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VwGH 28.11.1967, 0323/66

VwGH 28.11.1967, 0323/66

Entscheidungsart: ErkenntnisVS

Rechtssätze


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Normen
AVG §56;
AVG §66 Abs4;
B-VG Art131 Abs1;
VwGG §13 Z3;
VwGG §41 Abs1;
VwRallg;
RS 1
Die rechtlichen Grundlagen, auf die sich der Bescheid stützt, sind nach der Rechtslage im Zeitpunkt seiner Erlassung (mündliche Verkündung oder Zustellung) zu beurteilen. Das Gesetz mißt in keiner Vorschrift dem Zeitpunkt der Willensbildung oder der Unterschrift durch den Genehmigenden die Bedeutung zu, daß damit ein Stichtag der Rechtslage fixiert würde. Der VwGH ist der Auffassung, daß die Gesetzesmäßigkeit eines Bescheides nach dem Zeitpunkt zu beurteilen ist, in dem der behördliche Wille durch die Verkündung oder durch die ihr gleichgestellte Zustellung in der maßgebenden Weise kundgegeben wird, wodurch der Bescheid erst rechtliche Existenz erlangt (Hinweis E , VwSlg 484 A/1948, E , 1246/58 und E , 1023/64 und E VfSlg1770).
Normen
BauRallg;
B-VG Art118 Abs1;
B-VG Art118 Abs3 Z9;
VStG;
VwGG §13 Z3;
WStV 1928 §77 Z9;
RS 2
Rechtliche Ausführungen - unter besonderer Berücksichtigung der Verhältnisse in Wien - zur Frage der historischen Entwicklung des Begriffes "Baupolizei", iZm dem damit verbundenen Strafrecht, welches als eine Angelegenheit des übertragenen Wirkungsbereiches immer betrachtet wurde (Hinweis E VfSlg 4410).
Normen
BauO Wr §129;
B-VG Art10 Abs1 Z6;
B-VG Art11 Abs2;
B-VG Art118 Abs1;
VStG;
VwGG §13 Z3;
RS 3
Ausführungen zu den tragenden Gedanken des Verwaltungsstrafverfahrens, im Zusammenhang mit der Wertung des Verwaltungsstrafverfahrens als überörtliche Angelegenheit (Aus Art 10 Abs 1 Z 6 B-VG kann geschlossen werden, dass das STRAFRECHTSWESEN das Verwaltungsstrafrecht in Bundesmaterien einschließt und daher die im Art 10 B-VG sonst angeführten mit dem Wort ....POLIZEI umschriebenen Begriffe das Strafrecht nicht umfassen).
Normen
BauO Wr §129;
B-VG Art11 Abs5;
V-ÜG Art2 §7;
VwGG §13 Z3;
RS 4
Die Ausdrucksweise "Wirksamkeit", die von "Geltung" unterschieden werden kann, deutet darauf hin, daß die Bestimmung zunächst als Programm für den Gesetzgeber aber auch in anderen Hinsichten gilt und daher für die verfassungsrechtliche Gesamtbetrachtung eines Problems beachtlich ist. (Hier: Art 11 Abs 5 B-VG, BauO Wien).
Normen
B-VG Art11 Abs5;
B-VG Art116;
B-VG Art118 Abs1;
B-VG Art118;
VStG;
VwGG §13 Z3;
WStV 1928 §144;
RS 5
Durch Art 11 Abs 5 B-VG ist es dem Landesgesetzgeber verwehrt, von dem Programm dieser Gesetzesstelle (unabhängige Verwaltungsstrafsenate) abweichende oder auch ihm entsprechende Neuregelungen durchzuführen. Der Landesgesetzgeber kann nur diese Regelung grundsätzlich übernehmen, nicht aber sie in die Tat umsetzen (zB § 144 der Verfassung der Bundeshauptstadt Wien).
Normen
B-VG Art11 Abs5;
B-VG Art118 Abs1;
VStG;
V-ÜG Art2 §7;
VwGG §13 Z3;
RS 6
Aus Art II § 7 des Verfassungsübergangsgesetzes 1929 kann nicht der Schluss gezogen werden, dass Art 11 Abs 5 B-VG als ein rechtliches Nichts unbeachtlich wäre.
Normen
B-VG Art11 Abs5;
B-VG Art118 Abs1;
VStG §5 Abs1;
VwGG §13 Z3;
RS 7
Die Regelung über die Bestellung von Mitgliedern durch den Bund in jenen Fällen, in denen die Senate nicht bei Bundesbehörden gebildet werden, lässt erkennen, welche Bedeutung ungeachtet der Abkürzung des Instanzenzuges die Handhabung des Verwaltungsstrafrechtes unter allgemeinen Gesichtspunkten beigemessen wird. Aus der Bestellung von Mitgliedern durch den Bund geht auch hervor, dass die Aufgabe der Verwaltungsstrafrechtspflege nach dem verfassungsrechtlichen Programm in allen Angelegenheiten nur unter Mitwirkung von durch den Bund bestellten Mitgliedern erfüllt werden soll, nicht also nur durch jene Organe, auf deren Bestellung allein die Gemeinde Einfluss nimmt.
Normen
B-VG Art118 Abs4;
VwGG §13 Z3;
RS 8
Art 118 Abs 4 B-VG bringt klar zum Ausdruck, dass auch im Bereich der Bundesvollziehung ein selbstständiger Wirkungsbereich der Gemeinden gegeben sein kann.
Normen
BauO Wr;
B-VG Art119 Abs5;
VwGG §13 Z3;
RS 9
Der Bundesgesetzgeber hat über die einer Vorstellung im Sinne des Art 119a Abs 5 B-VG eventuell zukommende aufschiebende Wirkung keine Regelung getroffen (BO f Wien).
Normen
RS 10
Der Begriff der örtlichen Baupolizei umfasst das Baustrafrecht nicht. Die generalpräventive Wirkung einer Strafe wegen Übertretung einer Landesbauordnung greift ihrer Natur nach über den örtlichen Bereich hinaus.
Normen
BauO Wr §135;
BauRallg;
B-VG Art11 Abs5;
B-VG Art118 Abs1;
B-VG Art118 Abs2;
B-VG Art118 Abs3 Z9;
MRK Art5;
VStG;
VwGG §13 Z3;
WStV 1928 §77 Z9;
RS 11
Das Baustrafrecht gehört nicht zum eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde (BO f Wien).
Normen
BauO Wr §135;
BauRallg;
B-VG Art11 Abs5;
B-VG Art118 Abs1;
B-VG Art118 Abs2;
B-VG Art118 Abs3 Z9;
B-VGNov betreffend Gemeindewesen 1962;
VStG;
VwGG §13 Z3;
WStV 1928 §77 Z9;
RS 12
Vermerk: Zuständigkeit der Wiener Landesregierung (Amt der..) als Verwaltungsstrafbehörde zweiter Instanz in Baustrafsachen auch nach dem Wirksamwerden der Bundes-Verfassungsgesetznovelle 1962.
Normen
BauO Wr §135 Abs3;
BauRallg;
VStG §5 Abs1;
VwGG §13 Z3;
RS 13
Die Worte "ohne Veranlassung und Vorwissen des Eigentümers" bedeuten, dass der Tatbestand nicht erfüllt ist, wenn der Hauseigentümer, obwohl er wusste, dass eine Verpflichtung zur Beseitigung von Baugebrechen besteht, den Hausverwalter an der Erfüllung dieser Verpflichtung in irgendeiner Weise gehindert hat (Hinweis E , VwSlg 5947 A/1963, E , 886/62, und E , 537/63).
Normen
BauO Wr §129 Abs2;
BauRallg;
VStG §5 Abs1;
VwGG §13 Z3;
RS 14
Der Auftrag zur Beseitigung eines Baugebrechens muss so rechtzeitig erteilt werden, dass es nicht des Einschreitens der Baubehörde bedarf, um den Verpflichteten an seine Aufgabe zu erinnern (Hinweis E , 99/61).
Normen
BauO Wr §129 Abs2;
BauRallg;
VStG §5 Abs1;
VwGG §13 Z3;
RS 15
Die bloße Auftragserteilung zur Beseitigung eines Baugebrechens reicht noch nicht aus, um die Schuldlosigkeit darzutun. Es muss vielmehr auch auf die Auswahl und Beaufsichtigung des Beauftragten und darauf ankommen, dass der Erfüllung des Auftrages entsprechend nachgegangen wird.
Normen
AVG §37;
AVG §39 Abs2;
AVG §45 Abs3;
BauO Wr §129 Abs2;
VStG §5 Abs1;
VwGG §13 Z3;
VwGG §42 Abs2 litc Z2;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb impl;
RS 16
Eine Verschiebung der Beweislast kann nicht bedeuten, dass das zum Nachweis der Schuldlosigkeit unterbreitete Tatsachenvorbringen schon bis in das letzte Detail vollständig sein muss, und eine Erörterung der Beweislage mit dem Beschuldigten unter allen Umständen entbehrlich ist (BO f Wien).
Normen
VwGG §13 Z3;
VwGG §48 Abs1 lita;
VwGG §48 Abs1 Z1 impl;
VwGG §59 Abs2;
RS 17
Der Bf hat den Zuspruch der Verfahrenskosten im Sinne des Gesetzes begehrt. Zuspruch nur des Schriftsatzaufwandes, da die nicht pauschalierten Kosten (hier: Stempelgebühren) bei dem Mangel einer näheren Begründung nicht zu gewähren sind.
Normen
RS 18
Der Wert der allgemeinen Grundsätze des Verwaltungsstrafrechtes (materielles Recht und Verfahren) für den Rechtsstaat im formellen und materiellen Sinn deutet auf eine überwiegend überörtliche Bedeutung des Verwaltungsstrafrechtes hin.
Normen
BauRallg;
B-VG Art118 Abs1;
B-VG Art118 Abs2;
B-VG Art118 Abs3 Z9;
B-VGNov betreffend Gemeindewesen 1962;
VStG;
VwGG §13 Z3;
WStV 1928 §77 Z9;
RS 19
Das Baustrafrecht fällt auch nach dem Wirksamwerden der auf die Bundesverfassungsgesetz-Novelle 1962 gestützte Gemeindeordnungen weder nach den Art 118 Abs 3 Z 9 B-VG noch nach den auf Art 118 Abs 2 B-VG gestützten Vorschriften in den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde.
Normen
RS 20
Können die Grenzen der im Art 118 Abs 3 B-VG verwendeten Begriffe nicht mit voller Schärfe gezogen werden, so ist die Frage, ob eine Angelegenheit zum eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde gehört, nach Art 118 Abs 2 B-VG zu lösen.
Normen
RS 21
Art 11 Abs 5 B-VG steht zwar nicht in Wirksamkeit, wohl aber in Geltung und spricht für die vom Verfassungsgesetzgeber vollzogene Wertung des Verwaltungsstrafrechtes als Angelegenheit von überwiegend überörtlichem Interesse.
Normen
BauO Wr §135;
BauRallg;
B-VG Art110;
B-VG Art118 Abs1;
B-VG Art118 Abs2;
B-VG Art118 Abs3;
B-VGNov betreffend Gemeindewesen 1962;
VStG;
VwGG §13 Z3;
WStV 1928 §77 Z9;
RS 22
Art 110 B-VG hätte abgeändert werden müssen, wenn beabsichtigt gewesen wäre, das Strafrecht jener Bereiche, deren administrative Regelung im eigenen Wirkungsbereich liegt und daher eine außergemeindliche Instanz ausschließt, gleichfalls diesem Wirkungsbereich zuzuweisen.
Normen
B-VGNov betreffend Gemeindewesen 1962;
VwGG §13 Z3;
RS 23
Die Derogation von Verfassungsbestimmungen durch Verfassungsbestimmungen entspricht nicht der Methode der Bundesverfassungsgesetznovelle 1962.
Normen
MRK Art5;
VStG;
VwGG §13 Z3;
RS 24
Eine Verschlechterung der durch den Vorbehalt zu Art 5 MRK gedeckten österreichischen Regelung im Sinne einer Beeinträchtigung des Schutzes für das Rechtsgut der Freiheit und Sicherheit wäre nicht zulässig. Eine Auslegung, die zu einem solchen Ergebnis führen würde, ist daher abzulehnen.
Normen
BauO Wr §129 Abs2;
BauRallg;
VStG §5 Abs1;
VwGG §13 Z3;
RS 25
Bei der Verwaltungsübertretung nach § 129 Abs 2 der Bauordnung für Wien handelt es sich um ein Ungehorsamsdelikt. Es zieht daher die bloße Nichtbefolgung des Gebotes, das Gebäude in gutem Zustand zu erhalten, Strafe nach sich, wenn nicht bewiesen wird, dass die Einhaltung der Verwaltungsvorschrift ohne Verschulden unmöglich gewesen ist. Wenn die Behörde annehmen konnte, dass das gegenständliche Haus während der Tatzeit Baugebrechen aufgewiesen hat, musste sich der nach § 5 Abs 1 zweiter Satz VStG vorgesehene, zur Straflosigkeit führende Entlastungsbeweis darauf beziehen, dass alles in den Kräften des Beschuldigten Stehende unternommen wurde, um das Baugebrechen in kürzester Frist zu beseitigen (Hinweis E , 99/61).

