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VwGH 29.03.1968, 0525/67

VwGH 29.03.1968, 0525/67

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Norm
NatSchG NÖ 1952 §13;
RS 1
Aus einem Vergleichsfall kann ein Recht auf eine dem Gesetz widersprechende Ausnahmegenehmigung nicht abgeleitet werden.
Norm
NatSchG NÖ 1952 §13 Abs2;
RS 2
Gegen die Verfassungsmäßigkeit des § 13 Abs 2 des NÖ Naturschutzgesetzes bestehen keine Bedenken (Hinweis E 23/67).
Norm
AVG §52 Abs1;
RS 3
Amtssachverständige, welche im Sinne des § 52 Abs 1 AVG "zur Verfügung stehen" sind solche, welche nicht der entscheidenden Behörde angehören, sondern anderen Behörden insbesondere Oberbehörden angehören.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 1156/63 E RS 1
Norm
AVG §53 Abs1;
RS 4
Die Bestimmung des § 53 Abs 1 AVG, dass bei den Amtssachverständigen die Bestimmungen des § 7 leg cit anzuwenden sind, bedeutet, dass den Parteien ein Recht auf Ablehnung der Amtssachverständigen nicht eingeräumt ist.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Hofrat Dr. Strau und die Hofräte Dr. Krzizek, Penzinger, Dr. Knoll und Dr. Leibrecht als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Bily, über die Beschwerde des AG in W, vertreten durch Dr. Ernst Bollenberger, Rechtsanwalt in Wiener Neustadt, Neuklosterplatz 2, gegen den Bescheid des Amtes der Niederösterreichischen Landesregierung vom , Zl. III/2-1562/5 n-1966, betreffend naturschutzbehördliche Genehmigung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 390,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde den Ansuchen des Beschwerdeführers vom und vom um Erteilung der naturschutzbehördlichen Zustimmung gemäß § 13 Abs. 2 des Niederösterreichischen Naturschutzgesetzes, LGBl. Nr. 40/1952, zur Errichtung eines Wochendhauses auf den Parzellen Nr. 138/1 und 139/1, beide Katastralgemeinde X, keine Folge gegeben. Zur Begründung wurde unter anderem ausgeführt, daß das Gebiet der Katastralgemeinde X innerhalb des Landschaftsschutzgebietes "Hohe Wand" gelegen sei. Bauvorhaben in dieser Katastralgemeinde bedürften daher gemäß § 13 Abs. 2 dieses Gesetzes einer besonderen behördlichen Zustimmung. Der für diesen Bereich zuständige Naturschutzkonsulent habe sich in seinen Gutachten vom , und gegen die Erteilung der naturschutzbehördlichen Zustimmung ausgesprochen und dies damit begründet, daß diese Grundstücke außerhalb des Ortsbereiches am Fuße der Hohen Wand lägen und nur über einen schmalen Weg erreichbar seien. Außerdem sei bisher keine baubehördliche Genehmigung gemäß § 6 der Bauordnung für Niederösterreich als Bauplatz erteilt worden. Vom Standpunkt der Landschaftspflege und des Landschaftsschutzes wäre eine Erweiterung der nicht aufgeschlossenen Häusergruppe abzulehnen, weil jedes weitere Bauwerk an dieser Stelle eine wesentliche Veränderung der freien Geländeteile darstelle. In unmittelbarer Nähe läge wohl eine Häusergruppe, für die aber bisher weder eine bau- noch eine naturschutzbehördliche Bewilligung erteilt worden sei. Bei einem dieser Bauwerke sei bereits bescheidmäßig die erforderliche naturschutzbehördliche Zustimmung versagt worden. Diese abseits gelegene Häusergruppe bilde eine unaufgeschlossene mangelhafte Rotte im Landschaftsschutzgebiet, die als wilde Ansiedlung ohne befestigte Straße und ohne die notwendigen öffentlichen Einrichtungen als Bauland gänzlich ungeeignet sei. Aus der Sachverhaltsdarstellung des Konsulenten sei weiters zu entnehmen, daß der Bauwerber entgegen den gesetzlichen Bestimmungen mit der Errichtung des Rohbaues ohne entsprechende naturschutz- bzw. baubehördliche Bewilligung begonnen habe. Seitens des Naturschutzkonsulenten werde daher auch die Abtragung des konsenslosen Rohbaues verlangt. Gemäß § 13 Abs. 1 in Verbindung mit § 13 Abs. 2 des Niederösterreichischen Naturschutzgesetzes obliege es der Naturschutzbehörde, bei Bauvorhaben in Landschaftsschutzgebieten darauf zu achten, daß keine Bauvorhaben bewilligt werden, die eine Störung des Landschaftsbildes zur Folge haben. Die Naturschutzbehörde habe somit bei Bauvorhaben, deren Ausführung Rückwirkungen auf das Landschaftsbild haben könnte, auf die weitgehendste Erhaltung oder zumindest auf eine natürliche Gestaltung der Landschaft hinzuwirken. Jeder Eingriff in die Natur dürfe somit nur mit der Erreichung des Zweckes geringstmöglicher Störung erfolgen. Im gegenständlichen Falle seien in freier Landschaft ohne Einholung irgendeiner Bewilligung Bauwerke errichtet worden, die einer harmonischen planvollen Bauentwicklung entgegenstünden. Es könne somit auch nicht von einer harmonischen Fortentwicklung der Landschaft und des damit zusammenhängenden optisch wahrnehmbaren Eindruckes der Landschaft als Landschaftsbild gesprochen werden. Aufgabe der Naturschutzbehörde sei es jedoch, verunstaltende Eingriffe zu untersagen, die der harmonischen Fortentwicklung einer Landschaft und deren Erhaltung entgegenstünden. Auf die Ausführungen des Bauwerbers hinsichtlich einer allfälligen Änderung der Firstrichtung, der Anbringung von Fenstern sowie der Instandhaltung des Zufahrtweges wäre nicht weiter einzugehen, da das Vorhaben allein schon auf Grund der örtlichen Lage abzulehnen gewesen sei.

