VwGH 21.10.1971, 0524/71
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssätze
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen | |
RS 1 | Erwerben mehrere Personen von den bisherigen Gesellschaftern einer OHG das Unternehmen der OHG und vereinbarten sie sodann selbst die Gründung einer OHG zum Zwecke der Fortführung des Unternehmens unter der bisherigen Firma, dann ist in dem Vertrag mit den bisherigen Gesellschaftern keine Überlassung von Gesellschaftsanteilen im Sinne der Bestimmung des § 33 TP 16 lit c GebG anzunehmen Die Gebührenpflicht wird vielmehr nach lit b leg cit durch die gesellschaftliche Vereinbarung der Erwerber ausgelöst. (Hinweis E , 1220/67 und E , 774/49, VwSlg 328 F/1951). |
Norm | |
RS 2 | Zur Frage des Vorliegens eines Mißbrauches bei einer Vertragsgestaltung (Gesellschaftsvertragsgebühr). |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dkfm. DDr. Dorazil und die Hofräte Dr. Frühwald, Dr. Schima, Dr. Reichel und Dr. Simon als Richter, im Beisein des Schriftführers Magistratsoberkommissär Dr. Thumb, über die Beschwerde des Ernst K sen. in W, vertreten durch Julius Hafner, Rechtsanwalt in Wien I, Wollzeile 25, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. GA VIII-337/71, betreffend Rechtsgebühr, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Der Bund (Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 1.161,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Am errichteten der Beschwerdeführer und Ernst Karl K. (jun.) als Käufer einerseits und Kurt S., Hans S. und Othmar B. als Verkäufer andererseits eine als Kaufvertrag bezeichnete Urkunde, die auszugsweise wie folgt lautet:
"Vorbemerkungen"
Am Erfolg (Gewinn und Verlust) der im Handelsregister des
Handelsgerichtes Wien zu Nr. ..... unter der Firma BRÜDER S......
eingetragenen offenen Handelsgesellschaft sind die Herren Kurt S.
mit 57 %, ......, Hans S. mit 28 % ..... und Othmar B. mit 15 %
..... beteiligt.
§ 1
Kauf:
Die Herren Kurt S., Hands S und Othmar B (in nachstehendem kurz als Verkäufer bezeichnet) verkaufen ihre Geschäftsanteile an der in den Vorbemerkungen angeführten offenen Handelsgesellschaft an die Herren Ernst K. (senior) und Ernst Karl K. (junior) um den beiderseits vereinbarten Kaufpreis von S 1,100.000,-- ..... und
die Herren Ernst K. ... (senior) und Ernst Karl K. ... (junior)
erklären hiemit die Vertragsannahme.
§ 2
Übergabe, Übernahme:
Als Zeitpunkt (Stichtag) für die Übergabe der vorangeführten Geschäftsanteile und die Übernahme in Besitz und Genuß der Herren
Ernst K. ... (senior) und Ernst Karl K. ... (junior) wird der
..... vereinbart.
§ 3
Rechnungsbeschluß:
(1) die Verkäufer verpflichten sich zur gesamten Hand, den Käufern bis spätestens ..... einen auf den ..... zu erstellenden Rechnungsabschluß zu übergeben. in diesem Rechnungsabschluß können nur echte Besitz- und echte Schuldposten, wie sie sich aus den Büchern und Belegen ergeben, aufgenommen werden. Rücklagen oder Rückstellungen dürfen nicht angesetzt werden.
(2) Nach Erstellung des Rechnungsabschlusses ist dem von den Käufern bestellten Steuerberater uneingeschränkte Einsicht in alle Bücher und Belege zu gewähren und diesem alle begehrten Aufklärungen zu geben.
(3) Zugleich mit dem Rechnungsabschluß sind die Herrn Ernst
K. (senior) oder einer von ihm bestellten Person folgende Verzeichnisse zu übergeben, worin Name, der Rechtsgrund, der Tag seines Entstehens und der Fälligkeitstermin für jede einzelne Post auszuweisen ist, und zwar:
über die Forderungen (Außenstände),
über die Schulden (Verbindlichkeiten), hievon getrennt
über die Vorauszahlungen der Kunden und den Wert etwa auf diese Vorauszahlungen geleisteten Arbeiten, wobei die einzelnen Gegenstände, die im Eigentum der Kunden stehen, genau bezeichnet anzuführen sind, und
d) über die Kommissionswaren unter Beischluß der diesbezüglichen Vereinbarungen (Preise, Fristen u. s. w.).
