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VwGH 21.09.1955, 0306/53

VwGH 21.09.1955, 0306/53

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssatz


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Normen
GebG 1946 §33 TP17 Z4;
GebG 1957 §33 TP17 Z4 impl;
RS 1
Die Unübertragbarkeit einer Apothekenkonzession schließt es nicht aus, daß die Möglichkeit, innerhalb eines bestimmten örtlichen Bereiches ein Apothekenunternehmen zu betreiben, und der durch die örtliche Lage bedingte Kundenkreis einen Betriebsbestehenswert begründen. Ein solcher stellt iSd § 33 TP 17 Z 4 GebG eine bewegliche Sache dar.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsidenten Dr. Heiterer - Schaller und die Räte Dr. Ondraczek, Dr. Wasniczek, Dr. Porias und Dr. Schirmer als Richter, im Beisein des Ministerialsekrtärs Dr. Heinzl als Schriftführer, über die Beschwerde des Mag. WS in L gegen die Berufungsentscheidung der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom , Zl. 890-IV b - 1952, betreffend Rechtsgeschäftsgebühr von einem Leibrentenvertrag, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Begründung

Die Witwe des am gestorbenen Apothekers L., die das Unternehmen des Erblassers zunächst im Witwenfortbetrieb weiterführte, hatte am  mit dem Beschwerdeführer einen schriftlichen Leibrentenvertrag geschlossen, demzufolge sie die ihr im "Ergebnis der Verlassenschaftsabhandlung zufallende" Apotheke samt Apothekenkonzession, Apothekeneinrichtung, Warenlager laut Inventurliste vom und mit "sämtlichen Aktiven und Passiven" dem Beschwerdeführer gegen eine monatliche, auf Lebensdauer der Witwe berechnete Rente von monatlich 2.500 S - für die außerdem eine Wertsicherung vereinbart wurde - übergab. Im Vertrage war festgehalten, dass der Beschwerdeführer das Apothekenunternehmen am tatsächlich übernommen habe und war vorgesehen, dass er für die Apotheke eine neue Konzession erwerben werde. Der Vertrag enthielt auch die Feststellung, dass die Übergeberin am 2. Mai 1882 geboren ist. Das Finanzamt stellte aus dem bezüglichen Erbschaftssteuerakt eine "Bilanz per " fest, derzufolge das Reinvermögen der Apotheke 18.904 S betrug und die Besitzseite einen Kassabestand von 11.689 S auswies. Der Einheitswert der Apothekengerechtigkeit zum betrug 151.785 S.

Das Finanzamt hat in der Folge dem Beschwerdeführer gemäß § 33 TP 17 Z. 4 des Gebührengesetzes, BGBl. Nr. 184/1946, (GG) eine 2 %ige Rechtsgeschäftsgebühr aus dem reinen Vermögen der Apotheke laut Erbschaftssteuerbilanz (18.904 S), zuzüglich des Wertes der Apothekengerechtigkeit vorgeschrieben. Der Beschwerdeführer berief. Er wendete ein, er habe alle Werte der Erbschaftsteuerbilanz bis auf das Bargeld übernommen. Diese Post sei also von der Bemessungsgrundlage abzuziehen. Ebenso sei der Wert der Apothekengerechtigkeit auszuscheiden, denn er habe diese Apothekengerechtigkeit nicht übernommen, sondern eine neue Konzession erworben, weil die Konzession des Erblassers eingezogen worden sei. Die Finanzlandesdirektion vernahm die Übergeberin und diese erklärte, keine genauen Angaben darüber machen zu können, ob der Beschwerdeführer den in der Erbschaftsteuerbilanz ausgewiesenen Kassenbestand übernommen habe. Sie habe allerdings unter Anleitung des Beschwerdeführers eine Reihe von Zahlungen im Zusammenhang mit ihrer damals vorgenommenen Übersiedlung geleistet und es sei so durchaus möglich, dass der strittige Betrag für die Übersiedlung und für die mit dem Ableben ihres Ehemannes verbundenen Kosten ausgegeben wurde. Sie habe dem Beschwerdeführer ihr Vertrauen geschenkt und sich um die Erstellung der Bilanz und der einzelnen Posten derselben nicht gekümmert. Der Beschwerdeführer gab an, er habe bei der Übernahme des Geschäftes an Bargeld lediglich 400 S Wechselgeld übernommen. Zwischen dem Todestag des früheren Apothekers und der Übernahme der Apotheke durch ihn selbst liege ein Zeitraum von beinahe 2 Monaten. Innerhalb dieses Zeitraumes dürfte die Übergeberin den in der Erbschaftsteuerbilanz ausgewiesenen Barbetrag verbraucht haben. Für weitere Auskünfte stehe er zur Verfügung.

