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VwGH 16.12.1965, 0501/64

VwGH 16.12.1965, 0501/64

Entscheidungsart: ErkenntnisVS

Rechtssatz


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Normen
RS 1
Beim Grundstückstausch ist die Grunderwerbsteuer nicht vom Werte des Grundstückes (§ 10 Abs 2 GrEStG), dem Einheitswert (§ 12 GrEStG), sondern vom Wert der Gegenleistung (§ 10 Abs 1 und § 10 Abs 3 GrEStG) zu berechnen. Die Tauschleistung des anderen Vertragteiles (§ 11 Abs 1 Z 2 GrEStG) ist das von dem Erwerber des eingetauschten Grundstückes hingegebene (vertauschte) Grundstück, das als Gegenleistung nach dem Verkehrswert zu bewerten ist (Hinweis E , 562/61).

Entscheidungstext

Beachte

Siehe:

0528/64 E VS

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsidenten Dr. Ondraczek, und die Hofräte Dr. Dorazil, Dr. Schimetschek, Dr. Mathis, Dr. Kaupp, Dr. Kadecka, Dr. Schmid, Dr. Raschauer und Dr. Riedel als Richter, im Beisein des Schriftführers, Finanzkommissärs Dr. Blaschek, über die Beschwerde

1) des FM in W und 2) des Dipl.-Ing. JM in H, beide vertreten durch Dr. Franz Drabek, Rechtsanwalt in Hollabrunn, Hauptplatz 16, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. GA VIII- 1347/63, betreffend Grunderwerbsteuer, nach Durchführung einer Verhandlung, und zwar nach Anhörung des Vortrages des Berichters sowie der Ausführungen des Vertreters der Beschwerde, Rechtsanwaltes Dr. Franz Drabek, und des Vertreters der belangten Behörde, Oberfinanzrates Dr. RR, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem am zwischen den beiden Beschwerdeführern abgeschlossenen Tauschvertrage haben diese die Miteigentumsanteile zweier ihnen je zur Hälfte gehöriger Liegenschaften in der Weise getauscht, daß jeder von ihnen Alleineigentümer je einer der beiden Liegenschaften geworden ist. Die Einheitswerte dieser Liegenschaftshälften betrugen S 6.650,-- und S 9.500,--. Das zuständige Finanzamt hat jedoch der Grunderwerbsteuerbemessung geschätzte Verkehrswerte der Hälfteanteile von S 33.250,-- bzw. S 47.500,-- - d. i. je das Fünffache der anteiligen Einheitswerte - zugrunde gelegt und die dagegen von den Beschwerdeführern erhobene Berufung mit Berufungsvorentscheidungen vom als unbegründet abgewiesen. Nachdem diese durch den Antrag auf Entscheidung der Finanzlandesdirektion gemäß § 276 der Bundesabgabenordnung (BGBl. Nr. 194/1961) wirkungslos geworden waren, hat auch die belangte Behörde mit der nunmehr beim Verwaltungsgerichtshof wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes angefochtenen Berufungsentscheidung die Berufung im wesentlichen als unbegründet abgewiesen und in den Entscheidungsgründen zur strittigen Frage, ob Bemessungsgrundlage der Steuer der Einheitswert oder der Verkehrswert der Tauschgrundstücke sei, im wesentlichen ausgeführt, im § 10 Abs. 3 des Grunderwerbsteuergesetzes (BGBl. Nr. 140/1955, GrEStG) werde ausdrücklich hervorgehoben, daß bei einem Tauschvertrage die Steuer vom Werte der Leistung zu bemessen ist. In welchen Fällen eine Liegenschaft mit dem Einheitswerte der Grunderwerbsteuer zu unterziehen ist, sei ausschließlich im § 10 Abs. 2 GrEStG geregelt. Von den dort angeführten Voraussetzungen treffe aber keine auf den strittigen Fall zu. In all diesen Fällen sei Bemessungsgrundlage nicht die Gegenleistung, sondern der Vertragsgegenstand. Auch § 12 GrEStG weise darauf hin, daß als Wert der Einheitswert des Grundstückes gilt, das Gegenstand des Erwerbsvorganges ist. Sei aber ein Grundstück die Gegenleistung, dann könne es als solche nie mit dem Einheitswerte, sondern müsse es nach den allgemeinen Vorschriften des Bewertungsgesetzes mit dem Verkehrswerte bewertet werden.

