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VwGH 19.09.1968, 0274/68

VwGH 19.09.1968, 0274/68

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssatz


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Normen
GrEStG 1955 §1 Abs1 Z3;
GrEStG 1955 §1 Abs1 Z4;
GrEStG 1955 §1 Abs4;
GrEStG 1955 §4 Abs1 Z3 lita;
GrEStG 1955 §4 Abs1 Z3 litb;
RS 1
Ein "Abtretungsvertrag", demzufolge die einer bestimmten Person auf Grund eines mit einer Wohnungsgenossenschaft und Siedlungsgenossenschaft geschlossenen Vertrages zustehenden Wohnungsnutzungsrechte und Wohnungseigentumsrechte an einer bestimmten Wohnung in einem von der Genossenschaft zu errichtenden Wohnhause einer anderen Person übertragen werden, stellt einen gemäß § 1 Abs 1 Z 3 GrEStG 1955 grunderwerbsteuerpflichtigen Rechtsvorgang dar. Eine Option liegt in einem solchen Falle, da der Beschwerdeführerin infolge der bindenden Vereinbarung kein "Gestaltungsrecht" zusteht, nicht vor. - In einem solchen Falle kann auch die Befreiungsbestimmung des § 4 Abs 1 Z 3 lit a oder lit b GrEStG 1955 nicht angewendet werden, wenn zwar die Wohnungsgenossenschaft, nicht aber der Abtretende ein gemeinnütziger Bauträger oder eine Vereinigung mit der statutenmäßigen Aufgabe der Schaffung von Wohnungseigentum ist.- Schließlich erfordert die Anwendung der Vorschrift des § 1 Abs 4 GrEStG 1955 unter den in diesem Gesetze näher ausgeführten Voraussetzungen den Abschluß mehrerer Verträge unter den gleichen Vertragspartnern.

*

E , 274/68 #1 VwSlg 3783 F/1968

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Ondraczek, und die Hofräte Dr. Kaupp, Dr. Frühwald, Dr. Riedel und Dr. Schima als Richter, im Beisein des Schriftführers prov. Finanzkommissär Dr. Glöckel über die Beschwerde der HW in W, vertreten durch Dr. Erich Haase, Rechtsanwalt in Wien I, Rathausstraße 13, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. VIII-889/67, betreffend Grunderwerbsteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund, (Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland), Aufwendungen in der Höhe von S 390,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin schloß am  mit Frau Elisabeth W. einen "Abtretungsvertrag" ab, demzufolge diese sämtliche ihr auf Grund eines mit der mit der "A.", Gemeinnützige Wohnungs- und Siedlungsgenossenschaft, registrierte Genossenschaft mbH., in B. - (in der Folge "A." genannt), abgeschlossenen Anwartschaftsvertrages "zustehenden Rechte, insbesondere das Recht zur Nutzung dieser Wohnung und ihren Anspruch auf Übertragung der entsprechenden Liegenschaftsanteile an F. W. mit allen damit verbundenen Befugnissen und Verpflichtungen" der Beschwerdeführerin abtrat. Nach Punkt I des Abtretungsvertrages hatte nämlich Elisabeth W. mit der "A." am einen Anwartschaftsvertrag des Inhaltes abgeschlossen, daß "gegen Bezahlung eines Betrages" - dieser war im Abtretungsvertrage vom nicht näher genannt - die Genossenschaft auf einer bestimmt bezeichneten Liegenschaft in Wien ein Wohnhaus errichtet und ihr in diesem Hause hinsichtlich der Wohnung top. Nr. 8 ein Nutzungsrecht bis zur Übertragung des Wohnungseigentumsrechtes an dieser Wohnung gewährt". Weiter hatte die Genossenschaft in diesem Anwartschaftsvertrage "der Wohnungswerberin (nämlich Elisabeth W.) das Recht eingeräumt, nach Erbringung der erforderlichen Zahlungen das Eigentumsrecht an der entsprechenden Anzahl von Miteigentumsanteilen, die der Wohnung top. Nr. 8 entsprechen, zu erwerben". Nach Punkt III des Abtretungsvertrages vom verpflichtete sich die Beschwerdeführerin, für die Abtretung der der Elisabeth W. zustehenden Rechte einen Betrag von S 190.000,-- zu bezahlen. Nach Punkt IV wird der angeführte Vertrag erst mit dessen Genehmigung durch die "A." rechtswirksam. Falls die Genehmigung bis nicht erteilt wird, steht nach Abs. 2 des Punktes IV "beiden Teilen ein Rücktrittsrecht zu, ohne daß einem der beiden Vertragsteile aus dieser Tatsache Ansprüche welcher Art immer zustehen sollen".

