VwGH 12.07.1962, 0175/62
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssätze
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Normen | |
RS 1 | Die Beistellung einer Sammelheizung für die gemieteten Räume durch den Vermieter bildet einen Teil der Leistungen aus einem Bestandvertrag. Die von den Mietern zu entrichtenden Beiträge zu den Kosten der Sammelheizung gehören also zur Bemessungsgrundlage der Mietvertragsgebühr. Dagegen gehört die allgemeine Durchführung von Werbemaßnahmen durch den Vermieter zugunsten der Unternehmen der Mieter nicht mehr zu den Leistungen aus dem Mietvertrage. Das für diese Werbeleistungen entrichtete Entgelt kann also nicht in die Bemessungsgrundlage der Mietvertragsgebühr einbezogen werden (Hinweis E , 2244/57, VwSlg 1808 F/1958, E , 1974/55, VwSlg 1829 F/1958, E , 2744/49, VwSlg 465 F/1951). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 1624/59 E VwSlg 2262 F/1960; RS 1 |
Norm | |
RS 2 | § 17 Abs 2 GebG dient dazu, bei UNDEUTIGKEIT oder MEHRDEUTIGKEIT des Inhaltes der Urkunde der Behörde den wahren Willen der am Rechtsgeschäfte beteiligten Parteien bekanntzugeben. Die rechtliche Beurteilung des Parteiwillens ist aber Sache der Behörde. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtehof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Ondraczek als Vorsitzenden und den Senatspräsidenten Dr. Porias sowie die Hofräte Dr. Dorazil, Dr. Eichler und Dr. Kaupp als Richter, im Beisein des Polizeikommissärs Dr. Primmer als Schriftführer, über die Beschwerde des OZ in W gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. GA VIII - 1926 - 1960, betreffend die Gebühr von einem Bestandvertrage, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Zwischen der Ausstellungs- und Veranstaltungs-Gesellschaft Z & K OHG (im folgenden kurz als Vermieterin bezeichnet) und dem Beschwerdeführer wurde am ein schriftlicher Bestandvertrag abgeschlossen, demzufolge der Beschwerdeführer eine bestimmte Fläche in der Ausstellungs- und Verkaufshalle am Bahnhofe Wien-Hauptzollamt (AEZ) im Ausmaße von 22 m2 mietete. Das Rechtsverhältnis wurde auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. Die Vermieterin leistete jedoch auf eine Kündigung Verzicht und behielt sich lediglich eine sofortige Auflösung des Vertrages aus bestimmten, im Vertrage bezeichneten Gründen (so zum Beispiel bei Eröffnung des Ausgleichs- oder Konkursverfahrens über das Vermögen des Beschwerdeführers, Verzug in der Entrichtung des Mietzinses durch mehr als 14 Tage) vor. Auch das Kündigungsrecht des Beschwerdeführers war auf den Fall, daß über sein Vermögen das Konkurs- oder Ausgleichsverfahren eröffnet werde, und auf sonstige wichtige Gründe beschränkt. Im Fall einer Vertragsauflösung sollte der Beschwerdeführer berechtigt sein, seine Geschäftsräume binnen sechs Wochen nach der Zustellung des Auflösungsschreibens mit der Wirkung zu verkaufen, daß die Vermieterin den "Käufer" als Nachfolger im Mietverhältnis anzuerkennen verpflichtet sein werde, wenn gegen dessen Person oder Geschäftszweig keine begründeten Bedenken geltend gemacht werden können. Nach Ablauf der oben erwähnten sechswöchigen Frist sollte die Vermieterin berechtigt sein, die Geschäftsräume auf Kosten und Gefahr des Beschwerdeführers zum Verkaufswerte zu veräußern. Es wurde eine 20- jährige Vorauszahlung des Mietzinses in Höhe von S 5.625 pro m2, ferner eine "Restmiete" für diese ersten 20 Jahre von S 525 pro m2 und Jahr vereinbart, also S 165.000 Vorauszahlung und ein jährlicher Zins von S 15.400. Ferner wurde eine Regelung über die Zahlung des Mietzinses für die Zeit vom 21. Vertragsjahr an getroffen. Zuzüglich zum Mietzinse wurde die Zahlung eines Werbekostenbeitrages in Höhe von 10 v.H. des jeweils zu entrichtenden Mietbetrages vereinbart. Darüber hinaus hatte der Beschwerdeführer die Zahlung der Betriebskosten nach dem Verhältnisse der Gesamtmietfläche im AEZ zu der von ihm in Bestand genommenen Mietfläche übernommen. Die Kosten der Vertragserrichtung (S 100 pro m2) fielen dem Beschwerdeführer zur Last. Im Falle der Kündigung durch den Beschwerdeführer sollte Mietzinsvorauszahlung zugunsten der Vermieterin verfallen.
