Suchen Hilfe
VwGH 12.09.1979, 0255/79

VwGH 12.09.1979, 0255/79

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Norm
FremdenverkehrsförderungsG Wr 1955 §11 Abs1;
RS 1
Unter einem "Beherbergungsbetrieb" iSd § 11 Abs 1 Wr FremdenverkehrsförderungsG ist die entgeltliche Zurverfügungstellung von Wohnraum zum Zwecke des (vorübergehenden) Aufenthaltes, verbunden mit den in einem Betrieb der Fremdenbeherbergung üblichen Dienstleistung zu verstehen.
Normen
AbgRallg;
VwRallg;
RS 2
Das Steuerrecht ist ein Teil der allgemeinen Rechtsordnung und soll sich ihr einfügen, soweit nicht sein Wesen eine Sonderbehandlung verlangt. Demnach sollten in der Rechtssprache geprägte Begriffe allgemein die gleiche Bedeutung haben. Jedes Gesetzgebungswerk muß nämlich sorgfältig daraufhin durchdacht sein, daß die Verbindung der Teilregelungen untereinander durch ihr logisches Zusammenstimmen gewährleistet ist (Hinweis E , 307/63, wonach aus der Einheit der Rechtsordnung der Auslegungsgrundsatz der Einheit der Rechtssprache abzuleiten ist (Hinweis E , 73/67, VwSlg 7216 A/1967).