Dagegen richtet sich die vorliegende wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Nach § 13 Abs. 1 des Niederösterreichischen Naturschutzgesetzes LGBl. Nr. 40/1952, können Gebiete, die eine hervorragende landschaftliche Schönheit aufweisen oder die für die Erholung der Bevölkerung und für den Fremdenverkehr bedeutsam sind, zur Wahrung des Landschaftsbildes durch Verordnung der Landesregierung zu Landschaftsschutzgebieten erklärt werden. Mit der 2. Naturschutzverordnung, LGBl. für Niederösterreich Nr. 120/1955, wurde das Gebiet der "Hohen Wand" zum Landschaftsschutzgebiet erklärt. In diesen Gebieten ist nach § 13 Abs. 2 des Niederösterreichischen Naturschutzgesetzes bei Bauvorhaben vor Einholung der Baubewilligung vom Bauwerber die Zustimmung der Landesregierung zu erwirken. Nach Abs. 5 dieser Gesetzesstelle ist bei allen Vorhaben, deren Durchführung Rückwirkungen auf das Landschaftsbild oder auf das innere Gefüge des Landschaftshaushaltes zur Folge hat, weitestgehend auf die ursprüngliche Erhaltung oder zumindest auf eine natürliche Gestaltung der Landschaft sowie auf ihren Schutz vor Schäden, Verunreinigung oder Verunstaltung Bedacht zu nehmen. § 15 Abs. 2 bestimmt, daß die Bezirksverwaltungsbehörde vor Entscheidung in Fragen des Naturschutzes den von der Landesregierung für den Bezirk zu bestellenden ehrenamtlichen Konsulenten für Naturschutz anzuhören hat. Der Verwaltungsgerichtshof hatte vorerst Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit des § 13 Abs. 2 dieses Gesetzes, weshalb er gemäß Art. 140 B-VG beim Verfassungsgerichtshof den Antrag stellte, die Bestimmung des § 13 Abs. 2 wegen Widerspruches mit Art. 18 B-VG als verfassungswidrig aufzuheben. Dieser Antrag wurde mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , GZ. G. 23/67 abgewiesen.

Nach dem Beschwerdevorbringen verletze der angefochtene Bescheid wesentliche Grundsätze des Verwaltungsverfahrens, weil sich die belangte Behörde zur Gänze auf das Gutachten des Naturschutzkonsulenten verlassen habe. Eine eigene Beweisaufnahme, etwa in der Form eines Lokalaugenscheines oder der Einvernahme des Bürgermeisters von X bzw. von Personen, die über das Naturbild hätten Auskunft geben können, sei nicht erfolgt. Der Naturschutzkonsulent sei aber ein ehrenamtliches Organ der Bezirksverwaltungsbehörde, und zwar ausschließlich zu deren Beratung. Die Oberbehörde sei daher durch das Niederösterreichische Naturschutzgesetz und auch durch das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz nicht gedeckt, wenn sie die Meinung des amtlichen Beraters der Unterbehörde zu ihrer eigenen macht, ohne ein entsprechendes Beweisverfahren abzuführen.

