VwGH 14.11.1960, 0355/57
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssatz
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Normen | |
RS 1 | Auch Aufwendungen des Pächters zur Instandsetzung oder zum Umbau der gepachteten Sache sind bewertungsfähige Wirtschaftsgüter. Sie sind bei der Feststellung des Einheitswertes des Betriebsvermögens mit ihrem Teilwert anzusetzen (Hinweis E , 2418/54, VwSlg 1091 F/1955). |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsidenten Dr. Ondraczek als Vorsitzenden und die Räte Dr. Porias, Dr. Dorazil, Dr. Eichler und Dr. Kaupp als Richter, im Beisein des Sektionsrates Dr. Heinzl als Schriftführer, über die Beschwerde der N-Gesellschaft m.b.H. in S gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion Salzburg vom , Zl.179/1-Ia- 56, betreffend Einheitswert des Betriebsvermögens zum , zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Die beschwerdeführende Gesellschaft (kurz Beschwerdeführerin genannt) erzeugt und vertreibt Parfümeriewaren. Da sie nicht über eigene Räumlichkeiten zur Ausübung des Betriebes verfügte, schloß sie mit Herbert H. in S. am ein als Pachtvertrag bezeichnetes Übereinkommen über die Pachtung eines Fabriksgebäudes und Wohnhauses. Das Pachtverhältnis war zunächst bis begründet worden und wurde zweimal, zuletzt bis , verlängert. Als Pachtzins war bis ein Betrag von S 108.331,-- (jährlich S 33.333,--) vereinbart. Der Pächter erhielt das Recht, im Fabriksgebäude eine Heizanlage zu errichten und bauliche Änderungen vorzunehmen. Dem Verpächter wurde in diesem Vertragspunkte nur die Verpflichtung auferlegt, die installierte Heizanlage im Falle der Auflösung des Pachtverhältnisses abzulösen. Ferner wurden der Beschwerdeführerin Vorpacht- und Vorkaufsrechte eingeräumt. Die Beschwerdeführerin hat in den Jahren 1951 bis 1953 im Fabriksgebäude erhebliche Investitionen (Maurer-, Zimmerer-, Tischler-, Glaser-, Anstreicher-, Maler- und Stukkaturarbeiten, elektrische und sanitäre Installationen u.dgl.) vorgenommen. In den Bilanzen hat sie die Grundstücks- und Gebäudeinstandsetzungen aktiviert und Absetzungen für Abnutzung unter der Annahme einer etwa zehnjährigen Nutzungsdauer vorgenommen. Im Zuge der Veranlagung stellte das Finanzamt den Einheitswert des Betriebsvermögens zum mit S 28.000,-- fest und schrieb davon die Vermögensteuer und den Besatzungskostenbeitrag vom Vermögen vor. Dabei ging es von der auf den erstellten Bilanz aus und schied - von anderen für den Beschwerdefall außer Betracht bleibenden Änderungen abgesehen - von den aktivierten Investitionen den in der Bilanz unter der Bezeichnung "Grundstücks- und Gebäudeinstandsetzung" mit S 150.245,-- ausgewiesenen Aktivposten mit der Begründung aus, daß dieser Posten dem gepachteten Grundvermögen zuzurechnen sei.
Die Beschwerdeführerin berief und verlangte die Absetzung weiterer unter den Aktiven der Bilanz enthaltener Anlageteile, die dem Verpächter als dem Eigentümer der Liegenschaft zuzurechnen seien. Sie stellte den Antrag, aus diesem Grund einen Betrag von insgesamt S 248.991,-- als zum Grundvermögen zählend aus den Aktiven auszuscheiden und dementsprechend eine Überschuldung (negatives Betriebsvermögen) von S 61.795,-- festzustellen. Auf einen Vorhalt des Finanzamtes zur Frage der Bewertung der Investitionen gab sie bekannt, daß nach den Verhältnissen zum der Pachtvertrag am abgelaufen wäre, das Pachtverhältnis aber in der Folge bis 1961 verlängert worden sei. Eine weitere Verlängerung komme nicht in Betracht. In der aufgeworfenen Rechtsfrage vertrat sie den Standpunkt, daß die fraglichen Aufwendungen, bei denen es sich im wesentlichen um die Behebung von baulichen Mängeln sowie um Verschönerungsarbeiten gehandelt habe, unter Berücksichtigung der Bestimmungen des Pachtvertrages nicht als bewertungsfähiges Wirtschaftsgut anzusehen seien, weil sie keinen Verkehrswert besäßen. In diesem Zusammenhange wies sie auch darauf hin, daß die Bewertung der strittigen Aufwendungen nach den Buchwerten beim Pächter zu einer Überbewertung führe, da der Verpächter sie nach dem bis 1955 geltenden Baukostenindex nur mit etwa einem Zehntel des tatsächlichen Aufwandes ansetzen müßte. Auch hätte es sich im Falle der Ablösung der Zentralheizungsanlage durch den Verpächter gezeigt, daß der durch Schätzungsgutachten ermittelte Verkehrswert bei Installationen im Werksgebäude um 24 % und im Bürogebäude um 33 % unter den Buchwerten gelegen sei.
