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VwGH 05.06.1974, 0180/73

VwGH 05.06.1974, 0180/73

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssatz


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Normen
EStG 1967 §12 Z1;
EStG 1967 §4 Abs4;
EStG 1967 §9 Abs1;
RS 1
Bei den Aufwendungen zur Beseitigung der Folgen eines Verkehrsunfalles, der sich auf einer beruflichen Fahrt ereignet hat, wird man zu prüfen haben, ob der Unfall tatsächlich noch der beruflichen Sphäre zuzurechnen ist. Das wird zB verneint werden müssen, wenn sich der PKW-Fahrer in zu hohem Maße dem Alkoholgenuß hingegeben hat und vornehmlich dadurch ein Unfall verschuldet wurde. Haben jedoch vor allem außerordentliche Straßenverhältnisse, nämlich das Vorhandensein von Schlaglöchern und ein stark geschotterter Straßenrand unfallverursachend gewirkt, sind dies Ursachen, die die Berufsbedingtheit der Fahrt nicht ausschließen.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schimetschek und die Hofräte Hofstätter, Dr. Karlik, Dr. Simon und Dr. Kirschner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Finanzkommissär Dr. Heinrich, über die Beschwerde des WA in G, vertreten durch Dr. Adolf Enge, Rechtsanwalt in Weiz, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Steiermark vom , Zl. B 25/2-II/723, betreffend Lohnsteuer 1971, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 2.112,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist als Buchhalter in einer Wirtschaftstreuhänderkanzlei beschäftigt und erlitt anläßlich einer Dienstfahrt am  mit seinem PKW einen Verkehrsunfall, wobei dieser schwer beschädigt wurde. Den Unterschiedsbetrag zwischen dem um die AfA geminderten Anschaffungswert und dem Verkaufserlös des beschädigten Wagens machte er als Werbungskosten geltend. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, daß der durch den Verkehrsunfall erlittene finanzielle Verlust der privaten Sphäre des Beschwerdeführers zuzurechnen sei und daher nicht unter den Werbungskosten berücksichtigt werden könnte. In der dagegen erhobenen Berufung wurde hervorgehoben, daß der Unfall auf einer dienstlichen Fahrt und weder grob fahrlässig noch vorsätzlich verursacht worden sei. Die belangte Behörde nahm vor ihrer Entscheidung Einsicht in die Kraftfahrzeugschadenanzeige, die Verkehrsunfallanzeige der Gendarmerie, die Kopie der Vernehmung des Beschwerdeführers als Beschuldigten und in die Kopie einer Strafverfügung des Bezirksgerichtes Weiz und wies sodann die Berufung als unbegründet ab. Bei der vom Beschwerdeführer geltend gemachten außerordentlichen technischen Abnutzung, die als Folge eines Verkehrsunfalles bei seinem PKW eingetreten sei, handle es sich um keinen regelmäßig durch eine Berufsfahrt verursachten Aufwand. Es sei daher zu prüfen, ob dieser noch als beruflich veranlaßt anzusehen sei. Hiebei komme der Frage, welche Ursachen zur Entstehung der geltend gemachten Wertminderung wesentlich beigetragen haben, entscheidende Bedeutung zu. Aus der vom Beschwerdeführer selbst verfaßten und im Verfahren vorgelegten Kraftfahrzeugschadenanzeige sei zu entnehmen, daß er beim Ausweichen von Schlaglöchern in einem für die gegebenen Straßenverhältnisse zu hohem Tempo am äußersten rechten, stark geschotterten Straßenrand gefahren sei, weshalb das Fahrzeug nach rechts weggerutscht sei und sich in weiterer Folge überschlagen habe. Auch im Spruche der Strafverfügung des Bezirksgerichtes Weiz werde festgestellt, daß er eine Übertretung nach § 431 StG dadurch begangen habe, daß er als Lenker eines PKW durch Außerachtlassung der im Straßenverkehr erforderlichen Vorsicht und Aufmerksamkeit, insbesondere durch Abkommen von der Fahrbahn infolge überhöhter Geschwindigkeit, eine Handlung begangen habe, von welcher er schon nach ihren natürlichen Folgen einzusehen vermocht hätte, daß sie eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit herbeizuführen geeignet gewesen sei, wodurch der mitfahrende Stefan F. durch eine Becken- und Nierenprellung u.a. leicht verletzt worden sei. Daraus ergebe sich, daß die wesentliche Ursache für die als Werbungskosten geltend gemachte außerordentliche technische Abnutzung seines PKWs im persönlichen Versagen des Beschwerdeführers gegenüber seinen öffentlich-rechtlichen Pflichten im Straßenverkehr gelegen sei. Diese in der privaten Sphäre liegende Ursache, der im Hinblick auf seine Verantwortlichkeit für das Leben und die Gesundheit einer im PKW mitgeführten Person und auf die Bestimmungen des § 20 StVO grobfahrlässiges Fahrverhalten zugrunde liege, überlagere und verdränge daher für die abgabenrechtliche Beurteilung den ebenfalls vorhandenen Zusammenhang mit der Berufstätigkeit des Beschwerdeführers. Daran könne auch der Umstand nichts ändern, daß er im Zeitpunkt des Unfalles weder alkoholisiert noch durch Übermüdung in der Fahrtüchtigkeit beeinträchtigt gewesen sie und der PKW selbst keine technischen Mängel aufgewiesen habe. Im übrigen lasse auch das Verhalten des Dienstgebers den Schluß zu, daß auch er, obwohl es sich nach seinen Angaben nachweislich um eine berufliche Fahrt gehandelt hat, die eingetretene außerordentliche technische Abnutzung in die private Sphäre verweise, da er trotz Gewährung des normalen Kilometergeldes für die vom Beschwerdeführer im betrieblichen Interesse durchgeführten Fahrten keinen finanziellen Zuschuß zur Abdeckung der durch den Unfall eingetretenen Wertminderung geleistet habe. Der geltend gemachten außerordentlichen technischen Abnutzung müsse daher die Anerkennung als Werbungskosten versagt werden.

