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VwGH 25.11.1969, 0550/69

VwGH 25.11.1969, 0550/69

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Normen
ABGB §1486 Z3;
KAG Wr 1958 §42;
RS 1
Forderungen nach §§ 42 ff WKAG bezüglich der Pflegegebühren öffentlicher Krankenanstalten sind Forderungen des öffentlichen Rechtes, auf die die Vorschriften des ABGB, über Verjährung nur insoweit anwendbar sind, als dies in den in Frage kommenden Bestimmungen ausdrücklich vorgesehen ist.
Normen
GSPVG §105 Abs3;
KAG Wr 1958 §42;
RS 2
Ersparnisse aus dem von der Legalzession des § 105 Abs 3 GSPVG nicht erfaßten Pensionsbezügen können zur Deckung der gem. § 42 ff WKAG vorgeschriebenen Pflegegebühren soweit herangezogen werden, als dadurch nicht der Lebensunterhalt und eventuelle Unterhaltsverpflichtungen des Zahlungsverpflichteten betroffen werden. (Hinweis auf E vom , Zl. 1679/66, VwSlg. 7091 A/1966, zu § 324 Abs 3 ASVG)

Entscheidungstext

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung

verbunden):

0560/69 E

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Borotha und die Hofräte Dr. Kadecka, Dr. Skorjanec, Dr. Rath und Dr. Jurasek als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Baran, über die Beschwerden der JB in X, vertreten durch den Kurator Dr. Alfred Hardix, Rechtsanwalt in Wien I, Rotenturmstraße 29/III, gegen die Bescheide der Wiener Landesregierung vom , Z. MA 14-B 67/68 und MA 14-B 76/68, beide betreffend Vorschreibung von Pflegegebühren, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Wien Aufwendungen in der Höhe von S 780,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die am verstorbene Beschwerdeführerin befand sich seit vielen Jahren in verschiedenen Heil- und Pflegeanstalten und wurde am in die Heilanstalt Ybbs/Donau verlegt. Zum Kurator der vollentmündigten Beschwerdeführerin wurde vom Amtsgericht Wien mit Beschluß vom Rechtsanwalt Dr. Hardix bestellt, der mit Genehmigung des Pflegschaftsgerichtes namens der Beschwerdeführerin die vorliegenden Beschwerden eingebracht hat. Vom Altersunterstützungsfonds der Kammer der gewerblichen Wirtschaft erhielt die Beschwerdeführerin mit Bescheid vom gemäß § 6 des Handelskammer-Altersunterstützungsgesetzes, BGBl. Nr. 115/1953, in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 188/1955 (HKAG) rückwirkend ab eine Unterstützung von monatlich S 550,-- zuerkannt. Auf Grund eines vom Kurator bei der Tagsatzung beim Bezirksgericht Innere Stadt Wien am eingebrachten Vorschlages wurde dieser im Sinne eines von der Magistratsabteilung 17 des Magistrates der Stadt Wien gestellten Antrages vom vom Bezirksgericht Innere Stadt Wien mit Beschluß vom angewiesen, von dieser Unterstützung monatlich S 400,-- an die Heil- und Pflegeanstalt zu überweisen. Nachdem sich der Kurator und die Magistratsabteilung 17 über den Inhalt des vom Kurator bei der erwähnten Tagsatzung vom vorgelegten Vorschlages einig geworden waren, genehmigte das Bezirksgericht Innere Stadt Wien als Pflegschaftsbehörde mit Beschluß vom nachstehenden "Vergleich":

"a) Von der Altersunterstützung der Kurandin JB werden zur teilweisen Abdeckung der Verpflegskosten der Kurandin ab  monatlich bis auf weiteres 80 % an die Heil- und Pflegeanstalt 'Am Steinhof' überwiesen.

