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VwGH 16.09.1970, 0397/70

VwGH 16.09.1970, 0397/70

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssatz


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Normen
EStG 1953 §93 Abs1 lita
EStG 1953 §93 Abs1 litb
RS 1
Einem wenn auch unbeschränkt Steuerpflichtigen zugeflossene Beträge, die bei Ermittlung der in Österreich zu leistenden Einkommensteuer zufolge eines Doppelbesteuerungsankommens, wenn auch ein Progressionsvorbehalt von Österreich nicht anzuwenden ist, in jeder Weise außer Betracht zu bleiben haben, sind bei Beurteilung der Frage, ob die Wertgrenzen des § 93 Abs 1 lit a EStG 1953 oder § 93 Abs 1 lit b EStG 1953 überschritten werden, nicht zu berücksichtigen.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schimetschek und die Hofräte Dr. Kaupp, Dr. Karlik, Dr. Simon und Dr. Kirschner als Richter, im Beisein des Schriftführers Finanzkommissär Smekal, über die Beschwerde des HR und der ER, beide in M, vertreten durch Dr. Paul Bachmann, Rechtsanwalt in Wien I, Opernring 8, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich (Berufungssenat) vom , Zl. 13/12/5-BK/Z-1969, betreffend Einkommensteuer 1966, nach durchgeführter Verhandlung, und zwar nach Anhörung des Vortrages des Berichters sowie der Ausführungen des Vertreters der Beschwerde, Rechtsanwalt Dr. Paul Bachmann, und des Vertreters der belangten Behörde, Oberfinanzrat Dr. Roland Wolf, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund (Finanzlandesdirektion für Oberösterreich) Aufwendungen in der Höhe von S 1.228,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die beiden miteinander verheirateten Beschwerdeführer sind Schauspieler und hatten im Jahre 1966 in H ihren ständigen Wohnsitz, der zugleich unbestrittenermaßen Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen im Sinne des Art. 16 des Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie der Gewerbesteuern und der Grundsteuern, BGBl. Nr. 221/1955, war. Daneben bestand ein zweiter Wohnsitz in M (Oberösterreich). In ihrer für 1966 abgegebenen Einkommensteuererklärung haben die Beschwerdeführer vorgebracht, sie hätten in diesem Jahr in Österreich aus nichtselbständiger Arbeit als Schauspieler Einkünfte von S 70.516,-- und daneben aus selbständiger Arbeit der Zweitbeschwerdeführerin (Schallplatten-Tantiemen) solche im Betrage von S 3.664,-- erzielt. Sie fügten bei, daß sie für 1966 ein in der Bundesrepublik Deutschland erzieltes Einkommen von DM 113.628,-- erklärt hätten. Da ihr "Hauptwohnsitz" jedoch in H gelegen sei, werde ein Progressionsvorbehalt in ihrem Fall wohl nicht in Österreich, sondern in der Bundesrepublik Deutschland zur Anwendung gelangen.

Das Finanzamt V. erließ daraufhin einen Bescheid, in dem unter anderem ausgesprochen wurde, eine Veranlagung zur Einkommensteuer für das Jahr 1966 werde nicht durchgeführt, weil neben Einkünften, von denen ein Steuerabzug vom Arbeitslohn vorzunehmen sei, nur andere nicht dem Steuerabzug unterliegende Einkünfte von weniger als S 5.000,-- vorhanden seien.

Dagegen erhoben die Beschwerdeführer Berufung, in der sie auf ihre Mitteilung verwiesen, sie hätten in der Bundesrepublik Deutschland im Jahre 1966 ein Einkommen von DM 113.628,-- und somit Einkünfte, von denen ein Steuerabzug nicht vorzunehmen sei, in der Höhe eines S 5.000,-- übersteigenden Betrages erzielt, sodaß gemäß § 93 EStG eine Veranlagung durchzuführen sei. In Beantwortung eines vom Berufungssenat der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich an sie gerichteten Vorhaltes ergänzten die Beschwerdeführer ihre Angaben dahin, die Einkünfte in der Bundesrepublik Deutschland "in Höhe von DM 8.400,--" beträfen ausschließlich Schauspielergagen, die für eine in der Bundesrepublik Deutschland ausgeübte Tätigkeit bezahlt worden seien. Neben den deutschen Einkünften hätten sie im Jahre 1966 weitere ausländische Einkünfte nicht erzielt. Im übrigen erstreckte sich ihrer Auffassung nach die unbeschränkte Einkommensteuerpflicht gemäß § 1 Abs. 1 EStG auf sämtliche Einkünfte, wobei es unerheblich sei, ob es sich um inländische oder ausländische Einkünfte handle. Ungeachtet des Doppelbesteuerungsabkommens zählten auch ausländische Einkünfte zum Gesamteinkommen.

