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VwGH 17.11.1965, 0142/64

VwGH 17.11.1965, 0142/64

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Norm
RS 1
Gegenstand einer Abtretung iSd § 33 TP 21 GebG können auch zukünftige und ungewisse Rechte sein. Ebenso können auch künftige Forderungen, sofern ihre Grundlagen (Rechtsgrund und Person des Schuldners im Zeitpunkt der Abtretung) vorweg feststehen, Gegenstand einer Zession sein.
Norm
RS 2
Die Abtretung eines Teiles eines Dividendenanspruches aus einem Aktienbesitz unterliegt als Abtretung von anderen Rechten der Gebühr gem § 33 TP 21 GebG (Hinweis E , 2883/50, VwSlg 412 F/1951).

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden, Senatspräsidenten Dr. Ondraczek, und die Hofräte Dr. Dorazil, Dr. Raschauer, Dr. Frühwald und Dr. Riedel als Richter, im Beisein des Schriftführers, Finanzkommissärs Dr. Blaschek, über die Beschwerde des JS in W, vertreten durch Dr. Peter Karl Wolf, Rechtsanwalt in Wien I, Neutorgasse 12, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. VIII-1430/2/63, betreffend die Gebühr von einer Zession, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer hatte mit seiner Ehefrau ES anläßlich der Scheidung seiner Ehe am einen schriftlichen Vertrag geschlossen. Im Pkt. 2 des Vertrages war vereinbart worden, daß er seiner Ehefrau gegen Bezahlung von S 100.000,-- eine ihm gehörige Liegenschaftshälfte in B. und ein ihm allein gehöriges Grundstück in R. übertragen werde. Im Pkt. 3 des gleichen Vertrages war vereinbart worden, daß der Betrag von S 100.000,-- laut Pkt. 2 des Vertrages bis zum zu zahlen sei, widrigenfalls der Beschwerdeführer seiner Ehefrau nicht das Eigentum an den genannten Liegenschaften bzw. Liegenschaftsanteilen übertragen, sondern 33 % "aller wie immer Namen habenden, ihm wann immer zufließenden Einkünfte aus seinem heutigen Aktienbesitz der Firma P." auszahlen werde, während sich die Ehefrau verpflichte, dafür spätestens am S 286.000,-- zu entrichten. Die Urkunde wurde dem zuständigen Finanzamte nicht angezeigt, es wurde aber darüber ein amtlicher Befund aufgenommen. Mit Bescheid vom schrieb das zuständige Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern, das im Pkt. 3 des Vertrages eine "Zession" im Sinne des § 33 TP. 21 des Gebührengesetzes (BGBl. Nr. 267/1957, GebG) erblickte, eine Gebühr von S 5.720,-- und eine Erhöhung im gleichen Ausmaße, insgesamt also S 11.440,--, vor.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung. Er führte darin aus, daß die strittige Vereinbarung in einem Erbschaftssteuerverfahren von der Finanzlandesdirektion als Scheingeschäft gewertet worden sei. (Der Beschwerdeführer hatte nämlich seine geschiedene Gattin beerbt und in der Erbschaftssteuererklärung zwar den Anspruch der Erblasserin auf Ausfolgung der Erträgnisse der P.-Aktien als wertlos hingestellt, gleichwohl aber seinen Anspruch auf den Kaufpreis von S 286.000,-- als Schuld des Nachlasses vom Werte des Nachlaßvermögens abgezogen) Durch diese Feststellung der Finanzlandesdirektion sei erwiesen, daß das im Pkt. 3 der Vereinbarung vom beurkundete Rechtsgeschäft nicht zustandegekommen sei. Mangels Gültigkeit dieses Geschäftes könne davon auch keine Gebühr bemessen werden.