b) Zur teilweisen Abdeckung der für die Zeit vom bis aufgelaufenen Verpflegskosten der Kurandin wird ein Betrag von S 1.000,-- (Schilling eintausend), und zwar ein Teilbetrag von S 500,-- (Schilling fünfhundert), binnen 14 Tagen nach Zustellung der pflegschaftsbehördlichen Genehmigung dieses Vergleiches und der Restbetrag von S 500,-- (Schilling fünfhundert) in Monatsraten von S 50,-- (Schilling fünfzig), die ersten am , die weiteren an jedem zehnten der darauffolgenden Monate, an die Heil- und Pflegeanstalt 'Am Steinhof' zusammen mit den laufenden Verpflegskostenbeiträgen von

S 400,-- überwiesen.

c) Die Stadt Wien erhebt bis auf weiteres keinen Anspruch auf die noch vorhandenen Fahrnisse der Verpflegten sowie auf deren Sparkassenkonto Nr. nnnn mit einem Stande von S 43,77 zur weiteren teilweisen Berichtigung der auflaufenden Verpflegskosten.

d) Diese Regelung gilt bis auf weiteres, längstens jedoch bis zur gesetzlichen Neuregelung der Vorschriften über die Altersunterstützung der Selbständigen und kann von beiden Teilen mittels eingeschriebenen Briefes einmonatlich zum 1. des nächstfolgenden Kalendermonates aufgekündigt werden."

Die Pensionsversicherungsanstalt der Kammer der gewerblichen Wirtschaft hat der Bfrin. mit Bescheid vom anstelle der nach dem Handelskammeraltersunterstützungsgesetz gewährten Unterstützung rückwirkend ab eine Übergangsalterspension und Ausgleichszulage von monatlich S 870,-- gemäß § 193 ff. des Gewerblichen Selbständigen-Pensionsversicherungsgesetzes, BGBl. Nr. 292/1957 (GSPVG) zuerkannt. Gemäß § 202 Abs. 1 GSPVG trat das Handelskammer-Altersunterstützungsgesetz, das bisher die Rechtsgrundlage für die Bezüge der Beschwerdeführerin war, mit außer Kraft. Die Bezüge wurden in der Folge durch mehrere Novellen erhöht. Ab wurden gemäß der Legalzession des § 105 Abs. 3 GSPVG in der Fassung der 5. Novelle, BGBl. Nr. 14/1962, 80 % dieser Rente, das sind S 783,20, unmittelbar der Heilanstalt und der Rest (S 225,80) dem Kurator überwiesen.

1) Am erging an den Kurator der Beschwerdeführerin eine Zahlungsaufforderung des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 17, gemäß § 41 Abs. 1 des Wiener Krankenanstaltengesetzes, LGBl. für Wien Nr. 1/1958 (WKAG), für die Zeit vom bis noch offene restliche Pflegegebühren von S 49.496,80 zu begleichen. Gegen diese Zahlungsaufforderung erhob der Kurator am Einwendungen, wobei er sich insbesondere auf den "Vergleich" vom berief. Auch wies er darauf hin, daß seine Kurandin eine unbemittelte Person im Sinne des § 19 Abs. 2 WKAG sei. Bei einer Tagsatzung des Bezirksgerichtes Wien als Pflegschaftsgericht am legte der Kurator der Beschwerdeführerin nachstehenden "Vergleichsvorschlag" vor:

"Die Kurandin bezahlt an die Pflegegebührenstelle Wien 14., Baumgartnerhöhe 1 bzw. an der Magistrat der Stadt Wien zur Abfindung sämtlicher Forderungen an Pflegegebühren für Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft einen Betrag von S 15.000,--.

Hingegen wird seitens des Magistrates der Stadt Wien auf die Geltendmachung weiterer Forderungen an Pflegegebührenrückständen gegen die Kurandin verzichtet. Hiedurch bleibt die bereits bestehende Legalzession nach dem GSPVG hinsichtlich der der Kurandin zustehenden Pension unberührt.

