VwGH 17.02.1972, 0256/71
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssätze
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Normen | |
RS 1 | Den Parteien eines Verwaltungsverfahrens ist zwar ein Recht auf Ablehnung von Amtspersonen nicht eingeräumt; es bleibt ihnen jedoch unbenommen, die unzulässige Betätigung des ihrer Meinung nach befangenen Organes mit den gegen dessen Entscheidungen (gegen die unter dessen Mitwirkung geschöpften Entscheidungen) zugelassenen Rechtsmitteln als Mangelhaftigkeit des Verwaltungsverfahrens geltend zu machen (Hinweis B , 1112/48, VwSlg 542 A/1948). |
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RS 2 | Die Mitwirkung eines befangenen Gemeindeorganes bildet dann einen wesentlichen Verfahrensmangel, wenn der Gemeinderat bei Abwesenheit des befangenen Organes nicht beschlußfähig wäre oder wenn ohne dessen Stimme die für die Beschlußfassung nach der Gemeindeordnung erforderliche Stimmenmehrheit nicht zustande gekommen wäre. |
Norm | AVG §7 Abs1 Z3; |
RS 3 | Unter der Mitwirkung an der Erlassung eines Bescheides ist die Teilnahme an der Erzeugung des den förmlichen Verwaltungsakt darstellenden Spruches, nicht aber eine bloße Beteiligung an dem der Erlassung des Bescheides vorangegangenen Verfahren zu verstehen (Hinweis E , 14/52, VwSlg 3625 A/1955). |
Norm | AVG §7 Abs1 Z5; |
RS 4 | Ausführungen über die nicht entscheidende Bedeutung des in § 7 Abs 1 Z 3 AVG umschriebenen Befangenheitsgrundes dann, wenn das Einschreiten ("als Bevollmächtigte einer Partei") aus der gleichen Interessenlage heraus erfolgt ist, wie sie auch für den Bf bestand (hier: das allenfalls aus diesem Grunde befangene Gemeinderatsmitglied war im Baubewilligungsverfahren als Organwalter der Gemeinde in deren Eigenschaft als Anrainer eingeschritten; die Beschwerde wurde durch Anrainer eingebracht). |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dkfm. Dr. Porias und die Hofräte Dr. Rath, Dr. Leibrecht, Dr. Hrdlicka und Dr. Straßmann als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Lengheimer, über die Beschwerde des J L, der K E und der M E, alle in M, alle vertreten durch Dr. Oskar Piso, Rechtsanwalt in Mondsee, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom , Zl. BauR-2158/1-1970 (mitbeteiligte Partei: 1) die Marktgemeinde Mondsee, vertreten durch den Bürgermeister; 2) die X-gesellschaft m. b.H. in L, vertreten durch Dr. Helmut Wildmoser, Rechtsanwalt in Linz, Schillerstraße 11), betreffend die Erteilung einer Baubewilligung; Abweisung der dagegen gerichteten Vorstellung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Jeder der Beschwerdeführer hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 20,-- (zusammen S 60,--) 2) der mitbeteiligten "X-GesmbH Aufwendungen in der Höhe von S 383,40 (zusammen S 1.150,20) binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Ende August des Jahres 1968 suchte die zweitmitbeteiligte Partei dieses verwaltungsgerichtlichen Verfahrens beim Marktgemeindeamt Mondsee um die baubehördliche Bewilligung an, auf dem damals noch im Eigentum der Juliane G. stehenden Grundstück Nr. n/1, inneliegend in EZ. nn des Grundbuches der Katastralgemeinde Mondsee, vier Wohnhäuser, darunter ein Doppelhaus, mit insgesamt 27 Wohnungen errichten zu dürfen. Die am über dieses Vorhaben abgehaltene Bauverhandlung wurde gegen den Antrag des Rechtsfreundes der nunmehrigen Beschwerdeführer vertagt; der Verhandlungsleiter, Erster Vizebürgermeister Dr. Emanuel J., war der Meinung, daß mit Rücksicht auf ein auf demselben Grundstück von einem anderen Bauwerber geplantes Bauvorhaben, über das noch nicht rechtskräftig entschieden gewesen sei, eine Sachentscheidung über den Antrag der Zweitmitbeteiligten derzeit nicht getroffen werden könne. Die Schaffung eines mit dem Grundstück Nr. n/1 identischen Bauplatzes, dessen Abschreibung vom Gutsbestand seiner bisherigen und Übertragung in eine neu eröffnete Einlage wurde in der Folge mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom genehmigt und mit Beschluß des Bezirksgerichtes Mondsee vom 3. April desselben Jahres bücherlich durchgeführt. Im Eigentumsblatt der neu eröffneten Grundbuchseinlage ist die Zweitmitbeteiligte eingetragen.
