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VwGH 12.04.1978, 0314/77

VwGH 12.04.1978, 0314/77

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Norm
RS 1
Die aus dem Handelsbilanzgewinn auf Grund eines den handelsrechtichen Vorschriften entsprechenden Gewinnverteilungsbeschlusses vorgenommenen offenen Ausschüttungen sind selbst dann in ihrem vollen Umfang der Maßstab, in welcher Höhe das Einkommen dem ermäßigten Steuersatz unterliegt, wenn sie erst durch körperschaftsteuerfreie Zuschüsse eines Gesellschafters ermöglicht werden.
Norm
RS 2
Ein Mißbrauch gem § 22 BAO ist anzunehmen, wenn zur Erreichung eines bestimmten Zieles ein nach bürgerlichem Recht ungewöhnlicher Weg gewählt wird, dem für die Gestaltung wirtschaftliche oder sonst beachtliche Gründe fehlen, und der beschrittene Weg ohne das Ziel der Steuerersparnis einfach unverständlich wäre (Hinweis E , 1378/74, VwSlg 4934 F/1976).

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Schimetschek und die Hofräte Hofstätter, Dr. Simon, Dr. Iro und Dr. Drexler als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Aigner, über die Beschwerde der "K" Gesellschaft mit beschränkter Haftung in W, vertreten durch Dr. Franz Schneider und Dr. Graham Schneider, Rechtsanwälte in Wien I., Stephansplatz 8a, gegen die Berufungsentscheidung der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. 9-438/76, betreffend die Körperschaftsteuer 1974, nach durchgeführter Verhandlung, und zwar nach Anhörung des Vortrages des Berichters sowie der Ausführungen des Vertreters der Beschwerde, Rechtsanwalt Dr. Graham Schneider, und des Vertreters der belangten Behörde, Wirkl. Hofrat Dr. EC, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 7.240,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Ihr Stammkapital beträgt S 500.000,--, ihr alleiniger Gesellschafter ist die J. M. AG.

Die Alleineigenschafterin erteilte mit ihrem Vorstandsbeschluss vom der Beschwerdeführerin eine Gutschrift über S 12,000.000,--. Dieser Betrag wurde bei der Alleingesellschafterin auf dem Beteiligungskonto und bei der Beschwerdeführerin als Konzernforderung verbucht. Bei der Beschwerdeführerin führte seine Behandlung als außerordentlicher Ertrag zum in der Gewinn- und Verlustrechnung sowie in der Bilanz zu einem Jahresgewinn 1974 von S 22,565.972,34 und nach Hinzurechnung des Gewinnvortrages 1973 von S 15.135,97 zu einem Reingewinn von S 22,581.108,31.

Die Alleingesellschafterin fasste unter Abstandnahme von einer Generalversammlung auf schriftlichem Wege am den Beschluss, aus dem Reingewinn 1974 von S 22,581.108,31 S 14,470.000,-- auszuschütten und S 8,111.108,31 auf neue Rechnung vorzutragen. Am fasste sie den weiteren Beschluss, aus dem Gewinnvortrag 1974 von S 8,111.108,31 der freien Rücklage S 8,110.000,-- zuzuführen und S 1.108,31 als Gewinnvortrag 1974 zu belassen.

Sowohl die Kapitalzufuhr von S 12,000.000,-- als auch die Ausschüttung von S 14,470.000,-- erfolgten im Verrechnungsweg.

Die Beschwerdeführerin gab in ihrer Körperschaftsteuererklärung für 1974 den Gewinn mit S 22,565.972,--

an. Zur Ermittlung des steuerpflichtigen Gewinnes zog sie davon - unter anderem - die S 12,000.000,-- als "gesellschaftsteuerpflichtige Kapitalstärkung" ab. Die offenen Ausschüttungen nannte sie mit S 14,470.000,-- und fügte bei, dass dieser Betrag dem Steuerabzug von Kapitalertrag nicht unterlegen habe, weil die Befreiung "nach § 86/1 (2) EStG" - wohl 1967 - gegeben sei.