Der Vertreter der MA 17 erklärt, er werde diesen Vorschlag seiner vorgesetzten Dienststelle unterbreiten und das Ergebnis dem Kurator mitteilen."

Eine solche Mitteilung ist bisher nicht ergangen.

Mit Bescheid vom , Zl. MBA 1/8-319/68, hat das Magistratische Bezirksamt für den 1. und 8. Bezirk über die Einwendungen der Beschwerdeführerin entschieden und diese Zahlungsaufforderung gemäß § 41 Abs. 4 WKAG bestätigt. Gemäß § 39 Abs. 1 WKAG sei laut Begründung dieses Bescheides der Pflegling zur Bezahlung der Pflegegebühren verpflichtet, soweit nicht eine andere Person auf Grund der Bestimmungen des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes oder sonstiger Vorschriften Ersatz zu leisten habe. Eine Bestimmung, daß auf die Leistungsfähigkeit des Pfleglings Bedacht zu nehmen sei, enthalte dieses Gesetz nicht.

Der am vor dem Bezirksgericht Innere Stadt Wien abgeschlossene "Vergleich", auf den sich der Kurator berufe, sei durch den Beschluß des selben Gerichtes vom überholt, laut welchem von der Altersunterstützung der Beschwerdeführerin bis auf weiteres 80 % an die Heil- und Pflegeanstalt abzuführen seien.

Gegen diesen Bescheid legte der Kurator mit Schreiben vom Berufung ein. Die Beschwerdeführerin sei eine unbemittelte Person im Sinne der §§ 18 und 19 WKAG und sei daher nicht zur Bezahlung der Pflegegebühren verpflichtet, da ihr sogenanntes "Vermögen" lediglich aus den Ersparnissen der ihr verbliebenen 20 % ihrer Pensionsbezüge bestehe; die restlichen 80 % seien gemäß der Legalzession des § 105 Abs. 3 GSPVG der Anstalt überwiesen worden. Sinn der Bestimmungen des § 105 Abs. 3 GSPVG sei es, diesen Rest zur freien Verfügung des Pfleglings zu belassen. Es hätten daher diese 20 % und die daraus angesammelten Ersparnisse für die Beurteilung der Frage, ob ein Pflegling unbemittelt sei, außer Betracht zu bleiben. Auch sei die Rechtsfrage zu klären, ob und inwieweit den zwingenden Bestimmungen des § 18 der noch in Kraft stehenden Verordnung vom , DRGBl. I, Seite 1125, mit welcher die fürsorgerechtlichen Vorschriften, insbesondere die Verordnung über die Fürsorgepflicht vom , DRGBl. I, Seite 100, in Österreich eingeführt worden seien, durch das Wiener Krankenanstaltengesetz derogiert worden sei; nach dieser Bestimmung sei über strittige Ersatzansprüche laut einer Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom , GZ. 5 Ob 339/66 (Evidenzblatt 289/67), von den ordentlichen Gerichten zu entscheiden. Schließlich sei nach wie vor der mit Beschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom pflegschaftsbehördlich genehmigte "Vergleich" in Kraft, an den sich auch die Magistratsabteilung 17 zumindest bis gebunden erachtet habe und laut welchem keine über diese Vereinbarung hinausgehenden Ersatzansprüche aus dem Titel rückständiger Pflegegebühren gestellt werden könnten.

