VwGH 08.10.1970, 0351/70
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssatz
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Norm | DSchG 1923 §1 Abs1 |
RS 1 | Sachen, die ihrer Natur nach nicht teilbar sind, aber nur teilweise von geschichtlicher, künstlerischer oder kultureller Bedeutung sind, unterliegen zur Gänze den Beschränkungen des Denkmalschutzes. Ist jedoch die Teilbarkeit einer Sache gegeben, so ist nur jener Teil Gegenstand des Denkmalschutzes, der von geschichtlicher, künstlerischer oder kultureller Bedeutung ist. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident des Verwaltungsgerichtshofes Dr. Naderer und die Hofräte des Verwaltungsgerichtshofes Dr. Hinterauer, Dr. Knoll, Dr. Zach und Dr. Karlik als Richter, im Beisein des Schriftführers Bezirksrichter Dr. Gerhard, über die Beschwerde der Ö AG in W, vertreten durch Dr. Dietrich Roessler, Rechtsanwalt in Wien I, Schwedenplatz 3 - 4, gegen den Bescheid des Bundesministeriums für Unterricht vom , Zl. 104.936-II/6/69, betreffend Denkmalschutz, zu Recht erkannt
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften insoweit aufgehoben, als er den erstinstanzlichen Bescheid über die darin getroffene Feststellung des Bestehens eines öffentlichen Interesses an der Erhaltung der zum A hin orientierten Fassade des Objektes bis zur dritten Fensterachse (einschließlich) des in die B-gasse hineinreichenden Gebäudeteiles hinaus bestätigt.
Der Bund (Bundesministerium für Unterricht und Kunst) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 1.144,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Das Bundesdenkmalamt stellte mit Bescheid vom , Zl. 3323/68, fest, daß die Erhaltung des der Beschwerdeführerin gehörigen Wohnhauses Wien I., B-gasse = A, EZ. nn Grundstücknummer nn, Katastralgemeinde Innere Stadt, gemäß § 1 und § 3 des Bundesgesetzes vom , BGBl. Nr. 533/23 (Denkmalschutzgesetz), im öffentlichen Interesse gelegen ist.
In der Begründung wurde ausgeführt, daß das bezeichnete Objekt sich durch folgende Eigenschaften auszeichne, Sechsgeschossiger Bau mit neun Achsen zum A und fünfzehn Achsen zur B-gasse; langgestreckter, rechteckiger Grundriß. In den Jahren 1855 - 58 nach einem Entwurf von Ferdinand Fellner (1815 - 71) erbaut. Über dem heute umgestalteten Erdgeschoß treten die zwei ersten Stockwerke um Balkonbreite vor. Im 1. Stock sitzen rundbogige, in der dritten und sechsten Fensterachse rechteckige Fenster auf einer mit Pflanzenmedaillons verzierten Sockelzone. Zwischen erstem und zweitem Stock wieder eine Sockelzone in der Breite der ganzen Fassade, die an den Seiten durch Balusterfelder gegliedert wird. Darüber rundbogige Fenster, das dritte und sechste blind. Darauf eine Balkonbrüstung in der Breite der Fensterachsen, von Kreisfeldern durchbrochen. Im dritten und vierten, Stock hochrechteckige Fenster; die dritten und sechsten Achsen frei. Im fünften Stock über einem Gurtgesims Rundbögen, die dritte und sechste Achse wieder ohne Fenster. Auf dem ausladenden und an den Ecken sich verkröpfenden Kranzgesimse über einem Ornamentfries sitzt eine Balustrade, die in der Mitte unter einem Rundbogen eine Uhr aufnimmt. Auf den Postamenten in vertikaler Entsprechung zur dritten und sechsten Achse je eine große allegorische Figur. Es werden die Fenster nach oben kleiner. Auch die Putzquaderung ist im Erdgeschoß am stärksten, im ersten Stock schwächer, im zweiten, dritten und vierten sehr fein, während sie im letzten Geschoß völlig fehlt. Dazu kommt eine komplizierte