In der gegen diese Berufungsentscheidung beim Verwaltungsgerichtshof überreichten Beschwerde wird ausgeführt, die Leistung bzw. Gegenleistung, die die beiden Beschwerdeführer beim strittigen Tauschgeschäft erbracht haben, habe jeweils in den im Tauschweg übergebenen Liegenschaftshälften bestanden. Nach § 12 Abs. 1 GrEStG sei als Wert des Grundstückes der Einheitswert anzusetzen. Bestimmungen darüber, daß bei Tauschverträgen nicht der Einheitswert, sondern der Verkehrswert die Bemessungsgrundlage bilden solle, enthalte das Grunderwerbsteuergesetz nicht. Die Zugrundelegung der Verkehrswerte sei nicht nur gesetzwidrig, sondern auch widersinnig, weil sie namentlich dann, wenn es sich um näher Verwandte handelt, durch gegenseitige Schenkungsverträge an Stelle eines Tauschvertrages ohne weiteres umgangen werden könnte. Gegen die Ermittlung der Verkehrswerte werden in der Beschwerde keine gesonderten Einwendungen erhoben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 13 Z. 1 VwGG 1965 verstärkten Senat erwogen:

Betrachtet man die Systematik der in Frage kommenden Bestimmungen der §§ 10 bis 12 GrEStG, wie sie auch in den Überschriften dieser Paragraphen zum Ausdrucke kommt, so handelt § 10 GrEStG von der Bemessungsgrundlage der Steuer, die nach Abs. 1 grundsätzlich nach dem Werte der Gegenleistung, also des für den Grunderwerb Hingegebenen, zu ermitteln ist, während im Abs. 2 die Fälle aufgezählt sind, in denen die Steuer vom Werte des (erworbenen) Grundstückes zu berechnen ist. § 11 dieses Gesetzes sagt dann, was Gegenleistung in einzelnen Fällen ist (Abs. 1), was zu ihr gehört (Abs. 2) und was ihr hinzuzurechnen ist (Abs. 3), während Abs. 4 anordnet, daß die für den betreffenden Erwerbsvorgang zu entrichtende Grunderwerbsteuer der Gegenleistung weder hinzugerechnet noch von ihr abgezogen wird.

§ 12 GrEStG handelt schließlich vom Werte des Grundstückes, als der nach Abs. 1 der Einheitswert anzusetzen ist, wenn das Grundstück, das Gegenstand des Erwerbsvorganges ist, eine wirtschaftliche Einheit bildet. Diese systematische Betrachtung läßt erkennen, daß die §§ 11 und 12 GrEStG für die beiden Arten der Berechnung der Grunderwerbsteuer nach § 10 GrEStG die näheren Bestimmungen treffen, für die grundsätzliche Berechnungsart des Abs. 1 nach dem Werte der Gegenleistung im § 11, und für die Fälle, in denen die Steuer nach Abs. 2 vom Werte des (erworbenen) Grundstückes zu berechnen ist, im § 12. Strittig ist nun die Frage, ob außer den im § 10 Abs. 2 GrEStG angeführten Fällen auch beim Grundstückstausche die Grunderwerbsteuer vom Werte des Grundstückes zu berechnen ist.

Die Schwierigkeit der Lösung dieser Frage ergibt sich daraus, daß beim Tausche von Grundstücken wechselseitig für den Erwerb eines Grundstückes ein Grundstück hingegeben wird, daß also jedes Grundstück zugleich den Gegenstand des Erwerbsvorganges des einen und - ganz oder zum Teile - die Gegenleistung des anderen Vertragsteiles für das von diesem erworbene Grundstück bildet.

