VwGH 17.12.1974, 0293/74
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssatz
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Normen | |
RS 1 | Im Abschluß einer Lebensversicherung, die ein selbständig Erwerbstätiger auf seine Person nimmt, kann nur dann ein betrieblicher Vorgang erblickt werden, wenn aus den Umständen klar erkennbar ist, daß der Vertragsabschluß im betrieblichen Interesse erfolgt und die Verfolgung privater Zwecke ausgeschlossen oder unbedeutend ist. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schimetschek und die Hofräte Hofstätter, Mag. DDr. Heller, Dr. Simon und Dr. Seiler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Finanzkommissär Dr. Heinrich, über die Beschwerde des Dipl.-Ing. KV in W, vertreten durch Dr. Hubert Winkler, Rechtsanwalt in Wien IX, Roßauerlände 29, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Berufungssenat IV, vom , Zl. 6- 2421/73, betreffend Einkommensteuer und Gewerbesteuer für 1968 bis 1970, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 600,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist Inhaber eines Maschinenbauunternehmens, dem eine Kraftfahrzeugwerkstätte angeschlossen ist. Er ermittelt den Gewinn aus diesem Betrieb gemäß § 4 Abs. 1 EStG 1967.
Am schloß der Beschwerdeführer auf sein Leben bzw. Überleben eine Lebensversicherung über S 500.000,-- gegen eine jährliche Prämie von S 32.508,-- ab. Bezugsberechtigt ist im Erlebensfall () der 1909 geborene Beschwerdeführer, im Ablebensfall dessen Ehefrau, in deren Vorsterbefall die gesetzlichen Erben. In der über den Versicherungsvertrag ausgefertigten Urkunde ist festgehalten, daß das Bankhaus P in Wien in der Höhe des aushaftenden Darlehens in die Rechte des Begünstigten eintritt.
Anläßlich einer die Jahre 1968 bis 1970 umfassenden Betriebsprüfung wurde die Prämie für die oberwähnte Lebensversicherung, die der Beschwerdeführer unter der Sammelpost "Sachversicherungen" gewinnmindernd verrechnet hatte, vom Prüfer nicht als Betriebsausgabe anerkannt. Das Finanzamt trug den Prüfungsfeststellungen durch Erlassung entsprechender Einkommen- und Gewerbesteuerbescheide - für die Jahre 1968 und 1969 im wiederaufgenommenen Verfahren - Rechnung.
Der Beschwerdeführer berief und führte aus, daß das Bankhaus P anläßlich der Aufnahme eines unbedingt notwendigen Betriebskredites eine entsprechende Sicherung verlangt habe. Da keine Sicherstellungsobjekte vorhanden gewesen seien, habe der Kreditgeber den Abschluß einer Lebensversicherung gefordert. Die hierauf anfallenden Prämien von jährlich S 32.508,-- seien als Kosten der Beschaffung eines Kredites, der ausschließlich betrieblichen Zwecken gedient habe, Betriebsausgaben im Sinne des § 4 Abs. 4 EStG 1967. Auch der Verwaltungsgerichtshof habe in seinem Erkenntnis vom , Zl. 734/69, zum Ausdruck gebracht, daß Beträge für die Ermöglichung eines Darlehens sofort abgezogen werden könnten.
Das Finanzamt erließ eine abweisliche Berufungsvorentscheidung, in der es den Rechtsmittelausführungen des Beschwerdeführers entgegenhielt, daß der durch Prämienzahlung erlangte Anspruch des Beschwerdeführers auf die Versicherungssumme einen Bestandteil seines Privatvermögens darstelle. Der Beschwerdeführer bürge als Privater mit seinem Versicherungsanspruch für den Betriebskredit. Dieser Umstand sei allein nicht ausreichend, um den geleisteten Versicherungsprämien den Charakter von Betriebsausgaben zu verleihen, zumal die Prämienzahlungen keinen verlorenen Aufwand darstellten, sondern letztlich zum endgültigen Anspruch auf die vereinbarte Versicherungssumme führen werden. Das in der Berufung zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes betreffe echte Kreditbeschaffungskosten und sei auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar.
