VwGH 18.12.1964, 0439/64
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssätze
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Norm | Mietzinse steuerliche Behandlung 1956 §2 |
RS 1 | Die Verwendung von Mieteinnahmen zur Erfüllung von Vermächtnissen steht der Anwendung des § 2 des Gesetzes BGBl. Nr. 176/1956 (Anerkennung des sogenannten Werbungskostenfünftels) nicht entgegen. |
Norm | BAO §24 Abs1 litd |
RS 2 | Der erbserklärten Universalerbin fließen die Mieteinnahmen aus dem zum Nachlaß gehörenden Haus zu, obwohl sie zivilrechtlich verpflichtet ist, den Vermächtnisnehmer einen Betrag in der Höhe des "vollen Fruchtgenusses" zu bezahlen. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden, Senatspräsidenten Dr. Wasniczek, und die Hofräte Dr. Schimer, Dr. Schimetschek, Dr. Kaupp und Dr. Riedel als Richter, im Beisein des Schriftführers, Bezirksrichters Dr. Angst, über die Beschwerde der EP in Z gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Berufungssenat, vom , Zl. VI-3434/5/63, betreffend Einkommensteuer 1959, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Begründung
Die Beschwerdeführerin ist Universalerbin nach dem Komponisten FL. Zum Nachlaß gehört auch ein Haus in Wien, dessen Bruttoertrag laut Testament dem Bruder des Erblassers auf Lebzeiten zufallen sollte. Nach dessen Tode war aus den Erträgnissen des Hauses ein Fonds zu bilden, der unter dem Namen L Fonds bei der Gesellschaft der Autoren, Komponisten und Musikverleger (AKM) zu führen ist. Die Einkünfte des Fonds sind zur Unterstützung alter, unverschuldet in Not geratener Menschen zu verwenden.
Die Beschwerdeführerin wies in den Einkommensteuererklärungen für die Jahre 1953/1957 zum Teil sehr bedeutende Einnahmen aus der Verwertung von Werknutzungsrechten nach dem Erblasser FL aus. Hingegen ergaben sich beim Hausbesitz mitunter recht erhebliche Verluste, weil die Beschwerdeführerin die Kosten der Instandhaltung des Gebäudes zu tragen hatte (auch die AfA für sich in Anspruch nahm), aber im Hinblick auf die vom Erblasser verfügten Auflagen faktisch keinerlei Erträgnisse erzielte. Laut einer Beilage zur Einkommensteuererklärung für das Jahr 1959 betrug der Verlust aus Vermietung und Verpachtung 128.110 S. Unter den Werbungskosten wurde auch ein Betrag von 40.858 S mit der Bezeichnung "gemäß BGBl. Nr. 176/1956" ausgeworfen, Das Finanzamt erkannte diesen Absetzungsbetrag bei der Ermittlung des Verlustes für das Jahr 1959 nicht an. Die Beschwerdeführerin habe zwar in der Einkommensteuererklärung für das Jahr 1957 einen Antrag auf Berücksichtigung des sogenannten Werbungskostenfünftels gestellt, bei der Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sei aber diese Absetzung nicht anerkannt worden, weil die Beschwerdeführerin im Hinblick auf das vom Erblasser gemachte Legat keine Einnahmen aus dem Haus bezogen habe, die nach dem erwähnten Gesetz bei der Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung außer Ansatz zu bleiben hatten.
Die Beschwerdeführerin berief. Sie habe rechtzeitig den Antrag auf Abzug des Werbungskostenfünftels gestellt und dieses richtig berechnet. Wenn ihrem Antrag bei der Veranlagung der Einkommensteuer für die Jahre 1957 und 1958 nicht Folge gegeben worden sei, sei dadurch kein Präjudiz für den Abzug in den späteren Jahren geschaffen worden. Die Beschwerdeführerin habe einen Rechtsanspruch darauf, eine steuerfreie Mietzinsreserve zu schaffen, ob ihr die Mietzinserträgnisse endgültig verbleiben oder ob sie diese zu bestimmten Zwecken, nämlich um ihre Verpflichtungen aus dem Legat zu erfüllen, verwende, sei völlig belanglos. Demnach stehe der Beschwerdeführerin ein Rechtsanspruch auf Abzug des Werbungskostenfünftels zu.
Der Berufungssenat wies die Berufung im strittigen Belange als unbegründet ab und erhöhte die Einkommensteuerbemessungsgrundla ge um den vom Finanzamt im Steuerbescheid anerkannten Verlust aus Vermietung und Verpachtung. Im Hinblick darauf, daß die Erträgnisse des Hauses auf Grund der Legate anderen Personen zufallen, könne keine Rede davon sein, daß die Beschwerdeführerin jemals Einnahmenüberschüsse aus dem Besitz dieses Hauses anstrebe oder tatsächlich erziele. Im Streitjahre seien daher überhaupt Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung für das erwähnte Haus nicht anzusetzen gewesen. Mithin sei auch das Begehren, das Werbungskostenfünftel nach dem Gesetz BGBl. Nr. 176/1956 abzuziehen, unbegründet. Die Aufwendungen der Beschwerdeführerin auf das gegenständliche Haus seien aber auch keine Sonderausgaben im des § 10 EStG. Nach dieser gesetzlichen Bestimmung könnten sie höchstens als dauernde Lasten angesehen werden. Es handle sich aber nicht um solche, weil die Beschwerdeführerin die Mittel für diese Aufwendungen nur zu Lebzeiten ihres Bruders vorgeschossen habe, aber später gegen die dem L Fonds zustehenden Erträgnisse verrechnen könne. Die Aufwendungen gingen also letzten Endes nicht zu Lasten der Beschwerdeführerin.