Mit Kundmachung vom wurde sodann für den 28. April desselben Jahres die fortgesetzte Bauverhandlung anberaumt. Diese (zweite) Bauverhandlung fand wie vorgesehen am unter dem Vorsitz des Bürgermeisters statt. Die Beschwerdeführer ließen sich vorbehaltlich ihres in verfahrensrechtlicher Hinsicht vertretenen Rechtsstandpunktes - sie hatten erfolglos die Absetzung der Verhandlung beantragt - in die Verhandlung ein und erhoben gegen das Bauvorhaben eine Reihe hier nicht im einzelnen darzustellender Einwendungen. Diese Einwendungen hielten die Beschwerdeführer auch - nach Klärung einiger durch sie angeschnittener, insbesondere die Situierung der geplanten Gebäude betreffender Fragen - aufrecht. Bei der im Anschluß daran abgehaltenen (dritten) Bauverhandlung ans gaben die Beschwerdeführer eine Erklärung dieses Inhaltes ab und fügten ihren Einwendungen eine weitere hinzu. Als für das verwaltungsgerichtliche Verfahren bedeutsam ist aus dem Inhalt der Niederschrift, die über diese letzte Bauverhandlung errichtet worden ist, ferner festzuhalten, daß an ihr auch der Leiter des benachbarten a.ö. Krankenhauses Mondsee und erste Bürgermeisterstellvertreter der Marktgemeinde Mondsee, Medizinalrat Dr. Emanuel J., erstmals persönlich teilnahm. In seiner Eigenschaft als Vizebürgermeister hatte Dr. Emanuel J. die (erste) Bauverhandlung im Oktober 1968 geleitet; nunmehr vertrat er den Eigentümer des benachbarten Krankenhauses, die Marktgemeinde Mondsee, als Partei des Verwaltungsverfahrens.
Er gab die Erklärung ab, gegen das vorliegende Bauvorhaben im Gegensatz zu dem viel umfangreicheren, noch nicht baubehördlich erledigten zweiten Projekt - keine Einwendungen zu haben; er sprach sich lediglich gegen einen Parkplatz in unmittelbarer Nähe des Krankenhauses aus. Sein übriges Vorbringen bezog sich auf das Verlangen einer möglichst geringen Beeinträchtigung seiner Patienten durch die Bauarbeiten.
Mit Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde Mondsee vom wurde der Mitbeteiligten die angestrebte Baubewilligung unter einer Reihe von Auflagen erteilt und wurden die Einwendungen der Beschwerdeführer, soweit ihnen nicht durch die erwähnten Auflagen ohnedies entsprochen sei, zurückgewiesen. Aus dem Inhalt der dagegen durch die Beschwerdeführer erhobenen Berufung sei hier festgehalten, daß dort auf die Stellungnahme Dris. Emanuel J. in dem noch anhängigen zweiten Bauverfahren verwiesen und gerügt wurde, daß Dr. Emanuel J. nunmehr einen anderen, positiven Standpunkt bezogen habe, obwohl auch im Falle der Realisierung des Bauvorhabens der Erstmitbeteiligten wesentliche Beeinträchtigungen der Patienten des Krankenhauses, insbesondere durch Verkehrslärm, zu befürchten seien. Über den Verlauf jener Sitzung des Gemeinderates der Marktgemeinde Mondsee, in der über die Berufung der Beschwerdeführer