Das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien erachtete den Abtretungsvertrag vom als grunderwerbsteuerpflichtigen Vorgang und schrieb 8 % von S 190.000,--, somit S 15.200,--), an Grunderwerbsteuer vor.

Die Beschwerdeführerin berief, weil, wie sie meinte, die Befreiungsbestimmung des § 4 Abs. 1 Z. 3 lit. a, bzw. des Grunderwerbsteuergesetzes 1955, BGBl. Nr. 140 (GrEStG), anzuwenden sei. Überdies handle es sich bei dem strittigen Abtretungsvertrag um die Abtretung von Optionsrechten, die nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht steuerbar sei. Es müsse auch berücksichtigt werden, daß das vorgesehene Rechtsgeschäft erst mit der Genehmigung durch die "A." rechtswirksam werde. Schließlich sei ein Anspruch auf Übereignung nur dann grunderwerbsteuerpflichtig, "wenn der Erwerber seinen Anspruch auf Übereignung ohne weitere rechtsgeschäftliche Abmachung letzten Endes im Klagewege, also unmittelbar durchzusetzen vermag". Dies sei aber im vorliegenden Falle nicht möglich, "weil die Genannte (gemeint ist Elisabeth W.) diese Grundstücksanteile nicht zugeschrieben hat". Es bedürfe dazu eben "erst einer weiteren rechtsgeschäftlichen Abmachung mit der derzeitigen Grundeigentümerin, nämlich der Genossenschaft 'A.'". In dem gleichen Schriftsatze wurde allerdings zugegeben, daß "erst jetzt" die "A." einen Auftrag "zur Ausfertigung und bücherlichen Durchführung des Wohnungseigentumsvertrages erteilt" habe, nach dessen Inhalt die Beschwerdeführerin als erste Erwerberin des für sie in Betracht kommenden Liegenschaftsanteiles "in Erscheinung treten werde". Die Richtigkeit dieser Tatsache könne ohne weiters durch eine Rückfrage bei der "A." festgestellt werden. Außerdem wurde die Anwendung des § 1 Abs. 4 GrEStG begehrt.

Die belangte Behörde wies die Berufung als unbegründet ab. Elisabeth W. habe auf Grund des Anwartschaftsvertrages vom  mit der "A." ein Recht auf Übertragung bestimmter Miteigentumsanteile erlangt und diesen Anspruch auf Übertragung der entsprechenden Liegenschaftsanteile an die Berufungswerberin abgetreten. Dieser Vertrag sei von der Genossenschaft genehmigt worden. Durch den strittigen Abtretungsvertrag habe Elisabeth W. ihre Rechte aus der Vereinbarung vom gegen Entgelt an die Beschwerdeführerin übertragen. Dadurch sei zumindest "ein gegenüber der Elisabeth W. abgegebenes Anbot zur Übertragung von Grundstücksanteilen" abgetreten worden und diese Abtretung habe auch die Zustimmung der "A." gefunden. Daraus ergebe sich die Grunderwerbsteuerpflicht gemäß § 1 Abs. 1 Z. 3 bzw. 4 GrEStG. Die Befreiungsbestimmung des § 4 Abs. 1 Z. 3 lit. a bzw. b GrEStG könne nicht angewendet werden, weil nach dieser Gesetzesstelle nur ein Erwerb von Grundstücksanteilen von den dort angeführten juristischen Personen begünstigt sei. Dem angefochtenen Bescheide liege aber ein grunderwerbsteuerpflichtiger und gänzlich anders gearteter Sachverhalt zugrunde. Die Vorschrift des § 1 Abs. 4 GrEStG sei aus den zutreffenden Gründen einer am erlassenen Berufungsvorentscheidung nicht anwendbar. In diesem Bescheide hatte nämlich das Finanzamt ausgeführt, daß beide Erwerbsvorgänge, "sowohl der derzeit vorliegende wie auch der erst zu erwartende", verschiedene Vertragspartner berühren und daß daher nach § 1 Abs. 1 GrEStG Grunderwerbsteuerpflicht gegeben sei.