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Raschauer und die Hofräte Mag. Kobzina, Dr. Salcher, Dr. Närr und Mag. Meinl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Magistratsrat Dr. Thumb, über die Beschwerde des GA in W, vertreten durch Dr. Manfred Lampelmayer, Rechtsanwalt in Wien I, Elisabethstraße 15, gegen den Bescheid der Abgabenberufungskommission für Wien vom , Zl. MDR-A 8/77, betreffend Haftung für die Ortstaxe, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 900,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Verwaltungsrechtszug ergangenen Bescheid der Abgabenberufungskommission vom wurde die Berufung des Beschwerdeführers gegen fünf Haftungsbescheide des Magistrates der Stadt Wien vom in Angelegenheit der Geltendmachung der Haftung für die Begleichung der Ortstaxe im Gesamtbetrag von S 945.978,-- (einschließlich Säumnis- und Verspätungszuschlag) betreffend die vom Beschwerdeführer in Wien V, K.gasse, Wien XVII, H. Gürtel, Wien XXII, B.straße, Wien XX, K.straße und Wien IX, P.gasse, geführten Beherbergungsbetriebe gemäß § 224 Abs. 2 der Wiener Abgabenordnung-WAO, LGBl. für Wien Nr. 21/1962, als unbegründet abgewiesen. Zur Begründung führte die Berufungsinstanz im wesentlichen aus, der Beschwerdeführer bestreite die Feststellungen des Magistrates der Stadt Wien, daß es sich bei den ob genannten Objekten um Beherbergungsbetriebe handle. Eine Einsichtnahme in die vom Beschwerdeführer vorgelegten "Mietverträge" habe ergeben, daß sich dieser gegenüber diversen Baufirmen zur Beistellung des Inventars (Schränke, Betten etc.), der Bettwäsche und Decken sowie zur Reinigung der Bettwäsche und der Räumlichkeiten verpflichtet habe. Weder daß Wiener Fremdenverkehrsförderungsgesetz noch eine sonstige hier anwendbare Rechtsvorschrift enthalte eine Definition des Begriffes "Beherbergungsbetrieb". Unter einem Beherbergungsbetrieb müßten daher alle jene Einrichtungen verstanden werden, die nach dem allgemeinen Sprachgebrauch als Beherbergungsbetriebe bezeichnet werden, wie etwa Hotels, Pensionen, Gasthöfe und Fremdenherbergen. In diesem Zusammenhang habe der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , Zl. 73/67, Slg. Nr. 7216/A, ausgesprochen, die, entgeltliche Vergabe von Bettstellen in einem Massenquartier sei auch dann als Ausübung des Fremdenbeherbergungsgewerbes anzusehen, wenn in völlig unzureichendem Maße sanitäre Einrichtungen beigestellt werden und an Dienstleistungen dem Kunden gegenüber nur die gelegentliche Beistellung gesäuberter Bettwäsche erbracht werde. Im Falle des Beschwerdeführers seien diese vom Verwaltungsgerichtshof genannten, einen Fremdenbeherbergungsbetrieb konstituierenden Merkmale im verstärkten Maße vorhanden, da er sich zu einer Reihe von Dienstleistungen (Reinigung der Bettwäsche und der Räume) verpflichtet habe. Nach § 1091 ABGB sei Miete die entgeltliche Überlassung einer beweglichen oder unbeweglichen Sache zum Gebrauch. Da der Beschwerdeführer sich nicht auf eine bloße Gebrauchsüberlassung beschränkt, sondern sich zur Erbringung von Dienstleistungen verpflichtet habe, liege kein bloßes Mietverhältnis, sondern eine Fremdenbeherbergung vor. Für die Verpflichtung zur Entrichtung der Ortstaxe sei an sich ohne Bedeutung, aus Welchem Motiv eine Person in einem Beherbergungsbetrieb Aufenthalt nehme, zumal § 12 Abs. 1 des Wiener Fremdenverkehrsförderungsgesetzes bestimmte Befreiungen normiere. Es habe somit einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung bedurft, damit bestimmte Personengruppen von der nach § 11 Abs. 1 des Wiener Fremdenverkehrsförderungsgesetzes bestehenden Ortstaxepflicht befreit werden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit erhobene Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Gerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdefführer nach seinem Vorbringen durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht verletzt, zur Haftung für die Ortstaxe nach dem Gesetz vom , LGBl. für Wien Nr. 13, betreffend die Fremdenverkehrsförderung in Wien, in der jeweils geltenden Fassung (Wiener Fremdenverkehrsförderungsgesetz), herangezogen zu werden. In Ausführung des solcherart aufzufassenden Beschwerdepunktes gibt der Beschwerdeführer seiner Rechtsansicht Ausdruck, die Vermietung von Schlafstellen in den angeführten, von ihm zur Verfügung gestellten Objekten, könne nicht als Ausübung eines Beherbergungsbetriebes qualifiziert werden. Aus den §§ 1 und 3 Abs. 2 des Wiener Fremdenverkehrsförderungsgesetzes ergebe sich zwingend, daß es sich hier um die Förderung und Belebung des Fremdenverkehrs, also um den Zustrom in- und ausländischer Gäste und Touristen handle. Im Gegensatz dazu umfasse im gegenständlichen Fall die Quartiervergebung einen Personenkreis, der einzig und allein deswegen in Wien Aufenthalt nehme, um hier einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Dies ergebe sich zwingend aus den aktenkundig abgeschlossenen Mietverträgen, die zwischen dem Beschwerdeführer und diversen Bauunternehmen abgeschlossen worden seien. Die Maßnahmen der Fremdenverkehrsförderung hätten aber auf den Zustrom von Gastarbeitern nicht den geringsten Einfluß und könne im Gegenteil dazu festgestellt werden, daß Sinn und Zweck der Fremdenverkehrsförderung nicht darin zu suchen sei, den Zustrom von Fremdarbeitern zu verstärken. Die Beistellung des Inventars (Schränke, Betten etc.) könne im Rahmen eines Mietvertrages ohne weiteres erfolgen, da auch Privatwohnungen jederzeit möbliert vermietet werden könnten, ohne daß dadurch ein "Beherbergungsbetrieb" rechtlich konstruierbar sei. Dasselbe gelte für die Zurverfügungstellung der Bettwäsche. Was die Reinigung der Bettwäsche und der Räumlichkeiten anlange, so handle es sich um eine reine Zweckmäßigkeitsüberlegung zwischen den Vertragsteilen.