Lichtschattenstruktur; die Fassade wird durch die Anlage der Fenster nach oben lichter, sie wird außerdem vertikal risalithaft in drei Teile gegliedert. Die reich differenzierte Raumstruktur spiegelt sich im Dekor und in den Einzelmotiven an den Fensterrahmungen. Im ersten Stock bestehen sie aus im unteren Drittel kannelierten Säulchen, von einem Kugelband abgeschlossen. In den prallen Knospenkapitellen klingt das Kugelartige noch einmal an. Auf den Kapitellen stehen hohe, im Grundriß quadratische Postamente mit Akanthus verziert. Sie tragen die sich verkröpfende zweite Sockelzone, darunter Pflanzenornamentfries. Im zweiten Stock glatte Säulen, darauf im Grundriß sechseckige Postamente. Im dritten Stock sitzen die sich verkröpfenden Verdachungen, über einem Pflanzenornamentfries, auf Pilastern, die wieder von einem Pflanzenfries geschmückt sind; unter den Konsolen Maskenkartuschen. Im vierten Stock hängen die Fenster an dem Gesimse; die Rahmungen ohne pflanzlichen Schmuck, nur die Konsolenbasen sind stärker herausgehoben und die seitlichen Rahmen von einem Kreisfeld unterbrochen. Die Bögen im letzten Geschoß ruhen auf glatten Säulchen. Hier werden an den Seiten die nach oben strebenden Mauerstreifen von einem hochrechteckigen vertieften Feld abgefangen. Auch an der Seitenfassade wird die dichte Gliederung der unteren Geschosse nach oben lichter. Nur die erste Achse ist gleich der Hauptfassade gestaltet (in den Fensterrahmungen, im gequaderten Putz); der einen Fensterachse entsprechend, drei Bögen im letzten Geschoß. Der Rest der Fassade ist glatt verputzt. Über der Erdgeschoßzone und dem ersten Stock laufen sich verkröpfende Sockelzonen; zwischen und auf ihnen die rechteckig gerahmten Fenster mit sie bekrönenden, sich verkröpfenden Verdachungsgesimsen. Im vierten Stock sitzen die gerahmten Fenster frei. Darüber läuft das Gurtgesimse. Im letzten Geschoß rundbogige Fenster in rechteckiger Rahmung. Abgeschlossen wird die Fassade von einem ausladenden Kranzgesimse. Das in Rede stehende Objekt besitze künstlerische Bedeutung und sei sohin als Denkmal im Sinne des Denkmalschutzgesetzes zu betrachten. Das öffentliche Interesse an der Erhaltung dieses Denkmales wurde wie folgt begründet:
Das 1855 - 58 erbaute Haus entspreche einer Stilphase, in der sich Gestaltungsprinzipien des Romantischen und des Strengen Historismus verschmelzten. Aus der Nähe betrachtet werde die Baumasse an ihrer Oberfläche dekoriert und aufgeschichtet - romantisches Stilwollen -, aus der Ferne klinge in der Verschränkung von starken horizontalen und leichteren vertikalen Gliederungselementen das Stilwollen des Strengen Historismus an. Die Fassade sei durch ihre Raum- und Lichtschichtung und ihren reich differenzierten Schmuck ein künstlerisch bedeutsames Werk der Wiener Architektur um die Mitte des 19. Jahrhunderts. Die Seitenfassade übersetze dasselbe Stilwollen in eine asketischen den Notwendigkeiten einer Gassenfassade angemessene Form. Der Wert des Gebäudes werde durch eine exponierte städtebauliche Lage als Abschluß des A noch gesteigert.
Gegen den erstinstanzlichen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin die Berufung, in der nicht geleugnet wurde, daß das 19. Jahrhundert architektonisch durchaus interessante Lösungen hervorgebracht habe, doch könne das gegenständliche Objekt, das kein originelles Konzept erkennen lasse, keineswegs dazu gezählt werden. Es handle sich um einen reinen Zweckbau, der mit relativ dürftigen Schmuckelementen versehen worden sei.