Mit Bescheid vom , Zl. B 76/68, hat die nunmehr belangte Behörde diese Berufung gemäß § 39 Abs. 1 WKAG als unbegründet abgewiesen und den bekämpften Bescheid des Magistratischen Bezirksamtes 1/8 vom gemäß § 66 Abs. 4 AVG bestätigt. Bei Pflegegebühren handle es sich laut Begründung dieses Bescheides um keinen zivilrechtlichen Anspruch, sondern vielmehr um einen durch öffentlich-rechtliche Vorschriften, nämlich das Wiener Krankenanstaltengesetz, bestimmten Anspruch öffentlich-rechtlicher Natur. Ein über öffentlich-rechtliche Forderungen, im vorliegenden Fall die Vorschreibung von Pflegegebühren, abgeschlossener "Vergleich" habe daher keineswegs die Wirkung eines Vergleiches nach den Bestimmungen des Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches, vielmehr handle es sich hiebei um eine außerhalb der gesetzlichen Vorschriften getroffene unverbindliche Vereinbarung, der keinerlei rechtliche Wirkung zukomme, da Vergleiche in den diesbezüglichen öffentlich-rechtlichen Vorschriften des Wiener Krankenanstaltengesetzes nicht vorgesehen seien. Zur Frage, ob durch § 41 WKAG den Bestimmungen der Fürsorgepflichtverordnung vom (richtig: Verordnung über die Einführung fürsorgerechtlicher Bestimmungen im Lande Österreich vom , GBl. f. d. L. Österreich 397/1938 derogiert worden sei, wonach Streitigkeiten über Ersatzansprüche in die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte fielen und daher auch im vorliegenden Fall die ordentlichen Gerichte zuständig wären, habe der Verfassungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom , GZ. B 263/60 (Slg. Nr. 3932), entschieden; daß über Vorschreibungen von Pflegegebühren öffentlicher Krankenanstalten nach dem Wiener Krankenanstaltengesetz in letzter Instanz kraft dieses Gesetzes die Wiener Landesregierung zu entscheiden habe und durch diese Entscheidung der Beschwerdeführer in seinem Recht auf den gesetzlichen Richter nicht verletzt worden sei. Die vom Kurator der Beschwerdeführerin zitierte Vorschrift des § 19 WKAG normiere nur die Verpflichtung, auch unbemittelten Personen Anstaltspflege zu gewähren; es werde dadurch jedoch kein Verbot ausgesprochen, solchen Personen Pflegegebühren vorzuschreiben.

Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde unter der Zl. 560/69 protokolliert.

2) Mit Zahlungsaufforderung der Magistratsabteilung 17 vom wurden der Beschwerdeführerin für die Zeit vom bis - für die Zeit bis erging die bereits erwähnte Zahlungsaufforderung vom - ein noch aushaftender Betrag an Pflegegebühren von S 29.879,20 vorgeschrieben. Auch gegen diese Zahlungsaufforderung erhob der Kurator der Beschwerdeführerin Einwendungen und verwies nicht nur, wie in den Einwendungen gegen die Zahlungsaufforderung vom , auf den "Vergleich" und die Mittellosigkeit der Beschwerdeführerin, sondern auch auf § 25 Abs. 2 der Fürsorgepflichtverordnung vom , DRGBl. I, Seite 100 (eingeführt in Österreich mit der bereits erwähnten Verordnung vom ), wonach der Unterstützte berechtigt sei, einen Ersatz für erbrachte Leistungen zu verweigern, soweit und solange er kein hinreichendes Vermögen oder Einkommen habe. Diese Voraussetzungen seien im gegenständlichen Fall gegeben, denn die aus dem verbliebenen Rest der laufenden Pensionszahlungen von der Beschwerdeführerin gemachten Ersparnisse sollten zur Deckung unerwarteter notwendiger Auslagen, letztlich der Begräbniskosten, dienen.

Auch dieser Einspruch wurde mit Bescheid des Magistratischen Bezirksamtes für den 1. und 8. Bezirk vom , Zl. MBA 1/8-760/68, gemäß § 39 WKAG als unbegründet abgewiesen. Abgesehen von den in der Begründung des Bescheides vom selben Tag, Zl. 319/68, enthaltenen Ausführungen wird in der Begründung dieses Bescheides zu dem Hinweis auf § 25 Abs. 2 der Fürsorgepflichtverordnung gesagt, daß die Stadt Wien als Rechtsträger der Krankenanstalt mit der bekämpften Zahlungsaufforderung ihren auf § 39 WKAG gestützten Anspruch geltend gemacht habe. Es seien daher die Bestimmungen des Wiener Krankenanstaltengesetzes und nicht die der Fürsorgepflichtverordnung anzuwenden.