Die belangte Behörde wies die Berufung als unbegründet ab, weil das Berufungsbegehren von einer Art der Einkommensermittlung ausgehe, die nur als Hilfsberechnung bei tatsächlicher Anwendung des Progressionsvorbehaltes in Betracht komme. Im gegebenen Fall unterlägen aber in Österreich nur die inländischen Einkünfte der Beschwerdeführer der Besteuerung. Einkommensbestandteile, an denen einer der Vertragsstaaten des Doppelbesteuerungsabkommens kein Besteuerungsrecht besitze, seien darum nur im Zusammenhang mit der Anwendung der Bestimmungen über den Progressionsvorbehalt bei der Abgabenfestsetzung zu berücksichtigen. Das Recht auf Anwendung dieser Bestimmungen stehe im vorliegenden Falle nur der Bundesrepublik Deutschland zu, sodaß die darunter fallenden (deutschen) Einkünfte in Österreich keine steuerlichen Auswirkungen haben könnten. Dazu komme, daß das Vorliegen von Einkünften aus der Bundesrepublik Deutschland nur ungenügend nachgewiesen und damit der Offenlegungs- und Wahrheitspflicht von den Beschwerdeführern nicht in einem Maße entsprochen worden sei, daß nach der Lage des Falles zumutbar und bei anderer rechtlicher Beurteilung für den Erfolg des Parteienbegehrens notwendig gewesen wäre. Die laut Erklärung nachgewiesenen, in Österreich erzielten Einkünfte überstiegen aber weder die Einkommensgrenze nach § 93 Abs. 1 lit. a, noch erfüllten sie die Voraussetzungen nach § 93 Abs. 1 lit. b EStG, weshalb dem Berufungsbegehren ein Erfolg habe versagt bleiben müssen.

Über die gegen diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Unbestritten ist, daß die von den Beschwerdeführern im Jahre 1966 in der Bundesrepublik Deutschland erzielten. Einkünfte zufolge Art. 8 ff des Österreichisch-Deutschen Doppelbesteuerungsabkommens, BGBl. Nr. 221/1955 in Österreich nicht der Einkommensteuerpflicht unterliegen und in Österreich auch nicht im Rahmen der Anwendung des Progressionsvorbehaltes des Art. 15 Abs. 3 des zitierten Abkommens bei Ermittlung des Steuersatzes für die österreichischen Einkünfte Berücksichtigung zu finden haben.

Strittig und für den Beschwerdefall entscheidend hingegen ist, ob der Begriff des "Einkommens" nach § 93 Abs. 1 lit. a und der Begriff der "Einkünfte" nach § 93 Abs. 1 lit. b EStG auch eben diese, den Beschwerdeführern in der Bundesrepublik Deutschland zugeflossenen Beträge mit umfassen. Wie jedoch der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem zur gleichartigen Bestimmung des § 46 Abs. 1 Z. 1 EStG 1939 ergangenen Erkenntnis vom , Zl. 2640/54, ausgeführt hat, sind einem, wenn auch unbeschränkt Einkommensteuerpflichtigen zugeflossene Beträge, die auf Grund eines Doppelbesteuerungsabkommens bei Ermittlung der in Österreich zu leistenden Einkommensteuer in jeder Weise außer Betracht zu bleiben haben, auch für die Beurteilung der Frage, ob die Wertgrenzen des § 93 Abs. 1 lit. a oder b EStG überschritten werden, nicht zu berücksichtigen.

Dies ergibt sich schon aus dem Zweck der Bestimmungen des § 93 Abs. 1 EStG, die, wie der Verwaltungsgerichtshof gleichfalls in seinem zu § 46 EStG 1939 ergangenen Erkenntnis vom , Zl. 78/1952, ausgesprochen hat, nur eine Sonderregelung zugunsten von Personen darstellen, deren Einkünfte der Einkommensteuer grundsätzlich im Abzugsweg unterworfen werden und daher im allgemeinen nur bei Zusammentreffen mit Einkünften anderer Art der Veranlagung zu unterziehen sind. Für solche Fälle sollte verhindert werden, daß dadurch, daß an Stelle der Einhebung der Steuer im Abzugswege die Veranlagung träte, eine unverhältnismäßige Erhöhung der Steuerlast herbeigeführt wird. Aus dieser Absicht des Gesetzgebers ergibt sich aber, daß "Einkünfte" im Sinne des § 93 Abs. 1 lit. b EStG nach dieser Gesetzesstelle zu begünstigende Einkünfte und mithin an sich (ohne diese Begünstigungsbestimmung) Einkünfte sein müssen, für die in Österreich Einkommensteuer nach dem Österreichischen Einkommensteuerrecht zu entrichten wäre.

Da dies für jene Einkommensteile der Beschwerdeführer, ohne deren Mitberücksichtigung weder die Grenze des § 93 Abs. 1 lit. a noch jene des § 93 Abs. 1 lit. b EStG überschritten wird, nicht der Fall ist, liegt die von der Beschwerde behauptete inhaltliche Rechtswidrigkeit nicht vor. Der in ihr enthaltene Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 758/67, Slg. Nr. 3645/F, ist verfehlt, weil es dort um die Anwendung des progressiven Steuersatzes auf die Einkünfte eines im Inland unbeschränkt Steuerpflichtigen ging, während im vorliegenden Fall unbestritten ist, daß die Anwendung eines solchen Satzes nicht in Betracht kommt, weil Österreich hier die Anwendung des Progressionsvorbehaltes nach Art. 15 Abs. 3 des österreichisch-deutschen Doppelbesteuerungsabkommens niemals in Anspruch genommen hat.

Auch die von der Beschwerde geltend gemachte Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften liegt nicht vor, weil weitere Nachweise über die in der Bundesrepublik Deutschland tatsächlich erzielten Einkünfte als nach der gegebenen Rechtslage bedeutungslos nicht zu erbringen waren und daher die Frage, ob die Beschwerdeführer in dieser Richtung der ihnen obliegenden Offenlegungs- und Wahrheitspflicht nicht hinreichend nachgekommen sind oder die belangte Behörde ihrerseits zur Anforderung weiterer Beweise verpflichtet gewesen wäre, auf sich beruhen kann.

Die Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz beruht auf §§ 47 ff VwGG 1965.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
EStG 1953 §93 Abs1 lita
EStG 1953 §93 Abs1 litb
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1970:1970000397.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
FAAAF-52708