Die belangte Behörde führte zunächst am einen Lokalaugenschein durch, bei dem zunächst festgestellt wurde, daß die Beschreibung des Bauwerkes im erstinstanzlichen Bescheid tatsächlich mit Mängeln behaftet war. Es handle sich um einen sechsgeschossigen Bau mit 9 Achsen zum A und 17 Achsen zur B-gasse. Es liege ein langgestreckter rechteckiger Grundriß vor. Über dem heute umgestalteten Erdgeschoß träten die zwei ersten Stockwerke um Balkonbreite vor und würden als verandaartiger Vorbau ausgebildet. Durch den Vorbau entstünden in der Höhe der beiden Stockwerke zwei selbständige, aufeinander abgestimmte Hausfassaden, eine „Außenfassade“ und eine im 2. Stock deutlich sichtbare „Innenfassade“. Im ersten Stock säßen außen rundbogige, in der dritten und siebenten Fensterachse rechteckige Fenster auf einer mit Pflanzenmedaillons verzierten Sockelzone „die rundbogigen Fenster seien mit Sturz versehen. Zwischen erstem und zweitem Stock sei wieder eine Sockelzone in der Breite der ganzen Fassade, die an der Seite durch Belusterfenster gegliedert werde. Darüber rundbogige Fenster, das dritte und siebente insofern blind, als sich an der „Innenfassade“ an dieser Stelle Pfeiler befänden. Darauf sei eine Balkonbrüstung in der Breite der Fensterachsen, von Kreisfeldern durchbrochen. Im dritten und vierten Stock hochrechteckige Fenster; die dritte und siebente Achse frei. Im fünften Stock über einem Gurtgesims wieder Rundbögen samt Sturz, die dritte und siebente Achse ohne Fenster. Auf dem ausladenden und an den Ecken sich verkröpfenden Kranzgesims über einem Ornamentfries sitze eine Balustrade; in der Mitte ein Rundbogen, offenbar zur Aufnahme einer Uhr bestimmt. Auf den Postamenten an der Ecke stehen zwei kleinere und auf den Postamenten in vertikaler Entsprechung zur dritten und siebenten Achse je eine größere allegorische Figur. Die Fenster erschienen nach oben kleiner. Die Putzquaderung (im Erdgeschoß durch den Umbau nur mehr an wenigen Stellen sichtbar) sei im Erdgeschoß am stärksten, im 1. Stock schwächer, im 2., 3. und 4. sehr fein, während sie im letzten Geschoß völlig fehle. Insgesamt ergebe die Gliederung der Fassade eine kompliziert zarte, jedoch die Linien deutlich abhebende Licht-Schatten-Struktur. Die Fassade erscheine nach oben lichter, sie werde außerdem vertikal in drei Teile gegliedert .....
..... auch an der Seitenfassade werde die dichte Gliederung der unteren Geschosse nach oben lichter, nur die ersten drei Achsen seien gleich der Hauptfassade gestaltet (in den Fensterachsen, im gequaderten Putz), wobei lediglich die mittlere Achse als Fenster ausgebildet sei, die Eckpartien seien risalithaft vorspringend; im letzten Geschoß in der Mitte drei Bögen, über den Eckpartien rechteckige Gesimsteile in der Höhe der drei Bögen.
Es habe nicht festgestellt werden können, ob die durch das Schild verdeckten Pflanzenmedaillons sowie die durch den Umbau des Erdgeschosses verdeckten Fassadenteile noch im Originalzustand unter dem Portalbau vorhanden seien.
Ein Vertreter der Beschwerdeführerin habe die Kopie eines Planes der ursprünglichen Planung vorgewiesen, nach der verschiedene Details der Gliederung (etwa die Brüstungen) vom jetzigen Bauzustand abwichen.
