VwGH 07.04.1976, 0293/76
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssätze
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Norm | UStG 1972 §1 Abs1 Z2 litb; |
RS 1 | a) Aufwendungen für eine Jagdpacht sind in der Regel Repräsentationsaufwendungen iSd § 12 EStG 1967 bzw § 20 Abs 1 (Z2) EStG 1972 (Hinweis E , 2329/53, VwSlg NF 1095 F/1954 und E , 2376/58, VwSlg 2079 F/1959). In diesem Fall unterliegen sie dem Eigenverbrauchstatbestand des § 1 Abs 1 Z 2 lit b UStG 1972, sofern sie nicht bei der Jagdpacht Betriebsausgaben darstellen. Derartige Betriebsausgaben liegen nicht vor, wenn die Jagdpacht als Liebhaberei zu behandeln ist. b) Repräsentatiosaufwendungen fallen auch dann unter § 1 Abs 1 Z 2 lit b UStG 1972, wenn sich diese Eigenschaft nicht aus der Abgrenzung der Privatsphäre gegenüber demselben Unternehmensbereich, sondern gegenüber einem anderen Unternehmensbereich ergibt. c) Der Sinn der umsatzsteuerlichen Erfassung des Eigenverbrauches ist vor allem darin zu erblicken, den Vorsteuerabzug für die private Sphäre des Unternehmers aufzuheben und damit entsprechend der Zielsetzung der Umsatzsteuer als Verbrauchssteuer grundsätzlich zu verhindern, daß ein Letztverbrauch umsatzsteuerlich unbelastet bleibt (Doralt: ÖStZ 17/1973, S 199 ff). d) Unter "Geldzuwendungen" iSd § 1 Abs 1 Z 2 lit b UStG 1972 sind Zuwendungen iSd § 12 Z 2 EStG 1967 (§ 20 Abs 1 Z 3 EStG 1972) von Geld, also insbesondere Geldspenden, zu verstehen. |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 2001/74 E VwSlg 4883 F/1975 RS 1 |
Norm | EStG 1972 §20 Abs1 Z2; |
RS 2 | Aufwendungen für eine Jagdpacht sind in der Regel Repräsentationsaufwendungen iS des § 12 EStG 1967 bzw § 20 Abs 1 (Z 2) EStG 1972 (vgl hg E , 2329/53, VwSlg 1059 F/1954 und vom , 2376/58, VwSlg 2079 F/1959). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 2001/74 E VwSlg 4883 F/1975 RS 4 |
Norm | BAO §307 Abs2; |
RS 3 | § 307 Abs 2 BAO betrifft nur die Wiederaufnahme des Verfahrens und nicht die Aufhebung von Bescheiden gemäß § 299 BAO. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kadecka und die Hofräte Dr. Schima, Dr. Reichel, Dr. Seiler und Dr. Schubert als Richter, im Beisein der Schriftführerin Finanzoberkomrnissär Dr. Feitzinger, über die Beschwerde des BK in S und des CA in H, beide vertreten durch Dr. G. Hammeschlag, Rechtsanwalt in Klagenfurt, Alter Platz 19, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Steiermark vom , Zl. 272-I/75, betreffend Aufhebung der Umsatzsteuerbescheide für 1973 und 1974 gemäß § 299 Abs. 2 der Bundesabgabenordnung, zu Recht erkannt.
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus dem angefochtenen Bescheid und der vorliegenden Beschwerde ergibt sich folgender Sachverhalt:
Die beiden Beschwerdeführer unterhalten gemeinsam in der Steiermark eine Jagdpacht in der Rechtsform einer Erwerbsgesellschaft nach bürgerlichem Recht. Einkommensteuerlich wurde diese Jagdpacht als Liebhaberei beurteilt und dementsprechend für die Kalenderjahre 1973 und 1974 eine einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften nicht vorgenommen. Hingegen zog das zuständige Finanzamt die Beschwerdeführer mit ihrer Jagdpacht für diese Kalenderjahre zur Umsatzsteuer heran. Nach den Ausführungen der Beschwerde erzielte die Gesellschaft in den beiden Jahren Erlöse aus dem Verkauf von Wildbret von jeweils mehr als S 100.000,--.