Gegen diese Berufungsentscheidung richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Gemäß § 1 Abs. 1 Z. 3 GrEStG unterliegt ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Abtretung eines Übereignungsanspruches begründet, der Grunderwerbsteuer, soweit sich dieser Rechtsvorgang auf inländische Grundstücke bezieht. Nach Ziffer 4 der gleichen Gesetzesstelle unterliegt ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Abtretung der Rechte aus einem Kaufanbote begründet, der Grunderwerbsteuer.

Die Beschwerdeführerin bekämpft den Steueranspruch, weil, wie sie unter Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom , Slg. Nr. 1758 (F), zunächst vorbringt, der Abtretungsvertrag nur "die Einräumung einer Option" sei und keinen grunderwerbsteuerpflichtigen Tatbestand darstelle. Außerdem liege "ein Anspruch auf Übereignung" noch nicht rechtswirksam vor, weil der Übereignungsanspruch erst entstehen könne, wenn "zwischen der Genossenschaft A." und der Beschwerdeführerin "tatsächlich ein Erwerbsvorgang geschaffen" wird. Nach § 16 Abs. 2 GrEStG könne schließlich die Steuerschuld "erst mit dem Eintritt der Bedingung" entstehen. Die Beschwerdeführerin habe auch in der Berufung vorgebracht, daß die Befreiungsvorschrift des § 4 Abs. 1 Z. 3 lit. a und b anzuwenden sei, weil der Beschwerdeführerin von Elisabeth W. Nutzungs- und Antwartschaftsrechte nur übertragen wurden, damit jene "als Erste einen Anteil des Grundstückes, auf dem die genannte Genossenschaft ein Haus erbaut hat, zur Begründung von Wohnungseigentum" erwerben könne. "Letzten Endes" sei aber auch die Bestimmung des § 1 Abs. 4 GrEStG anzuwenden, derzufolge der Gesetzgeber eine "Einrechnungsregel" aufgestellt habe. Darnach wäre, da Elisabeth W. "wahrscheinlich von dem ihrerseits mit der Genossenschaft 'A.' abgeschlossenen Anwartschaftsvertrag vom eine Grunderwerbsteuer vorgeschrieben bekommen haben dürfte", zu prüfen gewesen, in welchem Ausmaße die von der Beschwerdeführerin erbrachte Gegenleistung den Betrag übersteigt, "von dem bei dem vorausgegangenen Rechtsvorgang die Steuer berechnet worden ist."

Der Verwaltungsgerichthof vermag den Rechtsmeinungen der Beschwerdeführerin nicht zu folgen. Was den Einwand einer nicht grunderwerbsteuerbaren Option anlangt, wird darauf verwiesen, daß eine Option nur dann vorliegt, wenn in dem zugrunde liegenden Rechtsvorgange nur ein Vetragsteil verpflichte wird. Die Option berechtigt nämlich, durch einseitige Erklärung ohne neuerlichen Vertragsschluß das Schuldverhältnis selbst hervorzurufen und gibt dem Berechtigten nach Abgabe dieser Erklärung den Anspruch auf Erfüllung des Schuldverhältnisses. Die Option ist somit ein Fall des bedingten Vertrages, und zwar bedingt durch die Abgabe der Optionserklärung. Im vorliegenden Streitfalle hat die Beschwerdeführerin mit Elisabeth W. die Übertragung der dieser auf Grund eines früheren mit der "A." abgeschlossenen Vertrages zustehenden Rechte auf Nutzung einer bestimmten Wohnung und auf Übertragung der entsprechenden Liegenschaftsanteile vereinbart. Dieser beide Vertragsteile bindende Vertrag wurde von der "A." genehmigt und damit rechtswirksam. Eine Option liegt somit mangels eines "Gestaltungsrechtes" nicht vor. Damit geht aber der Hinweis der Beschwerdeführerin auf das hg. Erkenntnis Slg. Nr. 1758 (F), dem ein anderer Sachverhalt zugrunde liegt, ins Leere.

