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VwGH 07.03.1978, 0348/75

VwGH 07.03.1978, 0348/75

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Norm
RS 1
Immerwährende Nutzungen oder Leistungen sind grundsätzlich solche, deren Ende von Ereignissen abhängt, bei denen ungewiß ist, ob und wann sie in absehbarer Zeit eintreten (Hiwneis E , 945/57, VwSlg 2258 F/1960); der Übergang der Nutzungen oder Leistungen auf einen Rechtsnachfolger bildet einen Hinweis auf immerwährende Nutzungen oder Leistungen (Hinweis E , 591/58, VwSlg 2220 F/1960 und E , 1781/72). Wiederkehrende Nutzungen und Leistungen von UNBESTIMMTER DAUER hingegen sind solche, bei denen das Ende in absehbarer Zeit sicher, der Zeitpunkt des Fortfalles aber ungewiß ist (Hinweis E , 277/69, VwSlg 4217 F/1971).
Normen
RS 2
Der gemeine Wert kommt nach § 15 Abs 3 BewG 1955 nur zum Zug, wenn ihn der Steuerpflichtige nachweist (Hinweis E , 591/58, VwSlg 2220 F/1960 und E , 277/69 VwSlg 4217 F/1971).
Norm
RS 3
Der Abzug von Rentenlasten bei der Vermögensbesteuerung ist nicht davon abhängig, daß auf die Zahlung der Rente ein klagbarer Anspruch besteht. Es genügt vielmehr, daß der Empfänger dieser Rente nach der Sachlage mit ihrer regelmäßigen Zahlung rechnen kann (Hinweis Urteil des RFH vom , RStBl 1938, S 531 und , RStBl 1939, S 207).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie VwGH Erkenntnis 1960/11/18 0716/60 1

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Schimetschek und die Hofräte Dr. Karlik, Dr. Simon, Dr. Kirschner und Dr. Schuber als Richter, im Beisein der Schriftführerin Ministeralsekretär Papp, über die Beschwerde der MS in A, vertreten durch Dkfm. Dr. Kurt Sailer, Rechtsanwalt in Ried im Innkreis, Roßmarkt 1, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich (Berufungssenat) vom , Zl. 8/2/3- VII/BK-E-1974, betreffend Vermögensteuer, Sonderabgabe vom Vermögen und Beitrag vom Vermögen ab dem und , zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 900,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

TR, eine Tante des am verstorbenen Gatten der Beschwerdeführerin, hat bei ihrem Tod in den USA ein offenbar beachtliches, hinsichtlich Größe und Zusammensetzung jedoch unbekanntes Vermögen (TR. - Trust) hinterlassen. Dieses wird auf Grund einer letztwilligen Verfügung aus dem Jahre 1952 von einem Treuhänder, dem eine eigentümerähnliche Stellung zukommt, verwaltet. Der Treuhänder entscheidet nach dem Testament, ob Erträge aus dem Vermögen angesammelt oder an die testamentarischen Erben bzw. deren Nachkommen verteilt werden. Er kann auch Teile des Vermögens umwandeln oder dieses veräußern. Seit dem Tode des Ehemannes der Beschwerdeführerin fließen deren minderjährigen Kindern bestimmte Kapitalerträge aus dem genannten Trust zu. Das Finanzamt hat diese Erträge mit einem durchschnittlichen Jahreswert von S 32.051,-- ermittelt und mit ihrem Kapitalwert im Wege der Neuveranlagung zum und der Hauptveranlagung zum bei der Beschwerdeführerin zur Vermögensteuer, zur Sonderabgabe vom Vermögen und zum Beitrag vom Vermögen herangezogen. Bei der Neuveranlagung ab wurde der genannte Jahreswert mit einem Kapitalisierungsfaktor von 25 vervielfacht, bei der Hauptveranlagung für die Zeit ab dem kam ein Kapitalisierungsfaktor von 18 zur Anwendung. Die kapitalisierten Werte (zum S 801.275,--, ab S 576.918,--) behandelte das Finanzamt als sonstiges Vermögen.

Gegen die Bescheide, die auf Grund der besagten Veranlagungen ergingen, erhob die Beschwerdeführerin Berufung. Nach dem Testament der TR sei über das gesamte Vermögen ein Vermögensverwalter eingesetzt, der auch berechtigt sei, den Besitz oder Teile des Besitzes jederzeit zu veräußern, wenn er es für richtig halte. Nach einer Veräußerung müßte daher der verbleibende Erlös an die im Testament angeführten Erben aufgeteilt werden. Dieser Fall könne jederzeit eintreten, sodaß es sich bei der Nutzung um keine immerwährende Nutzung handeln könne. Vielmehr liege eine Nutzung von unbestimmter Dauer vor, die gemäß § 15 Abs. 2 des Bewertungsgesetzes 1955 (BewG) mit dem 12 1/2fachen bzw. 9fachen des Jahreswertes zu bewerten sei.