Gegen diesen Bescheid legte der Kurator am Berufung ein, und zwar im wesentlichen mit der gleichen Begründung wie in der bereits erwähnten Berufung vom gegen den Bescheid des Magistratischen Bezirksamtes 1/8, Zl. 319/68. Auch diese Berufung vom hat die belangte Behörde mit Bescheid vom , Zl. B 67/68, gemäß § 39 Abs. 1 WKAG aus den gleichen Gründen wie im Berufungsbescheid vom selben Tag B 76/68 abgewiesen. Zusätzlich wird in der Begründung dieses angefochtenen Bescheides ausgeführt, die Vorschreibung bestimme in keiner Weise, daß die Pflegegebühren etwa von den von der Legalzession nicht erfaßten 20 % der Pension der Beschwerdeführerin zu leisten seien. Es könne daher auch die Einforderung der Pflegegebühren nicht gegen die Bestimmungen des § 105 Abs. 3 GSPVG verstoßen.

Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde unter der Zl. 550/69 protokolliert.

Beiden Beschwerden wurde von der belangten Behörde entsprechend den Anträgen der Beschwerdeführerin mit den Bescheiden vom , Zl. B 55 und B 54/69, gemäß § 30 Abs. 2 VwGG 1965 die aufschiebende Wirkung zuerkannt. Da in beiden wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobenen Beschwerden die gleichen Rechtsfragen aufgeworfen werden und sowohl Beschwerdeführerin als auch belangte Behörde in beiden Bescheiden die selben sind, hat der Verwaltungsgerichtshof beschlossen, diese Beschwerden zur gemeinsamen Beratung und Beschlußfassung zu vereinen. Über die Beschwerden und die Gegenschriften der belangten Behörde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Laut den Ausführungen in der Beschwerde könne weder der Prämisse noch der Schlußfolgerung der Begründung des angefochtenen Bescheides zugestimmt werden, daß Pflegegebühren öffentlichrechtliche Forderungen seien, auf die die zivilrechtlichen Vorschriften des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches über Vergleiche keine Anwendung zu finden hätten. Aus § 41 WKAG, der die Einhebung der Pflegegebühren regle, folge nicht, daß es sich bei diesen Gebühren um öffentlich-rechtliche Forderungen handle. Dies wäre auch mit dem Wesen von Pflegegebühren unvereinbar, da solche genauso in öffentlichen wie in privaten Krankenanstalten entstünden und immer nur ein privatrechtliches Verhältnis zwischen der Anstalt und dem Patienten begründeten. Dieses Vorbringen ist unrichtig.

Die beiden angefochtenen Bescheide wurden auf Grund der Bestimmungen der §§ 39 ff. WKAG erlassen. Der Rechtszug gegen Zahlungsaufforderungen im Sinne des § 41 Abs. 2 WKAG endet bei der Wiener Landesregierung, also einer Verwaltungsbehörde. Auf Grund von nach den Bestimmungen der §§ 39 ff. erlassenen Rückstandsausweisen ist, soweit diese keinem weiteren Rechtszug unterliegen und vollstreckbar sind, gemäß § 41 Abs. 6 WKAG die Vollstreckung im Verwaltungswege, also nach den Bestimmungen des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes 1950 möglich. Diese Bestimmungen des Wiener Krankenanstaltengesetzes sind im wesentlichen gleichlautend mit den Bestimmungen insbesondere der §§ 44 und 45 des Gesetzes vom , StGBl. 327, über die Errichtung, die Erhaltung und den Betrieb öffentlicher Heil- und Pflegeanstalten (Krankenanstaltengesetz), die gemäß Art. I des Wiener Landesgesetzes vom , LGBl. Nr. 33, betreffend Heil-, Pflege-, Gebär- und Irrenanstalten, als landesrechtliche Bestimmungen bis zu deren Außerkraftsetzung durch § 66 des Krankenanstaltengesetzes, BGBl. Nr. 1/1957, bzw. § 56 des Wiener Krankenanstaltengesetzes galten. Zur Frage, ob die Forderung einer öffentlichen Krankenanstalt - daß es sich um eine solche handelt, wurde von der Beschwerdeführerin nicht bestritten - auf Ersatz der Verpflegskosten ein öffentlich-rechtlicher oder privatrechtlicher Anspruch ist, hat der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom , Slg. Nr. 17958/A, ausgesprochen, daß öffentliche Krankenanstalten zur Verwaltung der öffentlichen Sanitätspflege dienten und daher Organe der öffentlichen Verwaltung seien; es seien daher auch die sich aus der Verwaltungstätigkeit in den Krankenanstalten, vornehmlich aus der Aufnahme und Pflege der Kranken, ergebenden Rechtsverhältnisse öffentlich-rechtlicher Natur.