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsidenten Dr. Borotha, und die Hofräte Dr. Hrdlitzka, Dr. Naderer, Dr. Krzizek, Penzinger, Dr. Lehne, Dr. Kadecka, Dr. Rath und Dr. Leibrecht als Richter, im Beisein der Schriftführer, prov. Regierungsoberkommissärs Dr. Schatzmann und Wetzelsberger, über die Beschwerde des HS in W, vertreten durch Dr. Günther Rustler, Rechtsanwalt in Wien, XV, Mariahilferstraße 196, gegen den Bescheid des Amtes der Wiener Landesregierung vom , Zl. M. Abt. 64-250/64/Str., betreffend Übertretung der Bauordnung für Wien, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Die Gemeinde Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 1.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem Straferkenntnis des Wiener Magistrates, Magistratisches Bezirksamt für den VI/VII. Bezirk, vom wurde der Beschwerdeführer der Verwaltungsübertretung nach § 129 Abs. 2 in Verbindung mit § 135 Abs. 3 der Bauordnung für Wien für schuldig erkannt und über ihn gemäß § 135 Abs. 1 leg. cit. eine Geldstrafe von S 800,-- (Ersatzarreststrafe drei Tage) verhängt. Als erwiesen wurde angenommen, der Beschwerdeführer habe im der Zeit vom bis für die Erhaltung der von ihm verwalteten Baulichkeit Wien VII, H-gasse n1, in gutem, der Baubewilligung und den Vorschriften der Bauordnung für Wien entsprechendem Zustand nicht Sorge getragen, weil er es ohne Veranlassung und Vorwissen des Eigentümers unterlassen habe, die schadhafte Dacheindeckung instandzusetzen und nach erfolgter Instandsetzung die durchnässten Deckenteile der Abschlussdecke im Bereiche des Ganges und der Wohnungen Tür 29/IV, 33/IV und 34/IV in konsensgemäßen Zustand zu versetzen. Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung, der die belangte Behörde nach Durchführung eines ergänzenden Ermittlungsverfahrens mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid keine Folge gab. In der Begründung dieses Bescheides heißt es, mit dem Berufungsvorbringen könne der Beschwerdeführer nicht durchdringen, weil er bei seiner Beweisführung übersehe, das er zufolge der Vorschriften des § 5 Abs. 1 VStG bzw. der §§ 129 Abs. 2 und 135 Abs. 3 der Bauordnung für Wien als Hausverwalter nur dann verwaltungsstrafrechtlich entlastet wäre, wenn er nachgewiesen hätte, das er alle rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeiten ausgeschöpft habe, um die Instandsetzungsarbeiten ehestens abzuschließen. Sein Einwand, bezüglich der Belastung der Liegenschaft mit einer Leibrente und einem Betrag von S 200.000,-- könne nicht zum Ziele führen, weil diese Darlehensforderung auf Grund eines Schuldscheines vom erst am , also erst nach dem angenommenen Tatzeitraum, einverleibt worden sei. Da der Beschwerdeführer von der Möglichkeit zur Erlangung eines Darlehens ein Verfahren nach § 7 Mietengesetz einzuleiten, keinen Gebrauch gemacht habe, falle ihm zumindest Fahrlässigkeit zur Last. Im übrigen sei vom Beschwerdeführer nicht unter Beweis gestellt worden, das eine Darlehensgewährung mit Rücksicht auf die Belastung der Liegenschaft unmöglich gewesen sei. Dies sei auch nicht anzunehmen, da auf die Liegenschaft nachträglich ein Darlehen gegeben worden sei. Dass die Hauseigentümerin den Beschwerdeführer an der Aufnahme eines Instandsetzungsdarlehens gehindert habe oder dass das später aufgenommene Darlehen der Instandhaltung des Hauses gedient habe, sei vom Beschwerdeführer nicht dargetan worden. Nicht bewiesen habe der Beschwerdeführer vor allem auch, dass er bei rechtzeitiger Durchführung eines Verfahrens nach § 7 Mietengesetz nicht ein höheres, auch die Kosten der Beseitigung des gegenständlichen Baugebrechens deckendes Darlehen erhalten hätte. Der Entlastungsbeweis sei sohin nicht erbracht. Aus den vorgelegten Urkunden ergebe sich schließlich, dass die Austrocknung des Deckenabschlusses erst nach dem angenommenen Tatzeitraum durchgeführt worden sei.