entschieden wurde, gibt die darüber aufgenommene Niederschrift folgendes Bild: Der Bürgermeister enthielt sich der Teilnahme an der Erledigung dieses Tagesordnungspunktes unter Hinweis auf seine Mitwirkung am Bescheid erster Instanz (§ 7 Abs. 1 Z. 5 AVG 1950). Um eine unbefangene Berichterstattung des ersten Bürgermeisterstellvertreters Dr. Emanuel J. zu ermöglichen, übernahm nicht dieser, sondern der zweite Bürgermeisterstellvertreter den Vorsitz. Von einem Gemeinderatsmitglied wurde sodann der mit einem entsprechenden Bescheidentwurf instruierte Antrag gestellt, der Berufung nicht stattzugeben. In der folgenden Debatte legte Dr. Emanuel J. (dessen spätere Mitwirkung an der Abstimmung die Beschwerdeführer wegen seiner auch nach Auffassung der belangten Behörde bestehenden Befangenheit für unzulässig halten) erneut die sachlichen Unterschiede zwischen dem (82 Wohnungen umfassenden) früheren Objekt eines anderen Bauwerbers und dem Vorhaben der Mitbeteiligten dar. Ein weiteres Gemeinderatsmitglied gab der Meinung Ausdruck, mit Rücksicht auf das Ruhebedürfnis der Patienten gehörten Wohnblocks überhaupt nicht in die Nähe des Krankenhauses und stellte demgemäß den Gegenantrag, der Berufung Folge zu geben und "damit den Bau der X-GmbH an der Stelle neben dem Krankenhaus zu verhindern". In der anschließenden Debatte ergriff auch Gemeinderat Franz G. (dessen Mitwirkung an der Berufungsentscheidung die Beschwerdeführer vor dem Verwaltungsgerichtshof unter Hinweis auf sein Verwandtschaftsverhältnis zur Voreigentümerin des Bauplatzes, Juliane G. rügen) das Wort und hob hervor, daß es sich bei den Wohnblocks auf den G-Gründen um sogenannte frei finanzierte Bauten handle und daher gut zahlende Leute aus Deutschland nach Mondsee gezogen würden. Im weiteren Verlauf der Debatte wurde Vizebürgermeister Dr. Emanuel J. vorgehalten, in der Bevölkerung werde die Meinung vertreten, er sei "nunmehr für die X-GmbH", weil der maßgebende Mann in dieser Gesellschaft eine seiner, Dris. Emanuel J., Partei nahestehende Persönlichkeit sei. Der Genannte bestritt dies energisch. Sodann brachte der Vorsitzende in Erinnerung, daß sich seinerzeit alle 24 Mitglieder des Gemeinderates für die Verbauung der G-Gründe in aufgeschlossener Form und villenartig ausgesprochen hätten. Die nach Abschluß der Debatte durchgeführte Abstimmung ergab nach Ausweis der Niederschrift 13 Stimmen für den Antrag, der Berufung der Beschwerdeführer nicht Folge zu geben. Welche Mitglieder des Gemeinderates ihre Stimme für diesen Antrag abgegeben hatten, ist in der Niederschrift nicht festgehalten; es ist jedoch offenkundig und vor dem Verwaltungsgerichtshof unbestritten, daß sich darunter auch die Mitglieder des Gemeinderates Dr. Emanuel J. und Franz G. befunden haben. Unbestritten ist des weiteren, daß 11 Gegenstimmen abgegeben worden waren.