Das Finanzamt berechnete mit seinem - wegen einer anhängigen Betriebsprüfung - vorläufigen Körperschaftsteuerbescheid 1974 das Einkommen - in Übereinstimmung mit der Körperschaftsteuererklärung - mit S 14,485.539,-- und setzte für das zu versteuernde Einkommen von S 14,485.500,-- die Körperschaftsteuer mit 55 % von S 3,904.392,-- und mit 27,5 % von S 10,581.108,-- fest. Der ermäßigte Körperschaftsteuersatz könne nur von S 10,581.108,-- (Reingewinn S 22,581.108,-- weniger S 12,000.000,--) gewährt werden. Die dann zum offen ausgeschütteten Betrag von S 14,470.000,-- noch erforderlichen S 3,888.892,-- hingegen seien "insoweit keine Gewinnausschüttung im Sinne des § 22 (2) KStG", "als es sich dabei um die teilweise Rückzahlung der Gesellschaftereinlage vom , somit um eine Rückzahlung von Teilen des Gesellschaftskapitals" handle.

Die Beschwerdeführerin erhob gegen diesen Bescheid Berufung. Sie beantragte "die volle Anwendung des ermäßigten Körperschaftsteuersatzes gemäß § 22 Abs. 2 KStG auf das Einkommen". Die Gutschrift über S 12,000.000,-- sei der Beschwerdeführerin zur Stärkung des Eigenkapitals und zur Erhöhung der Rücklagen erteilt worden. Gesellschafterzuschüsse in Form von Zuwendungen, Gutschriften, Forderungsverzichten, Aufwandsübernahmen etc. seien handelsrechtlich, unbeschadet der ertragsteuerlichen Neutralität, als Ertrag auszuweisen. Sie seien handelsrechtlich keine Einlage im Sinne - des § 52 Aktiengesetz und - der §§ 82 f GmbHG, sondern Erträge und das Verbot der Rückgewähr einer Einlage treffe auf sie nicht zu. Die handelsrechtlich zulässige Gewinnausschüttung, die ganz oder teilweise durch Erträge aus Gesellschafterzuschüssen in Form von Gutschriften ermöglicht worden sei, müsse auch als offene Ausschüttung im Sinne des § 22 Abs. 2 KStG anerkannt werden. Die Kapitalzufuhr und die volle Gewinnausschüttung seien, wie die Alleingesellschafterin der Beschwerdeführerin in ihrer - den Verwaltungsakten nicht angeschlossenen - Eingabe vom dargelegt habe, weder ausschließlich noch überwiegend in der Absicht erfolgt, eine Körperschaftsteuerersparnis zu erwirken. Mit der Kapitalzufuhr seien eine ganze Reihe außersteuerrechtlicher Ziele angestrebt und nachweislich erreicht worden. Insbesondere müsse hervorgekehrt werden, dass die Alleingesellschafterin im Zuge der Verhandlungen über die Aufnahme eines IAS-Kredites durch die Beschwerdeführerin in der Höhe von S 20,000.000,-- von ihrer Bank zur Kapitalzufuhr verhalten worden sei.