Insgesamt habe festgestellt werden können, daß die A seitige Fassade, sowie die ersten drei Achsen der Fassade in der B-gasse, das Bauwerk als fein und differenziert gegliedertes Bauwerk erscheinen ließen. Die vorhandenen Neonschilder verunzierten jedoch die augenblickliche Erscheinungsform des Hauses. Dazu komme die nicht gerade sehr glückliche Umgestaltung des Erdgeschosses, bei der zu hoffen sei, daß die Fassade unterhalb des Umbaues weitgehend erhalten geblieben sei.
Die Fassade des Hauses in der B-gasse sei nach der 3. Achse (sohin ab der 4. bis 17.Achse) und sohin offenbar ab der 1. Mittelmauer wesentlich einfacher gestaltet und entspreche der Beschreibung im erstinstanzlichen Bescheid.
Bei der Besichtigung des Stiegenhauses und der Höfe seien keine künstlerischen bemerkenswerten Teile festgestellt worden.
Mit Schriftsatz vom nahm die Beschwerdeführerin zu dem Ergebnis des Lokalaugenscheines und zu einem von Univ. Prof. Dr. RR, Kunsthistorisches Institut der Universität Wien, vom erstatteten Sachverständigengutachten Stellung, wobei sie unter anderem folgendes ausführte:
„Da beim Lokalaugenschein das Innere des Hauses und auch die Fassade in der B-gasse als künstlerisch und kulturell nicht wertvoll bezeichnet wurde, ist auch der Vorschlag ventiliert worden, die Front A und die ersten drei Achsen der Fassade B-gasse, die in diesem Bereich ähnlich der Fassade zum A gestaltet ist, und den dahinter liegenden Baukörper, sohin bis zur ersten zur A-front parallel verlaufenden Mittelmauer (vgl. Beilage 3 und 4) unter Denkmalschutz zu stellen und die übrigen Bestandteile von einer Unterschutzstellung auszunehmen. In diesem Zusammenhang müßte noch die Frage geklärt werden, inwieweit sich der Denkmalschutz auf die einhellig als künstlerisch nicht wertvoll bezeichnete Erdgeschoßzone auswirken soll. Wie anläßlich des Lokalaugenscheines am vereinbart, werden wir uns erlauben, diese Frage mit dem Landeskonservator, Herrn Dr. S, zu besprechen und einen gemeinsamen Vorschlag ausarbeiten, dem sowohl das Bundesdenkmalamt als auch wir zustimmen können, um diesen Vorschlag sodann dem Bundesministerium für Unterricht vorzulegen.“
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung der Beschwerdeführerin insoweit teilweise Folge, als sie in Abänderung des erstinstanzlichen Bescheides das Bestehen eines öffentlichen Interesses an der Erhaltung der Baulichkeit Wien I., B-gasse - A auf jenen Teil des Gebäudes einschränkte, der sich von der zum A orientierten Fassade des Objektes bis zur siebenten Fensterachse (einschließlich) des in die B-gasse hineinreichenden Gebäudeteiles erstreckt.
In der Begründung des Bescheides wurde sehr ausführlich zu den einzelnen Einwendungen der Berufung Stellung genommen.
Ferner wurde dargetan, die künstlerische Bedeutung der A-fassade und deren Erhaltungswürdigkeit seien durch kompetente Institutionen (Bundesdenkmalamt und Kunsthistorisches Institut der Universität Wien) nachgewiesen und bestätigt worden. Es verbleibe daher nur noch die Frage, ob eine Unterschutzstellung der Fassade allein vom denkmalpflegerischen Standpunkt vertreten werden könnte. Im Hinblick auf das essentielle Erfordernis der Lebensfähigkeit des zu erhaltenden „Altbestandes“ habe die im Spruch des Bescheides dargelegte Einbeziehung eines Teiles des Baukörpers in die Unterschutzstellung postuliert werden müssen. Es solle nicht behauptet werden, daß nicht in eventu auch noch andere, für die Beschwerdeführerin günstigere, das heißt ökonomischere Lösungen denkbar gewesen seien. Da es aber die Beschwerdeführerin verabsäumt habe, solche Lösungen in Form von Verbauungsstudien vorzulegen, obwohl sie solche Skizzen angekündigt hatte, seien keine anderen Lösungen zur Diskussion gestanden. Wenn aber später solche Alternativlösungen vorliegen, würde es nach gewissenhafter Prüfung in der Entscheidung des Bundesdenkmalamtes liegen, welche Konzessionen in Berücksichtigung der denkmalpflegerischen Belange noch vertretbar wären.