Auf der Grundlage dieses Sitzungsbeschlusses erging sodann der Bescheid des Gemeinderates der Marktgemeinde Mondsee vom , mit welchem der Berufung der Beschwerdeführer keine Folge gegeben und der Bescheid der Vorinstanz bestätigt wurde.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Vorstellung (§ 102 der Oberösterreichischer Gemeindeordnung 1965) machten die Beschwerdeführer neben anderen, vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht mehr verfolgten Mängeln geltend, die Gemeinderatsmitglieder Dr. Emanuel J. und Franz G. hätten an der Abstimmung teilgenommen, obwohl sie befangen gewesen seien. Die Befangenheit Dris. Emanuel J. ergebe sich aus seiner Eigenschaft als Verhandlungsleiter in erster Instanz sowie als Leiter des benachbarten Krankenhauses. Daß das Gemeinderatsmitglied Franz G. befangen sei, schlossen die Beschwerdeführer daraus, daß der Baugrund dessen Mutter (Juliane G.) gehört und der "bezügliche Kaufvertrag" (zwischen Juliane G. und der Zweitmitbeteiligten Ges.m.b.H.) unter der ausdrücklichen Bedingung abgeschlossen worden sei, daß das verkaufe Grundstück als Baugrund in der Art der beantragten Bauführung verwendet werden könne. Wäre, so wurde gesagt, dies beachtet und ohne Teilnahme dieser beiden Mitglieder abgestimmt worden, so wäre die für die Abweisung erforderliche Stimmenmehrheit nicht zustande gekommen. Der Vorstellung wurde mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom nicht Folge gegeben und gemäß § 102 Abs. 5 der Oberösterreichischen Gemeindeordnung 1965 festgestellt, daß die Beschwerdeführer durch den Bescheid des Gemeinderates in ihren Rechten nicht verletzt seien. Die Behörde führte zur Frage der behaupteten Befangenheit zweier Gemeinderatsmitglieder aus, daß sie in beiden Fällen eine Befangenheit nicht für gegeben erachte. Die Baubewilligung vom gründe sich nur auf das Ergebnis der am 23. Juni desselben Jahres durchgeführten Verhandlung. Als Verhandlungsleiter der ergebnislos vertagten Bauverhandlung vom habe Dr. Emanuel J. keine wie immer geartete entscheidende Einflußnahme auf die Baubewilligung ausüben können. Aber auch aus seiner Eigenschaft als medizinischer Leiter des Krankenhauses Mondsee ergebe sich eine Befangenheit deshalb nicht, weil Dr. Emanuel J. weder zu der in Streit stehenden Bauangelegenheit noch zu den am Streite beteiligten Personen in einer Beziehung stehe, die geeignet sei, seine volle Unbefangenheit in Zweifel zu setzen. Das Gemeinderatsmitglied Franz G. hinwiederum könne deshalb nicht als befangen gelten, weil zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Berufung der Beschwerdeführer das Baugrundstück schon im Eigentum der Zweitmitbeteiligten gestanden habe und privatrechtliche Vereinbarungen in einem Kaufvertrag keine Rückwirkungen auf das öffentlich-rechtliche Bauverfahren haben könnten. Aber auch dann, wenn Franz G. befangen gewesen wäre, könnte in dessen Teilnahme an der Abstimmung deshalb kein wesentlicher Verfahrensmangel erblickt werden, weil für die Ablehnung der Berufung auch in diesem Falle noch die erforderliche Mehrheit vorhanden gewesen wäre.
Die Beschwerdeführer fochten diesen Bescheid mittels Berufung an. Zu dem vor dem Verwaltungsgerichtshof strittigen Thema der Befangenheit führten sie dieses Rechtsmittel dahin aus, die Meinungsänderung Dris. Emanuel J. in bezug auf das früher für das gleiche Grundstück geplante Bauvorhaben lasse sich bei sachlicher Betrachtung der Angelegenheit nicht erklären. Dr. Emanuel J. habe auch zum Bauvorhaben der Zweitmitbeteiligten zunächst schriftlich eine ablehnende Stellung bezogen (eine solche Äußerung ist den dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens allerdings nicht angeschlossen, weshalb sie in der Darstellung des Verwaltungsgeschehens auch nicht erwähnt wurde) und erst aus Anlaß der Bauverhandlung vom diese Stellungnahme "widerrufen", ohne hiefür stichhaltige Argumente angeben zu können. Gerade daraus ergebe sich auch die Befangenheit des genannten Gemeinderatsmitgliedes, das sowohl als Vertreter der Gemeinde in ihrer Eigenschaft als Anrainer (Eigentümer des aö. Krankenhauses Mondsee) eingeschritten als auch als Verhandlungsleiter der (ersten) Bauverhandlung tätig geworden sei. Letzterer Umstand bewirke die Befangenheit Dris. Emanuel J. im Berufungsverfahren gemäß § 7 Abs. 1 Z. 5 AVG 1950. Das Gemeinderatsmitglied Franz G. wiederum habe aus den schon in der Vorstellung dargelegten Gründen ein persönliches Interesse an der Erteilung der Baubewilligung gehabt. Bei Stimmenthaltung dieser beiden befangenen Gemeinderatsmitglieder wäre eine Mehrheit für die Abweisung der Berufung der Beschwerdeführer nicht zustande gekommen.