(4) An Hand der im vorigen Absatz unter c) und d) angeführten Verzeichnisse sind die den Kunden und den Kommittenten gehörigen Gegenstände Herrn Ernst K. oder einer von ihm bestellten Person körperlich zu übergeben.
§ 4
Geschäftsschulden:
(1) Die Käufer verpflichten sich, dafür Sorge zu tragen, daß folgende Geschäftsschulden der Gesellschaft an nachstehende Gläubiger ausbezahlt werden:
a) binnen einem Monat nach Fertigung dieses Kaufvertrages an das Bankhaus W. & Co. ... in der am ..... zu Buche stehenden Höhe, wobei mit einem Ausmaß von ungefähr 200.000,-
- ..... zu rechnen ist.
b) binnen zwei Monaten nach Fertigung dieses Kaufvertrages an die Österreichische Länderbank ..... der Betrag von S 250.000,--,
c) binnen drei Monaten nach Abschluß dieses Kaufvertrages an Frau Barbara B. ... der Betrag von S 160.000,-- ..... und an Frau Grete P. ..... der Betrag von S 100.000,-- ..... .
(2) die Herren Kurt S., Hans S. und Othmar B. leisten den Käufern gegenüber Gewähr dafür, daß keine anderen Geschäftsschulden als die in dem gemäß § 3 erstellten Rechnungsabschluß angeführten vorhanden sind und verpflichten sich
zur gesamten Hand, die Herren Ernst K. ... (senior) und Ernst Karl
K. ... (junior) für den Fall ihrer Inanspruchnahme für solche
nicht bereits ausgewiesene Geschäftsschulden schad- und klaglos zu halten. Dies gilt inbesonders für alle öffentlichen Abgaben ....
§ 5
Berichtigung des Kauptreises:
(1) Die Käufer sind berechtigt, den gesamten bedungenen Kaufpreis von S 1,100.000,-- ....an Herrn Kurt S. ... mit
schuldbefreiender Wirkung auch den Herren Hans S . ... und Othmar
B. ... gegenüber auszubezahlen.
(2) Die Käufer sind verpflichtet, binnen acht Tagen nach Übergabe des gemäß § 3 erstellten Rechnungsabschlusses (samt Beilagen) auf den bedungenen Kaufpreis einen Teilbetrag von S 550.000,-- ..... zu bezahlen. Der Restbetrag von S 550.000,-- ..... ist bis ..... fällig."
§ 6
Handelsregister:
Die Verkäufer verpflichten sich, eine Eingabe an das Handelsgericht Wien des Inhaltes beglaubigt zu unterfertigen, daß sie alle drei im Handelsregister gelöscht, die Käufer als Gesellschafter eingetragen werden und daß die Einwilligung zur Fortführung der Firma unter dem bisherigen Firmenwortlaut: Brüder
S. ... erteilt wird."
Am wurde in das Handelsregister des Handelsgerichtes Wien hinsichtlich der OHG Brüder S. eingetragen, daß die Gesellschafter Hans S. und Kurt S. ausgetreten sind, während der Gesellschafter Ernst K. (der Beschwerdeführer) als Gesellschafter eingetreten ist.
Am wurde in das genannte Handelsregister eingetragen, daß der Gesellschafter Othmar B. aus- und Ernst Karl K. als Gesellschafter eingetreten ist.
Am errichteten der Beschwerdeführer und Ernst Karl K. (jun.) einen Gesellschaftsvertrag folgenden (auszugsweisen) Inhaltes:
"Vorbemerkungen:
(1) Die Herren Ernst K. ... und Ernst Karl K. ... (junior)
sind Gesellschafter der im Handelsregister des Handelsgerichtes
Wien zu Nr. ..... unter der Firma Brüder S. ... eingetragenen
offenen Handelsgesellschaft.