Der Berufungsbescheid trägt das Datum vom , wurde aber dem Beschwerdeführer am zugestellt.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht. Der Gerichtshof hatte jedoch zunächst zu prüfen, ob nicht auf Grund der Bundes-Verfassungsgesetznovelle 1962 und des Gesetzes vom , LGBl. für Wien, Nr. 26, Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde vorliegt. Er hat wegen der grundsätzlichen Bedeutung dieser Frage in einem gemäß § 13 Ziffer 3 VwGG 1965 verstärkten Senat erwogen:

In dem vorliegenden Beschwerdefall handelt es sich um ein Strafverfahren wegen Übertretung der Bauordnung für Wien (Gesetz vom , LGBl. Nr. 11/1930, mit Änderungen). Derartige Übertretungen sind gemäß § 135 Abs. 1 des angeführten Gesetzes mit Geld bis zu S 30.000,--, im Falle der Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu 3 Monaten, zu bestrafen. Bei erschwerenden Umständen kann an Stelle der Geldstrafe unmittelbar eine Arreststrafe bis zum obigen Ausmaß verhängt werden.

Die Handhabung der Bestimmungen der Bauordnung obliegt zufolge § 132 Abs. 1 der Bauordnung für Wien dem Magistrat als Baubehörde erster Instanz. Die Entscheidung über Berufungen gegen die Straferkenntnisse des Magistrates steht nach § 136 Abs. 2 der Bauordnung für Wien der Landesregierung zu. Die belangte Behörde hat die Zuständigkeit zur Entscheidung über die Berufung des Beschwerdeführers auf Grund dieser Gesetzesstelle in Anspruch genommen.

Die'"örtliche Baupolizei" gehört seit dem , dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes vom , LGBl. Nr. 26, mit dem die Verfassung der Bundeshauptstadt Wien der durch die Bundes-Verfassungsgesetznovelle 1962 geänderten verfassungsrechtlichen Stellung der Gemeinde angepasst wurde, gemäß § 77 Z. 9 der Verfassung der Bundeshauptstadt Wien - im folgenden kurz Wiener Verfassung - zum eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde. Dieser Wirkungsbereich wird gemäß § 97 der Wiener Verfassung vom Gemeinderat, von den amtsführenden Stadträten, von den Gemeinderatsausschüssen und vom Magistrat sowie von den Bezirksvorstehern und den Bezirksvertretungen ausgeübt. Hinsichtlich dieses Wirkungsbereiches bestimmt § 76 der Wiener Verfassung, dass die Gemeinde diese Angelegenheiten im Rahmen der Gesetze und Verordnungen des Bundes und des Landes in eigener Verantwortung, frei von Weisungen und unter Ausschluss eines Rechtsmittels an Verwaltungsorgane außerhalb der Gemeinde zu besorgen hat.

Wie bereits festgestellt, erfolgte die Zustellung des angefochtenen Bescheides am , also nach dem Inkrafttreten der neuen Rechtslage. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. hiezu etwa die Erkenntnisse vom , Slg. N. F. Nr. 484/A, vom , Zl. 1246/58, und vom , Zl. 1023/64) sind die rechtlichen Grundlagen, auf die sich der Bescheid stützt, nach der Rechtslage im Zeitpunkt seiner Erlassung (mündliche Verkündung oder Zustellung), zu beurteilen. Derselbe Standpunkt ist dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , Slg. 1770, zu entnehmen. Im vorliegenden Falle wurde neuerlich die Frage geprüft, ob die diesen Erkenntnissen zugrundeliegende Anschauung zutrifft, und ob nicht der Zeitpunkt der Willensbildung der Behörde als jener Zeitpunkt anzusehen ist, auf den bei Beurteilung der Rechtslage abgestellt werden muss. Der Verwaltungsgerichtshof hält jedoch an seiner Rechtsprechung fest, weil das Gesetz in keiner Vorschrift dem Zeitpunkt der Willensbildung oder der Unterschrift durch den Genehmigenden die Bedeutung zumisst, dass damit ein Stichtag der Rechtslage fixiert würde. Der Verwaltungsgerichtshof ist der Auffassung, dass die Gesetzmäßigkeit eines Bescheides nach dem Zeitpunkt zu beurteilen ist, in dem der behördliche Wille durch die Verkündung oder durch die ihr gleichgestellte Zustellung in der maßgebenden Weise kundgegeben wird, wodurch der Bescheid erst rechtliche Existenz erlangt.

Demnach steht die Frage zur Entscheidung, ob das Baustrafrecht zum eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde gehört, sei es, weil es dem im Art. 118 Abs. 3 Z. 9 B-VG verwendeten Begriff "örtliche Baupolizei" zu unterstellen ist, sei es, weil es, ohne diesem Begriff unterstellt werden zu können, von der Generalklausel des Art. 118 Abs. 2 B-VG erfasst wird.

Wenn auch im folgenden davon ausgegangen wird, dass das Problem nicht rechtshistorisch zu lösen ist, wird es doch von Vorteil sein, die Entwicklung aufzuzeigen, die der gegenwärtigen Rechtslage vorangegangen ist und zu ihrem Verständnis beitragen kann. Der Ausdruck "Baupolizei" wurde schon bei der Umschreibung des selbstständigen Wirkungsbereiches der Gemeinde im Gesetz vom 5. März 1862, RGBl. Nr. 18, Art. V, Z. 9, verwendet. (Es hieß dort: "Die Bau- und die Feuerpolizei, die Handhabung der Bauordnung und Erteilung der polizeilichen Baubewilligung"; die entsprechende Stelle in dem Bundesverfassungsgesetz vom , BGBl. Nr. 205/62, nämlich Art. 118 Abs. 3 Z. 9 B-VG lautet. "Örtliche Baupolizei, soweit sie nicht bundeseigene Gebäude, die öffentlichen Zwecken dienen (Art. 15 Abs. 5), zum Gegenstand hat; örtliche Feuerpolizei; örtliche Raumplanung").

Die Gemeindeordnungen, die unmittelbar nach dem Reichsgemeindegesetz ergingen, enthielten zum größten Teil ausdrückliche Bestimmungen darüber, dass das Strafrecht im Rahmen der in den eigenen Wirkungskreis der Gemeinde gehörigen Ortspolizei im übertragenen Wirkungsbereich ausgeübt werde. Nur beispielsweise sei auf § 57 der Gemeindeordnung für Niederösterreich, LGBl. Nr. 5/1864, § 58 der Gemeindeordnung für Salzburg, LGBl. Nr. 7/1864, und § 57 der Gemeindeordnung für Kärnten, LGBl. Nr. 5/1864, hingewiesen, die alle die erwähnte Regelung enthielten. In Wien allerdings wurde die provisorische Gemeindeordnung vom 20. Mai 1850 erst durch das Gesetz vom Jahre 1900, LGBl. Nr. 17, abgelöst, in dem sich eine solche Bestimmung nicht findet. Der Verwaltungsgerichtshof nimmt nicht an, dass die Rechtslage in Wien anders zu beurteilen gewesen wäre als in den vorher angeführten Ländern; er ist vielmehr der Meinung, dass im gesamten Bereich der im Reichsrat vertretenen Königreiche und Länder die Regelung bestand, dass das Strafrecht einer anderen Beurteilung unterliege als die administrativen Maßnahmen der Ortspolizei. Der Grund lag darin, dass das Strafrecht als Ausfluss der landesfürstlichen Gewalt angesehen wurde. Ähnliche Regelungen finden sich aber auch in den Gemeindegesetzen der Bundesländer in der Republik. So enthielt beispielsweise die Gemeindeordnung für das Burgenland mit Ausnahme der Städte Eisenstadt und Rust (Wiederverlautbarungsverordnung der Burgenländischen Landesregierung vom , LGBl. Nr. 15) in ihrem § 59 eine Regelung über die Ausübung des Strafrechtes; in Abs. 3 war festgelegt, dass das Strafrecht im übertragenen Wirkungsbereich ausgeübt werde. Eine Bestimmung desselben Inhaltes findet sich im § 47 Abs. 3 des Gesetzes vom , LGBl. Nr. 46, womit eine Gemeindeordnung für alle Gemeinden des Landes Kärnten mit Ausnahme der Städte mit eigenem Statut erlassen wird. Auch im § 59 der Oberösterreichischen Gemeindeordnung 1948 (Gesetz vom , LGBl. Nr. 22/1949) findet sich die Regelung, dass der Bürgermeister das Strafrecht in allen Fällen von Verwaltungsübertretungen, deren Ahndung den Gemeinden ausdrücklich zugewiesen ist, im übertragenen Wirkungsbereich ausübt. Diese Beispiele mögen genügen. In den Wiener Normen, nämlich in der Verfassung der Bundeshauptstadt Wien in ihren verschiedenen Fassungen, findet sich eine entsprechende Bestimmung nicht, doch ist nach Anschauung des Verwaltungsgerichtshofes hier gleichfalls so wie für die Zeit der Monarchie zu sagen, dass nach übereinstimmender Rechtsanschauung in der Republik das Strafrecht als eine Angelegenheit des übertragenen Wirkungsbereiches betrachtet wurde. Auch die im vorliegenden Fall, angewendete Zuständigkeitsvorschrift weist in diese Richtung.

Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom , Slg. 4410/1963, zum Ausdruck gebracht, dass auch nach seiner Anschauung, nach Lehre, Gesetzgebung und Vollziehung in Wien nur die Erlassung lokalpolizeilicher Anordnungen in den selbstständigen Wirkungskreis der Gemeinde fiel, während die Ausübung der Strafgewalt ausnahmslos in den übertragenen Wirkungsbereich der Gemeinde gehörte. Aus der historischen Interpretation sei abzuleiten, dass auch nach der Verfassung der Stadt Wien, LGBl. Nr. 1/1930, das Strafrecht in Angelegenheiten der der Gemeinde zustehenden Lokalpolizei im übertragenen Wirkungsbereich ausgeübt werde.

Mit dem Hinweis darauf, dass das Strafrecht vor dem Inkrafttreten der Bundes-Verfassungsgesetznovelle 1962 als dem übertragenen Wirkungsbereich zugehörig angesehen wurde, ist aber noch kein entscheidender Beitrag für die Lösung des Problems nach der gegenwärtigen Rechtslage geleistet. Es war ja der nicht zu übersehende Sinn der Bundes-Verfassungsgesetznovelle 1962, der Rechtsstellung der Gemeinde eine neue verfassungsgesetzliche Grundlage zu geben, wobei der den Gemeinden verfassungsgesetzlich gewährleistete Aufgabenkreis nicht eingeschränkt, sondern erweitert werden sollte. Auch die Feststellung, dass die Landesgesetzgeber in ihren auf Grund der neuen Rechtslage erlassenen Gesetzen, abgesehen von Kärnten und Wien, die Frage wohl in verschiedener Weise, aber immer ausdrücklich in dem Sinne gelöst haben, dass das Verwaltungsstrafwesen jedenfalls dem übertragenen Wirkungsbereich zugeordnet wurde (vgl. hiezu § 52 der Gemeindeordnung für das Burgenland, LGBl. Nr. 37/1965, § 39 Abs. 4 der Gemeindeordnung für Niederösterreich, LGBl. Nr. 369/1965, § 42 Abs. 2 der Oberösterreichischen Gemeindeordnung, LGBl. Nr. 45/1965, § 17 Abs. 1 der Salzburger Gemeindeordnung, LGBl. Nr. 37/1965, § 39 Abs. 3 Z. 4 der Steiermärkischen Gemeindeordnung, LGBl. Nr. 169/1965, § 48 der Tiroler Gemeindeordnung, LGBl. Nr. 50/1965, wiederverlautbart LGBl. Nr. 4/1966, und § 90 Abs. 3 des Vorarlberger Gemeindegesetzes, LGBl. Nr. 45/1965; nur in Kärnten und Wien fehlen solche Bestimmungen), kann nicht ausschlaggebend sein. Die Landesgesetze könnten eine verfassungswidrige Einschränkung des eigenen Wirkungsbereiches enthalten.

Der Begriff der "Polizei" wird in der Verfassung selbst nicht umschrieben. Immerhin fällt es auf, dass in Art. 10 Z. 6 B-VG das Strafrechtswesen mit Ausschluss des Verwaltungsstrafrechtes und Verwaltungsstrafverfahrens in Angelegenheiten, die in den selbstständigen Wirkungsbereich der Länder fallen, als Bundessache in Gesetzgebung und Vollziehung angeführt ist, während in anderen Ziffern desselben Artikels mit dem Wort, Polizei gebildete Begriffe wie Fremdenpolizei (Z. 7), Strom- und Schifffahrtspolizei (Z. 8) angeführt sind. So kann erschlossen werden, dass das Strafrechtswesen das Verwaltungsstrafrecht in Bundesmaterien einschließt, woraus entnommen werden kann, dass die angeführten, mit dem Wort "Polizei" umschriebenen Begriffe das Strafrecht nicht umfassen.

Weder die Rechtsprechung noch die Wissenschaft haben den Polizeibegriff oder Einzelbegriffe wie den der Baupolizei eindeutig so umschrieben, dass daraus gefolgert werden könnte, das Strafrecht falle darunter. Die Rechtsprechung (vgl. etwa das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , Slg. Nr. 3201/1957) besagt, dass die Sicherheitspolizei und die örtliche Sicherheitspolizei dazu bestimmt seien, die Abwehr allgemeiner Gefahren für die öffentliche Sicherheit, Ruhe und Ordnung zu bewerkstelligen. Die Verwaltungspolizei dagegen umfasse die Setzung und Vollziehung von Vorschriften der besonderen Polizei einzelner Verwaltungsgebiete, die nicht ausschließlich polizeilichen (gefahrenabwehrenden) Charakter haben, sondern darüber hinaus und sogar vorzugsweise den Zweck der Förderung des Wohles des einzelnen und des Gemeinschaftslebens verfolgen, mögen sie auch vielfach geeignet sein, sonst allenfalls zu befürchtende Störungen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit hintanzuhalten. Diesen Aussagen kann nicht entnommen werden, dass das Strafrecht den Begriff der Baupolizei oder einer anderen Verwaltungspolizei notwendigerweise zuzuordnen sei.

Die in der Wissenschaft entwickelten Begriffe der Polizei und der einzelnen Zweige der Verwaltungspolizei sprechen keineswegs eindeutig für die Zurechnung des Strafrechtes zur Polizei. Sie unterscheiden vielfach die polizeilichen Verwaltungsakte von den Verwaltungsstrafsachen.

Nach der Systematik des Art. 10 Abs. 1 Z. 6 B-VG, nach dem Stande der Rechtsprechung und nach dem der Wissenschaft spricht somit vieles dafür, das Strafrecht dem Begriff der örtlichen Baupolizei nicht zuzuzählen. Dazu kommt, dass, wie schon dargelegt, die vor der Bundes-Verfassungsgesetznovelle 1962 bestehende Rechtslage ein Strafrecht, im selbstständigen Wirkungskreis nicht kannte. Das einer anderen Auffassung folgende Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , Slg. 4033/1961, ist vereinzelt geblieben. Immerhin mag ein gewisses Moment der Unsicherheit verbleiben, sodass dann die Lösung letztlich aus Art. 118 Abs. 2 B-VG hervorzugehen hat, der immer dann herangezogen werden muss, wenn die Grenzen der Begriffe nach Art. 118 Abs. 3 B-VG nicht mit voller Schärfe gezogen werden können. Auch muss jedenfalls die Frage gelöst werden, ob das Baustrafrecht, selbst wenn es nicht unter die örtliche Baupolizei fällt, nicht nach dem allgemeinen Grundsatz des Art. 118 Abs. 2 B-VG dem eigenen Wirkungsbereich angehört.