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom gab die Oberösterreichische Landesregierung der Berufung der Beschwerdeführer gegen den Vorstellungsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck nicht Folge. Zu der vor dem Verwaltungsgerichtshof allein strittigen Befangenheitsfrage führte die belangte Behörde in diesem Bescheid aus, zwar hätte sich Dr. Emanuel J. gemäß § 64 Abs. 1 Z. 3 der Oberösterreichischen Gemeindeordnung 1965 als befangenes Mitglied eines Kollegialorganes der Stimmabgabe zu enthalten gehabt, weil er als Bevollmächtigter einer Partei - der Gemeinde als Eigentümer des aö. Krankenhauses Mondsee bestellt gewesen sei; an der Unbefangenheit des Gemeinderatsmitgliedes Franz G. hingegen habe die Landesregierung keinen Zweifel, zumal das Wesen der Befangenheit in der Hemmung einer unparteiischen Entschließung durch unsachliche Motive bestehe. Die belangte Behörde sei der Ansicht, daß darin, daß der Baugrund von der Mutter dieses Gemeinderatsmitgliedes an den Bauwerber nur unter der Bedingung der Verwendbarkeit für die beabsichtigte Bebauung habe verkauft werden können - was übrigens im Verwaltungsverfahren unbewiesen geblieben sei - kein wichtiger Grund im Sinne des § 64 Abs. 5 der Oberösterreichischen Gemeindeordnung 1965 zu erblicken sei, der die volle Unbefangenheit des genannten Gemeinderatsmitgliedes in Zweifel setzen könnte. Der in der Beteiligung Dris. Emanuel J. an der Abstimmung gelegene Verfahrensmangel sei nicht wesentlich, weil auch im Falle seiner Stimmenthaltung zwölf von 21 Gemeinderatsmitglieder für den Antrag auf Abweisung der Berufung der Beschwerdeführer gestimmt hätten. An Beschlußfähigkeit und Mehrheitsverhältnis hätte sich daher in diesem Falle nichts geändert. Zusammenfassend stellte die belangte Behörde in ihrer Bescheidbegründung fest, daß Rechte der Beschwerdeführer, wie die Erstinstanz im Ergebnis zutreffend erkannt habe, nicht verletzt worden seien.
Gegen diesen Bescheid ist die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde gerichtet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Durch den angefochtenen Bescheid erachten sich die Beschwerdeführer offenkundig in ihrem Recht darauf verletzt, daß die belangte Behörde nicht - in Abänderung des Bescheides der Aufsichtsbehörde erster Rechtsstufe - festgestellt hat, sie seien durch den Bescheid des Gemeinderates in ihrem Recht auf Versagung der Baubewilligung, und zwar dadurch verletzt worden, daß der ihrer Berufung nicht Folge gebende Bescheid der Baubehörde zweiter Instanz nur infolge Mitwirkung von Gemeinderatsmitgliedern zustande gekommen sei, die sich wegen Befangenheit der Ausübung ihres Amtes zu enthalten und ihre Vertretung zu veranlassen gehabt hätten (§ 7 Abs. 1 Einleitungssatz AVG 1950). Schon hier ist klarzustellen, daß die Lösung der Rechtsfrage nicht, wie in der Verwaltungsebene verschiedentlich angenommen wurde, auf der Grundlage des § 64 der Oberösterreichischen Gemeindeordnung 1965, sondern ausschließlich unter Heranziehung der Regelung des § 7 AVG 1950 zu finden ist. Dies deshalb, weil das administrative Verfahren vor den als Behörden tätigen Gemeindeorganen gemäß Art II Abs. 2 lit. A Z. 2 bzw. - bei den Gemeinden ohne eigenes Statut - gemäß Art. II Abs. 2 lit. B Z. 26 EGVG 1950 durch das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1950 geregelt ist. Zu der demnach hier maßgeblichen, im § 7 AVG 1950 enthaltenen verfahrensrechtlichen Regelung hat der Verwaltungsgerichtshof in seiner bisherigen Rechtsprechung folgendes ausgesprochen: Den Parteien eines Verwaltungsverfahrens ist zwar ein Recht auf Ablehnung von Amtspersonen gemäß § 7 AVG 1950 nicht eingeräumt (Erkenntnis vom , Zl. 1411/54); es bleibt ihnen jedoch unbenommen, die unzulässige Betätigung des ihrer Meinung nach befangenen Organes mit den gegen dessen Entscheidungen (gegen die unter dessen Mitwirkung geschöpften Entscheidungen) zugelassenen Rechtsmitteln als Mangelhaftigkeit des Verwaltungsverfahrens geltend zu machen (Beschluß vom , Slg. N. F. Nr. 542/A). Einen wesentlichen Verfahrensmangel im Sinne des § 42 Abs. 2 lit. c Z. 3 VwGG (1965) begründet die Mitwirkung eines befangenen Gemeindeorganes dann, wenn der Gemeinderat bei Abwesenheit des befangenen Organes nicht beschlußfähig wäre oder wenn ohne dessen Stimme die für die Beschlußfassung nach der Gemeindeordnung erforderliche Stimmenmehrheit nicht zustande gekommen wäre.