(2) Die beiden Gesellschafter beschließen einvernehmlich, sämtliche bisherigen Gesellschaftsverträge und alle das Gesellschaftsverhältnis überhaupt betreffenden Vereinbarungen als nicht mehr gültig aufzuheben und den Gesellschaftsvertrag in folgender neuen Fassung zu vereinbaren:
Firma, Sitz, Zweck:
(1) Die Firma der Gesellschaft lautet wie bisher:
BRÜDER S. ....
(2) .....
(3) Zweck der Gesellschaft ist wie bisher der Betrieb des Altwarenhandels (Trödlergewerbe) beschränkt auf den Handel mit gebrauchten Möbeln und gebrauchten Einrichtungsgegenständen, sowie der Kleinhandel mit Möbeln und Wohnungseinrichtungsgegenständen, Antiquitäten und Kunstgegenständen und, wenn die wirtschaftlichen Verhältnisse dies erstrebenswert erscheinen lassen, auch die Erzeugung von Möbeln und Einrichtungsgegenständen.
..................
§ 4
Vermögenseinlagen:
Die beiden Gesellschafter widmen keine neuen Werte als
Vermögenseinlagen sondern verfügen, daß ihre derzeit zu Buch
stehenden Kapitalkonten aufeinander derart abgestimmt werden, daß
am Vermögen der Gesellschaft Herr Ernst K. ... (senior) mit 85 %
.... und Herr Ernst Karl K. ... (junior) mit 15 % .... am Vermögen
der Gesellschaft beteiligt sind. Darüber hinausgehende Mehrbeträge
sind den Sonderkonten gutzubringen.
...................
§ 8
Beteiligung:
Die Beteiligung der Gesellschafter am Vermögen und Erfolg
(Gewinn und Verlust) der Gesellschaft richtet sich nach dem Stande
ihrer jeweiligen Kapitalkonten; demnach ist derzeit am Vermögen
und Erfolg der Gesellschaft Herr Ernst K. ... (senior) mit 85 %
..... und Herr Ernst K. ... (junior) mit 15 % .... beteiligt.
.................."
Am richtete der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers eine Eingabe an das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien (Finanzamt), in der er sich als Schriftenverfasser des Kaufvertrages bezeichnete und die Rechtsmeinung vertrat, der gegenständliche Vertrag beurkunde den Kauf des gesamten Unternehmens der OHG einschließlich der Fa. "Brüder S.". Die bisherigen Gesellschafter der OHG hätten mit diesem Kaufvertrag das gesamte Unternehmen an die Käufer übertragen. Ein Erwerb sämtlicher Geschäftsanteile an einer OHG gelte als Erwerb des gesamten Unternehmens. Der gegenständliche Vorgang löse also überhaupt keine Gebührenpflicht aus. Auch aus den einzelnen Bestimmungen des Vertrages gehe hervor, daß es sich um einen gebührenfreien Erwerb des gesamten Unternehmens handle. In § 1 des Vertrages werde aus "gewissen zivilrechtlichen Erwägungen" von Geschäftsanteilen gesprochen, jedoch fehle es an der Festsetzung eines Kaufpreises für die einzelnen Geschäftsanteile; es sei ein Gesamtkaufpreis für alle Geschäftsanteile zusammen und damit für das gesamte Unternehmen selbst festgesetzt worden. Auch gemäß § 5 des Vertrages - wonach der gesamte Kaufpreis an Kurt S. zu bezahlen sei - finde keine "Detaillierung" statt. Wie der Kaufpreis auf die Verkäufer aufzuteilen sei, entziehe sich der Einflußsphäre der beiden Käufer. Das in § 3 betreffenden Rechnungsabschluß Vereinbarte sei nur dann sinnvoll, wenn es sich um den Ankauf eines ganzen Unternehmens, nicht aber einzelner Geschäftsanteile handle. Die Verpflichtung der Käufer zur Tilgung gewisser Geschäftsschulden zufolge § 4 des Kaufvertrages (Gewährleistung der Verkäufer für Schulden, die nicht in der Übergabsbilanz enthalten seien) lasse nur den einzigen Schluß zu, daß es sich um Verkauf und Kauf eines Unternehmens und nicht einzelner Geschäftsanteile gehandelt habe.
