwerdeführer die Kunden und den Umsatz zu erhalten. Sie würden also im geschäftlichen Interesse des Beschwerdeführers getätigt und der Dienstnehmer handle hiebei ausschließlich als Repräsentant des Dienstgebers. Die Annahme der belangten Behörde, daß ME an den sogenannten Repräsentationsaufwendungen „mehr als ganz unerheblich“ interessiert sei, weil der mit Hilfe dieser Aufwendungen erzielte Geschäftserfolg auch ganz maßgeblich die Höhe seiner eigenen Einkünfte beeinflusse, stehe mit den Feststellungen auf Seite 2 des Bescheides im Widerspruch. Nach diesen Feststellungen betrage die Umsatzprovision nur 0,5 % des Umsatzes, sei also sehr niedrig.

Die gesamte Umsatzprovision mache nach diesen Feststellungen im Durchschnitt monatlich nur 1.100,--, unter Berücksichtigung der sonstigen Bezüge (Fixum 14 mal jährlich und Dienstwohnung) nur etwa 15 - 20 % der sonstigen Bezüge aus. Nun käme aber für die Beurteilung des Interesses des ME und der Beeinflussung seiner Einkünfte lediglich die allenfalls durch diese Aufwendungen erzielte Erhöhung seiner Provisionseinkünfte, und zwar immer nur mit einem halben Prozent der Erhöhung des Umsatzes in Frage. Diese Erhöhung der Provision stehe aber zweifellos in keinem Verhältnis zu der Höhe der Ausgaben, deren Erfolg auch nach den Feststellungen des angefochtenen Bescheides zu 99,5 % dem Dienstgeber zugute komme. Dabei sei aber zusätzlich noch zu berücksichtigen, daß es sich bei der dem ME gebührenden Provision um eine Umsatzprovision handle, bei der es gleichgültig sei, ob die Umsatzerhöhung von ihm oder von jemand anderem erzielt werde. Von diesem Gesichtspunkt spiele es keine Rolle, wer die Repräsentationsausgaben tätige, weil ja auch jede durch eine andere Person bewirkte Verbesserung des Geschäftserfolges dem E zugute komme, und zwar genau so wie eine durch andere Maßnahmen, zum Beispiel Zeitungsinserate und sonstige Reklameausgaben bewirkte Verbesserung des Geschäftserfolges. Auf die den Gegenstand des angefochtenen Bescheides und die Beschwerde bildenden Repräsentationsaufwendungen träfen die Ausführungen in Blümich, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, 7. Auflage, S. 893, zu, da, bei ihnen die Zwecke des Dienstgebers im Vordergrund stünden, der Arbeitnehmer daran kein unmittelbares Interesse habe, sondern mehr ein Bote oder Vertreter des Arbeitgebers sei. Es handle sich also um Ausgaben, an denen der Arbeitnehmer kein oder nur ein ganz unerhebliches Interesse im Verhältnis zu dem des Arbeitgebers habe. Die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erblickt der Beschwerdeführer darin, daß die belangte Behörde die Aufnahme der vom Beschwerdeführer beantragten Beweise (Gastwirte und Kellnerinnen) unterlassen habe. Durch die Vernehmung der beantragten Personen hätte sich ergeben, daß es sich durchwegs um Aufwendungen gehandelt habe, die nicht der eigenen Konsumation des Dienstnehmers ME, sondern ausschließlich dem Zwecke des Dienstgebers gedient hätten, und daß der Dienstnehmer daran für seine Person überhaupt kein oder äußerstenfalls ein ganz unerhebliches Interesse gehabt habe.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