Der Beschwerdeführer beantragte die Vorlage seines Rechtsmittels an die belangte Behörde. Diese hat die Berufung mit dem angefochtenen Bescheid abgewiesen und zur Begründung das Folgende ausgeführt: Versicherungsprämien zu Lebensversicherungen seien gemäß § 10 Abs. 1 Z. 3 lit. a EStG 1967 Sonderausgaben. Da diese Lebensversicherungen stets zur privaten Lebenshaltung gehörten, könnten die damit zusammenhängenden Prämien weder als Betriebsausgaben noch als Werbungskosten angesehen werden. Aufwendungen, die als Betriebsausgaben gewertet werden sollen, setzten einen innerbetrieblichen Vorgang voraus. Der Abschluß einer Lebensversicherung durch einen selbständig Erwerbstätigen für sich selbst stelle aber grundsätzlich einen außerbetrieblichen Vorgang dar. Zu betrieblichen Zwecken könne eine Lebensversicherung nicht eingegangen werden. Sie verbleibe stets in der privaten Sphäre, selbst wenn sie ein Darlehen ermögliche oder zumindest erleichtere. Der Versicherungsanspruch, der lediglich als Sicherstellung diene, stehe mit dem Betriebskredit nur in mittelbarem Zusammenhang. In dem vom Beschwerdeführer angezogenen Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes sei es um die Kosten der grundbücherlichen Sicherstellung eines Bankkredites und damit zusammenhängende Rechtsanwaltskosten gegangen, Im gegenständlichen Fall handle es sich jedoch um Prämien für eine in der privaten Sphäre liegende Lebensversicherung. Der Abschluß einer Lebensversicherung eines selbständig Erwerbstätiger stelle daher stets eine außerbetriebliche Handlung dar. Da es sich um keinen Betriebsvorgang handle, seien auch die Prämienzahlungen keine Betriebsausgaben. Diese könnten nur als Sonderausgaben im Rahmen der Höchstbeträge gemäß § 10 Abs. 2 Z. 4 EStG 1967 berücksichtigt werden. Die Rechtsansicht, daß Lebensversicherungen stets zur privaten Lebenshaltung gehören, werde von allen namhaften Kommentatoren des Einkommensteuerrechtes vertreten.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
In Streit steht, ob die Prämienzahlungen, die der Beschwerdeführer auf Grund des am abgeschlossenen Lebensversicherungsvertrages geleistet hat, Betriebsausgaben im Sinne des § 4 Abs. 4 EStG 1967 sind oder ob sie in die private Lebenssphäre des Beschwerdeführers fallen. Ein Abzug der Prämien als Sonderausgabe ist in den Streitjahren nicht möglich, weil der gesetzliche Höchstbetrag bereits ausgeschöpft ist.
Vom Beschwerdeführer wird anerkennt, daß eine Lebensversicherung, die ein selbständig Erwerbstätiger auf seine Person nimmt, vom Sonderfall der Teilhaberversicherung abgesehen, in der Regel einen außerbetrieblichen Vorgang darstellt. Er vertritt jedoch die Auffassung, daß dies nicht ausnahmslos der Fall sein müsse. Dieser Auffassung ist beizupflichten. Da es hiebei um die Abgrenzung der Betriebsausgaben von den Aufwendungen für die Lebensführung geht und diese Abgrenzung nach objektiven Gesichtspunkten vorzunehmen ist, muß aus den Umständen klar erkennbar sein, daß der Abschluß der Lebensversicherung im betrieblichen Interesse erfolgt und die Verfolgung privater Zwecke ausgeschlossen oder unbedeutend ist.