Ungeachtet dieser Ausführungen erließ das Finanzamt am einen an den Beschwerdeführer gerichteten Bescheid, in dem es ohne jede Begründung eine Rechtsgebühr in Höhe von S 22.000,-- (d. s. 2 vH von einer Bemessungsgrundlage in Höhe von S 1,100.000,--) festsetzte. Trotz unzulänglicher Ausfüllung des vom Finanzamt für diese Abgabenfestsetzung verwendeten Vordruckes und unzulänglicher Gesetzeszitierung ist aus dem Akteninhalt zu erkennen, daß das Finanzamt den geltend gemachten Abgabenanspruch auf § 33 TP 16 Abs. 1 Z. 1 lit. c des Gebührengesetzes 1957 BGBl. 267 (GebGes) gründete. Wie sich aus der in den Verwaltungsakten befindlichen Durchschrift des Gesellschaftsvertrages vom ergibt, erachtete das Finanzamt diesen Vertrag als nicht gebührenpflichtig.
Der Beschwerdeführer erhob mit Schriftsatz vom dagegen Berufung. Nach dem Erk. d. Slg. 3502(F) sei für die Beurteilung der Rechtsfrage, ob eine Rechtsgeschäft unter § 33 GebGes falle, auf den wahren wirtschaftlichen Gehalt der Vereinbarung Bedacht zu nehmen. Aus dem wirtschaftlichen Gehalt der gegenständlichen Vereinbarung sei zu schließen, daß es sich nicht um den Kauf von Geschäftsanteilen schlechthin gehandelt habe, sondern daß der Parteiwille auf Kauf und Verkauf des Gesamtunternehmens der Fa. Brüder S. gerichtet gewesen sei. Nach dem Erk. d. Zl. 1268/63 und v. Slg. 2791 (F) komme es lediglich darauf an, daß alle Anteile einer Personengesellschaft bezogen auf einen "einheitlichen Stichtag" veräußert würden. Gleiche wirtschaftliche Tatbestände seien abgabenrechtlich gleich zu behandeln, möge es sich - wie in den zitierten Erkenntnissen - um das Umsatzsteuerrecht oder um das Gebührenrecht handeln. Die Veräußerer seien die alleinigen Gesellschafter der OHG gewesen. Die Höhe des Gesellschaftskapitals des verkauften Unternehmens sei nirgends angeführt. Ebenso sei nirgends angegeben, wie hoch die Beträge der veräußerten Geschäftsanteile seien, noch in welchem Verhältnis sie zum Gesellschaftsvermögen stünden. Es sei lediglich festgelegt, daß sämtliche Gesellschaftsanteile der Verkäufer an die beiden Käufer um den Kaufpreis von S 1,100.000,-- verkauft worden seien. Es fehle sogar eine Aufgliederung darüber, in welchem Ausmaß oder Verhältnis diese Geschäftsanteile an die Käufer übergehen sollten. Maßgebend sei in erster Linie, daß für die Übergabe und Übernahme aller Geschäftsanteile der festgelegt worden sie. Es sei jede Feststellung darüber unterblieben, in welchem Verhältnis sich der Kaufpreis auf die einzelnen Verkäufer aufteile. Das Begehren im § 3 des Kaufvertrages, nicht nur einen Rechnungsabschluß, sondern auch eine Reche anderer Verzeichnisse zu übergeben, sie nur dann sinnvoll, wenn es sich um den Erwerb des ganzen Unternehmens handle. Im § 3 Abs. 4 des Vertrages werde sogar die körperliche Übergabe gewisser Gegenstände gefordert. Auch die Regelung über die Geschäftsschulden und die Gewährleistungsbestimmungen deuteten auf den Erwerb des ganzen Geschäftes hin. Schließlich wies die Berufung noch darauf hin, daß sich die Verkäufer im § 4 Abs. 3 des Vertrages verpflichtet haben, "sämtliche, ihnen in Auswirkung dieses Vertrages zur Vorschreibung gelangenden "Steuern" aus eigenem zu tragen.