Zum Hinweis der Beschwerdeführerin, daß Pflegegebühren sowohl in öffentlichen als auch in privaten Krankenanstalten entstünden und daher auch der gleichen Rechtsnatur, nämlich Forderungen des bürgerlichen Rechtes seien, sei darauf verwiesen, daß im Wiener Krankenanstaltengesetz bezüglich Pflegegebühren zwischen öffentlichen und privaten Krankenanstalten unterschieden wird. Die Bestimmungen der §§ 39 ff. WKAG sind im II. Abschnitt ("Besondere Bestimmungen für öffentliche Krankenanstalten") enthalten und regeln nur die Pflegegebühren für diese Anstalten, also Krankenanstalten mit Öffentlichkeitsrecht im Sinne des § 16 WKAG. Die Rechte und Pflichten, die sich aus der Aufnahme in eine private Krankenanstalt ergeben, sind gemäß § 48 Abs. 2 WKAG nach den Bestimmungen des bürgerlichen Rechtes zu beurteilen.

Handelt es sich bei den in Frage stehenden Pflegegebühren um öffentlich-rechtliche Forderungen, können auf diese auch nicht die Bestimmungen des § 1486 Z. 3 ABGB über die Verjährung Anwendung finden. Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausgeführt hat, sind auf dem Gebiet des öffentlichen Rechtes die Bestimmungen des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches über die Verjährung von Forderungen und Forderungsrechten nur dort anzuwenden, wo dies in den betreffenden Gesetzen ausdrücklich angeführt ist. Wenn aber die anzuwendende Gesetzesvorschrift des öffentlichen Rechtes eine solche Verjährung nicht vorsieht, dann ist eine analoge Anwendung der Verjährungsbestimmungen des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches unzulässig (siehe z.B. die hg. Erkenntnisse vom , Slg. Nr. 7864/A, vom , Slg. N. F. Nr. 2342/A, und vom , Slg. N. F. Nr. 4061/A). Derartige Bestimmungen über Verjährung bezüglich der Pflegekosten öffentlicher Krankenanstalten sind im Wiener Krankenanstaltengesetz nicht feststellbar und ihr Bestand wurde von der Beschwerdeführerin auch nicht behauptet. Wenn § 25 b der Fürsorgepflichtverordnung ausdrücklich das Rechtsinstitut der Verjährung vorsieht, so vermag die Beschwerdeführerin aus dieser Vorschrift für den Bereich des Krankenanstaltengesetzes für ihren Standpunkt nichts zu gewinnen.

§ 25 Fürsorgepflichtverordnung regelt den Ersatz jener Kosten durch den Unterstützten, die der Fürsorgeverband für diesen aufgewendet hat. Nach Abs. 2 dieses Paragraphen ist der Unterstützte berechtigt, den Ersatz der Kosten zu verweigern, soweit und solange er kein hinreichendes Einkommen oder Vermögen hat. Im vorliegenden Fall handelt es sich nicht um den Ersatz der Kosten, die der Fürsorgeverband für die Beschwerdeführerin aufgewendet hat, sondern um die Vorschreibung von Pflegegebühren im Sinne des § 39 WKAG, also um Forderungen öffentlicher Krankenanstalten und nicht um solche des Fürsorgeverbandes.