Das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien schrieb dem Beschwerdeführer am für diesen Mietvertrag unter Hinweis auf § 33 TP 5 des Gebührengesetzes 1946, BGBl. Nr. 184/1946 (im folgenden kurz mit GebG bezeichnet), ausgehend vom dreifachen jährlichen Mietzins (einschließlich Werbekostenbeitrag) zuzüglich Mietzinsvorauszahlung und Vertragskosten eine einprozentige Rechtsgeschäftsgebühr im Betrage von S 2.180 vor. Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft. Auf Grund einer Weisung der Finanzlandesdirektion nahm das Finanzamt mit Bescheid vom das Gebührenverfahren gemäß § 24 Abs. 5 des Abgabenrechtsmittelgesetzes (BGBl. Nr. 60/1949, AbgRG) von Amts wegen wieder auf. Zugleich wurde die Zustellung eines "neuerlichen" Gebührenbescheides zu einem späteren Zeitpunkt in Aussicht gestellt. Auch dieser Bescheid blieb unangefochten. Am erließ das Finanzamt sodann den angekündigten zweiten Gebührenbescheid. Es errechnete die Bemessungsgrundlage wie folgt:
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jährlicher Mietzins ........................................................... | S 15.400 |
30 %iger Betriebskostenanteil ......................................... | S 4.620 |
Summe .............................................................. | S 20.020 |
Gemäß § 15 Abs. 2 des Bewertungsgesetzes 1955, BGBl. Nr. 148/1955 (BewG), Vervielfacher 25 ............. | S 500.500 |
dazu Mietzinsvorauszahlung ........................................... | S 165.000 |
Summe .................................................................... ......... | S 665.500 |
Hievon forderte das Finanzamt die 1 %ige Gebühr in Höhe von S 6.655 sowie eine Stempelgebühr für einen weiteren Bogen in Höhe von S 6, zusammen also S 6.661.
Gegen den Bescheid des Finanzamtes vom erhob der Beschwerdeführer Berufung, in der er zunächst rügte, daß die Behörde ihn vor Erlassung dieses Bescheides nicht gehört habe. Er bestritt auch die Rechtmäßigkeit der Wiederaufnahme des Verfahrens, weil nach seiner Ansicht geänderte Rechtsmeinungen - und eine solche habe zur Wiederaufnahme geführt - keine Grundlage für die Wiederaufnahme des Verfahrens bilden könnten. In der Sache selbst bemerkte er, daß der von ihm abgeschlossene Mietvertrag auf unbestimmte Zeit abgeschlossen worden sei. Da der Inhalt der Vertragsurkunde diesen Umstand ausdrücklich festhalte, hätte das Finanzamt nicht ohne Begründung von dem rechtskräftigen Bescheid abgehen dürfen, äußerstenfalls hätte es einen Vorteil machen müssen. Der Beschwerdeführer sei in der Lage, gemäß § 17 Abs. 2 GebG den Gegenbeweis anzutreten, daß der Vertragswille bei Abschluß des Mietvertrages vom der gewesen sei, daß der Mietvertrag auf unbestimmte Zeitdauer laufen sollte. Rechtsanwalt Dr. P könne bezeugen, es sei tatsächlich gemeint gewesen, daß der Mietvertrag auf unbestimmte Dauer abgeschlossen werde, wie die "anderen Bestimmungen" praktisch Schutzbestimmungen für das auf Grund des Vertrages errichtete Unternehmen darstellten. Ein Mieter im AEZ habe im übrigen bei Gericht eine Klage auf Feststellung eingebracht, daß die Mietverträge auf unbestimmte Zeitdauer "laufen". Wenn dem Finanzamt etwas unklar gewesen wäre, hätte es den Beschwerdeführer zur Beweisführung auffordern müssen. Selbst wenn man aus dem eingeschränkten Verzichte der Vermieterin auf Kündigung annehmen wollte, daß daraus "ein unklarer Umstand konstruiert werden" könnte, so sei dies schon deswegen verfehlt, weil ein immerwährender Verzicht ebenfalls unbefristet sei. Das Finanzamt weiche der Bestimmung des § 17 bzw. des § 33 TP. 5 GebG aus, indem es sich nunmehr auch auf das Bewertungsgesetz berufe. Die Sondervorschrift des Gebührengesetzes könne aber dadurch nicht einfach beseitigt werden. Im übrigen könne aber § 15 BewG nicht herangezogen werden, weil gemäß § 1 Abs. 2 dieses Gesetzes nur die §§ 18 bis 79 für das Gebührenrecht gälten. Da schließlich rechtskräftige Bescheide vorlägen, könne nach mehr als drei Jahren eine "Neuvergebührung" nicht vorgenommen werden. Im übrigen seien zwei andere Berufungswerber nicht mehr Mieter im AEZ, womit sich die Richtigkeit der Behauptung des Beschwerdeführers, daß die Verträge auf unbestimmte Zeit abgeschlossen worden seien, bestätige.