Mit Berufungsvorentscheidung vom wies das Finanzamt die Berufung ab. In der Begründung dieses Bescheides führte die Behörde u.a. aus, daß, soweit besondere abgabenrechtliche Vorschriften Grundsätze enthielten, "die auf formelle Rechtsgestaltung abstellen (wie das Gebührenrecht)", die wirtschaftliche Betrachtungsweise des § 21 BAO keine Anwendung fände. Diese Berufungsvorentscheidung gehört allerdings nicht mehr dem Rechtsbestand an, da der Beschwerdeführer den Antrag stellte, seine Berufung der Abgabenbehörde zweiter Instanz vorzulegen. Der Beschwerdeführer berief sich hiebei neuerlich auf die wirtschaftliche Betrachtungsweise und führte zur Stützung seines Standpunktes zwei Urteile des Bundesfinanzhofes an.
Die Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und das Burgenland hat die Berufung mit Bescheid vom endgültig abgewiesen. In ihrer Begründung hat sie ausgeführt:
Lt. Inhalt des Vertrages, der gem. § 17 Abs. 1 GebGes für die Gebührenpflicht maßgebend sei, seien Geschäftsanteile erworben worden. Daß nicht das Unternehmen als solches gekauft worden sei, gehe nicht nur aus § 1 , sondern auch aus § 6 des Vertrages hervor, wonach die Verkäufer sich verpflichteten, eine Eingabe an das Handelsgericht des Inhaltes zu unterfertigen, daß sie im Handelsregister gelöscht und die Käufer als Gesellschafter eingetragen werden und daß die Einwilligung zur Fortführung der Firma unter dem bisherigen Wortlaut erteilt worden sei. Daß der Wille bestanden habe, die OHG fortzuführen, ergebe sich aus den Handelsregistereintragungen. Wäre das Unternehmen als solches übertragen worden, dann wäre die OHG erloschen. Es hätte im Handelsregister nicht der Austritt der bisherigen Gesellschafter und der Eintritt neuer Gesellschafter eingetragen werden können und es hätte nicht der Aufhebung der bis dahin bestehenden Gesellschaftsvereinbarungen bedurft. Stehe somit eindeutig fest, daß nicht ein Unternehmen als solches, sondern Gesellschaftsanteile erworben worden seien, dann müsse das sonstige Vorbringen in der Berufung schon deshalb ins Leere gehen. Im Kaufvertrag sei in den Vorbemerkungen der prozentuelle Anteil der verkaufenden Gesellschafter angegeben. Diese Angabe zeige nicht nur in Verbindung mit § 1 des Vertrages, daß Geschäftsanteile übertragen worden seien, sondern sie bestimme auch die Höhe der übertragenen Geschäftsanteile. Lt. § 2 sei die Übernahme zum vereinbart worden Demgemäß hätten die Verkäufer lt. § 3 einen Rechnungsabschluß zum zu erstellen gehabt. Daraus ergebe sich die Höhe des Geschäftskapitals und der Betrag, der auf die prozentuellen Anteile entfällt. Gegenstand des Kaufvertrages sei der Erwerb der Geschäftsanteile durch zwei Personen. Welchen Betrag jeder Erwerber für seinen Erwerb aufzubringen habe und mit welchem Anteil jeder Erwerber an der OHG beteiligt werde, könne auch "außerhalb des Kaufvertrages" gesondert vereinbart werden. Die Beteiligung der Erwerber sei auch mit dem Gesellschaftsvertrag vom geregelt worden. Die Aufbringung des Kaufpreises sei nicht Gegenstand des Kaufvertrages. Die Erwerber könnten vereinbaren, daß der Vater dem Sohn den Kaufpreisanteil als Darlehen vorstrecke oder schenke. Ebenso könnten die Verkäufer sich gesondert über die Aufteilung des Kaufpreises abweichend vom Ausmaß ihrer Geschäftsanteile auseinandersetzen. Die Erwerber hätten den Kaufpreis lt. § 5 des Vertrages an Kurt S. mit schuldbefreiender Wirkung gegenüber den anderen Verkäufern bezahlen können. Somit könne in der in Rede stehenden Vereinbarung nicht ein Indiz für einen Kauf eines Unternehmens erblickt werden. Diese Vereinbarung beziehe sich