Die Finanzlandesdirektion wies die Berufung ab. Nach dem Leibrentenvertrag habe der Beschwerdeführer die Apotheke mit allen Aktiven und Passiven, also auch mit dem damals vorhandenen Kassenbestand übernommen. Wenn er nunmehr behaupte, dass das im Firmenvermögen enthaltene Bargeld keinen Gegenstand der Übertragung gebildet habe, so treffe ihn dafür die Beweislast, weil gemäß § 17 Abs. 1 GG für die Festsetzung der Gebühr der Inhalt der über das Rechtsgeschäft errichteten Urkunde maßgebend sei. Dem Beschwerdeführer sei aber der Gegenbeweis nicht gelungen, denn die Übergeberin habe keine genauen Angaben machen können, ob der Beschwerdeführer den in der Bilanz ausgewiesenen Bargeldbestand übernommen habe oder nicht. Auch die Vernehmung des Beschwerdeführers habe keinen Beweis darüber zustandegebracht, dass der genannte Barbestand nicht Gegenstand der Übertragung gewesen sei. Mangels eines entsprechenden Beweises könne also der Barbetrag aus der Bemessungsgrundlage der Gebühr nicht ausgeschieden werden. Der Beschwerdeführer habe sich auch verpflichtet, der Übergeberin für die Zurücklegung der Apothekenkonzession und für die Übergabe der Einrichtung und des Warenlagers der Apotheke eine Rente auf Lebenszeit zu bezahlen. Zwar könne eine Apothekenkonzession nicht durch Rechtsgeschäfte übertragen werden. Der gleiche rechtliche und wirtschaftliche Erfolg, der im Falle der Zulässigkeit einer unmittelbaren Übertragung durch ein Rechtsgeschäft eintreten würde, könne jedoch auch dadurch erreicht werden, dass der Konzessionsinhaber die Konzession zugunsten einer anderen Person zurücklegt. Ein solches Vorgehen könne zwar dem, zu dessen Gunsten die Konzession zurückgelegt wird, keinen Anspruch auf Verleihung einer neuen Konzession verschaffen, wohl aber ihm die Erlangung einer neuen Konzession für denselben Standort tatsächlich und rechtlich erleichtern, so vor allem deswegen, weil die Zurücklegung der alten Konzession jenes Bedürfnis der Bevölkerung nach Erteilung einer neuen Konzession schaffe, das zufolge des § 10 des Apothekengesetzes (RGBl. Nr. 5/1907) eine Voraussetzung für jede Konzessionserteilung bildet. Außerdem könne die Konzession zum Fortbetrieb einer bestehenden Apotheke nach § 46 des Apothekengesetzes nur dem bewilligt werden, der die Zustimmung des bisherigen Konzessionsinhabers nachweisen kann. In einem solchen Falle könne aber der Erwerber die Neuverleihung mit einer solchen Sicherheit erwarten, die nach den Bedürfnissen des wirtschaftlichen Lebens genügt, um im Vertrauen darauf einen Übergabsvertrag abzuschließen. Diese Voraussetzungen seien auch im vorliegenden Fall erfüllt.