Mit Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Die Rechtsmittelbehörde ließ sich dabei im wesentlichen von den nachfolgenden Erwägungen leiten: Die Ausführungen des Beschwerdeführers über die Rechtmäßigkeit der Wiederaufnahme des Gebührenverfahrens seien unbeachtlich, weil sie nur gegen den Bescheid, mit dem die Wiederaufnahme verfügt worden war, hätten vorgebracht werden können. Im vorliegenden Verfahren könnten nur Einwendungen gegen die Gebührenfestsetzung selbst erhoben werden. Nach § 17 Abs. 1 GebG sei allein der Urkundeninhalt für die Festsetzung der Gebühr maßgebend. Was die Parteien außerhalb der Beurkundung vereinbart hätten, könne daher gebührenrechtlich nicht berücksichtigt werden. Deshalb könne auch die Absicht der Parteien, die durch den Urkundeninhalt nicht gedeckt sei, nicht maßgeblich sein. Der Verwaltungsgerichtshof habe in seinem Erkenntnisse vom , Zl. 1342-1345/57, ausgesprochen, daß das Gebührengesetz ein formales Gesetz sei und die Gebührenpflicht oft nur von der in einer Urkunde vorgenommenen Formulierung abhänge. Sei also lediglich der Urkundeninhalt für die gebührenrechtliche Beurteilung maßgebend, dann sei die Aufnahme von Beweisen über die außerhalb des Urkundeninhaltes liegenden Umstände nicht möglich. Nun meine allerdings der Beschwerdeführer, daß der Wille der Vertragsparteien nicht deutlich aus der Urkunde hervorgehe und daß ihm daher der Gegenbeweis gemäß § 17 Abs. 2 GebG zustehe. Dieser Ansicht könne nicht gefolgt werden, weil die maßgeblichen Tatbestandsmerkmale, nach denen die Dauer zu beurteilen sei, eindeutig erklärt seien. Der Verzicht der Vermieterin auf jede Kündigung und der Kündigungsverzicht des Beschwerdeführers und die Einschränkung des Kündigungsverzichtes in bestimmten Fällen seien eindeutig ausgesprochen. Es bedürfe daher keiner Klarstellung dieser Tatbestände, sondern diese seien nur rechtlich zu beurteilen. Rechtsansichten seien aber von der Behörde dem Steuerpflichtigen nicht vorzuhalten. Die Unterlassung eines Ermittlungsverfahrens könne daher nicht als Verfahrensmangel angesehen werden. Die Finanzlandesdirektion habe in der Berufungsentscheidung in der ähnlich gelagerten Gebührensache der Firma K. & Co. zur Begründung der angenommenen Dauer des Vertrages ausgeführt, daß die Vertragsurkunde einen dem Eigentum nahekommenden Umfang an Rechten gewähre. Daraus wolle der Beschwerdeführer folgern, daß überhaupt kein Bestandverhältnis vorliege. Damit widerspreche er sich aber selbst. Er könne auf der einen Seite nicht Mangelhaftigkeit des Verfahrens rügen, weil die Behörde Beweise über die unbestimmte Dauer eines Mietvertrages nicht durchgeführt habe, und andererseits behaupten, daß kein Mietvertrag vorliege. Im übrigen habe die Finanzlandesdirektion mit der erwähnten Äußerung auch nicht die Art des Vertrages, sondern nur seine Dauer beurteilt. An der Eigenschaft eines Bestandvertrages habe die Finanzlandesdirektion nicht gezweifelt. Zur Dauer selbst habe der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnisse vom , Slg. Nr. 2262/F, eingehend Stellung genommen. Er habe darin ausgesprochen und begründet, daß ein zeitlich unbeschränkter Kündigungsverzicht auch nur eines Vertragsteiles eine unbestimmte Dauer ausschließe. Die Vorauszahlung auf 20 Jahre, bestimmte Regelungen