§ 10 Abs. 3 GrEStG ordnet an, daß die Steuer sowohl vom Werte der Leistung des einen als auch vom Werte des anderen Vertragsteiles zu berechnen ist, woraus sich ergibt, daß beim Grundstückstausche zwei steuerpflichtige Erwerbsvorgänge angenommen werden. Deshalb hatte das Grunderwerbsteuergesetz 1940 diese Regelung gleichlautend im § 1 Abs. 4 im Zusammenhang mit der Aufzählung der Erwerbsvorgänge getroffen.

Es bedarf nun zunächst der Klarstellung, was unter dem Werte der Leistung des einen und unter dem Werte der Leistung des anderen Vertragsteiles, von denen nach § 10 Abs. 3 GrEStG, die Steuer für die beiden Erwerbsvorgänge zu berechnen ist, verstanden werden muß. Sicherlich sind darunter die Tauschgrundstücke gemeint, doch können Zweifel aus der Doppelseitigkeit dieser Leistungen entstehen. Es ergibt sich also die Frage, ob unter der Leistung des einen und der des anderen Vertragsteiles in § 10 Abs. 3 GrEStG die Tauschgrundstücke zu verstehen sind, sofern sie von den Vertragsteilen erworben oder sofern sie von ihnen hingegeben werden. Der österreichische Gesetzgeber hat diese dem § 1 Abs. 4 des Grunderwerbsteuergesetzes 1940 entsprechende Bestimmung, wie sich aus den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage des Grunderwerbsteuergesetzes 1955 (556 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Nationalrates, VII. GP) ergibt, aus Gründen der Systematik in den § 10 GrEStG, der von der Art der Berechnung der Steuer handelt, übernommen. Da die Steuer aber nach Abs. 1 grundsätzlich vom Werte der Gegenleistung und nur in den Fällen des Abs. 2 vom Werte des Grundstückes zu berechnen ist, deutet schon diese systematische Einordnung in die Bestimmungen über die Art der Berechnung der Steuer - als eigener Absatz und nicht etwa als weiterer Fall des Abs. 2, demzufolge die Steuer vom Werte des Grundstückes zu berechnen wäre - darauf hin, daß auch der österreichische Gesetzgeber mit der Anordnung, daß beim Grundstückstausche die Steuer sowohl vom Werte der Leistung des einen als auch vom Werte der Leistung des anderen Vertragsteiles zu berechnen ist, das Grundstück nicht als Gegenstand des Erwerbsvorganges, sondern als Gegenleistung für das im Tauschweg erworbene Grundstück gemeint hat.

Die Richtigkeit dieser Annahme ergibt sich aber auch aus der Tatsache, daß im § 11 Abs. 1 Z. 2 GrEStG gesagt wird, was Gegenleistung beim Tausch ist. Diese Anordnung wäre für den Tausch von Grundstücken sinnlos, wenn beim Tausche die Steuer nicht vom Werte der Gegenleistung zu berechnen wäre. Zudem nimmt auch ihr Wortlaut "die Tauschleistung des anderen Vertragsteiles einschließlich einer vereinbarten zusätzlichen Leistung" geradezu darauf Bedacht, daß die getauschten Grundstücke nicht gleichwertig sind, und kann auch insofern nur auf die Berechnung der Steuer von der Gegenleistung bezogen werden. Davon abgesehen ist Tauschleistung des anderen Vertragsteiles beim Tausche von Grundstücken das von diesem Vertragsteile hingegebene Grundstück. Dieses kann aber nicht Gegenleistung sein, sofern es den Gegenstand des Erwerbes des Tauschpartners bildet, sondern eben nur, sofern es für das von diesem erworbene Grundstück hingegeben wird.

