VwGH 24.04.1953, 0337/52
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssatz
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Norm | BAO §185 impl; |
RS 1 | Im Abgabenverfahren sind Feststellungsbescheide nur zulässig, soweit sie in einem Gesetz besonders vorgesehen sind. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsidenten Dr. Putz und die Räte Dr. Ondraczek, Dr. Wasniczek, Dr. Schirmer und Dr. Koprivnikar als Richter, im Beisein des Ministerialoberkommissärs Dr. Hückel als Schriftführer, über die Beschwerde des Elektrizitäts- und Wasserkonsortiums S gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Steiermark vom , - Zl. S 8 - 755 - I/50, betreffend Befreiung von der Körperschaftsteuer von der Gewerbesteuer und von der Vermögensteuer aus dem Grunde der Gemeinnützigkeit, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.
Begründung
Das beschwerdeführende Konsortium hatte beim Finanzamt Graz - Stadt um Befreiung von der Körperschaftsteuer, der Gewerbesteuer und der Vermögensteuer ab 1948 aus dem Grunde der Gemeinnützigkeit angesucht.
Das Finanzamt legte diesen Antrag der Finanzlandesdirektion vor, diese wies ihn mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid ab.
Über die gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Der belangten Behörde lag ein Antrag vor, vom Jahre 1948 angefangen die Einhebung bestimmter Steuern bei dem beschwerdeführenden Verein zu unterlassen, weil der Verein aus dem Grunde der Gemeinnützigkeit von diesen Steuern befreit sei. Der Beschwerdeführer hatte also nicht im Veranlagungsverfahren für ein bestimmtes Jahr die Erteilung eines Freistellungsbescheides beantragt, bei deren Ablehnung ein Steuerbescheid zu erlassen gewesen wäre. Er hatte vielmehr die Erlassung eines für eine unbestimmte Anzahl von Jahren geltenden Feststellungsbescheides über seine grundsätzliche Steuerpflicht begehrt. Derartige Feststellungsbescheide über die grundsätzliche Steuerpflicht sind aber dem geltenden Recht im allgemeinen unbekannt, solche sind vielmehr in der Abgabenordnung (AO) nur für einzelne besonders aufgezählte Tatbestände vorgesehen (vgl. §§ 225 b und 226 AO; die in den §§ 213, 214 und 215 AO behandelten Feststellungsbescheide haben die abgesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen in bestimmten Fällen zum Gegenstand, beziehen sich also nicht auf den Grund, sondern nur auf die Höhe der Steuer). Für Feststellungsbescheide darüber, ob eine Körperschaft aus dem Grunde der Gemeinnützigkeit oder der Verfolgung mildtätiger Zwecke von der Körperschaftsteuer, der Gewerbesteuer oder der Vermögensteuer befreit ist, bieten dagegen weder die Abgabenordnung, noch die einschlägigen Steuergesetze noch auch das Steueranpassungsgesetz, in dessen § 17 die Vorschriften des Vermögensteuergesetzes, des Körperschaftsteuergesetzes und des Gewerbesteuergesetzes über die Steuerbefreiung gemeinnütziger Körperschaften ergänzt werden, eine Grundlage. Auch die sogenannte Gemeinnützigkeitsverordnung vom , RMinBl. S. 299, sieht kein Verfahren vor, in dem die Frage der grundsätzlichen Steuerfreiheit eines Vereines aus dem Grunde seiner Gemeinnützigkeit nicht bloss als Vorfrage für einen Steuerbescheid zu beantworten wäre, sondern selbst den Gegenstand eines Bescheides zu bilden hätte. Bei dem Fehlen einer allgemeinen Vorschrift über die Zulässigkeit von Feststellungsbescheiden und dem Umstand, dass einzelne Fälle, in denen Feststellungsbescheide zu erlassen sind, in der AO ausdrücklich angeführt sind, müssen Feststellungsbescheide über die grundsätzliche Steuerpflicht in allen anderen Fällen als unzulässig angesehen werden, wie dies auch schon der ehemalige Reichsfinanzhof in seinem Urteil vom , RStBl. S. 932, ausgesprochen hat (vgl. auch den hg. Beschluss Slg. 64 F/1948).
Dazu kommt, dass gegen solche Feststellungsbescheide, wenn sie von einem Finanzamt erlassen würden, seit dem Inkrafttreten des Abgabenrechtsmittelgesetzes, BGBl. Nr. 60/1949 (AbgRG), gemäß § 5 dieses Gesetzes nur das Rechtsmittel der Beschwerde zulässig wäre, über das die Finanzlandesdirektion zu entscheiden hätte, während über Berufungen gegen Steuerbescheide, die die Körperschaftsteuer, die Vermögensteuer oder die Gewerbesteuer betreffen, gemäß § 6 Z. 1 lit. a AbgRG die Berufungskommissionen zu entscheiden haben. Durch eine Rechtsmittelentscheidung der Finanzlandesdirektion über die Rechtmäßigkeit eines finanzamtlichen Feststellungsbescheides über die grundsätzliche Steuerpflicht würde also der Entscheidungsbefugnis der Berufungskommissionen in unzulässiger Weise vorgegriffen. Umsoweniger könnte könnte eine Entscheidung über Fragen der grundsätzlichen Steuerpflicht ohne ausdrückliche gesetzliche Grundlage der Finanzlandesdirektion in erster Instanz überlassen werden.
Daher hätte im vorliegenden Falle weder das für die Veranlagung der in Betracht kommenden Steuern sachlich und örtlich zuständige Finanzamt noch auch die Finanzlandesdirektion einen Feststellungsbescheid über die grundsätzliche Körperschaftsteuerpflicht, Vermögensteuerpflicht oder Gewerbesteuerpflicht erlassen dürfen. Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufzuheben.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Norm | BAO §185 impl; |
Sammlungsnummer | VwSlg 749 F/1953 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1953:1952000337.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
XAAAF-52621