für die Zeit nach dem Ablaufe von 20 Jahren, das Recht des Mieters, sein Mietrecht in einer für die Vermieterin bindenden Art an Dritte veräußern zu können, seien nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes weitere Umstände, die die Annahme einer unbestimmten Dauer ausschlössen. Der Beschwerdeführer wende weiter ein, § 15 BewG 1955 könne nicht herangezogen werden. Er habe dabei aber übersehen, daß im § 1 Abs. 2 des Bewertungsgesetzes nur über die Anwendbarkeit des Zweiten Teiles dieses Gesetzes gesprochen werde, während in Absatz 1 bestimmt werde, daß der Erste Teil des Bewertungsgesetzes (§§ 2 bis 17) für alle bundesrechtlich geregelten Abgaben gelte, soweit sich aus den abgabenrechtlichen Vorschriften nicht etwas anderes ergibt. § 26 GebG bestimme, daß für die Bewertung der gebührenpflichtigen Gegenstände das Bewertungsgesetz mit einigen hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen gelte, es sei denn, daß in den einzelnen Tarifbestimmungen abweichende Regelungen getroffen seien. In § 33 TP. 5 GebG sei aber nur für die unbestimmte Dauer eines Mietvertrages eine abweichende Regelung getroffen worden. Für die bestimmte und die immerwährende Dauer gelte daher § 15 BewG. Sei der beurkundete Vertragsinhalt allein für die Gebührenfestsetzung maßgebend, dann könne das spätere Schicksal des Vertragsverhältnisses die entstandene Gebührenschuld nicht beeinflussen. Folgerichtig bestimme § 17 Abs. 5 GebG, daß die Aufhebung des Rechtsgeschäftes die entstandene Gebührenschuld nicht aufhebe. Der Umstand, daß einzelne Mieter das Mietrecht aufgegeben hoben, sei daher ohne Bedeutung. Schließlich weise der Beschwerdeführer darauf hin, daß ein Mieter beim Bezirksgericht Innere Stadt in Wien eine Klage auf Feststellung, daß die Mietverträge auf unbestimmte Zeit liefen, eingebracht habe. Im Verfahren über den Antrag der Firma K. & Co. auf Wiederaufnahme des Verfahrens sei auch das Anerkenntnisurteil vom vorgelegt worden, in den festgestellt wurde, daß die zwischen der Vermieterin und der Firma K. & Co. abgeschlossenen Mietverträge auf unbestimmte Zeit liefen. Ein Anerkenntnisurteil ergehe nicht auf Grund eines durchgeführten Beweisverfahrens, sondern lediglich auf Grund des Anerkenntnisses der Gegenseite. Das Gericht sei somit gar nicht in die Lage gekommen, sich eine Rechtsmeinung zu bilden und danach zu entscheiden. Ein solches Urteil enthalte somit keine eigene rechtliche Beurteilung des Gerichtes. Entscheidend sei jedoch, daß die Dauer des Mietverhältnisses nach den gebührenrechtlichen Vorschriften zu beurteilen und zufolge § 26 GebG nach § 15 BewG zu berechnen sei. Der Verwaltungsgerichtshof habe bereits im Erkenntnisse vom ausgesprochen, daß die Zivilgerichte auf die Auslegung der Gebührenvorschriften keinen Einfluß nehmen könnten. Zuletzt wende der Beschwerdeführer noch ein, daß nach mehr als drei Jahren nach Rechtskraft des ersten Bescheides eine "Neuvergebührung" nicht mehr vorgenommen werden könnte. Nach § 144 der Abgabenordnung (AO) verjähre der Gebührenanspruch nach fünf Jahren. Der erste Bescheid sei am ergangen. Die Verjährungsfrist laufe zufolge § 145 Abs. 1 AO erst am ab. Innerhalb dieser Frist könne zufolge § 24 Abs. 5 AbgRG das Verfahren jederzeit wieder aufgenommen werden. Dies sei im Streitfalle geschehen.