Nach dem in Art. 118 Abs. 2 B-VG entwickelten Grundsatz umfasst der eigene Wirkungsbereich neben den im Art. 116 Abs. 2 B-VG angeführten Angelegenheiten alle Angelegenheiten, die im ausschließlichen oder im überwiegenden Interesse der in der Gemeinde verkörperten örtlichen Gemeinschaft gelegen und geeignet sind, durch die Gemeinschaft innerhalb ihrer örtlichen Grenzen besorgt zu werden. Es ist somit zu prüfen, ob nach diesem Maßstab zwischen Administrativsachen und Strafsachen eine Unterscheidung getroffen werden kann, oder ob sich aus dem Zusammenhang mit der beiden Angelegenheiten zu Grunde liegenden Materie eine untrennbare Einheit als gegeben erweist. Nun leuchtet es unmittelbar ein, dass zumindest im allgemeinen die Frage, wo ein Gebäude in einem Gemeindegebiet zu stehen kommt, wie es gestaltet und erhalten wird, im überwiegenden Interesse der in der Gemeinde verkörperten örtlichen Gemeinschaft gelegen ist. Die Verhängung einer Strafe, die wegen der Nichteinhaltung der diesbezüglichen Vorschriften erfolgt, dient gewiss, unter dem Gesichtspunkt der Spezialprävention betrachtet, auch jenen Zwecken, die durch die Vorschrift selbst verfolgt werden. Insoweit scheint zunächst die Einheit der Materie gegeben. Schon die Generalprävention greift aber ihrer Natur nach über den örtlichen Bereich hinaus. So dient beispielsweise die Bestrafung eines Menschen wegen Vernachlässigung der Instandhaltungspflicht weder ausschließlich noch auch überwiegend nur der Durchsetzung der Norm im Gemeindebereich. Es darf ferner nicht übersehen werden, dass das Verwaltungsstrafrecht auch eine andere Seite hat, die dafür spricht, das Überwiegen des Interesses der örtlichen Gemeinschaft zu verneinen und das Strafen in eine besonders enge Beziehung zu überörtlichen Aufgaben zu bringen, die eine Einschränkung des Rechtszuges auf bloße Aufsicht ausschließt. Diese andere Seite des Verwaltungsstrafrechtes wird nun zunächst auf einfach - gesetzlicher Stufe erörtert; so wird die Einsicht in die Bedeutung der Verfassungsbestimmungen, auf die später eingegangen wird, vorbereitet.

Im § 1 Abs. 1 VStG 1950 findet der Grundsatz Ausdruck, dass eine Tat als Verwaltungsübertretung nur bestraft werden kann, wenn sie vor ihrer Begehung mit Strafe bedroht war (nullum crimen sine lege). Der Abs. 2 desselben Paragraphen besagt, dass sich die Strafe nach dem zur Zeit der Tat geltenden Recht richtet, es sei denn, dass das zur Zeit der Fällung des Bescheides in erster Instanz geltende Recht für den Täter günstiger wäre (modifizierter Grundsatz: nulla poena sine lege praevia). Diese Grundsätze sind von eminenter Bedeutung für das Wesen des Rechtsstaates. Sie sind freilich nur besondere Erscheinungsformen des im Art. 18 Abs. 1 B-VG enthaltenen allgemeinen Grundsatzes, haben aber im Hinblick auf das Grundrecht der persönlichen Freiheit im Strafrecht besondere Bedeutung. § 3 VStG 1950 schließt die Bestrafung zurechnungsunfähiger Personen aus und bringt so zusammen mit § 5 VStG 1950 den Grundsatz "keine Strafe ohne Schuld" zum Ausdruck. Das Schuldprinzip gilt demnach im Verwaltungsstrafrecht; nur die Beweislast wird gemäß § 5 Abs. 1 letzter Satz, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört, von den sonst herrschenden Grundsätzen abweichend verschoben. Nach der Darstellung von Mannlicher "Das Verwaltungsverfahren", 7. Aufl., S. 352, soll die wegen einer Verwaltungsübertretung zu verhängende Strafe vor allem eine "Ahndung für ein begangenes deliktmäßiges Unrecht und nicht nur vornehmlich ein Mittel zur Erreichung eines bestimmten Erfolges sein". Demnach sind von den Strafen für Verwaltungsübertretungen die Ordnungs- und Mutwillensstrafen (§ 34 und § 5 AVG 1950), die Zwangsstrafen (§ 5 und § 6 VVG 1950) und die strafähnlichen Maßnahmen, wie sie in § 12 VVG 1950 als nicht berührt erklärt sind, sowie Disziplinarmittel zu unterscheiden. Nach dieser Klarstellung ergibt sich, dass geprüft werden muss, ob die eigentlichen Verwaltungsstrafsachen, bei denen der Strafe ein Vorwurf zugrundeliegt, als im überwiegenden Interesse der in der Gemeinde verkörperten örtlichen Gemeinschaft gelegene "Angelegenheiten" angesehen werden können. Der Wert der hervorgehobenen allgemeinen Grundsätze für den Rechtsstaat im formellen und materiellen Sinn deutet jedenfalls auf eine überwiegend überörtliche Bedeutung hin. § 29a VStG 1950 sieht vor, dass, wenn hiedurch das Verwaltungsstrafverfahren wesentlich vereinfacht oder beschleunigt wird, die zuständige Behörde die Durchführung des Strafverfahrens oder des Strafvollzuges an die sachlich zuständige Behörde übertragen kann, in deren Sprengel der Beschuldigte seinen Wohnsitz oder seinen Aufenthalt hat. Doch kann in Angelegenheiten der Landesverwaltung das Strafverfahren nur auf eine Behörde desselben Bundeslandes übertragen werden. Auch diese Bestimmung weist auf eine Betrachtungsweise hin, die das Strafrecht als überwiegend, überörtliche Angelegenheit wertet. Die Lösung des Problems kann jedoch nicht auf der Stufe des einfachen Gesetzes, sondern nur in der Verfassung gefunden werden.

Der Verfassungsgesetzgeber hat, wie schon erwähnt, das Strafrechtswesen mit Ausschluss des Verwaltungsstrafrechtes und des Verwaltungsstrafverfahrens in Angelegenheiten, die in den selbstständigen Wirkungsbereich der Länder fallen, in Art. 10 Abs. 1 Z. 6 B-VG in Gesetzgebung und Vollziehung zur Bundessache erklärt. In Art. 11 Abs. 2 B-VG wurde festgelegt, dass für das Verwaltungsverfahren die allgemeinen Bestimmungen des Verwaltungsstrafrechtes das Verwaltungsstrafverfahren und die Verwaltungsvollstreckung eine Kompetenz des Bundesgesetzgebers bestehen soll, soweit ein Bedürfnis nach Erlassung einheitlicher Vorschriften als vorhanden erachtet wird, und zwar auch in den Angelegenheiten, in denen die Gesetzgebung den Ländern zusteht, insbesondere auch in Angelegenheiten des Abgabenwesens. Der Bundesgesetzgeber hat zu bestimmen, ob und in welchem Umfang ein Bedürfnis nach einheitlichen Vorschriften gegeben ist. Die Bedeutung der oben hervorgehobenen Grundsätze des Verwaltungsstrafrechtes und des Verwaltungsstrafverfahrens erweist den Sinn der Zuständigkeitsvorschrift. Während in Art. 11 Abs. 2 B-VG auch das Verwaltungsverfahren und die Verwaltungsvollstreckung von der Sonderregelung über die Kompetenz erfasst sind, bezieht sich dann der durch die Verfassungsgesetz-Novelle 1929 zustandegekommene Abs. 5 des Art. 11 ausschließlich auf das Verwaltungsstrafrecht. Die Bestimmung lautet: "Die Rechtsprechung oberster Instanz in dem Verfahren vor den Verwaltungsbehörden wegen Verwaltungsübertretungen steht Verwaltungsstrafsenaten zu, die bei den zuständigen Behörden zu bilden sind. Die Mitglieder der Senate sind in Ausübung ihres Amtes unabhängig und an keine Weisungen gebunden. Den Vorsitz führt der Vorstand der Behörde oder ein von ihm entsendeter Vertreter, der rechtskundig sein muss. Der Bund bestellt zwei Mitglieder auch in den Fällen, in denen die Senate nicht bei Bundesbehörden gebildet werden. Zur Handhabung des gesetzlich vorgesehenen Gnadenrechtes sind auf Grund der Anträge der Verwaltungsstrafsenate in den Verwaltungsstrafsachen der mittelbaren Bundesverwaltung die Landeshauptmänner, in den Angelegenheiten des selbstständigen Wirkungsbereiches der Länder die Landesregierungen berufen. Das Nähere über die Einrichtung der Verwaltungsstrafsenate und ihre Tätigkeit wird durch Bundesgesetz geregelt."

Das in Abs. 5 des Art. 11 B-VG angekündigte Bundesgesetz ist nicht erlassen worden. Nach Art. II § 7 des Verfassungsübergangsgesetzes 1929 sind die Bestimmungen über die Verwaltungsstrafsenate nicht in Wirksamkeit getreten. Die Ausdrucksweise "Wirksamkeit", die von "Geltung" unterschieden werden kann, deutet nach Meinung des Verwaltungsgerichtshofes darauf hin, dass die Bestimmung zunächst als Programm für den Gesetzgeber aber auch in anderen Hinsichten gilt und daher für die verfassungsrechtliche Gesamtbetrachtung des Problems beachtlich ist. Der Bund hat sich durch Art. 11 Abs. 5 B-VG mit bindender Wirkung die Kompetenz für die Einrichtung eines neuen Typus von Verwaltungsstrafbehörden vorbehalten. Demnach ist es durch Art. 11 Abs. 5 B-VG dem Landesgesetzgeber verwehrt, von dem Programm abweichende oder auch ihm entsprechende Neuregelungen durchzuführen. Die Landesgesetzgeber konnten nur, wie es auch im § 144 der Verfassung der Bundeshauptstadt Wien geschehen ist, die Regelung grundsätzlich übernehmen, nicht aber sie in die Tat umsetzen. Aus dem Gesagten ergibt sich, dass aus Art. II § 7 des Verfassungsübergangsgesetzes 1929 nicht der Schluss gezogen werden darf, dass Art. 11 Abs. 5 als ein rechtliches Nichts im vorliegenden Zusammenhang unbeachtlich wäre.