Die Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland wies mit der nunmehr angefochtenen Berufungsentscheidung diese Berufung ab. Die nur "buchmäßig gewährte Gesellschaftereinlage, die gleich darauf in Form einer offenen Ausschüttung wieder an die Muttergesellschaft zurückgezahlt" worden sei, sei bloß deshalb gewählt worden, weil dies "weder das steuerpflichtige Einkommen der Beschwerdeführerin, noch das der Muttergesellschaft beeinflussen konnte, dafür aber das gesamte Einkommen der Beschwerdeführerin nur mit dem ermäßigten Steuersatz besteuert werden sollte und außerdem der Muttergesellschaft einen buchmäßigen Handelsbilanzgewinn verschaffte". Dafür sei § 22 Abs. 2 KStG nicht geschaffen worden. Die mit ihm beabsichtigte Minderung der wirtschaftlichen Doppelbesteuerung sei nicht für Fälle gedacht, in denen von vornherein keine Besteuerung - der auf dem Beteiligungskonto der Muttergesellschaft aktivierten Gesellschaftereinlage - stattfinde. Die Gesellschaftereinlage habe infolge der nachfolgenden Ausschüttung des Reingewinnes" auch keine Selbstfinanzierung bewirken können. Ganz abgesehen davon müsse in dem gewählten Vorgang ein Missbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechts im Sinne des § 22 BAO erblickt werden. Es sei ungewöhnlich, am eine Gesellschaftereinlage von S 12,000.000,-- zu gewähren, diese in der Bilanz zum im Reingewinn zur Ausschüttung bereitzustellen, und dann am einen Betrag - gerade in der Höhe des steuerlichen Einkommens auszuschütten. Gesellschaftereinlagen würden bei einer Kapitalgesellschaft in der Regel als dauernde Kapitalverstärkung geleistet und nicht "gleichzeitig" wieder zurückgeholt. Die Behauptung, dass die Einlage zur Verstärkung des Eigenkapitals gedient habe, treffe ebenso wenig zu wie die Behauptung, dass ein Kreditinstitut eine bilanzmäßige Verstärkung des Eigenkapitals gefordert habe. Eine Verstärkung des Eigenkapitals sei wegen der nur buchmäßigen Darstellung zum Bilanzstichtag wirtschaftlich nicht bewirkt worden und die unmittelbar folgende Rückzahlung würde eine Irreführung des Kreditinstitutes bedeuten. Durch den gewählten Vorgang sei vielmehr "der steuerliche Vorteil des ermäßigten Steuersatzes und die Verschaffung eines ausschüttungsfähigen Gewinnes bei der Muttergesellschaft, der bei echter Kapitalverstärkung durch Kapitalerhöhung oder Rücklagenbildung bei der Beschwerdeführerin nicht hätte entstehen können", bezweckt worden. Unzutreffend sei aber auch der Einwand, dass durch den Gesellschafterzuschuss die Vollbeschäftigung im Konzern aufrechterhalten worden sei. Durch den buchmäßigen Ansatz von Forderungen und Verbindlichkeiten auf Grund interner Verrechnungen innerhalb des Konzerns habe eine Verbesserung der Liquidität und der wirtschaftlichen Lage nicht eintreten können. Eine tatsächliche Verstärkung des Eigenkapitals der Beschwerdeführerin sei nur in jener Höhe eingetreten und wohl auch nur in jener Höhe beabsichtigt gewesen, in der "die Einlage nicht rückgeholt, sondern der Tochtergesellschaft tatsächlich verblieben" sei. Das seien S 8,111.108,--. Diese Eigenkapitalverstärkung finde "darin die Anerkennung, dass vom ausgeschütteten Gewinn von S 14,470.000,-- ein Betrag von S 10,581.108,-- als begünstigte Ausschüttung beurteilt" werde. Es sei nicht glaubwürdig, dass hier keine Steuerersparnis beabsichtigt gewesen sei. Da "die Gesellschaftereinlage und die darauf folgende Rückzahlung nur einen Buchungsvorgang ohne Absicht einer Eigenkapitalverstärkung darstellt, müsste die Anwendung des § 22 Abs. 2 KStG grundsätzlich für den gesamten Betrag der als Ausschüttung bezeichneten Rückzahlung versagt werden; weil aber die Beschwerdeführerin mit Umlaufbeschluss vom vom Gewinnvortrag einen Betrag von S 8,110.000,-- der freien Rücklage zugeführt" habe, sei anzunehmen, "dass insoweit eine Eigenkapitalverstärkung vorliegt und daher vom ausgeschütteten Gewinn ein Betrag von S 10,581.108,-- mit dem ermäßigten Steuersatz gemäß § 22 Abs. 2 KStG versteuert werden" könne.