Gemäß § 19 Abs. 2 Z. 1 EStG 1953 gehören Beträge, die der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber erhält, um sie für ihn auszugeben (durchlaufende Gelder), und die Beträge, durch die Auslagen des Arbeitnehmers für den Arbeitgeber ersetzt werden (Auslagenersatz) nicht zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit. Sinn dieser Gesetzesbestimmung ist es, aus den lohnsteuerpflichtigen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit jene Beträge auszuscheiden, die ein Arbeitnehmer vom Arbeitgeber erhält, um sie für ihn auszugebene oder die er erhält, weil er sie für den Arbeitgeber ausgegeben hat (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 1349/59). Nach der herrschenden Lehre dürfen Auslagenersätze, wenn sie lohnsteuerfrei sein sollen, nicht eigene Aufwendungen des Arbeitnehmers decken, und zwar auch dann nicht, wenn diese Aufwendungen auch mittelbar ein Interesse des Arbeitgebers liegen. Es müssen daher beim Auslagenersatz die Zwecke des Arbeitgebers im Vordergrund stehen. Der Arbeitnehmer darf an der Ausgabe dieser Beträge kein unmittelbares eigenes Interesse haben. Der Auslagenersatz muß für ihn ein Ersatz bereits verausgabter Gelder sein. Besteht auch ein eigenes nicht nur ganz unerhebliches Interesse des Arbeitnehmers an den Aufwendungen, dann kann von einem Auslagenersatz nicht die Rede sein (Blümich-Falk, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, 8. Auflage, 1. Band, S. 218; Oeftering, „Das gesamte Lohnsteuerrecht“, 3. Auflage, Erläuterungen zu § 4 S. 33/34; siehe auch Reichsfinanzhof vom , RStBl. 1936 S. 987). Die belangte Behörde hat nun ihre abweisliche Entscheidung ganz allgemein damit begründet, daß im Beschwerdefall nicht nur der Arbeitgeber, sondern auch der Arbeitnehmer an den sogenannten Repräsentationsaufwendungen interessiert sei, weil der mit Hilfe dieser Aufwendungen erzielte Geschäftserfolg auch maßgeblich die Höhe seiner eigenen Einkünfte beeinflusse. Allein der Umstand, daß dem Arbeitnehmer eine Umsatzprovision in der Höhe von 0,5 % zusteht, die ja für ihn nicht den Hauptverdienst, sondern nur ein verhältnismäßig geringfügiges zusätzliches Einkommen darstellt, rechtfertigt es nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes noch nicht, den vom Arbeitgeber bezahlten Vergütungen für die vom Arbeitnehmer getätigten Repräsentationsaufwendungen schlechthin die Anerkennung als Auslagenersätze im Sinne des § 19 Abs. 2 Z. 1 EStG 1953 zu versagen. Nun kann es allerdings nicht dem freien Verfügungsrecht des Arbeitnehmers überlassen bleiben, die von ihm im Namen und auf Rechnung des Arbeitgebers getätigten Repräsentationsausgaben ohne Rücksicht auf deren Art und Höhe als Auslagenersätze zu erklären und daraus die steuerfreie Behandlung der verausgabten Beträge im Sinne der obzitierten Gesetzesstelle abzuleiten. Dies würde auch eine Umgehung des im § 12 EStG 1953 verankerten Grundsatzes bedeuten, wonach Repräsentationsspesen grundsätzlich nicht abzugsfähig sind. Im vorliegenden Fall kann zwar nicht geleugnet werden, daß ein unmittelbarer ursächlicher Zusammenhang der Repräsentationsaufwendungen mit den Geschäftsabschlüssen bzw. Berufsvorrichtungen des Geschäftsführers ME gegeben ist; die belangte Behörde hätte jedoch nähere Erhebungen darüber durchführen müssen, welche konkreten Vereinbarungen der Beschwerdeführer mit ME hinsichtlich des Ersatzes der in Rede stehenden Spesen abgeschlossen hat, insbesondere bei welchen Geschäftsabschlüssen und Kundenbesuchen und in welchem Ausmaß der Dienstnehmer ermächtigt war, im Namen und auf Rechnung des Beschwerdeführers Repräsentationsaufwendungen zu tätigen. Hiebei wird auch zu prüfen sein, ob nicht in den vom Arbeitnehmer verausgabten Beträgen auch einzelne Aufwendungen enthalten sind, die Werbungskosten der Arbeitnehmer oder Lebenshaltungskosten (z. B. Eigenverpflegung) für ihn darstellen, denen eine entsprechende Haushaltsersparnis gegenübersteht. Der auf derartige Kosten entfallende Anteil der Aufwendungen des Arbeitnehmers stellt auf keinen Fall einen Auslagenersatz im Sinne des § 19 Abs. 2 Z. 1 EStG 1953 dar.

Der angefochtene Bescheid war somit, da die Feststellung des Sachverhaltes in entscheidenden Punkten noch einer Ergänzung bedarf, gemäß § 42 Abs. 2 lit. c Z. 2 VwGG 1952 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
Sammlungsnummer
VwSlg 2897 F/1963
Schlagworte
Ersatz von Repräsentationsauslagen des Angestellten durch den Arbeitgeber
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1963:1962000554.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
XAAAF-52929