Die Bedeutung des Art. 11 Abs. 5 B-VG wird durch die Erläuternden Bemerkungen zur Vorlage der Bundesregierung für die Verfassungsnovelle 1929 Nationalrat III. Gesetzgebungsperiode Nr. 382 der Beilagen unterstrichen. Es heißt dort: "Die Entpolitisierung soll sich insbesondere auch auf das Gesamtgebiet des Verwaltungsstrafrechtes erstrecken. Gegenwärtig steht die Handhabung des Verwaltungsstrafrechtes in allen in Betracht kommenden Instanzen den Verwaltungsbehörden zu, wobei nach Erschöpfung des Instanzenzuges in gleicher Weise, wie in allen anderen Verwaltungsangelegenheiten, noch die Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes möglich ist, ein Recht, von dem speziell bei geringfügigen Verwaltungsstrafen infolge der mit der Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes verbundenen Umständlichkeiten praktisch nicht leicht Gebrauch gemacht werden kann. In anderen Staaten - insbesondere auch z.B. im Deutschen Reiche - ist die Handhabung des Strafrechtes bei Übertretung von Verwaltungsvorschriften, entweder überhaupt oder wenigstens im Falle eines Einspruches des Bestraften, den Verwaltungsbehörden entzogen und den ordentlichen Gerichten übergeben. Nach Ansicht der Bundesregierung wäre es nicht zweckmäßig, nach diesen Vorbildern den Zusammenhang der Verwaltungsstrafsachen mit der Führung der einzelnen Verwaltungsmaterien gänzlich zu lösen. Die Bundesregierung sieht vielmehr in der Verbindung der Strafsachen mit der Verwaltung einen unserem Rechtssystem innewohnenden Vorzug, der nicht preisgegeben werden soll. Wohl aber glaubt die Bundesregierung, dass das Ziel einer Entpolitisierung des Verwaltungsstrafrechtes schon durch den Vorschlag der allgemeinen Einführung unabhängiger Strafsenate in der Berufungsinstanz erreicht werden kann, wie sie auf einzelnen Gebieten der Verwaltung (z.B. nach dem Personaleinkommensteuergesetz) schon besteht. Solche Senate werden bei sämtlichen Behörden, die Verwaltungsstrafsachen in der Berufungsinstanz zu erledigen haben, einzurichten sein. Den zu schaffenden Senaten soll die Rechtsprechung in Verwaltungsstrafsachen zukommen, während die Handhabung des gesetzlich vorgesehenen Gnadenrechtes in der mittelbaren Bundesverwaltung und im selbstständigen Wirkungsbereich der Länder den bisher zuständigen Organen (Landeshauptmann, Landesregierung) vorbehalten bleibt."

Die Materialien beleuchten die Absicht, einerseits die Verbindung des Strafrechtes mit der Verwaltungsmaterie in einer Instanz aufrecht zu erhalten, anderseits aber eine Trennung im Instanzenzug in Anbetracht der besonderen Eigenart des Strafrechtes anzustreben. Die Regelung über die Bestellung von Mitgliedern durch den Bund in jenen Fällen, in denen die Senate nicht bei Bundesbehörden gebildet werden, lässt erkennen, welche Bedeutung ungeachtet der Abkürzung des Instanzenzuges der Handhabung des Verwaltungsstrafrechtes unter allgemeinen Gesichtspunkten beigemessen wird. Aus der Bestellung von Mitgliedern durch den Bund geht auch hervor, dass die Aufgabe der Verwaltungsstrafrechtspflege nach dem verfassungsrechtlichen Programm in allen Angelegenheiten nur unter Mitwirkung von durch den Bund bestellten Mitgliedern erfüllt werden soll, nicht also nur durch jene Organe, auf deren Bestellung allein die Gemeinde Einfluss nimmt.

In Art. 110 B-VG, der die Verwaltungsstrafsenate gemäß Art. 11 Abs. 5 für den Bereich der Bundeshauptstadt Wien regelt, wird festgelegt, dass der zur Rechtsprechung oberster Instanz in Verwaltungsstrafsachen des selbstständigen Wirkungsbereiches des Landes beim Magistrat der Bundeshauptstadt Wien als Amt der Landesregierung zu bildende Verwaltungsstrafsenat zugleich auch die Rechtsprechung oberster Instanz in den Verwaltungsstrafsachen der mittelbaren Bundesverwaltung zu besorgen hat. Diese Verfassungsstelle hätte bei der dem Verfassungsgesetzgeber angemessenen Genauigkeit, da sie zwar nicht in Wirksamkeit wohl aber in Geltung steht, abgeändert werden müssen, wenn beabsichtigt gewesen wäre, das Strafrecht jener Bereiche, deren administrative Regelung im eigenen Wirkungsbereich liegt und daher eine außergemeindliche Instanz ausschlösse, gleichfalls diesem Wirkungsbereich zuzuweisen.

Bei Prüfung der Frage, ob durch Art. 118 Abs. 2 B-VG den Artikeln 11 Abs. 5 und 110 B-VG teilweise derogiert worden sei, ist zu erwägen, dass in der Bundes-Verfassungsgesetznovelle 1962 Änderungen früherer Verfassungsbestimmungen ausdrücklich normiert sind. So ist etwa die Durchbrechung des Prinzips des Art. 20 B-VG im Art. 118 Abs. 4 B-VG ausdrücklich verfügt worden und nicht etwa nur aus dem Wesen des eigenen Wirkungsbereiches abzuleiten. Art. 118 Abs. 4 B-VG bringt klar zum Ausdruck, dass nun auch im Bereich der Bundesvollziehung ein selbstständiger Wirkungsbereich der Gemeinden gegeben sein könne, was bisher verfassungsrechtlich nicht möglich war, da die Vollziehung des Bundes nur in mittelbarer oder unmittelbarer Bundesverwaltung stattfinden konnte. Auch § 5 der Bundes-Verfassungsgesetznovelle 1962, BGBl. Nr. 205/1962, enthält im Abs. 2 eine ausdrückliche Regelung über das Außerkrafttreten von Bestimmungen des Bundes-Verfassungsgesetzes bzw. der Verfassungsübergangsgesetze. Dies sind Hinweise darauf, dass eine bloße Derogation gegenüber Verfassungsnormen nicht in der Methode des Verfassungsgesetzgebers gelegen war. Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom , G 16/66, in Art. 15 Abs. 3 B-VG eine Sondervorschrift erblickt, die eine Ausnahme von den generellen Vorschriften betreffend den eigenen Wirkungsbereich begründe, hat also eine Derogation abgelehnt.

Da Art. 11 Abs. 5 B-VG und Art. 110 B-VG neben den Bestimmungen des Art. 118 uneingeschränkt Verfassungsinhalt sind, so erscheint es entscheidend, dass in diesen Bestimmungen eine Wertung des Verwaltungsstrafrechtes sichtbar wird, die für die Beurteilung der Frage, ob Strafsachen Angelegenheiten sind, die im überwiegenden Interesse der in der Gemeinde verkörperten örtlichen Gemeinschaft liegen, sehr bedeutungsvoll ist und für die Verneinung dieser Frage spricht.