Auch der weitere Beschwerdeeinwand, die Entstehung des Übereignungsanspruches sei davon abhängig, daß "zwischen der Genossenschaft -"A." und der Beschwerdeführerin erst "ein Erwerbsvorgang geschaffen" werde, ist unbegründet. Im vorliegenden Falle hat die Beschwerdeführerin, wie sich aus dem Abtretungsvertrag ergibt, den Anspruch auf Abtretung eines Übereignungsanspruches der Elisabeth W. auf Grund ihrer mit der "A." getroffenen bindenden Vereinbarung erworben. Dieser "Abtretungsvertrag", demzufolge Elisabeth W. nunmehr das ihr vorher von der "A." zugesicherte Nutzungsrecht an einer in einem zu errichtenden Wohnhaus bestimmten Wohnung und das Recht der Übertragung des Wohnungseigentums an der entsprechenden Anzahl von Miteigentumsanteilen an die Beschwerdeführerin abtrat, begründete aber nach dessen Genehmigung durch die "A." gemäß § 1 Abs. 1 Z. 3 GrEStG. "den Anspruch auf Abtretung eines Übereignungsanspruches", ohne daß es eines weiteren Erwerbsvorganges zwischen der "A." und der Beschwerdeführerin bedurft hätte.

Wenn die Beschwerdeführerin weiterhin meint, die Behörde hätte die Bestimmung des § 1 Abs. 4 GrEStG beachten müssen, so vermag sie auch damit nichts für sich zu gewinnen. Die belangte Behörde hat nämlich unter Hinweis auf eine vorangegangene Berufungsvorentscheidung zutreffend ausgeführt, daß die einzelnen Erwerbsvorgänge "zwischen verschiedenen Vertragspartnern" stattfanden, weshalb die Vorschrift des § 1 Abs. 4 GrEStG, die den Abschluß der dort angeführten Rechtsvorgänge unter den gleichen Vertragsteilen vorsieht, nicht angewendet werden könne. Wenn die Beschwerdeführerin daher meint, daß der Frau Elisabeth W. wahrscheinlich von dem ihrerseits mit der "A." abgeschlossenen Anwartschaftsvertrage vom eine Grunderwerbsteuer vorgeschrieben worden sei und daß demgemäß die Frage zu prüfen gewesen wäre, in welchem Ausmaße die von der Beschwerdeführerin erbrachte Gegenleistung den Betrag übersteigt, von dem aus Anlaß einer Besteuerung des Anwartschaftsvertrages die Steuer vorgeschrieben wurde, so ist diese Verfahrensrüge unbegründet.

Aus dem gleichen Grund ist aber auch der Hinweis der Beschwerdeführerin auf ihr seinerzeitiges Berufungsvorbringen, es sei jedenfalls auch die Befreiungsbestimmung des § 4 Abs. 1 Z. 3 lit. a und b GrEStG anzuwenden gewesen, hinfällig. Denn nach diesen Befreiungsbestimmungen ist nur der "Erwerb" von einem gemeinnützigen Bauträger oder einer Personenvereinigung mit der satzungsmäßigen Aufgabe der Schaffung von Wohnungseigentum unter bestimmten Voraussetzungen von der Steuer befreit. An dem vorliegenden steuerpflichtigen Erwerbsvorgang ist aber auf der Veräußererseite keine solche Vereinigung (bzw. kein solcher Bauträger), sondern die physische Einzelperson Elisabeth W. beteiligt.

Schließlich ist auch die weitere Verfahrensrüge, daß die Behörde verpflichtet gewesen wäre, sich die Richtigkeit eines Vorbringens der Beschwerdeführerin durch eine Anfrage bei der "A."

bestätigen zu lassen, völlig unbegründet, weil, wie in der Gegenschrift durchaus zutreffend ausgeführt wird, das durch diese Anfrage nachzuweisende tatsächliche Vorbringen, daß nämlich erst ungefähr im Zeitpunkte der Erhebung der Berufung die "A." den Auftrag zur Ausfertigung und bücherlichen Durchführung des Wohnungseigentumsvertrages - wodurch also die Beschwerdeführerin das grundbücherliche Eigentum an dem betreffenden Liegenschaftsanteil hätte erlangen können - erteilt habe, niemals bestritten worden ist.

Der Verwaltungsgerichtshof konnte somit in der angefochtenen Entscheidung eine Rechtswidrigkeit nicht erkennen. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 47 ff. VwGG 1965.

Wien, am

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Normen
GrEStG 1955 §1 Abs1 Z3;
GrEStG 1955 §1 Abs1 Z4;
GrEStG 1955 §1 Abs4;
GrEStG 1955 §4 Abs1 Z3 lita;
GrEStG 1955 §4 Abs1 Z3 litb;
Sammlungsnummer
VwSlg 3783 F/1968
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1968:1968000274.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
AAAAF-52539