Diesen Bescheid des Berufungssenates bekämpft die Beschwerdeführerin vor dem Verwaltungsgerichtshof wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Sie vertritt hinsichtlich des Anspruches auf Abzug des Werbungskostenfünftels denselben Standpunkt wie in der Berufung. Sie wendet sich aber auch gegen die Rechtsansicht der belangten Behörde, daß die Aufwendungen auf das Haus nicht abzugsfähig seien, weil sie diese gegen spätere Erträgnisse des L Fonds aufrechnen könne. Diese Tatsache sei bei der Ermittlung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung belanglos. Entscheidend bleibe, in welchem Jahre die Einnahmen zufließen und in welchem Jahre Werbungskosten erwachsen. Im übrigen vertritt die Beschwerde die Ansicht, daß es sich bei den gegenständlichen Aufwendungen um Sonderausgaben im Sinne des § 10 Abs. 1 Z 1 EStG handle.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:
§ 2 des Gesetzes BGBl. Nr. 176/1956 ordnet die endgültige
Freistellung gewisser, nach dem Mietengesetz verrechnungspflichtiger Mietzinseinnahmen von der Einkommensteuer an. Die Beschwerdeführerin begehrt unter Hinweis auf diese gesetzliche Bestimmung und auf die Bestimmungen des Mietengesetzes die Anerkennung des sogenannten "Werbungskostenfünftels" bei der Ermittlung ihrer Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung. Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits in dem Erkenntnis vom , Zl. 470/60, eingehend dargelegt, warum bei der Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung für die Jahre 1957 bis 1961 je ein Fünftel der in den Jahren 1952 bis 1956 aufgelaufenen Werbungskosten auf Antrag als abzugsfähige Posten zu berücksichtigen ist. Allerdings ist der Abzug davon abhängig, daß laufende Mieteinnahmen der im § 1 des oben genannten Gesetzes genannten Art bei der Veranlagung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nicht außer Ansatz gelassen worden sind. Die belangte Behörde behauptet nicht, daß die von der Beschwerdeführerin angestrebte Absetzung des Werbungskostenfünftels etwa deswegen unzulässig sei, weil in den Jahren 1952 bis 1956 Mieteinnahmen im Sinne des § 1 des oben genannten Gesetzes bei der Veranlagung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung außer Ansatz geblieben seien. Sie vertritt vielmehr den Standpunkt, daß die Beschwerdeführerin niemals Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung aus dem von ihr geerbten Haus in Wien erzielen könne. Mangels dieser Möglichkeit sei auch die Absetzung des Werbungskostenfünftels unzulässig.
Entscheidend ist hier, ob verrechnungspflichtigen Mieteinnahmen Beträge gegenübergestanden sind, die bei der Einkommensteuerveranlagung als Werbungskosten behandelt wurden. Die belangte Behörde geht aber davon aus, daß der Beschwerdeführerin überhaupt keine Einnahmen aus dem Haus zufließen. Diese Annahme steht schon insoweit mit der Feststellung des angefochtenen Bescheides im Widerspruch, als es sich teilweise um Mietzinseinnahmen handelt, die von der Beschwerdeführerin zur Rückzahlung eines beim Wohnhaus-Wiederaufbaufonds für die Beseitigung von Kriegsschäden aufgenommenen Darlehens verwendet worden sind. Im übrigen ist der Hinweis des angefochtenen Bescheides, daß die Beschwerdeführerin auf Grund der Legate verpflichtet sei, die Mieteinnahmen zur Gänze den Legataren zu überlassen, nicht geeignet, den Standpunkt der belangten Behörde zu stützen. Mit Recht verweist die Beschwerde darauf, daß es gleichgültig sei, welche Verwendung die Mieteinnahmen finden. Diese Rechtsansicht steht im Einklange mit der Zivilrechtslage,
Die Beschwerdeführerin hat als Universalerbin nach dem Komponisten FL gemäß § 532 ABGB das ausschließliche Recht, die ganze Verlassenschaft in Besitz zu nehmen, erworben, ein dingliches Recht, das gegen jeden, der sich die Erbschaft anmaßen will, wirksam ist. Hingegen steht den Vermächtnisnehmern im Hinblick auf die Bestimmung des § 649 ABGB nur ein persönliches Forderungsrecht gegen die Beschwerdeführerin zu und sie ist persönliche Schuldnerin der Legate. Hieraus ergibt sich für die Anwendung des § 8 EStG, daß der Beschwerdeführerin als erbserklärten Universalerbin die Einkünfte aus dem gegenständlichen Hause zufließen und daß sie zivilrechtlich nur verpflichtet ist, den Vermächtsnisnehmern einen Betrag in der Höhe des "vollen Fruchtgenusses" (das ist der Zinseinnahmen, ohne Anrechnung der für die Instandsetzung und Instandhaltung aufgewendeten Beträge, die die Beschwerdeführerin laut Testament selbst zu tragen hat) zu bezahlen. Füglich war davon auszugehen, daß die Beschwerdeführerin aus dem Haus in Wien Einnahmen erzielt. Ein Überschuß dieser Einnahmen über die Werbungskosten bildete Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, ein Überschuß der Werbungskosten über die Einnahmen einen gemäß § 2 Abs. 2 EStG, mit den Einkünften aus den anderen Einkunftsarten ausgleichsfähigen Verlust. Da die belangte Behörde dies verkannt hat, mußte der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes nach § 42 Abs. 2 lit. a VwGG aufgehoben werden. Bei dieser Rechtslage war auf die Frage, ob und inwieweit die Erfüllung der Legate bei der Beschwerdeführerin eine Sonderausgabe nach § 10 Abs. 1 Z. 1 EStG bilde, nicht einzugehen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Normen | BAO §24 Abs1 litd Mietzinse steuerliche Behandlung 1956 §2 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1964:1964000439.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
OAAAF-52770