Die Finanzlandesdirektion wies die Berufung mit Bescheid vom als unbegründet ab. In den Entscheidungsgründen führte sie aus, daß sich der Beschwerdeführer in seiner Berufung nicht mit Erfolg auf eine "der rechtlichen Untermauerung einer anderen abgabenrechtlichen Vorschreibung" dienende Entscheidung der belangten Behörde (vom , Zl. VIII-733/17/61) berufen könne. Im übrigen habe nur der Spruch dieses Bescheides, nicht aber dessen Begründung, Rechtskraft erlangt. Somit sei der Hinweis des Beschwerdeführers auf die in dem angeführten Bescheide zum Ausdruck gebrachte "Scheinnatur des Rechtsgeschäftes" unbeachtlich. Da somit der Beschwerdeführer seine in der Berufung aufgestellte Behauptung, es handle sich um ein Scheingeschäft, nur auf die damalige Berufungsentscheidung in der Erbschaftssteuersache stütze, müsse der Gegenbeweis als mißlungen bezeichnet werden. Schließlich habe der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnisse vom , Slg.Nr. 2914(F), ausgesprochen, daß der Ansicht des genannten Bescheides, es liege ein Scheingeschäft vor, nicht zugestimmt werde, da "bei der gegebenen Sachlage von der Rechtsgültigkeit der Vereinbarung vom auszugehen sei".

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der Beschwerdeführer erblickt die Rechtswidrigkeit des Inhaltes der Berufungsentscheidung darin, daß von einer "Zession" aus folgenden Gründen keine Rede sein könne; gemäß Pkt. 3 der Vereinbarung vom 17. Juni (richtig: Juli) 1958 seien die aus dem Aktienbesitze zufließenden Dividenden keineswegs an die Ehefrau abgetreten worden. Der Beschwerdeführer sei nur die Verpflichtung eingegangen, 33 % dieser Dividenden der Ehegattin "auszubezahlen". Somit habe sich an dem Schuldverhältnisse zwischen der Aktiengesellschaft und dem Beschwerdeführer nichts geändert. Es habe also auch kein Gläubigerwechsel stattgefunden. Dagegen sei zwischen dem Beschwerdeführer und seiner Ehefrau ein neues Schuldverhältnis begründet worden. Diese Rechtsauffassung entspreche auch der Vorschrift des § 1392 ABGB, nach der eine Abtretung (Zession) vorliege, wenn eine Forderung von einer Person an die andere übertragen und von dieser angenommen wird. Nach der gleichen Gesetzesstelle entstehe also die "Umänderung des Rechtes mit Hinzukunft eines neuen Gläubigers". Da im vorliegenden Fall ein Gläubigerwechsel nicht stattgefunden habe, müsse eine Zession ausgeschlossen werden. Außerdem seien Aktien echte Wertpapiere. Das "Recht aus dem Papier" folge dem "Recht am Papier". Eine Verfügung über das im Wertpapiere verbriefte Recht wäre daher nur mit einer Verfügung über das Papier selbst möglich gewesen. Im vorliegenden Falle seien jedoch die Aktien nicht übertragen worden. Überdies habe der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis Slg. 2914(F), mit dem in der Erbschaftssteuersache des Beschwerdeführers entschieden wurde, ausgesprochene daß der Ehefrau nach Pkt. 2 der Vereinbarung vom 17. Juni (richtig: Juli) 1958 "ein bis zum 1. Oktober befristetes Gestaltungsrecht" eingeräumt gewesen sei. Die Ehegattin habe das Gestaltungsrecht nicht ausgeübt, sodaß Pkt. 2 nicht rechtswirksam geworden sei. Dadurch sei aber auch Pkt. 3 der Vereinbarung nicht wirksam geworden, weil die Bedingung, von der das Entstehen der Verbindlichkeiten nach diesem Vertragspunkt abhänge, noch nicht erfüllt gewesen sei. Nachher hätten aber Verpflichtungen nach Pkt. 3 auch deshalb nicht entstehen können, weil infolge Erbganges die künftigen Träger von Rechten und Verbindlichkeiten in einer Person zusammengefallen seien. Es werde zwar nicht verkannt, daß es gemäß § 17 Abs. 4 GebG auf die Entstehung der Gebührenschuld ohne Einfluß ist, ob die Wirksamkeit eines Rechtsgeschäftes von einer Bedingung oder von der Genehmigung durch einen der Beteiligten abhängt. Dennoch könne aber im vorliegenden Fall eine Gebührenschuld nicht entstanden sein, weil nicht eine Bedingung, sondern eine Befristung vorliege, und weil nach der angeführten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes nicht die Wirksamkeit, sondern das Entstehen des Geschäftes von der Ausübung des Gestaltungsrechtes abhängig sei. § 17 Abs. 4 GebG setze aber voraus, daß ein Rechtsgeschäft besteht, d.h. gültig abgeschlossen ist und nur seine Wirksamkeit "von weiteren Umständen" abhängt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