Diesen Berufungsbescheid der Finanzlandesdirektion hat der Beschwerdeführer mit Beschwerde zunächst beim Verfassungsgerichtshof angefochten, die dieser Gerichtshof mit seinem Erkenntnisse vom , Zl. B 80/61, unter gleichzeitiger Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof abgewiesen hat.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die ihm so zugekommene Beschwerde erwogen:
Der Beschwerdeführer bekämpft zunächst die Wiederaufnahme des Verfahrens, die er rechtlich nicht für zulässig hält. Soweit sich die Beschwerde jedoch mit dieser Maßnahme befaßt, konnte der Verwaltungsgerichtshof über das einschlägige Vorbringen hinweggehen, weil die Wiederaufnahme des Gebührenverfahrens mit dem vom Beschwerdeführer nicht bekämpften Bescheide des Finanzamtes vom angeordnet worden war und der Beschwerdeführer daher alle Gründe, die er gegen die Wiederaufnahme des Verfahrens geltend machen wollte, in einem Rechtsmittel gegen den die Wiederaufnahme des Verfahrens verfügenden Bescheid des Finanzamtes hätte vorbringen müssen. Der angefochtene Bescheid beschäftigte sich zu Recht nicht mit der Wiederaufnahme des Verfahrens, weil sich die Berufung formell nur gegen den im wiederaufgenommenen Gebührenverfahren ergangenen Gebührenbescheid gerichtet hat.
Der Beschwerdeführer bringt weiter vor, daß der von ihm abgeschlossene Mietvertrag als ein solcher auf unbestimmte Dauer anzusehen sei, zumindest hätte die belangte Behörde den Gegenbeweis gegen den Inhalt der Urkunde nach § 17 Abs. 2 GebG zulassen müssen. Was nun die Frage der Vertragsdauer im vorliegenden Fall anlangt, so wendet sich der Beschwerdeführer gegen die Rechtsauffassung, daß der in einem Vertrage vereinbarte Kündigungsverzicht einer der Parteien einen Mietvertrag zu einem solchen auf bestimmte Dauer mache. Er bekämpft es, daß die belangte Behörde bei der Beurteilung dieser Frage ausschließlich vom Gesichtspunkte des Gebührenrechtes ausgehe. In Österreich herrsche jedoch völlige Vertragsfreiheit und die im Gebührengesetz angeführten Verträge seien nicht zwingende Formalbestimmungen, vielmehr könne und müsse im heutigen Wirtschafts- und Rechtsleben grundsätzlich ein Vertrag unter dem Gesichtspunkte der Freiheit seines Inhaltes geschlossen werden können. Dieses Vorbringen des Beschwerdeführers ist nicht recht verständlich. Denn durch einen gegenseitigen Vertrag wollen sich doch die Parteien in irgendeiner Weise binden. Das muß daher auch von dem streitigen Vertrage gelten. Es kann daher auch der Vertrag vom nicht vom "Gesichtspunkt der Freiheit seines Inhaltes" aus beurteilt werden, sondern nur nach seinem Inhalte. Sein Inhalt ist allerdings Ausfluß eines freien Vertragswillens. Ist jedoch der Wille der Parteien einmal festgelegt, dann hört die Freiheit des Willens auf und es gilt der zwischen den Vertragsparteien vereinbarte Vertragsinhalt. Aus dem vorliegenden Bestandvertrage kann nur ersehen werden, daß die Vermieterin einen Kündigungsverzicht abgegeben hat. Es ist ihm weiter zu entnehmen, daß der Beschwerdeführer eine Zinsvorauszahlung für 20 Jahre versprochen hat. Die Parteien haben sich darüber hinaus auch mit gewissen Zinsregelungen für die Zeit vom 21. Vertragsjahr an beschäftigt. Auch das Kündigungsrecht des Beschwerdeführers ist beschränkt worden. Im Falle, daß er dennoch aus den im Vertrage festgelegten Gründen einmal kündigen sollte, hat er sich das Recht vorbehalten, das auf den gemieteten Flächen errichtete Geschäft an einen Dritten zu veräußern, den die Vermieterin unter bestimmten Einschränkungen als neuen Mieter anzuerkennen haben wird. Einem solchen Mietvertrage kommt gebührenrechtlich nicht die Eigenschaft eines Bestandvertrages auf unbestimmte Dauer zu. Dies hat der Verwaltungsgerichtshof bereits mit aller Klarheit in seinem, einen anderen Mieter im AEZ betreffenden Erkenntnisse vom , Slg. Nr. 2262/F, auf das sich schon die belangte Behörde im angefochtenen Bescheide gestützt hat, zum Ausdruck gebracht, auf das der Einfachheit halber verwiesen wird. An dieser Rechtsauffassung hält der Gerichtshof auch aus Anlaß des vorliegenden Streitfalles fest.