In der gegen diesen Bescheid der Finanzlandesdirektion beim Verwaltungsgerichtshof überreichten Beschwerde macht der Beschwerdeführer geltend, er habe bei seiner Vorladung zur Auskunfterteilung nicht gewußt, worüber er werde vernommen werden und er habe deshalb weitere Beweise für seine Behauptungen bezüglich der Nichtübernahme des Bargeldbestandes nicht vorbereitet. Er habe sich zu weiteren Auskünften bereit erklärt, die Finanzlandesdirektion sei aber an ihn nicht mehr herangetreten. Eine Rücklegung der Konzession durch die Übergeberin sei im Vertrag nicht vereinbart worden und die Rente stelle kein Entgelt für die Zurücklegung der Konzession dar. Selbst wenn aber die Übergeberin sich zur Zurücklegung der Konzession verpflichtet hätte, könne die Gebühr nicht auch vom Werte der Konzession vorgeschrieben werden, denn die Zurücklegung einer Konzession sei keine bewegliche Sache und nur der Wert hingegebener beweglicher Sachen könne die Bemessungsgrundlage der Gebühr von einem Leibrentenvertrag abgeben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 33 TP 17 Z. 4 GG unterliegen Leibrentenverträge, die nicht von Versicherungsanstalten abgeschlossen werden, wenn gegen die Leibrente bewegliche Sachen überlassen werden, einer Rechtsgeschäftsgebühr von 2 % vom Werte der Sachen. Die Finanzbehörden haben im vorliegenden Fall die Gebühr einmal vom reinen Bilanzwert des Apothekenunternehmens, dann vom Werte der sogenannten Apothekengerechtigkeit bemessen. Den Bilanzwert haben sie aus einer angeblich im Erbschaftssteuerakt (des früheren Ehemanns der Übergeberin) erliegenden Vermögensaufstellung entnommen, in der auch ein Bargeldbestand von 11.689 S enthalten ist. Der Beschwerdeführer hat aber behauptet, nur das Wechselgeld, nämlich 400 S, und sonst keinen Barbestand übernommen zu haben. Die belangte Behörde vertritt die Auffassung, dass der Beschwerdeführer diese Behauptung zu beweisen gehabt habe und dass ihm dieser Beweis nicht gelungen sei. Nun hat zwar die Übergeberin keine festen Behauptungen aufgestellt, sondern nur vermutet, dass bis zur Übergabe des Geschäftes - laut Notariatsaktes am - der am Todestag vorhandene Barbetrag verbraucht worden sei. Sie hat aber auch triftige Gründe dafür angegeben, die einen Geldverbrauch in dieser Höhe während dieses Zeitraumes rechtfertigen würden. Der Beschwerdeführer hat dagegen die feste Behauptung aufgestellt und ist dabei auch bei seiner Einvernahme geblieben, er habe bloß 400 S an Wechselgeld übernommen. Die belangte Behörde hat nicht ausgeführt, dass sie dieser Behauptung keinen Glauben geschenkt habe, geschweige denn, warum sie ihr keinen Glauben geschenkt hat. Von vornherein konnte aber eine solche Behauptung und Parteiaussage nicht als unglaubwürdig angesehen werden. Denn wenn auch die im Erbschaftsteuerakt angeblich vorgelegte Bilanz auf den abgestellt war und den erwähnten höheren Bargeldbestand enthielt, so hätte doch die Behörde bedenken müssen, dass gemäß §§ 14 und 21 des Erbschaftsteuergesetzes bei der Festsetzung der Erbschaftsteuer das Vermögen zugrunde zu legen ist, das am Todestag vorhanden war, und so war es durchaus möglich, dass die "Erbschaftsteuerbilanz" auch den Barbestand vom Todestage des Erblassers, d. i. vom , ausgewiesen hat. Dass aber dieser Barbestand vom Beschwerdeführer übernommen worden sei, geht aus dem Wortlaut des Leibrentenvertrages nicht hervor, denn in diesem Vertrag ist niemals davon die Rede, dass das Unternehmen nach dem Stande vom , dem Todestage des früheren Konzessionsinhabers, übergeben wird; vielmehr wird im Vertrag ausdrücklich darauf hingewiesen, dass das Warenlager nach dem Stand einer Inventur vom übergeben wird und dass der Beschwerdeführer an diesem Tage auch den Betrieb tatsächlich übernommen hat. Wenn also die belangte Behörde über das Vorbringen des Beschwerdeführers mit dem einfachen Hinweis hinweggegangen ist, es sei unbewiesen geblieben, und wenn sie die Aussage des Beschwerdeführers im Zusammenhang mit dem Wortlaut der Vertragsurkunde nicht gewürdigt hat, so liegt darin ein Verfahrensmangel, bei dessen Vermeidung ein anderes Ergebnis nicht ausgeschlossen gewesen wäre.

Eine Apothekenkonzession ist an sich kein Recht, das auf eine andere Person übertragen werden kann und die Zurücklegung einer Apothekenkonzession auch keine "Sache", die gegen eine Leibrente "überlassen" wird. Die Möglichkeit, innerhalb eines bestimmten örtlichen Bereiches ein Apothekenunternehmen betreiben zu können und der durch die örtliche Lage bedingte Kundenkreis stellen jedoch ein immaterielles Rechtsgut eigener Art, einen Betriebsbestehenswert dar, der regelmäßig auch bei konzessionsgebundenen Apotheken anlässlich der Veräußerung des Unternehmens in Erscheinung tritt. Dies zeigt sich auch im vorliegenden Fall. Denn für den Erwerb eines Apothekenunternehmens im Werte von 18.904 S (nach den Ausführungen des Beschwerdeführers gar nur von 7.135 S!) hätte der Beschwerdeführer niemals eine Leibrente von monatlich 2.500 S, also jährlich 15.000 S auf Lebensdauer der Übergeberin aufgewendet. Über die Annahme und Berechnung solcher Teile eines Firmenwertes hat sich auch bereits eine feste Verkehrsauffassung herausgebildet, indem die Finanzämter nach festen, mit der Apothekenkammer vereinbarten Schlüsseln, die auf den Umsatz der letzten Jahre aufgebaut sind, Einheitswerte für die "Gewerbeberechtigung", nämlich das Apothekenbetriebsrecht festsetzen - vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Slg. Nr. 606(F). Ein solcher regelmäßig bei der Übertragung von Apothekenunternehmen realisierter Betriebsbestehenswert stellt aber eine bewegliche Sache im Rechtssinne dar. Ihr Wert, gegen dessen Höhe im vorliegenden Fall keine Einwendungen erhoben worden sind, war daher in die Bemessungsgrundlage der Gebühr einzubeziehen.

Wenn somit dem Begehren des Beschwerdeführers auch nicht im vollen Umfang entsprochen werden konnte, war doch der angefochtene Bescheid im Hinblick auf den aufgezeigten Verfahrensmangel wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
GebG 1946 §33 TP17 Z4;
GebG 1957 §33 TP17 Z4 impl;
Sammlungsnummer
VwSlg 1237 F/1955;
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1955:1953000306.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
WAAAF-52575