nur auf die Erfüllung des Rechtsgeschäftes und den Verkäufern bleibe es selbst vorbehalten, wie sie den Kaufpreis untereinander aufteilen. Ein solches Indiz könne auch nicht in der Vereinbarung über die Aufstellung eines Rechnungsabschlusses erblickt werden, weil eine solche Aufstellung nicht nur bei Verkauf eines Unternehmens, sondern auch bei Gesellschaftsvertrag üblich sei. Auch bei der Übertragung von Gesellschaftsanteilen müsse festgehalten werden, welche Werte diesen Anteilen zugrunde liegen, weil sich ja danach der Kaufpreis richte. Wenn sich der Beschwerdeführer auf das Erk. d. Slg. 3502(F) beziehe, so sei der diesem Erkenntnis zugrunde liegende Fall ganz anders geartet. Dorst sei strittig gewesen, ob die Vereinbarung über die Beistellung von Transformatoren, Schaltanlagen und Meßeinrichtungen zum Strombezug als Bestandvertrag anzusehen sei. Nur weil es sich um einen gemischten Vertrag gehandelt habe, habe der VwGH die wirtschaftliche Betrachtungsweise gemäß § 21 BAO bejaht. In der Regel bleibe für die wirtschaftliche Betrachtungsweise auf dem Gebiet der Verkehrsteuern kein Raum, weil ihr Gegenstand Rechtsvorgänge seien und insbesondere das Gebührenrecht grundsätzlich vom Urkundenprinzip beherrscht werde. Im Erk. vom , 787/67, habe der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, daß die wirtschaftliche Betrachtungsweise bei Verkehrsteuern insoweit in den Hintergrund tritt, als das Steuergesetz die Abgabepflicht an bestimmte in der Außenwelt in Erscheinung tretende Tatbestände knüpfe. Im hg. Erk. v. , 1079, 1080/67, habe der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, daß das Gebührenrecht in erster Linie an die formelle Rechtsgestaltung anknüpfe und Rechtsvorgänge erfasse. Wirtschaftlichen Erwägungen käme daher für den Bereich des Gebührengesetzes nur eine untergeordnete Bedeutung zu. Der strittige Rechtsvorgang der Übertragung von Geschäftsanteilen könne nicht in wirtschaftlicher Betrachtungsweise nach seinem Endergebnis beurteilt werden, wie es in den weiteren vom Beschwerdeführer bezogenen hg. Erk. v. , 1268/63, und
v. , 831/60, der Fall gewesen sei. Diese Erkenntnisse beträfen die Umsatzsteuer. Auf der im gegenständlichen Fall nicht anwendbaren wirtschaftlichen Betrachtungsweise beruhten auch die vom Beschwerdeführer angezogenen Entscheidungen des Bundesfinanzhofes.
Gegen diesen Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland v. richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der im wesentlichen die Ausführungen des Beschwerdeführers im Verwaltungsverfahren wiederholt werden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über sie erwogen:
Der Beschwerdeführer hält an der Rechtsauffassung fest, daß in seinem Fall eine Gebührenpflicht dem Grunde nach nicht bestehe, weil der Vertrag vom nicht die Abtretung von Gesellschaftsanteilen, sondern den Kauf eines Unternehmens darstelle. Zur Begründung dieses Standpunktes beruft sich der Beschwerdeführer neuerlich auf die wirtschaftliche Betrachtungsweise, derzufolge im Beschwerdefall ein Unternehmenskauf anzunehmen sei. Weiter stützt sich der Beschwerdeführer auf den Vertragsinhalt, in welchem weder die Höhe des Gesellschaftskapitals angeführt noch angegeben sei, wie hoch die Beträge der veräußerten Geschäftsanteile seien, noch in welchem Verhältnis sie zum Gesellschaftsvermögen stünden. Es fehle eine Aufgliederung darüber, in welchem Ausmaß oder in welchem Verhältnis diese Gesellschaftsanteile an die Käufer übergehen sollten. Es sei jede Feststellung darüber unterblieben, in welchem Verhältnis der Kaufpreis auf die Verkäufer aufzuteilen sei.