Mit dem angefochtenen Bescheid hob die belangte Behörde die Umsatzsteuerbescheide des Finanzamtes für die Jahre 1973 und 1974 in Ausübung des Aufsichtsrechtes gemäß § 299 Abs. 2 der Bundesabgabenordnung (BAO) wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes auf, weil das Finanzamt die Aufwendungen für die Jagdpacht nicht gemäß § 1 Abs. 1 Z. 2 lit. b des Umsatzsteuergesetzes 1972 (UStG 1972) als Eigenverbrauch zum Ansatz gebracht hatte.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, die sowohl eine inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides als auch eine Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend macht, ohne allerdings irgendwelche Verfahrensmängel aufzuzeigen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:
Nach § 299 Abs. 2 BAO kann ein Bescheid in Ausübung des Aufsichtsrates von der Oberbehörde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben werden. Der angefochtene Bescheid entspricht aus folgenden Gründen dieser gesetzlichen Ermächtigung.
Gemäß § 1 Abs. 1 Z. 2 lit. b UStG 1972 in der für die Streitjahre geltenden Fassung liegt Eigenverbrauch vor, soweit ein Unternehmer im Inland Aufwendungen - ausgenommen Geldzuwendungen - tätigt, die nach § 12 des Einkommensteuergesetzes 1967 (EStG 1967) nicht abzugsfähig sind, wobei zufolge § 109 EStG 1972 der § 20 Abs. 1 leg. cit. an die Stelle des § 12 EStG 1967 getreten ist. In seinem Erkenntnis vom , Zl. 2001/74, hat nun der Verwaltungsgerichtshof, gestützt auf seine Vorjudikatur, Aufwendungen für eine Jagdpacht als typische, gemäß § 12 EStG 1967 bzw. § 20 Abs. 1 EStG 1972 nicht abzugsfähige Repräsentationsauslagen beurteilt. Diese Aufwendungen, die - und dies gilt auch für den Beschwerdefall - unbestrittenermaßen keine Geldzuwendungen darstellen - darunter seien, wie der Ausdruck "Zuwendungen" schließen lasse, Zuwendungen von Geld im Sinne des § 12 Z. 2 EStG 1967 (§ 20 Abs. 1 Z. 3 EStG 1972) zu verstehen, also insbesondere Geldspenden -, würden damit grundsätzlich den Eigenverbrauchstatbestand des § 1 Abs. 1 Z. 2 lit. b UStG 1972 erfüllen. Eine andere Betrachtung wäre allerdings geboten, wenn die gegenständlichen Aufwendungen im Rahmen der Jagdpacht als Betriebsausgaben abzugsfähig wären. Die Betriebsausgabeneigenschaft der Aufwendungen für die Jagdpacht sei jedoch nicht gegeben, wenn Liebhaberei anzunehmen wäre. Auf dieses Erkenntnis Zl. 2001/74 beruft sich ausdrücklich der angefochtene Bescheid.
Die vorliegende Beschwerde erhebt keinerlei Einwände dagegen, daß die belangte Behörde die Aufwendungen der Beschwerdeführer für ihre Jagdpacht als gemäß § 12 EStG 1967 (§ 20 Abs. 1 EStG 1972) nicht abzugsfähige Aufwendungen beurteilt. Daß es sich bei der Jagdpacht um eine Liebhaberei handelt und aus ihr keine steuerlichen Einkünfte nach § 2 Abs. 3 Z. 1 bis 7 EStG 1972 anfallen, wird von der Beschwerde selbst vorgebracht. Die Beschwerdeführer stellen sohin die Grundlagen, auf welche die belangte Behörde im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Aufhebung der Bescheide des Finanzamtes betreffend die Umsatzsteuer für die Jahre 1973 und 1974 stützt, nicht in Frage. Sie sind jedoch der Auffassung, daß die belangte Behörde auf Grund des Art. I Z. 11 des Abgabenänderungsgesetzes 1975, BGBl. Nr.636, zu einem anderen Ergebnis hätte kommen müssen.