Die Beschwerdeführerin behauptet in der gegen diese Berufungsentscheidung erhobenen Beschwerde, sie sei in ihrem Recht auf Anwendung des ermäßigten Steuersatzes gemäß § 22 Abs. 2 KStG auf ihr Einkommen 1974 insofern verletzt, "als dem begünstigten Steuersatz lediglich ein Einkommensteil von S 10,581.108,-- unterzogen und hinsichtlich des ebenfalls zur Ausschüttung gelangten Gewinnes von S 3,888.892,-- der volle Steuersatz zur Anwendung gebracht wurde". § 22 Abs. 2 KStG 1966 stelle dem Wortlaut und der Zielsetzung nach auf die Ausschüttung im Sinne des Handelsrechtes ab. Für die Frage der Anwendung des ermäßigten Steuersatzes sei es gleichgültig, aus welchen Erträgen sich der Handelsbilanzgewinn zusammensetze, aus welchen Teilen des Handelsbilanzgewinnes die Ausschüttung stamme und woher die Mittel kämen, die zur Ausschüttung verwendet würden. Insbesondere sei unerheblich, ob der zur Ausschüttung herangezogene Gewinn aus dem laufenden Gewinn, aus dem Gewinnvortrag oder aus steuerfreien Einkünften stamme. Da § 22 Abs. 2 KStG1966 für die Ausschüttungsbegünstigung nicht auf die Ausschüttung aus dem Einkommen im Sinne des § 22 Abs. 1 leg cit. abstelle, sondern auf Ausschüttungen aus dem Handelsbilanzgewinn, seien alle handelsrechtlich ordnungsgemäß erfolgten Gewinnausschüttungen - an einer solchen bestehe hier kein Zweifel bei Anwendung des Tarifes zu berücksichtigen. Die belangte Behörde befinde sich mit ihrer davon abweichenden Auffassung auf dem Gebiet der analogen Rechtsanwendung, wenn sie den vollen Steuersatz auf einen Sachverhalt anzuwenden suche, der ihm nach dem Wortlaut des Gesetzes nicht unterstellt werden könne. Wegen des Gebotes, dass die Besteuerung als staatlicher Eingriff stets der ausdrücklichen gesetzlichen Ermächtigung bedürfe, reiche Analogie zur Begründung eines Steueranspruches nicht aus. Keine Rede könne davon sein, dass hier die volle Gewährung des gespaltenen Steuersatzes mit der kapitalmarktpolitischen Zielsetzung des § 22 Abs. 2 KStG 1966 unvereinbar sei. Erst durch die Ausschüttung der Beschwerdeführerin sei es möglich geworden, die bisherige Gewinn- und Dividendenpolitik der Alleingesellschafterin im Rezessionsjahr 1975 fortzuführen, durch entsprechende Dividendenzahlung das Klima am Kapitalmarkt günstig zu beeinflussen, die Rentabilität der Aktien zu erhalten und dadurch langfristig die Voraussetzungen für eine Stärkung der Selbstfinanzierung zu schaffen. Unzutreffend sei, dass die Minderung der wirtschaftlichen Doppelbelastung "nie für solche Fälle gedacht war, wo eine Besteuerung von vornherein nicht stattfindet, da dann ja eine Doppelbesteuerung gar nicht möglich ist". Es werde dabei übersehen, dass auch im Falle der Verwendung steuerfreier Erträge zur Ausschüttung das Einkommen der