Der Beschwerdeführer hat den im Berufungsverfahren eingenommenen Rechtsstandpunkt, daß Pkt. 3 der Vereinbarung vom ein Scheingeschäft darstelle, verlassen. Er stützt seine Beschwerde nunmehr u.a. darauf, daß nicht eine Zession, sondern ein "neues Schuldverhältnis" vorliege. Es war daher zunächst zu untersuchen, ob Pkt. 3 der Vereinbarung vom als ein im Sinne des § 33 TP. 21 GebG gebührenpflichtiger Vorgang anzusehen ist. Nach dieser Gesetzesstelle unterliegen Zessionen oder Abtretungen von Schuldforderungen oder anderen Rechten einer Gebühr. Gebührenpflichtig sind also nicht nur Abtretungen von Schuldforderungen an sich, sondern auch von Rechten aller Art, ja auch von Rechtsgesamtheiten, z.B. von Anteilen an Kapitalgesellschaften (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Slg. 412(F)). Auch die Rechtslehre erkennt überdies die sogenannte stille Abtretung als Form der Abtretung an. Sie besteht darin, daß die Forderung zwar im Vermögen des bisherigen Gläubigers bleibt, dieser sich aber verpflichtet, sie als mittelbarer Stellvertreter eines anderen einzutreiben, d.h. die vom Schuldner erhaltene Leistung dem anderen abzutreten oder gutzuschreiben. In diesem Falle tritt also nach außen hin kein Gläubigerwechsel ein (siehe Wolff in Klangs Kommentar zum Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuch,

2. Aufl., 6. Bd., S. 290, und die dort angeführte Rechtsprechung). Der Beschwerdeführer konnte also seine Ansprüche gegenüber der P.- Aktiengesellschaft auf Auszahlung von Dividenden oder auf sonstige Vorteile aus seiner Beteiligung seiner geschiedenen Gattin auch in der Weise abtreten, daß er diese Rechte zwar weiterhin im eigenen Namen ausübte, seiner Gattin aber deren Erlös auszahlte. Dazu hätte es im Fall einer solchen stillen Abtretung auch weder der Ausfolgung der Aktien selbst noch der damit verbundenen Kupons der Erneuerungsscheine bedurft, sodaß also die Ausführungen der Beschwerde, das Recht aus dem Papier habe dem Recht am Papier zu folgen, in diesem Zusammenhange bedeutungslos sind. Fraglich könnte nur sein, ob die Verpflichtung des Beschwerdeführers, seiner geschiedenen Gattin "33 % aller wie immer Namen habenden, ihm wann immer zufließenden Einkünfte aus seinem heutigen Aktienbesitz" herauszugeben, sich auf die Ausfolgung der Roheinnahmen oder, wie es dem Sprachgebrauch etwa des Einkommensteuergesetzes entspricht, das unter "Einkünften" aus Kapitalvermögen den Überschuß der Einnahmen über die Werbungskosten versteht (§ 2 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes, BGBl. Nr. 1/1954), nur auf die Überlassung eines wirtschaftlichen Erfolges bezieht, sodaß die der Beschwerdeführerin