Diesen Beschwerdeausführungen kommt Berechtigung zu. Gem. § 33 TP 16 Abs. 1 GebGes unterliegen Gesellschaftsverträge, ausgenommen solche über Kapitalgesellschaften, einer Rechtsgeschäftsgebühr. Als gebührenpflichtige Gesellschaftsverträge über Personengesellschaften gelten nach der zitierten Gesetzesstelle nicht nur die Verträge über die Gründung einer Gesellschaft, sondern auch Verträge über die Überlassung eines Gesellschaftsanteiles von einem Gesellschafter an einen anderen Gesellschafter oder an einen Dritten, wobei in diesem Fall die Gebühr in Höhe von 2 vH vom Entgelte, mindestens aber vom Wert des Gesellschaftsanteiles, zu bemessen ist (§ 33 TP 16 Abs. 1 Z. 1 lit. c GebGes). Eine derartige gebührenpflichtige Überlassung von Gesellschaftsanteilen erblicken die Abgabenbehörden im gegenständlichen Vertrag. Sie übersehen dabei jedoch, daß der Kaufvertrag vom nach seiner Bezeichnung UND nach seinem Inhalt Kaufvertrag ist, wobei der Wille der Vertragspartner auf die Übertragung eines Unternehmens gerichtet war. Jenes Rechtsgeschäft, das geeignet war, eine Pflicht zur Entrichtung der Gesellschaftsvertragsgebühr nach § 33 TP 16 Abs. 1 Z. 1 GebGes auszulösen, war nicht dieser Kaufvertrag, sondern der nachträgliche gesellschaftsrechtliche Zusammenschluß der Käufer, wie er in der Urkunde vom seinen Niederschlag gefunden hat. Wie der Gerichtshof im Erk. v. , Zl. 1220/67 (auf Art. 14 Abs. 4 der hg. Geschäftsordnung BGBl. 1965/45 wird Bezug genommen), dargetan hat, kann vom Eintritt in eine bestehende Gesellschaft nur dann die Rede sein, wenn jemand mit mehreren bereits durch gesellschaftliche Vereinbarungen verbundene Personen eine Abrede über den künftigen gemeinsamen Erwerb trifft. Wird diese Vereinbarung nur zwischen Personen abgeschlossen, die der bisherigen Gesellschaft nicht angehört haben, handelt es sich um eine Neugründung einer Gesellschaft, die den gebührenpflichtigen Tatbestand nach § 33 TP 16 Abs. 1 Z. 1 lit. b GebGes auslöst. Daraus ergibt sich, daß das Finanzamt zu Unrecht den Gesellschaftsvertrag vom als nicht gebührenpflichtig betrachtete. Haben sich aber - wovon auszugehen ist - die Käufer im Beschwerdefall erst nach dem Erwerb des Unternehmens zu einem gemeinsamen Erwerbszweck in der Rechtsform einer OHG zusammengeschlossen, so war es jedenfalls verfehlt, in dem mit den bisherigen Gesellschaftern geschlossenen Vertrag die Überlassung von Gesellschaftsanteilen, wie sie üblicherweise mit dem Eintritt als Gesellschafter in eine bestehende Gesellschaft verbunden ist, zu erblicken. Denn auch die Anwendung der lit. c des § 33 TP 16 Abs. 1 Z. 1 GebGes setzt als besondere Form eines Gesellschaftsvertragen im Sinne der Legaldefinition in § 33 TP 16 Abs. 1 leg. cit. voraus, daß der eintretende Gesellschafter mit bisherigen Gesellschaftern in eine gesellschaftsrechtliche Beziehung tritt.