Kapitalgesellschaft sowie bei Verwendung versteuerter Erträge der doppelten Besteuerung auf der Ebene der Gesellschaft und des Aktionärs unterliege. In den Erläuternden Bemerkungen zum Körperschaftsteuergesetz 1966 werde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Ausschüttung auch aus Reserven oder Rücklagen erfolgen könne. Wollte man die Begünstigung des § 22 Abs. 2 KStG 1966 auf die Ausschüttung von Einkommensteilen beschränken, müsste bei sämtlichen steuerfreien oder steuerbefreiten Erträgen die Ausschüttungsbegünstigung versagt werden. Verfehlt sei es aber auch, einen Missbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechts anzunehmen. § 22 BAO sei nur dann anzuwenden, wenn das Abgabengesetz nach seinem Sinn und Zweck den wirtschaftlichen Gehalt des Sachverhaltes für maßgebend erkläre. Dort, wo die Abgabenvorschrift, wie § 22 Abs. 2 KStG 1966 hinsichtlich der Ausschüttung, ausdrücklich an das Zivilrecht anknüpfe, könne die Missbrauchsbestimmung nicht zum Zuge kommen. Es wäre unverständlich, wenn das Gesetz zur Begünstigung der Ausschüttungen ausdrücklich offene Gewinnausschüttungen im Sinne des Handelsrechtes fordere und dann die Inanspruchnahme dieser Tarifbegünstigung trotz einer entsprechenden Ausschüttung unter Berufung auf die Missbrauchsbestimmung verhindert werden könnte. Abgesehen davon dürfe ein Missbrauch im Sinne des § 22 BAO erst angenommen werden, wenn sich der gewählte Weg in objektiver Hinsicht als völlig unangemessen erweise und in subjektiver Hinsicht ausschließlich in der Absicht beschritten worden sei, eine Steuerersparnis zu erzielen. Gerade das sei hier aber nicht gegeben. Selbst die belangte Behörde nehme an, dass der hauptsächliche Zweck nicht in der Erzielung einer Steuerersparnis gelegen sei, sondern in der Erreichung bilanz-, gewinn- und dividendenpolitischer Ziele. Sowohl die Banken, die gesamte wirtschaftlich interessierte Öffentlichkeit als auch die ausländischen Lieferanten des Konzerns würden sich zur Beurteilung der Kreditwürdigkeit an den Börsennotierungen orientieren. Hätte die Alleingesellschafterin für das Geschäftsjahr 1975 mangels entsprechend hoher Dividenden seitens der Tochtergesellschaften keine oder nur reduzierte Dividendenzahlungen geleistet, so hätte dies zweifellos äußerst schlechte Auswirkungen auf den gesamten Konzern und dessen Beschäftigungslage gehabt und die Erhaltung sowie die Erweiterung des Personalstandes, die trotz der Rezession infolge der durch Bankkredite ermöglichten Investitionen erwirkt worden sei, gefährdet. Es sei keineswegs ungewöhnlich, dass eine Gesellschaftereinlage bei einer Kapitalgesellschaft nicht in Form einer Kapitalerhöhung oder als Zuführung zu einer gebundenen Rücklage zur dauerhaften Kapitalverstärkung erfolge. § 132 Abs. 1