Die belangte Behörde gab der Berufung der Beschwerdeführerin mit dem angefochtenen Bescheid keine Folge. Es könne weder dem Inhalt des Testaments, noch den Berufungsausführungen entnommen werden, daß mit einer Beendigung der Fondsausschüttungen in absehbarer Zeit zu rechnen sei. Es bestehe wohl die Möglichkeit, daß diese Nutzungen einmal enden würden, ob und wann dies aber der Fall sein werde, sei nach den Verhältnissen an den Bewertungsstichtagen völlig ungewiß. Es handle sich daher um immerwährende Nutzungen im Sinne des § 15 Abs. 2 BewG.

Die vorliegende Beschwerde macht sowohl inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides als auch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

Gemäß § 69 Z. 2 BewG zählt zum sonstigen Vermögen im Sinne dieses Gesetzes der Kapitalwert von Nießbrauchrechten und von Rechten auf Renten und andere wiederkehrende Nutzungen und Leistungen, jedoch unter der Voraussetzung, daß das Recht dem Berechtigten auf Lebenszeit oder auf die Lebenszeit einer anderen Person, auf unbestimmte Zeit oder auf die Dauer von mindestens zehn Jahren zusteht. Die Ermittlung dieses Kapitalwertes regelt unter anderem § 15 BewG, überschrieben mit "Kapitalwert von wiederkehrenden Nutzungen und Leistungen". § 15 Abs. 2 BewG in der vor seiner Änderung durch das Bundesgesetz BGBl. Nr. 172/1971 geltenden Fassung bestimmte, daß immerwährende Nutzungen oder Leistungen mit dem 25fachen des Jahreswertes, Nutzungen oder Leistungen von unbestimmter Dauer vorbehaltlich des § 16 mit dem 12 1/2fachen des Jahreswertes zu bewerten sind; die eben erwähnte Änderung (Herabsetzung der Kapitalisierungsfaktoren) war entgegen der Meinung der belangten Behörde erst auf Feststellungs- und Veranlagungszeitpunkte oder Vorgänge anzuwenden, die nach dem liegen oder eintreten (Art. I Z. 5 und Art. III Abs. 3 des letztgenannten Gesetzes). Ist der gemeine Wert der gesamten Nutzungen oder Leistungen nachweislich geringer oder höher (als der nach § 15 Abs. 1 oder 2 BewG ermittelte Wert), so ist zufolge § 15 Abs. 3 BewG der nachgewiesene gemeine Wert der Bewertung zugrunde zu legen.

Die Beschwerde wendet sich bereits dagegen, daß die in Rede stehenden Bezüge überhaupt als sonstiges Vermögen erfaßt wurden. Im Sinne des hg. Erkenntnisses vom , Zl. 716/60, Slg. Nr. 2330/F, stellt zwar die Beschwerdeführerin nicht in Frage, daß an sich auch rechtlich nicht erzwingbare wiederkehrende Nutzungen oder Leistungen mit ihrem Kapitalwert als sonstiges Vermögen zur Vermögensteuer herangezogen werden können, wenn nur der Empfänger mit der Leistung sicher rechnen kann. Sie meint aber, die belangte Behörde hätte im Beschwerdefall sachverhaltsmäßig nicht davon ausgehen dürfen, daß die Empfänger mit den gegenständlichen Bezügen sicher rechnen konnten. Diese Rüge ist nicht berechtigt. Ist doch die - rechtsfreundlich vertretene Beschwerdeführerin in ihrer Berufung selbst davon ausgegangen, daß ihren Kindern nach § 15 Abs. 2 leg. cit. bewertbare wiederkehrende Nutzungen oder Leistungen zufließen. Diese Beurteilung mußte die belangte Behörde auch nicht im Hinblick auf das Testament der TR in Zweifel ziehen, weil aus diesem lediglich die fehlende rechtliche Erzwingbarkeit der den Kindern zufließenden Bezüge aus dem TR-Trust hervorgeht. Damit ist aber noch nicht gesagt, daß die Kinder der Beschwerdeführerin nicht dennoch - etwa auf Grund der bisherigen Zahlungen oder in Kenntnis der Dispositionen des Trust-Treuhänders - mit Sicherheit mit dem wiederkehrenden Zufließen von Trust-Ausschüttungen rechnen konnten und im Sinne der Berufung auch tatsächlich rechneten. Der Hinweis in der Beschwerde auf Berufungsausführungen, wonach der Treuhänder jederzeit und für einen beliebigen langen Zeitraum die Auszahlung etwaiger Kapitalerträge an die Erben verhindern könne, erweist sich als aktenwidrig.

Des weiteren vertritt die Beschwerde den Standpunkt, die Bezüge aus dem TR-Trust wären nicht im Sinne des § 15 Abs. 2 BewG immerwährende Nutzungen oder Leistungen, sondern Nutzungen oder Leistungen von unbestimmter Dauer. Für die Abgrenzung dieser beiden Arten wiederkehrender Nutzungen oder Leistungen kann nun wohl nicht unterstellt werden, daß der Gesetzgeber den Begriff "immerwährend" im Sinne des für eine menschliche Rechtsordnung ungeeigneten Ewigkeitsbegriffes verstanden wissen wollte. So hat denn auch der Verwaltungsgerichtshof dem Begriff "immerwährend" in seiner Rechtsprechung im Einklang mit dem Schrifttum eine etwas eingeschränkte Bedeutung zugemessen und die Abgrenzung zwischen den beiden Arten wiederkehrender Nutzungen oder Leistungen im wesentlichen darauf abgestellt, inwieweit das Ende der Nutzungen oder Leistungen absehbar ist.