Nach § 52 Abs. 1 AVG 1950 ist die Behörde, wenn die Aufnahme eines Beweises durch Sachverständige notwendig wird, verpflichtet, die ihr beigegebenen oder zur Verfügung stehenden amtlichen Sachverständigen beizuziehen. Amtliche Sachverständige, die der Behörde zur Verfügung stehen, sind auch Amtspersonen bei anderen Behörden namentlich bei Ober- oder Unterbehörden. Der vorliegende zur Begutachtung herangezogene Oberbaurat Dipl.-Ing. Z des Niederösterreichischen Gebietsbauamtes II für die Verwaltungsbezirke Baden, Neunkirchen und Wiener Neustadt in Wiener Neustadt, ist unbestritten auch als Naturschutzkonsulent (§ 15 Abs. 2 des Naturschutzgesetzes und § 13 Abs. 3 der Naturschutzverordnung, LGBl. Nr. 41/1952), bestellt und muß als ein der Behörde zur Verfügung stehender Amtssachverständiger angesehen werden.

Dem Beschwerdeführer wurden die gutächtlichen Äußerungen dieses Amtssachverständigen gemäß §§ 37 und 45 Abs. 3 AVG 1950 auch zur Kenntnis und Stellungnahme mitgeteilt. Die belangte Behörde hätte dabei nur dann Anlaß gehabt, die ihr zugegangenen Sachverständigenäußerungen in Zweifel zu ziehen und allenfalls eine weitere Begutachtung einzuholen, wenn sich die Begutachtung als unzureichend oder nicht folgerichtig erwiesen hätte. Dies ist weder der Fall noch wurde vom Beschwerdeführer in seinen Stellungnahmen vom und in dieser Richtung Zweckdienliches vorgebracht. Auf Grund der zwar nicht allein auf den Landschaftsschutz ausgerichteten, immerhin aber in dieser Richtung ausreichenden Befundaufnahme und Begutachtung durch den Amtssachverständigen bestand somit für die belangte Behörde kein Anlaß zur Vornahme eines Lokalaugenscheines.

Soweit der Beschwerdeführer den Oberbaurat Dipl.-Ing. Z als Sachverständigen in der Naturschutzsache ablehnt, ist auszuführen, daß bei den Amtssachverständigen gemäß § 53 Abs. 1 AVG 1950 die Bestimmungen des § 7 dieses Gesetzes anzuwenden sind, d. h. daß ein Recht auf Ablehnung den Parteien nicht eingeräumt ist. Sachliche Bedenken gegen den im Gegenstand ergangenen Bescheid im Zusammenhang mit der behaupteten Befangenheit haben sich nicht ergeben, sodaß auch eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens nicht gegeben erscheint.

Gemäß § 41 Abs. 1 VwGG 1965 mußte der Verwaltungsgerichtshof bei der Prüfung des angefochtenen Bescheides von dem von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt ausgehen.

Die vom Beschwerdeführer bei der Geltendmachung der Rechtswidrigkeit des Inhaltes angeführten Umstände hinsichtlich Baubewilligung und Giebelführung sind deshalb nicht von Bedeutung, weil die belangte Behörde den landschaftsstörenden und schädigenden (verunstaltenden) Eingriff ausschließlich mit dem Standorte des Bauwerkes in der freien Landschaft am Fuße der Hohen Wand isoliert vom Ortsbereich begründet hat.

Soweit der Beschwerdeführer schließlich auf Vergleichsfälle verweist, kommt diesen auch bei allfälliger Ähnlichkeit des Sachverhaltes - was aber von der belangten Behörde in ihrer Gegenschrift bestritten wurde - schon deshalb keine Bedeutung zu, weil der Beschwerdeführer daraus für sich keinesfalls ein Recht auf eine dem Gesetz widersprechende Ausnahmegenehmigung ableiten kann.

Bei gehöriger Bedachtnahme auf die der belangten Behörde nach § 13 Abs. 1 des Niederösterreichischen Naturschutzgesetzes übertragenen Wahrung des Landschaftsbildes entspricht die Verweigerung der Zustimmung nach § 13 Abs. 2 dieses Gesetzes im gegenständlichen Falle dem Gesetz, weshalb sich die Beschwerde zur Gänze als unbegründet erweist. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 abzuweisen.

Gemäß § 48 Abs. 2 lit. a und b VwGG 1965 und Art. I B Punkt 4 und 5 der Verordnung BGBl. Nr. 4/1965 war der Beschwerdeführer zu verhalten, der belangten Behörde an Vorlageaufwand S 60,-- und an Schriftsatzaufwand S 330,--, zusammen S 390,--, zu ersetzen.

Wien, am

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Normen
AVG §52 Abs1;
AVG §53 Abs1;
NatSchG NÖ 1952 §13 Abs2;
NatSchG NÖ 1952 §13;
Schlagworte
Amtssachverständiger der Behörde zur Verfügung stehend
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1968:1967000525.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
DAAAF-52885