Dagegen richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Werbungskosten sind gemäß § 9 Abs. 1 EStG 1967 Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Dazu gehören auch Aufwendungen für beruflich bedingte Fahrten, soweit es sich dabei um mit derartigen Fahrten regelmäßig verbundene Auslagen handelt, die vom Arbeitgeber nicht ersetzt werden. Zahlt der Arbeitgeber Fahrtkostenvergütungen, gehören diese gemäß § 19 Abs. 2 Z. 2 EStG 1967 nicht zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit und die damit abgedeckten Aufwendungen bilden keine Werbungskosten.

Soweit eine Fahrt berufsbedingt ist, sind grundsätzlich alle damit verbundenen Ausgaben abzugsfähige Werbungskosten, das gilt nicht nur für die unmittelbaren Spesen, die für Benzin und Öl, sondern auch für Versicherungen, Reparaturen usw., insbesondere aber auch für die Absetzung für Abnutzung (AfA).

Über diese Grundsätze sowie darüber, daß der beschwerdegegenständliche Schaden anläßlich einer ausschließlich berufsbedingten Fahrt entstanden ist, besteht zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens kein Streit. Ebenso ist unbestritten, daß neben der AfA, die bei Verteilung der Anschaffungskosten eines Wirtschaftsgutes auf die Gesamtdauer der Verwendung oder Nutzung dem jährlichen Wertverzehr entspricht, Absetzungen für außergewöhnliche technische Abnutzung zulässig sind (§ 7 Abs. 1 letzter Satz EStG 1967). Die gänzliche oder weitgehende Zerstörung eines Wirtschaftsgutes durch ein äußeres Ereignis ist ein Fall der außergewöhnlichen technischen Abnutzung.

Bei den Aufwendungen zur Beseitigung der Folgen eines Verkehrsunfalles, der sich auf einer beruflichen Fahrt ereignet hat, wird man, wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom , Zl. 2423/55, ausgeführt hat, zu prüfen haben, ob der betreffende Unfall tatsächlich noch der beruflichen Sphäre zuzurechnen ist.

Das wird z.B. verneint werden müssen, wenn der PKW-Fahrer sich in zu hohem Maße dem Alkoholgenuß hingegeben hat und vornehmlich dadurch einen Unfall verschuldet wurde. Im vorliegenden Fall haben jedoch, wie sich aus dem Akteninhalt ergibt, vor allem außerordentliche Straßenverhältnisse, nämlich das Vorhandensein von Schlaglöchern und ein stark geschotterter Straßenrand, unfallverursachend gewirkt, somit Ursachen, die die Berufsbedingtheit der gegenständlichen Fahrt nicht ausschließen.

Da die belangte Behörde dies verkannt hat, war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965 aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG 1965 und auf der Verordnung des Bundeskanzlers vom , BGBl. Nr. 427.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
EStG 1967 §12 Z1;
EStG 1967 §4 Abs4;
EStG 1967 §9 Abs1;
Sammlungsnummer
VwSlg 4709 F/1974
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1974:1973000180.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
NAAAF-52406

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