Auch aus Art. 5 der Europäischen Menschenrechtskonvention, BGBl. Nr. 210/1958, könnte mittelbar ein Anhaltspunkt für die Lösung der gegenständlichen Frage gewonnen werden. Die Konvention ist nur unter dem Vorbehalt ratifiziert worden, dass die Bestimmungen des Art. 5 mit der Maßgabe angewendet würden, dass die in den Verwaltungsverfahrensgesetzen, BGBl. Nr. 172/1950, vorgesehenen Maßnahmen des Freiheitsentzuges unter der in der österreichischen Bundesverfassung vorgesehenen nachprüfenden Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof unberührt bleiben. Damit ist die bestehende Rechtslage gedeckt, so auch deren Veränderungen, soweit sie im Hinblick auf das im Art. 5 MRK geschützte Rechtsgut eine Verbesserung des Schutzes darstellen oder von diesem Standpunkt aus irrelevant sind. Eine Verschlechterung der durch den Vorbehalt gesicherten österreichischen Regelung im Sinn einer Beeinträchtigung des Schutzes für das Rechtsgut der Freiheit und Sicherheit erscheint aber nicht zulässig. Somit ist die weit gehende Übertragung des Strafrechtes in den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde, die Behandlung einer das Recht auf Freiheit und Sicherheit berührenden Straftätigkeit als örtliche Angelegenheit in ihrer Auswirkung mit den übernommenen Verpflichtungen kaum vereinbar. Da nämlich der Bundesverfassungsgesetzgeber über die aufschiebende Wirkung der Vorstellung nach Art. 119 a Abs. 5 der Gemeindeverfassungsnovelle nichts gesagt hat und auch sonst keinerlei Bindung in dieser Hinsicht begründet wurde, würde die Annahme, dass die Gemeinden das Verwaltungsstrafrecht im eigenen Wirkungsbereich ausüben, dazu führen, dass der Rechtsschutz eine Beeinträchtigung erfahren hätte. Somit ist eine Auslegung abzulehnen, die zu diesem Ergebnis führen würde.

Die bisher angestellten Erwägungen führen den Verwaltungsgerichtshof zu der Anschauung, dass der Begriff der örtlichen Baupolizei das Baustrafrecht nicht umfasst, dass ferner die Zugehörigkeit des Baustrafrechtes zum eigenen Wirkungsbereich auch nicht aus Art. 118 Abs. 2 B-VG hervorgeht und dass somit die Zuständigkeit der belangten Behörde als Verwaltungsstrafbehörde zweiter Instanz in Baustrafsachen auch nach dem Wirksamwerden der Bundes-Verfassungsgesetznovelle 1962 noch weiterhin als gegeben anzusehen ist.

In der Sache selbst ist das Folgende zu sagen:

Gemäß § 129 Abs. 2 der Bauordnung für Wien hat der Eigentümer (jeder Miteigentümer) dafür zu sorgen, dass die Baulichkeit und die dazugehörigen Anlagen ... in gutem, der Baubewilligung und den Vorschriften dieser Bauordnung entsprechendem Zustand erhalten werden. Gemäß § 135 Abs. 3 desselben Gesetzes ist, wer die Verwaltung eines Gebäudes ausübt, für Verletzungen der dem Eigentümer durch dieses Gesetz oder eine dazu erlassene Verordnung auferlegten Pflichten an dessen Stelle verantwortlich, wenn die Tat ohne Veranlassung und Vorwissen des Eigentümers begangen würde.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bedeuten die Worte "ohne Veranlassung und Vorwissen des Eigentümers", dass der Tatbestand nicht erfüllt ist, wenn der Hauseigentümer, obwohl er wusste, dass eine Verpflichtung zur Beseitigung von Baugebrechen besteht, den Hausverwalter an der Erfüllung dieser Verpflichtung in irgendeiner Weise gehindert hat (vgl. die Erkenntnisse vom , Slg. N. F. Nr. 5947 (A), vom , Zl. 886/62, und vom , Zl. 537/63). Die belangte Behörde konnte nach der Aussage des Gatten der Hauseigentümerin annehmen, dass eine Behinderung des Beschwerdeführers durch die Hauseigentümerin nicht erfolgte.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis vom , Zl. 1047/57) handelt es sich bei der Verwaltungsübertretung nach § 129 Abs. 2 der Bauordnung für Wien um ein Ungehorsamsdelikt. Es zieht daher die bloße Nichtbefolgung des Gebotes, das Gebäude in gutem Zustand zu erhalten, Strafe nach sich, wenn nicht bewiesen wird, dass die Einhaltung der Verwaltungsvorschrift ohne Verschulden unmöglich gewesen ist. Wenn die Behörde annehmen konnte, dass das gegenständliche Haus während der Tatzeit Baugebrechen aufgewiesen hat, musste sich der nach § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG vorgesehene, zur Straflosigkeit führende Entlastungsbeweis darauf beziehen, dass alles in den Kräften des Beschuldigten Stehende unternommen wurde, um das Baugebrechen in kürzester Frist zu beseitigen (vgl. das Erkenntnis vom , Zl. 99/61). Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass es ihm oblag, einen Entlastungsbeweis zu liefern, ist aber offenbar der Anschauung, dass ihm dies entgegen der Annahme der belangten Behörde gelungen sei.

Er führt dazu im einzelnen zunächst aus, die belangte Behörde habe übersehen, dass die von ihm beauftragte Firma F nach den von ihm vorgelegten Rechnungen bereits am die ärgsten Schäden an der Schieferbedeckung provisorisch behoben und dass dann mit Rechnung vom gemäß dem Offert vom die komplette Reparatur in Rechnung gestellt worden sei. Der von der Magistratsabteilung erstellte Bericht vom enthalte nur eine Stellungnahme zu der ersten Rechnung, sodass die übrigen Dachreparaturarbeiten, die gleichfalls im Tatzeitraum durchgeführt wurden, zu Unrecht außer Betracht gelassen worden seien. Diese Darstellung der Beschwerde stimmt mit der Aktenlage nicht überein. In dem Bericht der Magistratsabteilung 36 ist die zweite Rechnung nicht übersehen worden. Es wurde in diesem Bericht gesagt, dass die schadhafte Dacheindeckung nur teilweise durch die Neueindeckung von ca. 90 m2 Dachhaut mit Strangfalzziegeln instandgesetzt worden sei. Die sonstigen Schäden an der verbliebenen alten Schiefereindeckung seien nicht behoben worden. Die in der ersten Rechnung der Firma F angeführten Arbeiten hätten keine Auftragserfüllung dargestellt, da sie gänzlich ungenügend gewesen seien. Dazu kommt, dass der Vertreter des Beschwerdeführers bei seiner letzten Einvernahme ausdrücklich eingeräumt hat, die erste Arbeit der Firma F habe nur einen vorläufigen Charakter gehabt. Schon damals sei der Auftrag erteilt gewesen, nach Vorhandensein der erforderlichen Mittel das ganze Dach einzudecken. Diese Arbeit sei dann im Herbst 1964 geleistet worden. Der Vertreter des Beschwerdeführers führte selbst an, dass dieses Geschehen außerhalb des Tatzeitraumes gelegen sei.

Ferner bringt der Beschwerdeführer vor, er habe bereits am den Auftrag gegeben, die Abschlussdecke in konsensmäßigen Zustand zu versetzen. Ganz abgesehen von den später zu erörternden finanziellen Fragen sei die Instandsetzung der Abschlussdecke erst nach durchgeführter Dachreparatur möglich gewesen; kein Professionist könne einem Auftrag sofort entsprechen, sondern müsse die Durchführung von Arbeiten mit den übrigen ihm erteilten Aufträgen abstimmen. Der Beschwerdeführer habe jedenfalls die Auftragserteilung fristgerecht vorgenommen. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom , Zl. 99/61, ausgesprochen, der Auftrag zur Beseitigung eines Baugebrechens müsse so rechtzeitig erteilt werden, dass es nicht des Einschreitens der Baubehörde bedürfe, um den Verpflichteten an seine Aufgabe zu erinnern. Da der angenommene Tatzeitraum nach der Erteilung, des baupolizeilichen Auftrages gelegen ist, ist freilich dieser Gedanke, der an die Unabhängigkeit der Verpflichtung von der Auftragserteilung anknüpft, hier nicht anwendbar. Doch hat der Verwaltungsgerichtshof in dem zuletzt angeführten Erkenntnis auch gesagt, dass die Auftragserteilung noch nicht ausreiche, um die Schuldlosigkeit darzutun. Es muss vielmehr auch auf die Auswahl und Beaufsichtigung des Beauftragten und darauf ankommen, dass der Erfüllung des Auftrages entsprechend nachgegangen wird. Zu diesem Thema, hat aber der Beschwerdeführer nichts Bestimmtes vorgebracht oder unter Beweis gestellt.