II Z. 6 AktG 1937 habe für diverse Formen der Gesellschaftereinlagen eine eigene Ausweispost der "außerordentlichen Zuwendungen vorgesehen, und § 2 Z. 3 lit. b Kapitalverkehrssteuergesetz gehe davon aus, dass die Gesellschaftereinlagen nicht nur in Form von Kapitalerhöhungen, sondern auf verschiedenste andere Art erfolgen können. Was der Gesetzgeber selbst einer Regelung unterziehe und wofür er Vorsorge treffe, könne nicht als ungewöhnlich oder gar abwegig bezeichnet werden. Bei hundertprozentigen, die Bilanz nicht publizierenden Tochtergesellschaften werde regelmäßig zur Vermeidung eines über die Gesellschaftsteuerentrichtung hinausgehenden Kostenaufwandes und eines unnötigen Zeit- und Arbeitsaufwandes der Weg von Gesellschaftereinlagen in Form von Forderungsverzichten, Zuschüssen, Gutschriften, etc. gewählt. Dies gelte insbesondere dann, wenn eine dauernde Kapitalbindung in Form von Stamm- bzw. Grundkapital unerwünscht sei. Dass die Gesellschaftereinlage und die Gewinnausschüttung nur buchmäßig erfolgt seien, rühre daher, dass die Beschwerdeführerin mit der Alleingesellschafterin seit Jahrzehnten im Kontokorrentverhältnis stehe. Da mit der Einstellung in das Kontokorrent die Ansprüche als erfüllt gegolten hätten, habe sich eine Überweisung oder Barzahlung erübrigt. Die Gesellschaftereinlage habe entgegen der Auffassung der belangten Behörde eine nachhaltige Eigenkapitalstärkung der Beschwerdeführerin bewirkt. Dem Vorwurf, es sei der "Weg der Einlage und gleichzeitigen Rückholung des gutgeschriebenen Betrages gewählt" worden, müsse entgegnet werden, dass dies nur für einen Teilbetrag von rund S 3,800.000,-- zutreffen könnte und zwischen der Gutschriftserteilung und dem Ausschüttungsbeschluss immerhin fast ein halbes Jahr verstrichen sei. Im übrigen sei nicht der kurz zuvor eingelegte Betrag ausgeschüttet worden, sondern der nach bestimmten Erträgen oder Mitteln nicht differenzierte Handelsbilanzgewinn. Dem Konzern sei es darum gegangen, für 1975 und die Folgejahre Gewinnreserven in der Höhe von drei Jahreserträgen abrufbereit zu stellen, um den für 1975 erwarteten Verlust der Alleingesellschafterin auszugleichen. Dies habe unter anderem durch die Dividende aus dem laufenden Ergebnis der Beschwerdeführerin für das Geschäftsjahr 1974, durch den Gewinn der Beschwerdeführerin im Geschäftsjahr 1975 - Übergang zur Vollorganschaft - sowie durch die bei der Beschwerdeführerin in der Handelsbilanz ertragswirksame Gutschrift vom erfolgen sollen. Diese Gutschrift sei bei der Alleingesellschafterin aktiviert worden und daher erfolgsneutral gewesen. Die 1975 erfolgte Ausschüttung der Beschwerdeführerin für 1974 habe der Alleingesellschafterin den erforderlichen Handelsbilanzertrag gebracht, wobei bei der Alleingesellschafterin mit Rücksicht auf die im Beteiligungsansatz vorhandenen versteuerten stillen Reserven keine Teilwertabschreibung der Beteiligung auf Grund der Dividendenausschüttung habe vorgenommen werden müssen. Die Gutschrift sowie die spätere Ausschüttung hätte somit teilweise den Effekt der Auflösung versteuerter stiller Rücklagen bei der Alleingesellschafterin gehabt. Da mit den ergriffenen Maßnahmen die verfolgten dividenden-, bilanz- und gewinnpolitischen Ziele erreicht worden seien, könne der beschrittene Weg nicht als den wirtschaftlichen Verhältnissen unangemessen angesehen werden. Abgesehen davon, dass der angefochtene Bescheid somit inhaltlich rechtswidrig sei, weil § 22 Abs. 2 KStG 1966 ein unzutreffender Inhalt beigemessen und § 22 BAO trotz des Fehlens der objektiven und subjektiven Missbrauchsvoraussetzungen für anwendbar gehalten werde, habe die belangte Behörde auch Verfahrensvorschriften verletzt. Die belangte Behörde habe sich mit dem Vorbringen der Beschwerdeführerin zur geringen Kapitalausstattung überhaupt nicht und mit dem Vorbringen über die Aufnahme eines IAS-Kredites nur kursorisch auseinander gesetzt. Hätte sie eine ausreichende Erörterung gepflogen, hätte sich gezeigt, dass die kreditgewährende Bank für die Verbesserung der Eigenkapitalverhältnisse durch die Gesellschaftereinlage und die anschließende Gewinnausschüttung ursächlich gewesen und keine Irreführung des Kreditinstitutes erfolgt sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über diese Beschwerde erwogen:

