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VwGH 22.02.1973, 0448/72

VwGH 22.02.1973, 0448/72

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssatz


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Norm
GrEStG 1955 §4 Abs1 Z5 idF 1969/277
RS 1
Die Grunderwerbsteuerbefreiung nach § 4 Abs 1 Z 5 GrEStG 1955 setzt voraus, daß der Erwerbsvorgang UNmittelbare Folgen einer baubehördlichen behördlichen Maßnahme ist. Fehlt es an einer solchen Maßnahme, etwa weil nach dem Baurecht des betreffenden Bundeslandes solche Maßnahmen nicht möglich sind, oder weil es sich um einen freiwillig abgeschlossenen Kaufvertrag handelt, ist eine Grunderwerbsteuerbefreiung ausgeschlossen (Hinweis E , 1882/62 VwSlg 3053 F/1964).

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dkfm. DDr. Dorazil und die Hofräte Dr. Frühwald, Dr. Riedel, Dr. Reichel und Dr. Draxler als Richter, im Beisein des Schriftführers Finanzoberkommissär Dr. Leitner, über die Beschwerde des Dr. AK in X, vertreten durch Dr. Anton Bauer, Rechtsanwalt in Innsbruck, Fallmerayerstraße 5, gegen den Bescheid der FLD für Tirol v , 30.425-III/71, betreffend Grunderwerbsteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (FLD für Tirol) Aufwendungen in der Höhe von S 600,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Kaufvertrag v  erwarb der Beschwerdeführer von der Stadtgemeinde I. Teile der GP 131/1 EZl 8 I KG I., nämlich die neugeschaffenen GP 131/16 und 131/17 im Ausmaße von 1.784 m2; der Kaufpreis betrug S 694.050,--. Anläßlich der Abgabenerklärung, die durch die Verkäuferin verfaßt und dem FA für Gebühren und Verkehrsteuern in I. übermittelt worden ist, wurde die Freiheit des Erwerbsvorgangs von der Grunderwerbsteuer gem § 4 Abs 1 Z 5 des Grunderwerbsteuergesetzes 1955 BGBl 140 (GrEStG) idF der GrEStG-Nov 1969 BGBl 277 beantragt, ohne daß konkrete baubehördliche Maßnahmen, auf Grund welcher der Grundstückserwerb vollzogen worden wäre, seitens des Beschwerdeführers behauptet oder gar nachgewiesen wurden. Das FA für Gebühren und Verkehrsteuern in I. forderte vom Beschwerdeführer deshalb mit Bescheid v  Grunderwerbsteuer im Betrage von S 55.524,-- an, weil die verlangte Abgabenbefreiung beim „freiwilligen Erwerb eines Grundstückes“ ausgeschlossen sei.

Der Beschwerdeführer berief. Der gegenständliche Kaufvertrag weise ausdrücklich darauf hin, daß der Beschwerdeführer die in Rede stehenden Grundparzellen zur besseren Gestaltung von Bauland erworben habe. Die begehrte Begünstigung werde durch einen freiwilligen Grundstückserwerb nicht ausgeschlossen.

Im Zuge des Berufungsverfahrens legte der Beschwerdeführer eine Bescheinigung des Amtes der Tiroler Landesregierung ddo  vor, inhaltlich welcher dieses Amt bestätigte, daß der Erwerb der streitgegenständlichen Grundparzellen „eine Maßnahme darstellt, die der besseren Gestaltung von Bauland, im Sinne der Bestimmungen der Innsbrucker Bauordnung und der örtlichen Bauvorschriften für I. dient“. Dieses Rechtsmittel wurde, ohne daß eine Berufungsvorentscheidung erlassen worden wäre, der Abgabenbehörde II. Instanz zur Entscheidung vorgelegt.

Die FLD für Tirol hat im Berufungsverfahren eine Anfrage an die Tiroler Landesregierung gerichtet, in deren Beantwortung diese mit Zuschrift v der FLD mitteilte, die gegenständliche Grundfläche sei nicht unmittelbar auf Grund einer behördlichen Maßnahme erworben worden. Der Erwerb diene aber der besseren Gestaltung von Bauland, sodaß der gegenständliche Kaufvertrag als „Maßnahme“ iS des § 4 Abs 1 Z 5 GrEStG anzusehen sei.

Die FLD hat in der Folge mit dem nunmehr vor dem VwGH angefochtenen Bescheid v die Berufung als unbegründet abgewiesen. Eine Grunderwerbsteuerbefreiung nach § 4 Abs 1 Z 5 GrEStG setze voraus, daß der Erwerb die unmittelbare Folge einer behördlichen Maßnahme sei. Im Streitfalle sei aber der Abschluß des Kaufvertrags freiwillig erfolgt, da jeder Anhaltspunkt für eine behördliche Maßnahme fehle.