Die Finanzlandesdirektion änderte den angefochtenen Bescheid zum Nachteile der Beschwerdeführerin ab, indem sie dem Einheitswerte des Betriebsvermögens die vom Finanzamt ursprünglich ausgeschiedenen S 150.245,-- hinzurechnete und den Einheitswert nunmehr mit S 179.000,-- feststellte. Gleichzeitig gab sie der Beschwerdeführerin bekannt, daß über das gegen die Vorschreibung der Vermögensteuer und des Besatzungskostenbeitrages vom Vermögen erhobene Rechtsmittel die Berufungskommission in einem gesonderten Verfahren entscheiden werde. Zur Begründung ihrer Entscheidung führte sie aus, die strittigen Aufwendungen seien als bewertungsfähiges Wirtschaftsgut anzusehen. Im Falle von Umbauten und Verbesserungen, die der Pächter auf dem gepachteten Grundstücke mit Rücksicht auf seinen Betrieb vornimmt, zahle der Pächter weniger Pacht als er für die gepachtete Sache nach dem Nutzungswerte zahlen müßte. Ein derartiger durch eigenen Aufwand erworbener Vorteil stelle für ihn ein bewertungsfähiges Wirtschaftsgut dar, das sogenannte "erweiterte Miet- oder Pachtrecht". Die Bestreitung der Umbaukosten sei einer teilweisen Pachtvorauszahlung vergleichbar und habe die Entstehung eines immateriellen bis zum Ende des Pachtverhältnisses bestehenden, wenn auch ständig an Wert abnehmenden Wirtschaftsgutes bewirkt. Die Beschwerdeführerin hätte die Umbaukosten kaum auf sich genommen, wenn der Vorteil der Investitionen jeweils bereits mit Ablauf des Wirtschaftsjahres geendet hätte. Daß die vorgenommenen Investitionen Fehlinvestitionen gewesen seien, sei, nicht vorgebracht worden. Die Beschwerdeführerin hätte bei Überlassung der Liegenschaft an einen Unterpächter für die Dauer der restlichen Pachtzeit die Aufwendungen entsprechend in Rechnung stellen können. Ihre wirtschaftliche Verwertung liege in der Nutzung während der restlichen Pachtdauer. In den weiteren Ausführungen beschäftigt sich die belangte Behörde mit der Frage der Angemessenheit der Wertansätze. Sie setzt sich dabei mit den bezüglichen Berufungseinwendungen der Beschwerdeführerin auseinander und führt namentlich aus, die Vereinbarung eines Vorpachtrechtes, die Ausmaße des Bauaufwandes und die Absetzung dieses Aufwandes bei der Gewinnermittlung durch Verteilung auf eine annähernd zehnjährige Nutzungsdauer zeigten an, daß der Ansatz der restlichen Buchwerte bei der Einheitsbewertung gerechtfertigt sei. Es sei daher statt der beantragten weiteren Ausscheidung eines Betrages von S 92.100,-- der vom Finanzamt bereits ausgeschiedene Betrag von S 150.245,-- bei der Einheitswertfeststellung dem Betriebsvermögen hinzuzurechnen gewesen.
In der gegen diesen Bescheid beim Verwaltungsgerichtshof erhobenen Beschwerde wird in der Hauptsache der Standpunkt der belangten Behörde, daß die Instandsetzungsaufwendungen ein bewertungsfähiges Wirtschaftsgut darstellen, bekämpft. Ferner wird die Eignung der von der Behörde übernommenen Buchwerte als Bewertungsgrundlage bestritten.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:
Gemäß § 54 Abs. 1 des Bewertungsgesetzes (vom , DRGBl. I, S. 1035, BewG) gehören zum Betriebsvermögen alle Teile einer wirtschaftlichen Einheit, die dem Betrieb eines Gewerbes als Hauptzweck dient, soweit die Wirtschaftsgüter dem Betriebsinhaber gehören (gewerblicher Betrieb). Gemäß § 66 Abs. 4 BewG wird der Gesamtwert des gewerblichen Betriebes durch die Summe der Werte gebildet, die sich für die einzelnen zum Betriebsvermögen zusammengefaßten Wirtschaftsgüter ergeben, vermindert um die Schulden und Rücklagen des Betriebes.