Gemäß § 22 Abs. 2 KStG 1966 - in der bei der Veranlagung für das Kalenderjahr 1974 anzuwendenden ursprünglichen Fassung ermäßigt sich die Körperschaftsteuer auf die Hälfte des sich nach § 22 Abs. 1 leg. cit. ergebenden Betrages, soweit unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaften offene Ausschüttungen auf Grund eines den handelsrechtlichen Vorschriften entsprechenden Gewinnverteilungsbeschlusses vornehmen.

Das der Körperschaftsteuer unterliegende Einkommen der Kapitalgesellschaften ist nach körperschaftssteuerrechlichen Vorschriften - §§ 7 ff KStG 1966 - zu ermitteln.

Die offenen Ausschüttungen müssen auf Grund eines Gewinnverteilungsbeschlusses vorgenommen werden, der den handelsrechtlichen Vorschriften entspricht. Sie bestimmen als bloße Rechengröße durch ihre Höhe jenen Teil des Einkommens, auf den der ermäßigte Steuersatz - § 22 Abs. 2 KStG 1966 - anzuwenden ist.

Nach den für die Kapitalgesellschaften geltenden handelsrechtlichen Vorschriften - deren Beachtung die Abgabenbehörde selbstständig zu prüfen hat - wird durch den Gewinnverteilungsbeschluss der Handelsbilanzgewinn ganz oder teilweise ausgeschüttet. Zum Handelsbilanzgewinn tragen auch Zuschüsse der Gesellschafter - sie sind nach § 132 AktG 1965, auf den bei der Gesellschaft mit beschränkter Haftung zurückgegriffen werden kann, als außerordentliche Erträge in der Gewinn- und Verlustrechnung auszuweisen - bei. Die Körperschaftsteuerfreiheit solcher Zuschüsse nimmt aber auf den einheitlichen und unterschiedslosen Charakter des Handelsbilanzgewinnes keinen Einfluss. Die aus dem Handelsbilanzgewinn auf Grund eines den handelsrechtlichen Vorschriften entsprechenden Gewinnverteilungsbeschlusses vorgenommenen offenen Ausschüttungen sind deshalb selbst dann in ihrem vollen Umfang der Maßstab, in welcher Höhe das Einkommen dem ermäßigten Steuersatz unterliegt, wenn sie erst durch körperschaftsteuerfreie Zuschüsse eines Gesellschafters ermöglicht werden.

Steht, und das wird zur Vollständigkeit noch beigefügt, die Kapitalgesellschaft mit dem Gesellschafter in einem Kontokorrentverhältnis, so erfolgt die Einstellung der kontokorrentfähigen Zuschüsse in die Kontokorrentverrechnung erfüllungshalber.

Gemäß § 22 Abs. 1 BAO kann durch Missbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechts die Abgabepflicht nicht umgangen oder gemindert werden. Liegt ein Missbrauch vor, so sind gemäß § 22 Abs. 2 leg. cit. die Abgaben so zu erheben, wie sie bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen, Tatsachen und Verhältnissen angemessenen rechtlichen Gestaltung zu erheben wären.

Ein solcher Missbrauch ist anzunehmen, wenn zur Erreichung eines bestimmtes Zieles ein nach bürgerlichem Recht ungewöhnlicher Weg gewählt wird, dem für die Gestaltung wirtschaftliche oder sonst beachtliche Gründe fehlen, und der beschrittene Weg ohne das Ziel der Steuerersparnis einfach unverständlich wäre (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zlen. 1378/74, 2355/75, Slg. Nr. 4934/F).

Ob zur Erreichung der von der Beschwerdeführerin im Berufungsverfahren behaupteten außersteuerrechtlichen Ziele wirklich ein nach bürgerlichem Recht ungewöhnlicher Weg gewählt wurde, dem für die Gestaltung wirtschaftliche oder sonst beachtliche Gründe fehlten, kann unerörtert bleiben. Der Annahme des Missbrauches, die erfordert, dass für das Verhalten der Beschwerdeführerin und ihrer Alleingesellschafterin die Erlangung einer Steuerersparnis der ausschlaggebende Grund war, steht hier jedenfalls die in dieser Hinsicht nicht weiter differenzierende Feststellung der belangten Behörde entgegen, es sei "durch den gewählten Vorgang der steuerliche Vorteil des ermäßigten Steuersatzes und die Verschaffung eines ausschüttungsfähigen Gewinnes - bei der Muttergesellschaft" bezweckt worden, "der bei echter Kapitalverstärkung durch Kapitalerhöhung oder Rücklagenbildung bei der Beschwerdeführerin nicht hätte entstehen können". Die Beschwerdeführerin und ihre Alleingesellschafterin gelten zusammen als Konzern, so daß hier die wirtschaftlichen Verhältnisse beider Konzernunternehmen zu beachten sind.

Der angefochtene Bescheid ist daher gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom , BGBl. Nr. 542.

Wien, am

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Normen
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1978:1977000314.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
TAAAF-52589