Sind aber die Bestimmungen der Fürsorgepflichtverordnung nicht anwendbar, dann kommt auch die Anwendung des § 18 der bereits erwähnten "Verordnung vom über die Einführung der fürsorgerechtlichen Vorschriften im Lande Österreich" nicht in Frage und können daher auch die ordentlichen Gerichte nicht zur Entscheidung von Streitigkeiten im vorliegenden Fall zuständig sein. Im übrigen hat der Oberste Gerichtshof in der in der Beschwerde zitierten Entscheidung vom , GZ. 5 Ob 339/66, (veröffentlicht im Evidenzblatt Nr. 289/67) ausgesprochen, daß über Ersatzansprüche des Fürsorgeverbandes für von diesem geleistete Unterstützungen die ordentlichen Gerichte nur insoweit zu entscheiden haben, als diese Ansprüche nicht im Verwaltungswege geltend gemacht werden können.

Der zwischen dem Kurator der Beschwerdeführerin und der Magistratsabteilung 17 seinerzeit abgeschlossene und vom Pflegschaftsgericht am genehmigte "Vergleich" sei nach Ansicht der Beschwerdeführerin nach wie vor in Kraft und binde auch die belangte Behörde. Der Begründung der angefochtenen Bescheide, Pflegegebühren seien öffentlich-rechtliche Forderungen, auf die die zivilrechtlichen Vorschriften des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches keine Anwendung zu finden hätten, könne weder in der Prämisse noch in der Schlußfolgerung beigepflichtet werden. Sowohl Lehre als auch Rechtsprechung seien der Ansicht, daß die direkte oder analoge Anwendung zivilrechtlicher Normen auch auf öffentliche Rechtsverhältnisse nicht absolut ausgeschlossen sei. Schließlich habe sich die Behörde vom Jahre 1957 bis zur Erlassung der ersten nunmehr bekämpften Zahlungsaufforderung im Jahre 1966 an den abgeschlossenen "Vergleich" gebunden erachtet. Es liege auch im Hinblick auf die Bestimmungen des § 863 ABGB kein vernünftiger Grund vor, an der Verbindlichkeit dieses "Vergleiches" zu zweifeln.

Es kann dahingestellt bleiben, ob und inwieweit öffentlichrechtliche Ansprüche zum Gegenstand eines Vergleiches gemacht werden können. Im vorliegenden Fall ist nämlich, wie die belangte Behörde allerdings erst in der Gegenschrift ausgeführt hat - diese wurde dem Kurator der Beschwerdeführerin im Juni 1969 zugestellt, er hat dagegen nichts vorgebracht - dieser "Vergleich" schon allein deshalb zur Zeit der Erlassung der beiden Zahlungsaufforderungen nicht mehr in Kraft gestanden, weil die auflösende Bedingung der lit. d dieses "Vergleiches" eingetreten ist ("diese Regelung gilt bis auf weiteres, längstens jedoch bis zur gesetzlichen Neuregelung der Vorschriften über die Altersunterstützung der Selbständigen ....."). Eine solche gesetzliche Neuregelung über die Altersunterstützung der Selbständigen war das Bundesgesetz vom , BGBl. Nr. 292, über die Pensionsversicherung der in der gewerblichen Wirtschaft selbständig Erwerbstätigen (GSPVG), das gemäß § 204 Abs. 1 als solches mit , bezüglich der Übergangspensionen - eine solche wurde der Beschwerdeführerin seinerzeit zuerkannt - gemäß § 204 Abs. 2 lit.b GSPVG mit in Kraft getreten ist. Längstens mit diesem Datum ist auf Grund der auflösenden Bedingung der zitierten lit. d des erwähnten "Vergleiches", falls ein solcher in einem Verwaltungsverfahren überhaupt gültig abgeschlossen werden kann, dieser außer Kraft getreten. War die belangte Behörde an diesen "Vergleich aus welchem Grund auch immer, zur Zeit der Erlassung der beiden bekämpften Zahlungsaufforderungen nicht mehr gebunden, konnte auch durch die Unterlassung der Feststellung über das Zustandekommen dieses "Vergleiches" die Beschwerdeführerin nicht in ihren Rechten verletzt werden. Daß auch der Kurator der Beschwerdeführerin nicht von der von ihm jetzt behaupteten Verbindlichkeit des seinerzeitigen "Vergleiches" voll überzeugt war, geht daraus hervor, daß er bei einer Tagsatzung vor dem Pflegschaftsgericht am , nachdem er schon gegen die Zahlungsaufforderung vom Einwendungen erhoben hatte, einen neuen Vergleichsvorschlag vorgelegt hat, auf den allerdings der Vertreter der Magistratsabteilung 17 nicht geantwortet hat.