Immerwährende Nutzungen oder Leistungen sind grundsätzlich solche, deren Ende von Ereignissen abhängt, bei denen ungewiß ist, ob und wann sie in absehbarer Zeit eintreten (Erkenntnis vom , Zl. 945/57, Slg. Nr. 2258/F); im Übergang der Nutzungen oder Leistungen auf einen Rechtsnachfolger hat der Gerichtshof einen Hinweis auf immerwährende Nutzungen oder Leistungen erblickt (Erkenntnisse vom , Zl. 591/58, Slg. Nr. 2220/F, und vom , Zl. 1781/72). Wiederkehrende Nutzungen und Leistungen von unbestimmter Dauer hingegen sind solche, bei denen das Ende in absehbarer Zeit sicher, der Zeitpunkt des Fortfalles aber ungewiß ist (Twaroch-Wittmann-Frühwald, Kommentar zum Bewertungsgesetz,

2. Auflage, Seite 105, und hg. Erkenntnis vom , Zl. 277/69, Slg. Nr. 4217/F).

Im Beschwerdefall erscheint ungewiß, ob und wann die laut angefochtenem Bescheid auf die Erben, laut Testament auf die jeweilige "Nachkommenschaft" übergehenden Bezüge aus dem TR-Trust wegfallen. Sicher ist das Ende der Bezüge in absehbarer Zeit jedenfalls nicht. Mit dem Vorbringen, der Trust-Verwalter sei jederzeit zur Beendigung der Vermögensverwaltung und (gegen Zuteilung des Erlöses) zur Veräußerung des Trust-Vermögens berechtigt, haben Berufung und Beschwerde lediglich eine Möglichkeit für die Beendigung der wiederkehrenden Nutzungen oder Leistungen aufgezeigt. Sollte es tatsächlich zur Realisierung des Trust-Vermögens kommen, dann wird ab dem maßgeblichen Veranlagungszeitpunkt gegebenenfalls das Vermögensrealisat an Stelle des Kapitalwertes der Vermögenserträge zur Vermögensteuer heranzuziehen sein. Zu einem diesbezüglichen Hinweis in der Beschwerde sei der Vollständigkeit halber noch erwähnt, daß auch eine Vereinbarung über die Beendigung wiederkehrender Nutzungen oder Leistungen nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes nicht zur Annahme von Nutzungen oder Leistungen auf bloß unbestimmte Zeit führen könnte, wenn die Durchführung dieser Vereinbarung völlig in das Belieben der Vertragsteile gestellt wäre und sonst nichts dafür spräche, daß das Ende der Nutzungen oder Leistungen in absehbarer Zeit sicher ist.

Der von der Beschwerdeführerin ins Treffen geführte § 10  BewG käme nach seinem Wortlaut und nach dem des § 15 Abs. 3 BewG nur zum Zug, wenn die Beschwerdeführerin einen von dem gemäß § 15 Abs. 2 BewG ermittelten Kapitalwert abweichenden gemeinen Wert nachgewiesen hätte (hg. Erkenntnisse vom , Zl. 591/58, Slg. Nr. 2220/F, und vom , Zl. 277/69, Slg. Nr. 4217/F). Davon kann aber im Beschwerdefall keine Rede sein.

Umfang und Zusammensetzung des Trust-Vermögens wären dann von Bedeutung gewesen, wenn die belangte Behörde dieses Vermögen anteilsmäßig zur Vermögensteuer herangezogen hätte oder wenn sich die Trust-Ausschüttungen stets nach diesem Vermögen bemessen hätten. Keines von beiden trifft jedoch im Beschwerdefall zu, was im übrigen aus der Beschwerde selbst hervorgeht. Die belangte Behörde hat daher auch keine Verfahrensvorschriften verletzt, wenn sie über Umfang und Zusammensetzung des Trust-Vermögens keine Auskünfte einholte.

Was schließlich den Irrtum betrifft, welcher der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid unterlief, indem sie die Beschwerdeführerin und nicht ihre Kinder als Empfänger der wiederkehrenden Nutzungen oder Leistungen anführte, so erkennt die Beschwerdeführerin selbst zutreffend, daß dieser Irrtum zufolge der Zusammenveranlagung der Beschwerdeführerin mit ihren Kindern keine steuerlichen Auswirkungen zeitigt. Die Beschwerdeführerin ist daher durch diesen Irrtum auch in keinem subjektiven öffentlichen Recht verletzt. Da auch sonst eine derartige Rechtsverletzung nicht hervorgekommen ist, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG 1965 sowie auf Art. I Z. 4 und 5 und Art. III Abs. 2 der Verordnung des Bundeskanzlers vom , BGBl. Nr. 542.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Fundstelle(n):
PAAAF-52641