Die Ausführungen der Beschwerdeführer bewegen sich auf dem Boden dieser Grundsätze: Die Beschwerdeführer behaupten in Übereinstimmung mit der Aktenlage, daß ohne die Mitwirkung der Gemeinderatsmitglieder Dr. Emanuel J. und Franz G. u die Abstimmung über jenen Antrag, auf dessen Annahme die Abweisung ihrer Berufung beruht, ein Stimmverhältnis von 11 : 11 ergeben und dieser Antrag daher gemäß § 51 Abs. 1 zweiter Satz der Oberösterreichischen Gemeindeordnung 1965 abgelehnt gewesen wäre. Das Schicksal der vorliegenden Beschwerde hängt sohin davon ab, ob sich die beiden vorgenannten Gemeinderatsmitglieder tatsächlich wegen Befangenheit ihres Amtes zu enthalten und ihre Vertretung zu veranlassen gehabt hätten.
Der Verwaltungsgerichtshof kann der belangten Behörde nicht darin beipflichten, daß Gemeinderat Franz G. auf der Grundlage des bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides ermittelten Sachverhaltes als in jeder Hinsicht unbefangen gelten konnte. Trafen nämlich die Behauptungen der Beschwerdeführer über den Inhalt des zwischen der Mutter dieses Gemeinderatsmitgliedes und der Mitbeteiligten geschlossenen Kaufvertrages zu - die belangte Behörde hat dies weder selbst untersucht, noch das Unterbleiben der Klärung dieses Sachverhaltselementes zum Anlaß einer Aufhebung des Bescheides des Gemeinderates genommen, sondern sich darauf beschränkt, in der Begründung ihres Bescheides auszusprechen, diese Behauptung sei unbewiesen geblieben -, dann mußte es zweifelhaft sein, ob dieses Gemeinderatsmitglied über die Berufung der Beschwerdeführer ohne jegliche unsachliche Beeinflussung werde befinden können. Dennoch kann der Verwaltungsgerichtshof den angefochtenen Bescheid deshalb nicht für rechtswidrig erkennen, weil er anders als die belangte Behörde eine allenfalls als gegeben anzunehmende Befangenheit Dris. Emanuel J. nicht für entscheidend erachtet. Zunächst ist es unrichtig, daß sich der Genannte wegen seiner Mitwirkung an der am abgehaltenen (ersten) Bauverhandlung im Grunde des § 7 Abs. 1 Z. 5 AVG 1950 seines Amtes zu enthalten gehabt hätte; dies deshalb, weil dieser Befangenheitsgrund nur auf solche Organe zutrifft, die an der Erlassung des (mittels Berufung angefochtenen) Bescheides in unterer Instanz mitgewirkt haben. Schon in seinem Erkenntnis vom , Slg. N. F. Nr. 3625/A, hat der Verwaltungsgerichtshof klargestellt, daß unter der Mitwirkung an der Erlassung eines Bescheides die Teilnahme an der Erzeugung des den förmlichen Verwaltungsakt darstellenden Spruches, nicht aber eine bloße Beteiligung an dem der Erlassung des Bescheides vorangegangenen Verfahren zu verstehen ist. In der Funktion Dris. Emanuel J. als Verhandlungsleiter kann daher die vom Gesetz gemeinte Mitwirkung im Beschwerdefall umsoweniger gelegen sein, als, wie schon im Sachverhalt hervorgehoben wurde, diese Verhandlung ohne Eingehen in das Bauvorhaben der Zweitmitbeteiligten aus formellen Gründen vertagt worden war. Was hingegen die Rolle des genannten Gemeinderatsmitgliedes als Vizebürgermeister und ärztlicher Leiter des an den Bauplatz der Mitbeteiligten angrenzenden, aö. Krankenhauses Mondsee sowie sein Auftreten als