Zu den Einwendungen des Kurators schließlich, die von der Beschwerdeführerin angesammelten Ersparnisse seien gemäß § 251 Z. 7 Exekutionsordnung (EO) der Exekution entzogen, sei auf die in einem ähnlich gelagerten Fall ergangene Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom , GZ. 8 Ob 297/66 (Evidenzblatt 291/67), verwiesen. Gemäß dieser Entscheidung sind nach den Bestimmungen des § 251 Z. 7 EO an sich unpfändbare Bezüge im Falle der Fahrnisexekution nur hinsichtlich jenes Teilbetrages unpfändbar, welcher dem der Exekution nicht unterworfenen, auf die Zeit von der Vornahme der Pfändung bis zum nächsten Zahlungstermin des Bezuges entfallenden Einkommen entspricht, darüber hinaus aber frei pfändbar. In dem dieser Entscheidung zugrunde liegenden Fall handelte es sich um ein Sparbuch eines Pfleglings einer Heilanstalt, auf das, wie im vorliegenden Fall, Ersparnisse eingelegt waren, die die Partei aus dem von der Legalzession ausgenommenen Teil ihrer Pensionsbezüge erzielt hatte. Auch der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom , Zl. 1679/66 (Slg. N. F. Nr. 7091/A), die gleiche Rechtsansicht vertreten. Die durch die Legalzession des § 324 Abs. 3 ASVG bzw. die gleichlautenden Bestimmungen des im vorliegenden Fall anzuwendenden § 105 Abs. 3 GSPVG nicht erfaßten 20 % der Pension und die daraus erzielten Ersparnisse sollten dem Pflegling für seine Bedürfnisse nur insoweit bleiben, als sie der Pflegling zur Deckung seines Lebensunterhaltes und zur Erfüllung seiner Unterhaltsverpflichtung benötigt, damit er diesbezüglich nicht auf die öffentliche Fürsorge angewiesen sei (siehe auch die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom , GZ. 2 Ob 53/68, veröffentlicht in den Juristischen Blättern 1969, Seite 344). Die Gefahr eines solchen Angewiesenseins auf die öffentliche Fürsorge im Falle der Heranziehung der Ersparnisse ist bei der Beschwerdeführerin nicht gegeben; es konnte daher die Beschwerdeführerin auch aus diesem Grund in ihren Rechten nicht verletzt werden.

Die Beschwerden waren gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 als unbegründet abzuweisen.

Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG 1965 im Zusammenhang mit der Verordnung des Bundeskanzleramtes, BGBl. Nr. 4/1965.

Wien, am

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Normen
ABGB §1486 Z3;
GSPVG §105 Abs3;
KAG Wr 1958 §42;
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1969:1969000550.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
ZAAAF-52924