Diesem Vorbringen bleibt es verwehrt, die Beschwerde zum Erfolg zu führen. Gemäß § 11 Abs. 1 des Wiener Fremdenverkehrsförderungsgesetzes hat, wer im Gebiet der Stadt Wien in einem Beherbergungsbetrieb gegen Entgelt Aufenthalt nimmt, die Ortstaxe zu entrichten, sofern er nicht nach § 12 von der Leistung der Ortstaxe befreit ist. Nach der Anordnung des § 13 Abs. 1 leg. cit. haben die Inhaber der Beherbergungsbetriebe die Ortstaxe von den Beherbergten einzuheben und dem Magistrat bis zum

14. des der Beherbergung nächstfolgenden Monates eine Abgabenerklärung einzureichen und die Abgabe zu entrichten. Die Inhaber der Beherbergungsbetriebe haften für die Begleichung der Ortstaxe durch die Beherbergten.

Die dargestellte Rechtslage wird von den Parteien des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht in Zweifel gezogen. Auch der von der belangten Behörde als erwiesen angenommene Sachverhalt wird vom Beschwerdeführer nicht bestritten. In Streit steht vorwiegend die Rechtsfrage, ob die entgeltliche Vergabe (Vermietung) von Schlafstellen an beim Vertragspartner (Bauunternehmen) beschäftigte Bauarbeiter unter das normative Tatbestandsmerkmal "Beherbergungsbetrieb" subsumiert werden kann oder nicht.

Eine Legaldefinition dieses Rechtsbegriffes findet sich im Gesetz nicht. Seine Sinnermittlung ist daher Angelegenheit der juristischen Interpretation. Das die strittige tatbestandsbezogene Voraussetzung bezeichnende verbum legale "Beherbergungsbetrieb" ist gemäß den Grundsätzen juristischer Hermeneutik zunächst nach seiner sprachlichen Bedeutung auszulegen. Das Wort "beherbergen" bedeutet im Sprachgebrauch, jemandem eine vorübergehende Unterkunft bieten (vgl. J. und W. Grimm, Deutsches Wörterbuch, Leipzig 1854, Bd. IV, Seite 1059, und Der Große Duden, Bedeutungswörterbuch, Seite 110). Nach der eigentümlichen Bedeutung der Worte im Zusammenhang der bezogenen Gesetzesstelle (verbis: "…. in einem Beherbergungsbetrieb gegen Entgelt Aufenthalt nimmt, …..") ist diesen jedenfalls zu entnehmen, daß darunter die entgeltliche Zurverfügungstellung von Wohnraum zum Zwecke des (vorübergehenden) Aufenthaltes, verbunden mit den in einem Betrieb der Fremdenbeherbergung üblichen Dienstleistungen zu verstehen ist. Solcherart konnte der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie aus dem gesamten Erscheinungsbild der vertraglichen Vereinbarungen, wonach der Beschwerdeführer bezüglich der vermieteten Räume versperrbare Schränke, Betten, Matratzen, Leintücher, Kopfpolster und Decken zur Verfügung zu stellen, dieselben zu reinigen und alle vier Wochen zu wechseln, sohin eine laufende, wenn auch - gemessen an einem bescheidenen Wohnungsstandard - unzureichende Obsorge durchzuführen hatte, die gemäß dem § 11 Abs. 1 des Wiener Fremdenverkehrsförderungsgesetzes rechtserhebliche Tatsache des Vorliegens eines "Beherbergungsbetriebes" als gegeben annahm. Die Richtigkeit dieser Rechtsauffassung erhellt auch unter Bedachtnahme auf ein weiteres Auslegungskriterium. Das Steuerrecht ist ein Teil der allgemeinen Rechtsordnung und soll sich ihr einfügen, soweit nicht sein Wesen eine Sonderbehandlung verlangt. Demnach sollten in der Rechtssprache geprägte Begriffe allgemein die gleiche Bedeutung haben. Jedes Gesetzgebungswerk muß nämlich sorgfältig daraufhin durchdacht sein, daß die Verbindung der Teilregelungen untereinander durch ihr logisches Zusammenstimmen gewährleistet ist (vgl. Beling, Methodik der Gesetzgebung, Seite 20). Wie auch der Verwaltungsgerichtshof u. a. in seinem Erkenntnis vom , Zl. 307/63, dargetan hat, folgt aus der Einheit der Rechtsordnung der Auslegungsgrundsatz der Einheit der Rechtssprache. Betrachtet man unter diesem Gesichtspunkt das verbum legale "Beherbergungsbetrieb", so wird deutlich, daß es dem Abgabengesetzgeber, soweit er sich dieses Wortes bediente, fernlag, diesem einen anderen Inhalt zuzumessen, als etwa jenem in § 16 Abs. 1 lit. a GewO 1859 (nunmehr § 189 Abs. 1 Z. 1 GewO 1973) normierten Begriff der Fremdenbeherbergung (Beherbergung von Gästen). Die belangte Behörde hat ihre Entscheidung auf die Feststellung gegründet, daß die Zurverfügungstellung von Wohnraum, verbunden mit der Erbringung von Dienstleistungen an die dort wohnhaften Bauarbeiter als Ausübung eines Beherbergungsbetriebes betrachtet werden muß und ist bei der rechtlichen Würdigung vom Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 73/67, Slg. Nr. 7216/A, ausgegangen, in welchem sich der Gerichtshof zur Rechtsmeinung bekannt hat, daß die entgeltliche Vergabe von Bettstellen in einem Massenquartier auch dann als Ausübung des Fremdenbeherbergungsgewerbes anzusehen ist, wenn in völlig unzureichendem Maße sanitäre Einrichtungen beigestellt werden und an Dienstleistungen dem Kunden gegenüber nur die gelegentliche Beistellung gesäuberter Bettwäsche erbracht wird.