Die belangte Behörde vertrat schließlich in der Begründung des angefochtenen Bescheides noch den Standpunkt, daß die Demolierung des Objektes auch dann unvertretbar wäre, wenn man an seiner künstlerischen Bedeutung Zweifel hegen könnte. Dies resultiere daraus, daß sonst das A-Ensemble zerstört würde. Die Bauten des Historismus seien durch die Wissenschaft und Lehre als denkmalschutz- und erhaltungswürdig charakterisiert worden.
Der Denkmalschutz sei schließlich keine ausschließlich innerstaatliche Angelegenheit, sondern eine internationale Verpflichtung, die die Republik Österreich, durch ihren im Jahre 1964 vollzogenen Beitritt zur Konvention zum Schutz von Kulturgut (BGBl. Nr. 58/1964) eingegangen sei. Danach sei die Republik verpflichtet, den Denkmalschutz zu forcieren und es an keinen Anstrengungen fehlen zu lassen, das in Österreich vorhandene überkommene Kulturgut für spätere Generationen zu bewahren und jeder Reduzierung von Kulturgütern mit Nachdruck entgegenzuwirken.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde und die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift erwogen:
Die Beschwerdeführerin vertritt in ihrer Beschwerdeschrift die Auffassung, daß sie aus dem angefochtenen Bescheid insofern unanfechtbare Rechte erworben habe, als der Berufung durch die belangte Behörde Folge gegeben wurde. Die von ihr angestrebte Aufhebung des Bescheides werde sich daher, insoweit er der Berufung keine Felge gegeben habe, nur auf den bestätigenden Teil des Bescheides auswirken können. Nur dieser könne Gegenstand einer neuerlichen Entscheidung der belangten Behörde „im zweiten Rechtsgang“ sein.
Insoweit der Berufung durch den angefochtenen Bescheid Folge gegeben werden sei, sei der angefochtene Bescheid ein einheitliches Ganzes und könne nur zur Gänze aufgehoben werden, obwohl die Beschwerdeführerin der belangten Behörde nicht entgegentrete, wenn sie davon ausgehe, daß ein Teil des genannten Objektes die Voraussetzungen des § 1 des Gesetzes erfülle.
Es werde von der Beschwerdeführerin anerkannt, daß die dem A zugewendete Fassade des Hauses, ungeachtet ihrer derzeitigen stilfremden Ausbildung im Bereich des Erdgeschosses, wegen ihrer sonstigen künstlerischen Bedeutung schutzwürdig und daß es darüber hinaus als im öffentlichen Interesse gelegen anzusehen sei, jenen Gebäudeteil unter Denkmalschutz zu stellen, der für die Erhaltung dieser Fassade und der unmittelbar hinter ihr liegenden Räume statisch und funktionell notwendig erscheine. Für die Abgrenzung dieses Hausteiles biete sich nach Ansicht der Beschwerdeführerin infolge der statischen, bautechnischen, funktionell und sonstigen dafür maßgebenden Gegebenheiten des Hauses nur jener Bereich an und falle daher nur jener Bereich unter § 1 des Gesetzes, der sich an der Front B-gasse bis zum ersten Risalit erstrecke und im Hausinnern durch die erste parallel zur A-fassade verlaufende Mittelmauer abgegrenzt werde. Dafür spreche nicht nur die aus den Plänen ersichtliche Situation, sondern auch der Umstand, daß die Hausfassade an der Front B-gasse in diesem Bereich, der drei Fensterachsen umschließe und durch das erwähnte Risalit seinen Abschluß finde, in Angleichung an die architektonische Gestaltung der A-fassade noch eine feine und differenzierte Gliederung aufweise, wogegen die übrige Fassade in der B-gasse, das sei die vierte bis siebzehnte Fensterachse, überhaupt keine aus einem künstlerischen, historischen oder sonstigen Grund bemerkenswerte Ausbildung aufweise und daher nicht die Schutzbestimmung des § 1 des Gesetzes für sich in Anspruch nehmen könne. Zur Verdeutlichung werde angeführt, daß von den ersten drei Fensterachsen nur die mittlere in jedem Geschoß ausgebildet seien.
