VwGH 16.03.1976, 0181/76
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssatz
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Norm | EStG 1972 §4 Abs3; |
RS 1 | Bei Einnahmenüberschußrechnung gemäß § 4 Abs 3 EStG 1972 gehört die vom Steuerpflichtigen verrechnete Umsatzsteuer zu den Betriebseinnahmen, die von ihm gezahlte Vorsteuer zu den Betriebsausgaben, wobei die Grundsätze des § 19 EStG 1972 anzuwenden sind. |
Entscheidungstext
Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung
verbunden):
0575/76
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schimetschek und die Hofräte Hofstätter, Mag. DDr. Heller, Dr. Schubert und Dr. Drexler als Richter, im Beisein des Schriftführers Finanzoberkommissär Dr. Tintera, über die Beschwerde der FK in W, vertreten durch Dr. Alfred F. Cerny, Rechtsanwalt in Wien V, Pilgramgasse 22, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Berufungssenat III, vom , Zl. 6-1842/3/1975, betreffend Einkommen- und Gewerbesteuer 1973, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 720,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin ist Gemischtwarenhändlerin in Wien. Sie ermittelt ihren Gewinn gemäß § 4 Abs. 3 EStG 1972. Im vorliegenden Verfahren ist allein strittig, ob die von der Beschwerdeführerin Dritten in Rechnung gestellte und von diesen Dritten bezahlte Umsatzsteuer zu den Betriebseinnahmen der Beschwerdeführerin im Sinne des § 4 Abs. 3 EStG 1972 gehört.
Dem Verfahren liegt folgendes Verwaltungsgeschehen zugrunde:
In ihren Einkommensteuer- und Gewerbesteuererklärungen für das Streitjahr (1973) hat die Beschwerdeführerin bei der Ermittlung der Einkünfte diese Umsatzsteuerbeträge unberücksichtigt gelassen. Das Finanzamt erließ diesbezüglich an die Beschwerdeführerin einen Vorhalt. In Beantwortung dieses Vorhaltes verwies die Beschwerdeführerin auf § 4 Abs. 11 UStG 1972.
Das Finanzamt folgte der Auffassung der Beschwerdeführerin nicht und rechnete für die von der Beschwerdeführerin unberücksichtigt gelassene Umsatzsteuer einen Betrag von S 3.000,--
dem von ihr erklärten Gewinn hinzu.
Daraufhin erhob die Beschwerdeführerin bezüglich der Hinzurechnung des Betrages von S 3.000,-- Berufung an die belangte Behörde.
Mit dem nun angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung teilweise Folge und setzte die Gewinnzurechnung von S 3.000,-- auf S 1.384,-- herab; im übrigen teilte sie jedoch die Rechtsmeinung des Finanzamtes. Das Wesen der Gewinnermittlungsart nach § 4 Abs. 3 EStG 1972 bestehe darin, daß die Betriebseinnahmen den Betriebsausgaben gegenübergestellt würden. Der Begriff der Betriebsausgaben sei in § 4 Abs. 4 EStG 1972 derart umschrieben, daß darunter die Aufwendungen zu verstehen seien, die durch den Betrieb veranlaßt seien. Hinsichtlich der Betriebseinnahmen fehle eine gesetzliche Begriffsbestimmung. In Anlehnung an die gesetzliche Begriffsbestimmung der Betriebsausgaben seien unter Betriebseinnahmen alle betrieblich veranßten Wertzugänge zum Betriebsvermögen zu verstehen, die nicht Einlagen im Sinne des § 4 Abs. 1 dritter Satz EStG 1972 seien. Dabei sei jedoch zu berücksichtigen, daß die Einnahmenüberschußrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG 1972 im wesentlichen eine reine Geldrechnung sei, bei der Betriebseinnahmen und -ausgaben in erster Linie die betrieblich veranlaßten Geldeingänge und Geldabgänge seien. Bei den nach § 4 Abs. 3 EStG 1972 zu berücksichtigenden Betriebseinnahmen und -ausgaben müsse es sich jedoch um wirtschaftlich endgültige Geldzugänge und Geldabgänge handeln. Diese Voraussetzungen fehlten z.B. bei betrieblich veranlaßten Darlehensaufnahmen oder Darlehensrückzahlungen, ferner bei reinen Vermögensumschichtungen wie z.B. bei Aufwendungen für nicht abnutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens. Die Umsatzsteuerbeträge, die ein Unternehmen einem Dritten in Rechnung stelle und von diesem erhalte, seien hingegen mit endgültiger Wirkung zugeflossen. Der Unternehmer vereinnahme und verausgabe die Umsatzsteuer im eigenen Namen und für eigene Rechnung. Er sei nach § 19 Abs. 1 UStG 1972 der Steuerschuldner. Es fehle somit hinsichtlich der geschuldeten Umsatzsteuerbeträge an unmittelbaren Rechtsbeziehungen zwischen dem Empfänger der umsatzsteuerpflichtigen Leistung und dem Steuergläubiger. Die vereinnahmten Umsatzsteuerbeträge zählten bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG 1972 zu den Betriebseinnahmen. Umsatzsteuerbeträge, die dem Steuerpflichtigen im Rahmen seines Gewerbebetriebes von Dritten in Rechnung gestellt würden und die er an Dritte zahle (Vorsteuerbeträge) sowie Umsatzsteuerbeträge, die er - nach Abzug der Vorsteuer - an das Finanzamt abführe, seien dementsprechend Betriebsausgaben. Aufgrund der vorstehenden Darlegungen ergebe sich, daß die vom Finanzamt im angefochtenen Steuerbescheid vertretene Rechtsansicht im § 19 EStG 1972 gedeckt sei. Da die Beschwerdeführerin einerseits einem ihr bezüglich der Höhe der Umsatzsteuer gemachten Vorhalt nicht fristgerecht nachgekommen sei, anderseits aber eine Schätzung nach § 184 BAO den tatsächlichen Verhältnissen möglichst nahekommen solle, sei die Gewinnzurechnung hinsichtlich der Umsatzsteuer statt mit S 3.000,-- mit S 1.384,-- vorzunehmen, im übrigen der Berufung aber nicht Folge zu geben gewesen.
Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 4 Abs. 3 EStG 1972 kann, wenn das Betriebsvermögen am Schluß des einzelnen Wirtschaftsjahres vom Betriebsvermögen am Schluß des vorangegangenen Wirtschaftsjahres in der Regel nicht wesentlich abweicht, als Gewinn der Überschuß der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben angesetzt werden.
Gemäß § 4 Abs. 4 EStG 1972 sind Betriebsausgaben, die Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlaßt sind. An der zitierten Gesetzesstelle sind verschiedene Zahlungen angeführt, die "auch" als Betriebsausgaben gelten, so etwa Beiträge eines Versicherten zur Pflichtversicherung in der gesetzlichen Sozialversicherung.
Es ist der Beschwerdeführerin zuzugeben, daß § 4 EStG 1972 zwar eine Begriffsdefinition der Betriebsausgaben, nicht aber auch eine der Betriebseinnahmen enthält. Dessen ungeachtet kommt der Verwaltungsgerichtshof zur Auffassung, daß die von der belangten Behörde vertretene Rechtsmeinung nicht gesetzwidrig ist.
Die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG 1972 ist gegenüber der nach § 4 Abs. 1 und der § 5 EStG 1972 eine vergröberte. Im Falle der Anwendbarkeit des § 4 Abs. 3 EStG 1972 wird der Gewinn durch Gegenüberstellung der Betriebseinnahmen und der Betriebsausgaben ermittelt. Die Beträge, die die Dritten an die Beschwerdeführerin für Lieferungen bezahlt haben, sind für die Beschwerdeführerin Betriebseinnahmen, mag sie auch nach Umsatzsteuerrecht verpflichtet sein, jenen Teil der Zahlung, der auf die Umsatzsteuer entfällt, letztlich an das Finanzamt abzuführen. Die belangte Behörde hat jedoch zutreffend darauf hingewiesen, daß zwischen den Dritten und dem Fiskus umsatzsteuerrechtlich keine Rechtsbeziehung besteht. Gemäß § 19 Abs. 1 UStG 1972 ist Schuldner der auf eine bestimmte Leistung entfallenden Umsatzsteuer der Unternehmer und nicht dessen Kunde.
Es ist daher nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde die von den Dritten an den Beschwerdeführer erbrachten Leistungen als Betriebseinnahmen im Sinne des § 4 Abs. 3 EStG 1972 gewertet hat.
Dieses Ergebnis ist nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht wirtschaftlich unbillig, weil die Beschwerdeführerin ihrerseits an das Finanzamt geleistete Umsatzsteuerbeträge als Betriebsausgaben verrechnen kann. Es mag allerdings sein, daß der Eingang in einem und der Ausgang in einem nachfolgenden Jahr liegt. Diese zeitliche Verschiebung kann allenfalls dazu führen, daß der Gewinn im erstgenannten Jahr höher ausfällt, wie dies ja auch bei den Ausgaben für den Wareneinkauf einerseits und den Erlösen aus Warenverkäufen anderseits der Fall ist. In einem mehrjährigen Durchschnitt gleichen sich jedoch diese Differenzen im Regelfall wieder aus, sodaß auch bei dieser Vorgangsweise der vom Steuerpflichtigen nicht zu tragende Teil der Umsatzsteuer auf längere Sicht gesehen, gewinnneutral behandelt wird. Dies trägt auch den Grundsätzen des Umsatzsteuerrechtes Rechnung. Es erweist sich daher, daß es der Beschwerdeführerin nicht gelungen ist, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun. Dies führt gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 zur Abweisung der Beschwerde.
Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG 1965 und die Verordnung des Bundeskanzlers vom , BGBl. Nr. 4/1975 Wien, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Norm | EStG 1972 §4 Abs3; |
Sammlungsnummer | VwSlg 4953 F/1976 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1976:1976000181.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
HAAAF-52408