Auch der Vorwurf des Beschwerdeführers, die belangte Behörde habe die Gebührenpflicht des Bestandvertrages vom ausschließlich vom gebührenrechtlichen Gesichtspunkt aus beurteilt, kann nicht von Erfolg begleitet sein. Denn die Gebührentatbestände gehören dem öffentlichen Recht an, das sich andere Grundsätze als die des bürgerlichen Rechtes zu eigen macht. Die gebührenrechtliche Beurteilung eines Vertrages kann dabei durchaus zu Ergebnissen führen, die von denen des bürgerlichen Rechtes abweichen. Das liegt in der Natur der Sache. Für die Frage der Höhe der Gebühr von Bestandverträgen kommt es gemäß § 26 GebG im Zusammenhalte mit § 15 BewG 1955 im wesentlichen darauf an, für welchen Zeitraum sich die Parteien - bedingt oder unbedingt - binden wollten. Die Gebühr ist von der Summe der Jahreswerte zu bemessen. Bei einem Vertrag, in dem schon eine der beiden Vertragsparteien einen unbegrenzten Kündigungsverzicht abgibt, kann aber nicht mehr von einem Mietvertrage gesprochen werden, der jederzeit nach Maßgabe der vertraglichen Kündigungsbestimmungen der Auflösung unterliegt. In einem solchen Falle binden sich eben die Parteien in einer Weise, die dem doch temporären und sicherlich labilen Charakter eines Mietvertrages auf unbestimmte Dauer in gebührenrechtlicher Hinsicht widerspricht. In diesem Zusammenhang wird auch auf das von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid angeführte hg. Erkenntnis vom , Zl. 812 und 813/60, Bezug genommen. Die belangte Behörde hat daher nicht gefehlt, wenn sie den vorliegenden Mietvertrag gebührenrechtlich als einen auf bestimmte Dauer geschlossenen gewertet hat, der im Hinblick auf den ohne Beschränkung abgegebene Kündigungsverzicht der Vermieterin gemäß § 15 Abs. 2 BewG in seiner praktischen Auswirkung auf immer währt. Immerwährende Nutzungen sind aber kraft der angeführten Rechtsvorschrift mit dem 25-fachen Jahresbetrage zu bewerten.