Alle diese Überlegungen sprechen dafür, daß unter den Leistungen des einen und des anderen Vertragsteiles, von denen nach § 10 Abs. 3 GrEStG beim Grundstückstausche die Steuer zu berechnen ist, nur die Tauschgrundstücke verstanden werden können sofern sie von den Vertragsteilen für die im Tauschweg erworbenen Grundstücke hingegeben werden. Wollte man trotzdem darunter die Grundstücke verstehen, sofern sie von dem einen und dem anderen Vertragsteil erworben werden, so würde sich ein unlösbarer Widerspruch zwischen den Bestimmungen der §§ 10 Abs. 3 und 11 Abs. 1 Z. 2 GrEStG ergeben. Die Tauschgrundstücke, sofern sie für die im Tauschweg erworbenen Grundstücke hingegeben werden, sind aber Gegenleistung und nicht Gegenstand des Erwerbsvorganges. Somit kann der normative Gehalt des § 10 Abs. 3 GrEStG - über die Anordnung, daß von jedem der im Grundstückstausch enthaltenen Erwerbsvorgänge die Steuer zu berechnen ist, hinaus - nicht etwa besagen, daß damit im Anschluß an die im Abs. 2 aufgezählten Fälle auch beim Grundstückstausche die Steuer vom Werte der erworbenen Grundstücke zu berechnen ist.

Es wurde schon ausgeführt, daß die Bestimmungen des § 12 GrEStG über den Wert des Grundstückes nach ihrer systematischen Einordnung nur auf die Fälle bezogen werden können, in denen die Grunderwerbsteuer nicht vom Werte der Gegenleistung, sondern nach § 10 Abs. 2 GrEStG vom Werte des den Gegenstand des Erwerbsvorganges bildenden Grundstückes zu berechnen ist. Sie können, wie bereits ausgeführt wurde, nicht auf den Fall des Grundstückstausches Anwendung finden, weil bei diesem die Steuer vom Grundstücke nicht als von dem Gegenstande des Erwerbsvorganges, sondern vom Grundstück als Gegenleistung für das im Tauschweg erworbene Grundstück zu berechnen ist. Daß die Anordnung des Abs. 1 des § 12 GrEStG, wonach als Wert des Grundstückes der Einheitswert anzusetzen ist, nur auf das Grundstück als Gegenstand des Erwerbsvorganges bezogen werden kann, kommt übrigens auch durch den Wortlaut im anschließenden Bedingungssatze zum Ausdrucke ("wenn das Grundstück, das Gegenstand des Erwerbsvorganges ist, eine wirtschaftliche Einheit bildet").

Ist also die Grunderwerbsteuer nach § 10 Abs. 3 GrEStG vom Werte der Tauschgrundstücke zu berechnen, sofern sie die Gegenleistung für die eingetauschten Grundstücke bilden, dann hat sich die Wertermittlung nach den Bestimmungen des 1. Teiles (allgemeine Bewertungsvorschriften) des Bewertungsgesetzes 1955 zu richten, die nach § 1 dieses Gesetzes, soweit sich nicht aus den abgabenrechtlichen Vorschriften oder aus dem 2. Teile dieses Gesetzes etwas anderes ergibt, für die bundesrechtlich geregelten Abgaben gelten. Nach § 10 des Bewertungsgesetzes ist aber bei Bewertungen, soweit nichts anderes vorgesehen ist, der gemeine Wert zugrunde zu legen.

Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 als unbegründet abzuweisen. Kosten des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof konnten den Beschwerdeführern gemäß § 47 Abs. 1 VwGG 1957 - diese Bestimmung war gemäß Art. II Abs. 2 in Verbindung mit Art. III Abs. 2 der Verwaltungsgerichtshofgesetz-Novelle BGBl. Nr. 216/1964 noch auf den vorliegenden Fall anzuwenden - schon deshalb nicht zugesprochen werden, weil sie mit ihrem Begehren unterlegen sind.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
Sammlungsnummer
VwSlg 3379 F/1965
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1965:1964000501.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
HAAAF-52849