Der Beschwerdeführer macht aber auch geltend, er sei nicht in der Lage gewesen, die gesamten Arbeiten, deren Unterlassung im Tatzeitraum ihm zur Last gelegt werde, zu finanzieren. Wie er in seinem Schreiben vom ausgeführt habe, habe das Haus einen jährlichen Zins von 29.264,-- S; der zehnjährige Ertrag mache sohin S 292.640,-- aus. Eine Zinserhöhung gemäß § 7 Mietengesetz wäre nur bewilligt worden, wenn das Erfordernis den zehnjährigen Jahresertrag überschritten hätte. Dies sei aber nicht der Fall gewesen. Somit habe keine Möglichkeit bestanden, mit Aussicht auf Erfolg einen Antrag gemäß § 7 Mietengesetz zu stellen. Auch sei die belangte Behörde zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Liegenschaft unbelastet sei. Diese Annahme sei, wie dies aus der der Beschwerde beigelegten Bestätigung des Jupiter Versicherungsvereins auf Gegenseitigkeit hervorgehe, unrichtig. Die Liegenschaft sei vielmehr mit 3 Darlehen in der Höhe von S 25.000,--, 27.000,-- und 50.000,-- sowie einer Leibrente von S 2.500,-- belastet gewesen. Mit dem Schuldschein vom seien diese drei Darlehen konvertiert worden und es sei dann die Eintragung neuerlich erfolgt. Die belangte Behörde habe also zu Unrecht aus dem Datum des Schuldscheines geschlossen, dass es möglich gewesen wäre, ein Darlehen aufzunehmen. Trotz dieser an sich aussichtslosen Lage hätten sich die Hauseigentümerin und der Beschwerdeführer um die Mittelbeschaffung bemüht und der Beschwerdeführer habe aus eigenem S 140.000,-- beigestellt. Die Hauseigentümer hätten insgesamt für die Instandsetzung des Hauses aus eigener Tasche S 250.000,-- aufgewendet. Aus wirtschaftlichen Gründen hätte die Firma F, der bereits der gesamte Auftrag erteilt gewesen sei, die jedoch auch arbeitsmäßig nicht in der Lage gewesen sei, die gesamte Dachreparatur auf einmal durchzuführen, zunächst die ärgsten Schäden provisorisch behoben. Wie aus den vorgelegten Rechnungen vom und vom hervorgehe, seien vom Beschwerdeführer selbst weitere Beträge vorgestreckt worden. Die Hauseigentümer hätten insgesamt weit mehr an Instandsetzungsarbeiten durchgeführt als den Aufträgen entsprochen habe, dies freilich nach Maßgabe der vorhandenen Mittel und der Arbeitskapazität der beauftragten Firma. Demnach sei in jeder Hinsicht versucht worden, dem Auftrag zu entsprechen. Von einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Unterlassung könne keine Rede sein.

Der Verwaltungsgerichtshof ist nun der Anschauung, dass, da, der Beschwerdeführer seine Behinderung durch die Belastung der Liegenschaft behauptet hatte und das Datum des Schuldscheines keineswegs zwingend erschließen ließ, die Belastung sei in Wahrheit kein Hindernis für Kreditaufnahmen gewesen, objektiv eine Ergänzungsbedürftigkeit des Sachverhaltes feststellbar ist. Die Verscheibung der Beweislast kann nicht bedeuten, dass das zum Nachweis der Schuldlosigkeit unterbreitete Tatsachenvorbringen schon bis in das letzte Detail vollständig sein muss, und eine Erörterung der Beweislage mit dem Beschuldigten unter allen Umständen entbehrlich ist. Nun hat die belangte Behörde in der Gegenschrift allerdings auch vorgebracht, dass die Finanzierung jedenfalls durch die Verpfändung der eingehenden Mietzinse rechtzeitig und ausreichend möglich gewesen wäre. Dazu konnte der Beschwerdeführer aber nicht Stellung nehmen, da diese Erwägung im angefochtenen Bescheid nicht enthalten war; dieser war vielmehr vorwiegend auf die Verwertung des Datums des Schuldscheines gestützt.

Selbst wenn sich aber herausstellen sollte, dass der in der Gegenschrift bezeichnete Weg der Finanzierung gangbar gewesen wäre, so könnte doch die Frage der Belastung für die Beurteilung des Strafausmaßes allenfalls bedeutungsvoll sein. Der Beschwerdeführer hat darauf hingewiesen, der Umstand, dass er für die Reparaturen selbst Kapital vorgeschossen habe und dass sein Unternehmen nach Auskunft des Bezirksvorstehers ein besonders bewährtes sei, sei außer acht gelassen worden. In der Tat fällt es auf, dass bei der Strafzumessung ausschließlich Erschwerungsgründe berücksichtigt wurden, obwohl nach dem Sachverhalt auch Milderungsgründe in Betracht kommen konnten. Der Verwaltungsgerichtshof ist also der Anschauung, dass zunächst hinsichtlich der für die Beurteilung der Schuld maßgebenden Umstände eine Ergänzungsbedürftigkeit des Sachverhaltes gegeben ist, die aber selbst dann, wenn die Schuld auf Grund des in der Gegenschrift angeführten Argumentes jedenfalls zu bejahen wäre, für die Strafzumessung ins Gewicht fallen könnte.

Der angefochtene Bescheid musste somit gemäß § 42 Abs. 2 lit. c Z. 2 VwGG 1965 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben werden.

Der Beschwerdeführer hat in der Beschwerde den Zuspruch der Verfahrenskosten "im Sinne des Gesetzes" begehrt. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Beschluss vom , Zl. 963/66, Erwägungen über die Bedeutung der in § 59 Abs. 2 letzter Satz VwGG 1965 enthaltenen Vorschrift über die Begründungspflicht bezüglich der Kostenanträge angestellt. Er war der Meinung, dass das Fehlen einer förmlichen Begründung und auch der Benennung der Art des Aufwandes oder der Angabe der Kostensumme dem Erfolg des Antrages nicht schädlich sein könne, wenn die Art des Aufwandes oder die Summe sich nach der Lage des Falles von selbst ergäben. Im vorliegenden kann das nur für den Schriftsatzaufwand infolge seiner Pauschalierung angenommen werden (§§ 47, 48, 49 Abs. 1 bis 4 VwGG 1965, BGBl. Nr. 2/1965, und Art. I Punkt A Z. 1 der Verordnung des Bundeskanzleramtes vom , BGBl. Nr. 4/1965). Danach ergibt sich ein Kostenpauschale von S 1.000,--. Der Verwaltungsgerichtshof ist jedoch nicht der Anschauung, dass die nichtpauschalierten Kosten, als welche im vorliegenden Fall die Stempelgebühren in Betracht kommen, bei dem Mangel einer näheren Begründung des Antrages zu gewähren wären. (vgl. hiezu den hg. Beschluss vom , Zl. 1851/66).

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
AVG §37;
AVG §39 Abs2;
AVG §45 Abs3;
AVG §56;
AVG §66 Abs4;
BauO Wr §129 Abs2;
BauO Wr §129;
BauO Wr §135 Abs3;
BauO Wr §135;
BauO Wr;
BauRallg;
B-VG Art10 Abs1 Z6;
B-VG Art11 Abs2;
B-VG Art11 Abs5;
B-VG Art110;
B-VG Art116;
B-VG Art118 Abs1;
B-VG Art118 Abs2;
B-VG Art118 Abs3 Z9;
B-VG Art118 Abs3;
B-VG Art118 Abs4;
B-VG Art118;
B-VG Art119 Abs5;
B-VG Art131 Abs1;
B-VGNov betreffend Gemeindewesen 1962;
MRK Art5;
VStG §5 Abs1;
VStG;
V-ÜG Art2 §7;
VwGG §13 Z3;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 litc Z2;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb impl;
VwGG §48 Abs1 lita;
VwGG §48 Abs1 Z1 impl;
VwGG §59 Abs2;
VwRallg;
WStV 1928 §144;
WStV 1928 §77 Z9;
Sammlungsnummer
VwSlg 7227 A/1967
Schlagworte
Maßgebende Rechtslage maßgebender Sachverhalt
Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2
Maßgebende Rechtslage maßgebender Sachverhalt Beachtung einer
Änderung der Rechtslage sowie neuer Tatsachen und Beweise
Verantwortung für Handeln anderer Personen Besondere Rechtsgebiete
Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Beweislast
Baupolizei Baupolizeiliche Aufträge Baustrafrecht Kosten Allgemein
BauRallg9/1
Formelle Voraussetzungen für die Zuerkennung des Aufwandersatzes
Begründungspflicht und Schriftlichkeit Stempelgebühren
Kommissionsgebühren Barauslagen
Baupolizei Baupolizeiliche Aufträge Baustrafrecht Kosten
Baugebrechen Instandhaltungspflicht Instandsetzungspflicht
BauRallg9/3
Beschwerdepunkt Beschwerdebegehren Rechtslage Rechtsgrundlage
Rechtsquellen
Verantwortung für Handeln anderer Personen Besondere Rechtsgebiete
Diverses
Stempelgebühren Kommissionsgebühren Barauslagean des
Verwaltungsgerichtshofes Antrag auf Ersatz
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1967:1966000323.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
XAAAF-52608