Vertreter von dessen Eigentümer, der Gemeinde Mondsee, bei der (dritten) Bauverhandlung am angeht, ist folgendes zu sagen: Ob dieses Einschreiten Dris. Emanuel J. tatsächlich, wie die Beschwerdeführer unter Berufung auf § 7 Abs. 1 Z. 3 AVG 1950 geltend machen, den in dieser Gesetzesstelle umschriebenen Befangenheitsgrund ungeachtet des Umstandes hergestellt hat, daß dieses Gemeinderatsmitglied dort nicht als gewählter Bevollmächtigter der Gemeinde, sondern als deren Organwalter aufgetreten ist, kann dahingestellt bleiben. Konnte doch zwischen Dr. Emanuel J. und den Beschwerdeführern in der hier in Betracht kommenden Hinsicht deshalb keinerlei Interessengegensatz bestehen, weil dieser die Gemeinde bei der dritten Bauverhandlung nicht etwa in ihrer Eigenschaft als Bauwerber, also aus einer den Interessen der Beschwerdeführer entgegengesetzten Position heraus, vertreten, sondern ebenso wie die Beschwerdeführer Anrainerinteressen wahrzunehmen hatte. Ferner bedeutet nicht jede Teilnahme eines Gemeinderatsmitgliedes an der der Bescheiderlassung durch den Bürgermeister als Baubehörde erster Instanz vorangegangenen Bauverhandlung schon schlechthin, daß dieses Mitglied damit bei Erlassung des Berufungsbescheides durch den Gemeinderat aus diesem Grunde wegen Befangenheit ausscheiden müßte. Da die Außerachtlassung von Verfahrensvorschriften - und § 7 AVG 1950 ist eine Verfahrensvorschrift - eine Verletzung von Rechten nur dann bewirkt, wenn sie von Einfluß auf die Sachentscheidung sein kann (§ 42 Abs. 2 lit. c Z. 3 VwGG 1965), sind demnach bei der gegebenen Situation durch die Teilnahme Dris. Emanuel J. an der Schöpfung der Berufungsentscheidung des Gemeinderates Rechte der Beschwerdeführer nicht verletzt worden. An diesem Ergebnis änderte es auch nichts, wenn entsprechend der Behauptung eines Gemeinderatsmitgliedes - sie ist in der Sachverhaltsdarstellung wiedergegeben worden "der maßgebende Mann" der Zweitmitbeteiligten der politischen Partei Dris. Emanuel J. nahestünde: Beziehungen dieser Art können bei keinem Mitglied eines demokratisch gewählten Organes ausgeschlossen werden und sind nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes nicht geeignet, einen Befangenheitsgrund zu bilden.
Eine die Aufhebung des angefochtenen Bescheides nach sich ziehende Mangelhaftigkeit des Verfahrens ist demnach, entgegen der Behauptung der Beschwerdeführer nicht gegeben. Somit war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 19665 als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über die Kosten gründet sich auf die §§ 47 VwGG 1965 in Verbindung mit den Bestimmungen der Verordnung des Bundeskanzleramtes vom , BGBl. Nr. 4.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Normen | |
Sammlungsnummer | VwSLg 8171 A/1972 |
Schlagworte | Verfahrensbestimmungen Befangenheit offenbare Unrichtigkeiten Ablehnung wegen Befangenheit Rechtsanspruch Befangenheit innerhalb der Gemeindeverwaltung Einfluß auf die Sachentscheidung Befangenheit der Mitglieder von Kollegialbehörden |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1972:1971000256.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
KAAAF-52514