In Hinsicht darauf war es bei der wiedergegebenen Rechtslage daher nicht rechtswidrig, daß die belangte Behörde mit Rücksicht auf den dargestellten normativen Gehalt des streitentscheidenden Tatbestandsmerkmales des "Beherbergungsbetriebes" die Verpflichtung zur Entrichtung der Ortstaxe (Abgabenschuld) bestätigte.

Auch der weitere Einwand des Beschwerdeführers, er sei nicht als Inhaber der Beherbergungsbetriebe und sohin nicht als Haftungspflichtiger im Sinne des § 13 Abs. 1 des Wiener Fremdenverkehrsförderungsgesetzes zu qualifizieren, weil der Inhaber eines Betriebes keineswegs immer mit dem Eigentümer des Objektes, in welchem dieser Betrieb geführt werde, identisch sein müsse, erweist sich als nicht stichhältig, da mangels des Vorliegens einer entsprechenden rechtlichen Gestaltungsform sich der Beschwerdeführer in Hinsicht auf die vorliegenden Objekte auch als Rechtsinhaber erweist.

Der Beschwerdeführer beteiligt sich durch die Vermietung der oben angeführten fünf Häuser und die damit verbundenen Dienstleistungen ebenso am wirtschaftlichen Verkehr wie ein Kaufmann, der Waren zum Verkaufe anbietet; wie dieser als Verkäufer von Waren, tritt der Beschwerdeführer als Eigentümer der Objekte zur Beherbergung von Bauarbeitern in einem Massenquartier den Beteiligten Kreisen gegenüber nach außen hervor. Solcherart aber war die darauf gegründete Entscheidung der belangten Behörde in Hinsicht auf die Qualifikation des Beschwerdeführers als Inhaber der Beherbergungsbetriebe nicht als rechtswidrig zu erkennen.

Damit erweist sich die Beschwerde zur Gänze als unbegründet. Diese war daher gemäß dem § 42 Abs. 1 VwGG 1965, in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 316/1976, abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG 1965 in Verbindung mit den Bestimmungen der Verordnung des Bundeskanzlers vom , BGBl. Nr. 542/1977.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen
AbgRallg;
FremdenverkehrsförderungsG Wr 1955 §11 Abs1;
VwRallg;
Sammlungsnummer
VwSlg 5395 F/1979
Schlagworte
Verwaltungsrecht allgemein Rechtsquellen VwRallg1
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1979:1979000255.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
AAAAF-52513