Im vorliegenden Fall ist in der Hauptsache streitig, ob die von der Beschwerdeführerin an den gemieteten Räumlichkeiten vorgenommenen Aufwendungen ein Wirtschaftsgut darstellen. Die Beschwerdeführerin verneint dies und wendet ein, daß diese Aufwendungen, da ihnen die Eigenschaft eines Wirtschaftsgutes nicht zukomme, in den Einheitswert ihres Betriebes nicht einbezogen werden dürfen. Sie vertritt den Standpunkt, daß nur dann ein Wirtschaftsgut vorliegen würde, wenn die Aufwendungen für sich allein verkehrsfähig wären. Sie beruft sich in diesem Zusammenhang im wesentlichen auf das Urteil des ehemaligen Reichsfinanzhofes vom , RStBl. 1940, S. 31. Darin werde ausgesprochen, daß ein Gegenstand nur dann ein Wirtschaftsgut sei, wenn er für sich bewertet werden könne. Weiter stützt sie sich auf § 10 BewG, der wie § 4 den Begriff "Wirtschaftsgut" verwendet. Nach § 10 BewG sei aber ein gemeiner Wert der strittigen Aufwendungen nur denkbar, wenn sich für sie im gewöhnlichen Geschäftsverkehre bei ihrer Veräußerung ein Preis erzielen ließe. Die strittigen Aufwendungen waren aber bei einer selbständigen Veräußerung unverwertbar und daher auch kein Wirtschaftsgut.
Diese Beweisführung ist jedoch verfehlt. Bei der bezogenen Entscheidung des ehemaligen Reichsfinanzhofes ging der Streit nicht um die Frage, wann ein bewertungsfähiges Wirtschaftsgut vorliegt, sondern darum, ob Gegenstände (Flaschen), die bei der Gewinnermittlung in einem Buchungsposten zusammengefaßt worden sind, dessenungeachtet als Wirtschaftsgüter anzusehen sind und der Bewertungsfreiheit (als kurzlebige Wirtschaftsgüter) teilhaft werden können. Aus dieser Entscheidung läßt sich daher für die Sache der Beschwerdeführerin nichts gewinnen. Auch mit einer Folgerung aus § 10 BewG läßt sich der Standpunkt der Beschwerdeführerin nicht schlüssig begründen. Wohl wird der Wertmaßstab des gemeinen Wertes (§ 10 BewG) durch den Preis bestimmt, der bei einer entgeltlichen Verwertung des Wirtschaftsgutes erzielbar ist. Für die Bewertung von Wirtschaftsgütern, die einem Unternehmen dienen, kommt aber gemäß § 12 BewG in der Regel der Teilwert in Betracht und bei diesem Wertmaßstabe tritt an die Stelle des Einzelverkaufswertes der anteilige Wert, der vom Verkaufspreise bei einem Verkaufe des Unternehmens zwecks Fortführung auf die einzelnen Wirtschaftsgüter entfallen würde. Beide Bestimmungen sagen unmittelbar über den Begriff des "Wirtschaftsgutes" nichts aus, da sie lediglich die Frage behandeln, wie zu bewerten ist. Wohl folgt aus § 10 BewG, daß nur Gegenstände, für deren Veräußerung ein Entgelt erzielt werden kann, nach dem gemeinen Werte bewertet werden können. Die Bewertungsregel des § 12 läßt aber erkennen, daß der Begriff des Wirtschaftsgutes weiter zu fassen ist, da durch sie alle materiellen oder immateriellen Werte erfaßt werden, für die im Falle des Verkaufes des Unternehmens zwecks Fortführung vom Erwerber etwas bezahlt würde. Im Beschwerdefalle kann aber nicht ernstlich bezweifelt werden, daß bei einer Veräußerung des Unternehmens an einen Dritten der Erwerber die Aufwendungen der Beschwerdeführerin unter Zugrundelegung des vereinbarten Bestandverhältnisses trotz des Fehlens einer freien Verfügungs- und Veräußerungsmöglichkeit mit einem entsprechenden Betrag im Kaufpreise berücksichtigen würde. Der Begriff des Wirtschaftsgutes im steuerrechtlichen Sinn - auf den es hier allein ankommt - wird in der deutschen Rechtslehre und Rechtsprechung weiter gefaßt als die Beschwerdeführerin aus § 10 BewG. ableiten will. Dort wird nach dem Grundsatze, daß tatsächliche Aufwendungen, soweit es sich nicht um verlorenen Aufwand handelt, für das Vorhandensein eines Wirtschaftsgutes sprechen, die Aktivierung vom Umbauaufwande des Pächters bei der Einheitsbewertung seines Betriebes bejaht (vgl. das Urteil des ehemaligen Reichsfinanzhofes vom , RStBl. 1941, S. 20). Auch der Verwaltungsgerichtshof hat sich bereits mit der aufgeworfenen Frage befaßt und in seinem Erkenntnis vom , Slg. N. F. Nr. 1091 (F) ausgesprochen, daß Umbauten, die ein Mieter auf der gemieteten Liegenschaft vornimmt, einen Teilwert haben können, dessen Höhe u.a. von der Dauer und Kündbarkeit des Mietvertrages abhängt. Der Gerichtshof sieht sich durch die vorgebrachten Beschwerdeeinwendungen nicht veranlaßt, von dieser Ansicht abzugehen.