Diese Bestimmung bewirkt im Zusammenhang mit Art. I Z. 1 des Abgabenänderungsgesetzes 1975 für Fälle wie den gegenständlichen, daß zwar einerseits eine mit Aufwendungen der in Rede stehenden Art zusammenhängende Vorsteuer zu keinem Vorsteuerabzug im Sinne des § 12 UStG 1972 berechtigt, andererseits aber auch die Aufwendungen nicht mehr nach § 1 Abs. 1 Z. 2 lit. b UStG 1972 als Eigenverbrauch zu erfassen sind (siehe auch Kranich-Siegl-Waba, Mehrwertsteuerhandbuch, 2. Auflage, Seite 46). Diese Regelung ist aber zufolge Art. VIII Abs. 1 lit. a des Abgabenänderungsgesetzes 1975 erst auf steuerbare Umsätze im Sinne des § 1 Abs. 1 Z. 1 und 2 UStG 1972 anzuwenden, die nach dem ausgeführt werden; für die Streitjahre 1973 und 1974 läßt sich aus der Neuregelung sohin nichts gewinnen.
Die Beschwerdeführer vermeinen allerdings auch, es hätte der Änderung der gesetzlichen Bestimmung (des § 12 Abs. 2 UStG 1972 durch Art. I Z. 11 des Abgabenänderungsgesetzes 1975) nicht bedurft, wenn eine steuerrechtliche Beurteilung in der Form, wie sie die belangte Behörde vornehme, schon vor Inkrafttreten des Abgabenänderungsgesetzes 1975 möglich und denkbar gewesen sei. Diese Aussage der Beschwerdeführer ist offenbar im Lichte ihrer - an sich zutreffend - aus Art. I Z. 11 des Abgabenänderungsgesetzes 1975 gezogenen Folgerung, daß danach für Aufwendungen der gegenständlichen Art (künftig und noch nicht für die Streitjahre) ein Vorsteuerabzug ausgeschlossen sei, und weiters zusammen mit dem Vorbringen zu sehen, es hätten sich alle Aufwendungen (für die Jagdpacht) in der Unternehmenssphäre zugetragen, weshalb den Beschwerdeführern (für die Streitjahre) auch der volle Vorsteuerabzug zustehe.
Auch diese Ausführungen vermögen keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun; denn die belangte Behörde zieht ja das Recht der Beschwerdeführer für die Streitjahre hinsichtlich der Aufwendungen für die Jagdpacht den Vorsteuerabzug nach Maßgabe des Gesetzes in Anspruch zu nehmen, gar nicht in Zweifel. Vielmehr ist gerade der Umstand, daß die Beschwerdeführer den Vorsteuerabzug geltend machten, einer der Beweggründe für die belangte Behörde, § 299 Abs. 2 BAO unter dem Gesichtspunkt der Gleichmäßigkeit der Besteuerung anzuwenden. Damit läßt sich die belangte Behörde erkennbar von gleichen Erwägungen leiten wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem erwähnten Erkenntnis Zl. 2001/74, nämlich, die in Rede stehenden, regelmäßig der Privatsphäre zuzuordnenden Aufwendungen im Hinblick auf den für sie zustehenden Vorsteuerabzug als Eigenverbrauch zu erfassen und damit entsprechend der Zielsetzung der Umsatzsteuer als Verbrauchsteuer grundsätzlich zu verhindern, daß ein Letztverbrauch umsatzsteuerlich unbelastet bleibt. Gegen eine solche Erfassung als Eigenverbrauch aber konnten die Beschwerdeführer nichts Stichhältiges ins Treffen führen.
Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer stellt die belangte Behörde auch nicht in Frage, daß eine Liebhaberei der Umsatzsteuer unterliegen und ein Unternehmen im Sinne des § 2 Abs. 1 UStG 1972 darstellen kann. Der angefochtene Bescheid bejaht vielmehr diese Frage für den Beschwerdefall in der Weise, daß er auch die Aufwendungen der Beschwerdeführer für das Unternehmen ihrer Jagdpacht als Umsatz (Eigenverbrauch) erfasst wissen will.
Der Hinweis der Beschwerdeführer auf § 307 Abs. 2 BAO vermag schon deshalb nicht durchzuschlagen, weil diese Gesetzesstelle nur die Gliederaufnahme des Verfahrens und nicht die Aufhebung von Bescheiden in Ausübung des Aufsichtsrechtes gemäß § 299 BAO betrifft.
Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG 1965 ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen. Wien, am
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Normen | |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1976:1976000293.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
PAAAF-52560