Aus den vorstehenden Überlegungen konnte die belangte Behörde sich auch nicht auf § 17 Abs. 2 GebGes stützen, welche Bestimmung die Vermutung aufstellt, daß im Zweifelsfall bis zum Gegenbeweis der Tatbestand vermutet wird, der die Gebührenschuld begründet oder die höhere Gebühr zur Folge hat. Da sich aus der Urkunde vom nämlich mit Gewißheit ergab, daß es an einem wesentlichen Merkmal, nämlich am Erwerb bestimmter Geschäftsanteile fehlte, blieb für die Anwendung der in Rede stehenden gesetzlichen Vorschrift kein Raum. Auch daß in § 1 des gesamten Vertrages ddo vom Verkauf von Geschäftsanteilen gesprochen wird und die Verkäufer im § 6 die Verpflichtung übernahmen, alles vorzukehren, daß die Erwerber in das Handelsregister unter Fortbestand der Firma eingetragen werden können, vermag nicht die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun. Aus diesen Vereinbarungen ist lediglich - wie die belangte Behörde gefolgert hat und wie durch den später zwischen den Käufern abgeschlossenen Gesellschaftsvertrag vom auch bestätigt wurde - zu entnehmen, daß auf Seiten der Käufer von Anfang an der Wille bestand, das Unternehmen der OHG in der Rechtsform der OHG fortzuführen. Diese Absicht allein ist jedoch nicht geeignet, einen gebührenpflichtigen Tatbestand im Sinne des§ 33 TP 16 Abs. 1 Z. 1 lit. c GebGes zu begründen, wenn hiefür - wie bereits dargelegt - andere objektive Merkmale fehlen.
Für den Beschwerdefall gilt, was der VwGH in seinem Erk. v. Slg. 328(F) ausgesprochen hat, daß, wenn den Parteien zur Erreichung eines Zweckes mehrere Rechtsgestaltungsmöglichkeiten zu Gebote stehen, die Abgabenbehörde die gewählte Möglichkeit gegen sich gelten lassen muß, sofern nicht ein Mißbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten (§ 22 BAO) anzunehmen ist. Daß im Beschwerdefall ein solcher Mißbrauch vorläge, hat die belangte Behörde aber weder angenommen noch ergibt sich ein solcher Hinweis aus den gegebenen vertraglichen Gestaltungen. Diese lassen nämlich darauf schließen, daß es den Verkäufern nur darum gegangen ist, das Unternehmen um einen bestimmten Gesamtkaufpreis zu veräußern, wobei es für sie gleichgültig war, in welcher Form die Erwerber das Unternehmen fortführen wollten. Anderseits bestand auf der Seite der Erwerber von Anfang an der Wille zur Geschäftsfortführung in der gesellschaftsrechtlichen Verbindung einer OHG. Zur Verwirklichung dieser Parteiinteressen ist in logischer Folge der beschrittene Weg gewählt worden: Verkauf des Unternehmens an den Beschwerdeführer und Ernst Karl K. und Verbindung dieser beiden zu einer OHG. Diese zulässige auf keinen Mißbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechtes (§ 22 Abs. 1 BAO) hinweisende Vertragsgestaltung konnte aber gebührenrechtlich nur zur Folge haben, daß in dem ersten Akt (dem Abschluß eines Kaufvertrages bezüglich des Unternehmens der Verkäufer) keine gebührenpflichtige Überlassung von Gesellschaftsanteilen zu erblicken ist, während der zweite Akt (Abschluß eines Gesellschaftsvertrages zwischen dem Beschwerdeführer und Ernst Karl K.) geeignet war, eine Gebührenpflicht gemäß § 33 TP 16 Abs. 1 Z. 1 lit. b GebGes auszulösen.
Wiewohl § 15 Abs. 3 GebGes nicht ausschließt, daß ein Rechtsgeschäft, das einem umsatzsteuerbaren Vorgang zugrunde liegt, auch gebührenpflichtig ist, sei abschließend und zusammenfassend dennoch erwähnt, daß bei richtiger abgabenrechtlicher Beurteilung der beiden Verträge vom und vom die Übertragung des Unternehmens zufolge des Vertrages vom als Veräußerung eines Geschäftes im ganzen der Umsatzsteuer und der im Vertrag vom beurkundete Zusammenschluß zu einer OHG der Rechtsgebühr nach § 33 TP 16 Abs. 1 Z. 1 lit. b GebGes zu unterziehen gewesen wäre.
Da die belangte Behörde die Rechtslage verkannt hat, war der angefochtene Bescheid, ohne daß auf die weiteren Einwendungen des Beschwerdeführers einzugehen war, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965 aufzuheben.
Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 VwGG 1965 in Verbindung mit d VO d BKA v. BGBl. 4.
Wien, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen | |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1971:1971000524.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
TAAAF-52884