Die Beschwerdeführerin hat aber nicht nur die Bewertungsfähigkeit der Investitionsaufwendungen bestritten, sondern auch Einwendungen gegen die Höhe der festgestellten Werte erhoben. Sie hat darauf hingewiesen, daß nach dem Vertrage vom für die fraglichen Aufwendungen Ablösungsvereinbarungen nicht getroffen worden seien und daß nach den Bestimmungen über die Verlängerung des Bestandverhältnisses nach den Verhältnissen vom mit einer Beendigung des Bestandverhältnisses am zu rechnen gewesen wäre. Die Behörde hätte daher höchstens von einer siebenjährigen Nutzungsdauer ausgehen und sich nicht an den 10 %igen Abschreibungssatz für den Umbauaufwand in der Einkommensteuerbilanz anlehnen dürfen.
Die belangte Behörde ist bei der bekämpften Bewertung davon ausgegangen, daß das "erweiterte Miet- und Pachtrecht" mit Beendigung des Bestandverhältnisses wertlos sei und hat damit den Einwendungen des Fehlens von Ablösungsvereinbarungen Rechnung getragen. Der gegen die Annahme einer annähernd 10-jährigen Nutzungsdauer des Umbauaufwandes erhobene Einwand ist ungerechtfertigt. Wenn auch die letzte Verlängerung des Bestandverhältnisses bis erst nach dem , nämlich am vereinbart worden ist, so zeigt der kurz nach dem maßgeblichen Stichtage liegende Zeitpunkt der Vertragsverlängerung doch, daß die Beschwerdeführerin bei den gemäß § 7 des Einkommensteuergesetzes vorgenommenen Absetzungen für Abnutzung vom aktivierten Investitionsaufwande mit gutem Grunde von einer annähernd 10- jährigen Dauer des Bestandverhältnisses ausgegangen ist. Unter diesen Umständen läßt sich der Behörde nicht entgegentreten, wenn sie der Bewertung des gleichen Aufwandes bei der Einheitsbewertung auch die aus der gleichen Nutzungsdauer sich ergebenden Bilanzwerte zugrunde gelegt hat.
Der weitere Einwand einer Überbewertung der Aufwendungen, der sich darauf gründet, daß die Aufwendungen bei ihrer Bewertung beim Betriebsgrundstücke mit viel niedrigeren, nach dem Baukostenindex bemessenen Werten anzusetzen gewesen waren, geht schon deshalb ins Leere, weil es sich im Beschwerdefall um die Bewertung eines durch die Aufwendungen beim Pächter entstandenen Wirtschaftsgutes und nicht um die Bewertung des dem Verpächter gehörigen Betriebsgrundstückes handelt. Schließlich sind auch die auf den Unterschied zwischen dem Buchwert und dem Schätzwerte der abgelösten Heizungsanlagen, gestützten Einwendungen nicht geeignet, die Beschwerde zum Erfolg zu führen. Die erwähnten allgemeinen, ohne näheres Vorbringen über die nach der Ansicht der Beschwerdeführerin richtigen Werte vorgebrachten Hinweise, die sich auf einen viel späteren Stichtag () bezogen, verpflichteten die Behörde nicht, von sich aus weitere Ermittlungen über die Angemessenheit von Werten anzustellen, die die Beschwerdeführerin selbst in ihren Bilanzen ausgewiesen hatte.
Der angefochtene Bescheid läßt somit eine Verletzung von Rechten der Beschwerdeführerin nicht erkennen. Die dagegen erhobene Beschwerde mußte daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1952 als unbegründet abgewiesen werden.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Normen | |
Sammlungsnummer | VwSlg 2327 F/1960; |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1960:1957000355.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
AAAAF-52659