herauszugebenden Beträge nicht unbedingt "eben dieselben" im Sinne des § 1394 ABGB wären wie diejenigen, die er von der Aktiengesellschaft zu fordern hatte. Gemäß § 17 Abs. 1 GebG ist nun für die Festsetzung der Gebühren der Inhalt der über das Rechtsgeschäft errichteten Schrift (Urkunde) maßgebend und nach Abs. 2 dieser Gesetzesstelle wird dann, wenn aus der Urkunde die Art oder Beschaffenheit des Rechtsgeschäftes oder andere für die Festsetzung der Gebühren bedeutsame Umstände nicht deutlich zu entnehmen sind, bis zum Gegenbeweise der Tatbestand vermutet, der die Gebührenschuld begründet oder die höhere Gebühr zur Folge hat. Im vorliegenden Falle war es somit den Verwaltungsinstanzen nicht verwehrt, den einer mehrfachen Deutung fähigen Ausdruck "Einkünfte" in der Vertragsurkunde dahin auszulegen, daß sich der Beschwerdeführer verpflichtet habe, seiner geschiedenen Gattin den Gegenwert von 33 % aller aus seinem Aktienbesitz entstehenden Ansprüche gegen die Aktiengesellschaft abzugsfrei auszufolgen, und sie konnte einen allfälligen Gegenbeweis dem Beschwerdeführer überlassen. Einen solchen Gegenbeweis hat aber der Beschwerdeführer nicht angetreten.

Der Abtretung der hier strittigen Ansprüche steht aber auch der Umstand nicht entgegen, daß sie erst durch die Erzielung eines Gewinnes und durch Beschluß der Generalversammlung der Aktiengesellschaft entstehen. Denn Gegenstand einer Abtretung im Sinne des § 33 TP. 21 GebG können auch zukünftige und ungewisse Rechte sein. (Vgl. das Erläuterungswerk von Latzka und Warnung: Die Stempel- und Rechtsgebühren, 2. Auflage, S. 197.) Ebenso können auch künftige Forderungen, sofern ihre Grundlagen (Rechtsgrund und Person des Schuldners im Zeitpunkte der Abtretung) vorweg feststehen, Gegenstand einer Zession sein.

Der Beschwerdeführer wendet weiter ein, die strittige Abtretung sei nicht wirksam geworden. Er beruft sich in diesem Punkt auf die Entscheidungsgründe des hg. Erkenntnisses Slg. 2914(F). Auch in diesem Punkte kann ihm nicht gefolgt werden. Im Falle des vorgenannten Erkenntnisses war nur zu untersuchen, ob in der Person der geschiedenen Ehegattin des Beschwerdeführers bei deren Ableben bereits eine Schuld zur Zahlung des Abtretungsentgeltes von S 286.000,-- entstanden war, nicht aber, ob die seinerzeitige Vereinbarung vom rechtsgültig zustande gekommen war. Daß diese Vereinbarung aus irgendeinem Grund - etwa wegen eines Willensmangels - ungültig sei, hat der Beschwerdeführer nicht behauptet. Richtig ist, daß die Entstehung der im Pkt. 3 des Übereinkommens festgelegten Verpflichtungen vom Eintritt einer Bedingung abhängig war, nämlich davon, daß die geschiedene Ehegattin bis zum nicht die im Pkt. 2 des Übereinkommens vereinbarte Kaufsumme von S 100.000,-- für bestimmte Liegenschaften gezahlt habe. Der Umstand aber, daß die Wirksamkeit eines Rechtsgeschäftes vom Eintritt einer Bedingung abhängt, ändert nichts an der Gültigkeit dieses Rechtsgeschäftes und ist gemäß § 17 Abs. 4 GebG auf die Gebührenschuld und deren Entstehung ohne Einfluß. Nach Abs. 5 dieser Gesetzesstelle hebt auch das Unterbleiben der Ausführung eines Rechtsgeschäftes die entstandene Gebührenschuld nicht auf. Da der Beschwerdeführer nicht bestreitet, daß das im Pkt. 3 des Übereinkommens vom beurkundete Rechtsgeschäft rechtsgültig zustandegekommen ist, kann also der Umstand, daß aus diesem Geschäfte noch keine konkreten Ansprüche eines Vertragsteiles gegen den anderen entstanden sind, der Vorschreibung der Gebühr von diesem Geschäfte nicht entgegenstehen.

Gegen die Vorschreibung einer Gebührenerhöhung hat der Beschwerdeführer keine getrennten Einwendungen erhoben. Die Beschwerde mußte somit, da sie sich im vollen Umfang als unbegründet erweist, gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 abgewiesen werden.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Norm
Sammlungsnummer
VwSlg 3359 F/1965
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1965:1964000142.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
TAAAF-52349