Der Beschwerdeführer wendet sich auch dagegen, daß die belangte Behörde den Gegenbeweis nach § 17 Abs. 2 GebG nicht zugelassen habe. Dieser Gegenbeweis wäre nach Inhalt der Beschwerde dahin gegangen, der Urkundeninhalt des Punktes 2 ("Das Mietverhältnis beginnt am Tage der Übergabe an die Mieterin und wird auf unbestimmte Zeit abgeschlossen") "könne nicht anders ausgelegt werden, als er in dieser Hinsicht bereits von der Finanzbehörde ausgelegt wurde". Dieses Beweisthema war aber verfehlt, § 17 Abs. 2 GebG dient nur dazu, bei Undeutlichkeit oder Mehrdeutigkeit des Inhaltes der Urkunde der Behörde den wahren Willen der am Rechtsgeschäfte beteiligten Parteien bekanntzugeben. Die rechtliche Beurteilung des Parteiwillens ist aber Sache der Behörde. Im vorliegenden Fall ist aber aus der Vertragsurkunde mit aller Klarheit zu entnehmen, daß die Vermieterin einen unbeschränkten Kündigungsverzicht abgegeben hat, daß auch der Beschwerdeführer einen beschränkten Kündigungsverzicht abgegeben und die sofortige Vorauszahlung eines Teiles des Mietzinses für die Dauer von 20 Jahren übernommen hat, daß die Parteien auch für die spätere Vertragsdauer eine bestimmte Regelung der Zinszahlungen verabredet haben, daß der Beschwerdeführer im Fall einer Kündigung des Bestandsverhältnisses durch ihn das von ihm auf dem Mietgrund errichtete Geschäft zu verkaufen berechtigt sein soll, wobei der Käufer von der Vermieterin zugleich unter bestimmten Einschränkungen als neuer Mieter der vom Beschwerdeführer in Bestand genommenen Fläche im AEZ anerkannt werden muß und ähnliches mehr. Aus diesen Abreden konnte die belangte Behörde die Art und Beschaffenheit und die anderen für die Festsetzung der Gebühr bedeutsamen Umstände deutlich entnehmen, sodaß es einer Anwendung des § 17 Abs. 2 GebG in dem vom Beschwerdeführer gemeinten Sinne nicht bedurfte. Haben die Parteien die oben bezeichneten Abreden getroffen, dann müssen sie diese auch bei der Festsetzung der Gebühr zufolge § 17 Abs. 1 GebG gegen sich gelten lassen. Daß aber die beurkundete Vereinbarung, also auch in den Punkten 3 bis 6, dem Willen der Parteien entsprochen hat, wurde im Laufe des Verfahrens niemals bestritten.
Schließlich wendet der Beschwerdeführer auch noch ein, daß die Behörden des Verwaltungsverfahrens die Bemessungsgrundlage unrichtig errechnet hätten, und bekämpft die Einbeziehung der Betriebskosten mit 30 v.H. Er räumt ein, daß die Parteien im Jahre 1957 "außerhalb der Urkunde" die Betriebskosten mit 30 v.H. festgelegt haben. Im Vertrage seien aber die Betriebskosten überhaupt nicht festgesetzt worden. Aber auch in diesem Punkt erwies sich die Beschwerde als unbegründet. Denn aus der Vertragsurkunde geht hervor, daß der Beschwerdeführer gehalten war, der Vermieterin neben dem versprochenen Zins unter anderem auch einen entsprechenden Anteil an den Betriebskosten zu bezahlen. Der Umstand, daß der Beschwerdeführer Betriebskosten zu entrichten hatte, geht also aus der Vertragsurkunde hervor. Daß dort die Höhe der Betriebskosten nicht festgesetzt worden war, vermag an der Tatsache, daß sie vom Beschwerdeführer zu entrichten waren und daß sie daher auch einen Teil der Bemessungsgrundlage zu bilden hatten, nichts zu ändern. Im Rahmen der amtlichen Ermittlungspflicht war das Finanzamt verhalten, die Höhe dieser anteiligen vom Beschwerdeführer zu bezahlenden Betriebskosten von Amts wegen zu ermitteln. Daß diese Kosten im übrigen Teil der Bemessungsgrundlage sind, hat der Verwaltungsgerichtshof in dem bereits erwähnten Erkenntnisse vom , Slg. Nr. 2262/F, dargelegt. Dort wurde auch der Einwand widerlegt, daß die Betriebskosten nicht für die Überlassung der Bestandsache, sondern für die des Unternehmens zu bezahlen seien. Der Ersatz dieser Kosten stellt sich vielmehr gleichermaßen wie der Mietzins als Preis dafür dar, daß der Beschwerdeführer die Bestandsache in Bestand nehmen konnte. Da die von der Behörde ermittelten Betriebskosten den Vereinbarungen zwischen den Parteien unbestrittenermaßen entsprachen, ist der Beschwerdeführer auch durch die Einbeziehung des Betriebskostenanteiles in Höhe von 30 v.H. des vereinbarten Zinses in einem Rechte nicht verletzt worden. Die vorliegende Beschwerde erwies sich demnach in allen Punkten als unbegründet, sodaß gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1952 wie im Spruche zu entscheiden war.
Wien, am
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Normen | |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1962:1962000175.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
FAAAF-52400