Im Beschwerdefall ist unbestritten, daß der Beschwerdeführer für seinen Betrieb einen Kredit benötigte und, da er dem Kreditgeber hiefür keine andere taugliche Sicherheit bieten konnte, auf dessen Verlangen eine Lebensversicherung über S 500.000,-- abgeschlossen. und dem Kreditgeber im Ausmaß des jeweils aushaftenden Kredites die Stellung eines primär Bezugsberechtigten eingeräumt hat. (Nach der Aktenlage handelt es sich um einen Kontokorrentkredit, dessen Höhe die Versicherungssumme in den Streitjahren zeitweilig auch unterschritten hat.) Es ist demnach davon auszugehen, daß für den Vertragsabschluß ein betrieblicher Anlaß vorlag und daß die Lebensversicherung der Sicherung eines Betriebskredites dient. Diese Umstände schließen es jedoch keineswegs aus, daß auch private Zwecke mitinbegriffen sind. Im allgemeinen dient eine gemischte Lebensversicherung, wie sie der Beschwerdeführer abgeschlossen hat, der eigenen Altersversorgung, wenn der Versicherte das vertraglich festgelegte Alter erlebt, sonst der Versorgung der Hinterbliebenen. Daß der Beschwerdeführer die Lebensversicherung auch auf den Erlebensfall abgeschlossen hat, weist nun darauf hin, daß diese auch die Funktion der Altersversorgung erfüllen soll. In der Beschwerde bringt der Beschwerdeführer zwar vor, daß er finanziell nicht in der Lage sein werde, das Versicherungsverhältnis nach erfolgter Kreditrückzahlung fortzusetzen, doch steht der Berücksichtigung dieses Vorbringens außer dem für das verwaltungsgerichtliche Verfahren geltenden Neuerungsverbot auch der Umstand entgegen, daß in der Vertragsgestaltung eine solcherart begrenzte Funktion der Lebensversicherung nicht zum Ausdruck kommt. Zur bloßen Kreditsicherung hätte nämlich der Abschluß einer Risikolebensversicherung (auch "kurze Ablebensversicherung" genannt) für die Kreditdauer genügt. Ein eindeutig außerbetriebliches Element bildet auch die Benennung der Ehefrau des Beschwerdeführers als Bezugsberechtigte. Hiebei handelt es sich um einen Vertrag zugunsten Dritter. Der Bezugsberechtigte erwirbt, wenn der Versicherungsnehmer nichts Abweichendes bestimmt, das Recht auf die Leistung der Versicherungssumme mit dem Eintritt des Versicherungsfalles. Es findet ein unmittelbarer Vermögenserwerb statt, die Versicherungssumme fällt nicht in den Nachlaß des Versicherten. Im vorliegenden Fall hängt der Anspruch der Ehefrau des Beschwerdeführers allerdings davon ab, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe der gesicherte Kredit bei Eintritt des Versicherungsfalles noch aushaftet. Es weist aber nichts darauf hin, daß die Bezugsberechtigung der Ehefrau des Beschwerdeführers praktisch bedeutungslos wäre. Da die vereinbarte Prämie das Entgelt für die Leistung des Versicherers darstellt, kann in Ansehung der Prämie nicht von einer durch den Betrieb veranlaßten Aufwendung gesprochen werden, wenn die Bestimmung der Person, die auf die Versicherungsleistung Anspruch hat, mit Rücksicht auf das bestehende Familienband erfolgt ist. Zusammenfassend ergibt sich daher, daß die streitgegenständliche Lebensversicherung nach der aufgezeigten Vertragsgestaltung neben der Kreditsicherung auch wesentlichen privaten Zwecken dient. Sie ist daher der Privatsphäre des Beschwerdeführers zuzuordnen. Eine Aufteilung der Prämie kommt nicht in Betracht, weil deren Höhe auch bei Wegfall der Kreditsicherungsfunktion nicht geringer wäre.
Aus den dargelegten Gründen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG 1965 und auf die Verordnung des Bundeskanzlers vom , BGBl. Nr. 427.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Normen | |
Sammlungsnummer | VwSlg 4772 F/1974 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1974:1974000293.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
SAAAF-52559