Dennoch sei der Denkmalschutz auf den Bereich bis zur siebenten Fensterachse erstreckt worden. Die Erhaltung dieses Hausbereiches sei nach Ansicht der belangten Behörde notwendig, um die Erhaltung der schutzwürdigen Fassade sicherzustellen. In diesem Bereich bestehe keine Mittelmauer, sodaß sich eine unübersichtlichere und schwierigere Abgrenzung im Hausinnern ergebe.
Der angefochtene Bescheid verletze die Beschwerdeführerin in ihren subjektiven Rechten, insoweit eine teilweise Unterstellung der Liegenschaft im Sinne obiger Ausführungen unter das Denkmalschutzgesetz ausgesprochen worden sei.
Gemäß § 1 Abs. 1 des Denkmalschutzgesetzes finden die in diesem Gesetz enthaltenen Beschränkungen auf unbewegliche und bewegliche Gegenstände von geschichtlicher, künstlerischer oder kultureller Bedeutung (Denkmale) Anwendung, wenn ihre Erhaltung dieser Bedeutung wegen im öffentlichen Interesse gelegen ist. Die für Denkmale getroffenen Bestimmungen gelten auch für Gruppen und Sammlungen von Gegenständen, die vermöge ihres geschichtlichen, künstlerischen oder kulturellen Zusammenhanges ein einheitliches Ganzes bilden, wenn ihre Erhaltung als Einheit im öffentlichen Interesse gelegen ist.
Als Gegenstand im Rechtssinn wird dasjenige verstanden, worauf sich ein Recht oder eine Verpflichtung bezieht. Sachen, die ihrer Natur nach nicht teilbar sind, aber nur teilweise von geschichtlicher, künstlerischer oder kultureller Bedeutung sind, unterliegen daher zur Gänze den Beschränkungen des Denkmalschutzgesetzes. Ist die Teilbarkeit einer Sache jedoch gegeben, so ist nur jener Teil Gegenstand des Denkmalschutzgesetzes, der von geschichtlicher, künstlerischer oder kultureller Bedeutung ist.
Für diese Auslegung spricht nicht nur die Praxis, welche die Durchführbarkeit dieser Gesetzesauslegung schon bewiesen hat. Es ist dabei auch zu bedenken, daß die Beschränkungen des Denkmalschutzes auch einen gesetzlichen Eingriff in das Privateigentum darstellen, das gemäß Art. 5 des Staatsgrundgesetzes vom 21. Dezember 1867, RGBl. Nr. 142, über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger, und Art. 1 des Zusatzprotokolls zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, grundsätzlich unverletzlich ist, Gesetzesbestimmungen, die einen Eingriff in dieses Recht darstellen, sollen daher nicht ohne triftigen Grund erweiternd ausgelegt werden.
Die belangte Behörde ist im gegenständlichen Fall aber davon ausgegangen, daß nur einem Teil des gegenständlichen Hauses künstlerische Bedeutung zukomme. Einen anderen Teil des Hauses nicht als Denkmal im Sinne des Denkmalschutzgesetzes zu behandeln, hielt sie zumindest für vertretbar.