Gegen diesen Bescheid richtet sich also die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde, über die der VwGH erwogen hat:

Gem § 4 Abs 1 Z 5 GrEStG ist bei Maßnahmen zur besseren Gestaltung von Bauland der Erwerb eines Grundstücks nach den für die bessere Gestaltung von Bauland geltenden Vorschriften von der Besteuerung ausgenommen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH (allerdings zum früheren § 4 GrEStG) ist Voraussetzung für die in Rede stehende Abgabenfreiheit, daß der Erwerb als unmittelbare Folge einer behördlichen Verfügung im Zug eines Verfahrens vor der Baubehörde vorgenommen bzw bewirkt wird (vgl. das hg Erk v  Slg 3053(F)). Ein Anwendungsfall der vom Beschwerdeführer herangezogenen Befreiungsbestimmung ist etwa dann gegeben, wenn vom Eigentümer einer im Bauland gelegenen Grundfläche, aus welcher ihrer Gestalt, und Größe wegen ein Bauplatz nicht gewonnen werden kann, auf Grund einer behördlichen Maßnahme Grundflächen dazu erworben werden, um auf diese Weise die Schaffung eines der jeweils geltenden Bauordnung entsprechenden Bauplatzes zu ermöglichen.

Der Beschwerdeführer wirft der belangten Behörde vor allem vor, sie hätte § 4 Abs 1 Z 5 GrEStG unrichtig ausgelegt. Der VwGH kann jedoch nicht finden, daß die belangte Behörde rechtswidrig gehandelt hätte, wenn sie bei ihrer Entscheidung davon ausgegangen ist, der Erwerb müsse im Blickwinkel der zit Rechtsvorschrift die unmittelbare Folge einer behördlichen Maßnahme sein. Denn sie konnte sich - wie schon gesagt - auf die Rechtsprechung des VwGH stützen. Wenngleich das oben angeführte Erk des VwGH zwar noch unter Bedachtnahme auf die Rechtslage vor der GrEStG-Nov 1969 (BGBl 277) ergangen ist, so hat die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift doch zutreffend darauf hingewiesen, daß der Wortlaut der vor der zit Nov in Geltung gewesenen Bestimmung des § 4 Abs 1 Z 4 lit b GrEStG jener des § 4 Abs 1 Z 5 GrEStG, neuer Fassung wörtlich entspricht.

Wenn der Beschwerdeführer meint, man müsse nach der GrEStG-Nov 1969 unterscheiden zwischen den Befreiungstatbeständen der „Bodenreform“ und „besseren Gestaltung von Bauland“, so kann der Gerichtshof nicht erkennen, daß der im nunmehrigen § 4 Abs 1 Z 5 leg cit verwendete Begriff der „Maßnahme“ durch die GrEStG-Nov 1969 einen Bedeutungswandel erfahren hätte. Nach wie vor ist aus dem Gesetz zu erkennen, daß dem Erwerb auf Grund von Maßnahmen (§ 4 Abs 1 Z 4 und 5 leg cit) der freiwillige Erwerb gegenübergestellt wird (§ 4 Abs 1 Z 6 leg cit), der nicht als Folge von (behördlichen) Maßnahmen eintritt und für den auch gegenwärtig die sogenannte Zweckdienlichkeitsbescheinigung für die Abgabenbegünstigung verlangt wird. Der vom Beschwerdeführer zum Ausdruck gebrachte Gedanke ist daher im Hinblick auf die allgemein sprachliche Bedeutung, die dem Begriff „Maßnahme“ zukommt, und auch auf die Zielsetzungen, die sich aus den Materialien zur GrEStG-Nov 1969 (vgl dazu 1223 der Beilagen zu den sten Protokollen des NR XI. GP) ergeben, abzulehnen.

Der Beschwerdeführer beruft sich nun auf das Schreiben der Tiroler Landesregierung v und glaubt damit eine „Maßnahme“ iS des § 4 Abs 1 Z 5 GrEStG dargetan zu haben. Doch wird in diesem Schreiben nicht bestätigt, daß die streitgegenständlichen Grundflächen unmittelbar auf Grund einer behördlichen Maßnahme erworben wurden. Mit diesem Schreiben vermochte er sein Vorbringen also nicht zu stützen.

Wenn der Beschwerdeführer schließlich unter dem Beschwerdegrund der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften rügt, ihm sei keine Gelegenheit gegeben worden, zum Inhalt der Zuschrift des Amtes der Tiroler Landesregierung v Stellung zu nehmen, so ist dies zwar richtig, bei der dargestellten Rechtslage ist aber offensichtlich, laß dieser Verfahrensmangel nicht geeignet war, einen Einfluß auf den Spruch des angefochtenen Bescheides zu nehmen. Denn wenn schön die Rechtsrüge den erhofften Erfolg nicht herbeiführen konnte, so wäre dem Vorbringen hinsichtlich der Verfahrensrüge nur dann rechtserhebliche Bedeutung zugekommen, wenn der Rechtsstandpunkt des Beschwerdeführers im Grund anzuerkennen gewesen wäre. Dies ist aber, wie bereits dargelegt wurde, nicht der Fall, zumal das Amt der Tiroler Landesregierung in der Mitteilung v selbst einräumt, daß der streitgegenständliche Erwerb nicht unmittelbar auf Grund einer behördlichen Maßnahme zustande kam. Sohin war auch die Verfahrensrüge nicht geeignet, zu einer Aufhebung des angefochtenen Bescheides zu führen. Damit erweist sich die Beschwerde in allen Punkten als unbegründet, welcher Umstand zu ihrer Abweisung gem § 42 Abs 1 VwGG 1965 zu führen hatte.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG 1965 BGBl 2 in Verbindung mit der V d BK v BGBl 427.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Norm
GrEStG 1955 §4 Abs1 Z5 idF 1969/277
Sammlungsnummer
VwSlg 4505 F/1973
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1973:1972000448.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
HAAAF-52781