Für die von ihr getroffene Entscheidung führt sie in ihrer Gegenschrift als maßgebend an, daß der primär zu erhaltenden Fassade am A eine entsprechende Fortsetzung an der Front der B-gasse aus „optischen Gründen“ gesichert werden sollte und daß auf diese Weise die Erhaltung eines „lebensfähigen“ selbständigen Hausteiles gewährleistet werden sollte.
Die belangte Behörde vermeint, in der Begründung des angefochtenen Bescheides diese Ansicht dadurch hinreichend vertreten zu haben, daß sie die Einbeziehung des an die künstlerisch wertvolle A-fassade anschließenden Gebäudeteiles in die „Unterschutzstellung“ nicht zuletzt deshalb als ein dringliches Postulat des Denkmalschutzes bzw. der Denkmalpflege bezeichnet habe, Weil auf diese Weise das Entstehen von „Potemkin‘schen Dörfern“ (Scheinfassaden) vermieden werden solle. Sie übersieht hiebei aber, daß sie in der Begründung des Bescheides einräumte, daß eventuell auch noch andere, für die Beschwerdeführerin günstigere Lösungen denkbar gewesen seien. Die Beschwerdeführerin habe es aber trotz Zusage verabsäumt, solche Lösungen in Form von Verbauungsstudien vorzulegen. Sollten sie zu einem späteren Zeitpunkt Alternativlösungen vorliegen, so würde es am Bundesdenkmalamt liegen zu prüfen, welche Zugeständnisse in Berücksichtigung denkmalpflegefischen Belange noch vertretbar wären.
Auch konnte das Gutachten des Prof. W nicht von vornherein deshalb als unerheblich bezeichnet werden, weil dieser Sachverständige angeblich ein wirtschaftliches Interesse an dem Neubau des gegenständlichen Hauses habe.
Der angefochtene Bescheid läßt daher offenbar eine hinreichende Begründung vermissen, aus welchen Gründen der Berufung der Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid gerade in dem vorgenommenen Ausmaß Folge gegeben wurde.
Diesem Begründungsmangel kommt aber schon deshalb wesentliche Bedeutung zu, weil nach den von der belangten Behörde selbst vorgenommenen Feststellungen die Fassade des Hauses in der B-gasse nach der dritten Achse, sohin ab der 4. bis 17. Achse, also offenbar nach der 1. Mittelmauer (siehe Lokalaugenschein vom ), wesentlich einfacher gestaltet ist. Außerdem wurde bei dem Lokalaugenschein festgehalten, daß bei der Besichtigung des Stiegenhauses und der Höfe keinerlei künstlerisch bemerkenswerten Teile festgestellt werden konnten. Über die sonstigen Innenräume wurden im Laufe des Verwaltungsverfahrens keine Feststellungen getroffen.
Der angefochtene Bescheid war aus diesen Gründen, ohne auf das weitere Vorbringen der Beschwerdeführerin einzugehen, insoweit wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 lit. c Z. 2 VwGG 1965 aufzuheben, als er die Erhaltung des Gebäudeteiles hinter der 4. bis 7. Achse der Front in der B-gasse als im öffentlichen Interesse stehend feststellte.
Gemäß § 39 Abs. 2 lit. c VwGG 1965 konnte von der Anberaumung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.
Der Spruch über den Aufwandersatz stützt sich auf §§ 47 und 48 Abs. 1 lit. a und b VwGG 1965 sowie auf Art. I Z. 1 der Verordnung des Bundeskanzleramtes vom . Das Mehrbegehren war mangels gesetzlicher Grundlagen abzuweisen. Eine Beilage ist je Bogen mit S 3,80, nicht S 4,-- zu stempeln. Die weiteren S 10,-- dürften auf einem Rechenfehler beruhen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Norm | DSchG 1923 §1 Abs1 |
Sammlungsnummer | VwSlg 7875 A/1970 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1970:1970000351.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
IAAAF-52652