Suchen Hilfe
VwGH 12.06.1980, 0066/78

VwGH 12.06.1980, 0066/78

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Norm
RS 1
Ausführungen zur Mangelhaftigkeit eines Verfahrens, in dem die Begünstigung des § 6 Z 13 UStG 1972 lediglich wegen des Zusammenhanges der Tätigkeit als Versicherungsvertreter mit derjenigen der Gebäudeverwaltung vesagt wurde (keine Prüfung der vertraglichen Grundlagen der Versicherungstätigkeit).
Norm
RS 2
Ausführungen zur Ermessensübung bei Verhängung eines Verspätungszuschlages.

Entscheidungstext

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):

1614/80

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Raschauer und die Hofräte Dr. Seiler, Dr. Schubert, Dr. Griesmacher und Dr. Wetzel als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gancz, über die Beschwerde des LB in W, vertreten durch Dr. Walter Prunbauer, Rechtsanwalt in Wien IX, Schwarzspanierstraße 15/1, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , GZ. 6-1749/77, betreffend Umsatzsteuer 1974 samt Verspätungszuschlagsfestsetzung und Umsatzsteuer 1975, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 3.320,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, der seit vielen Jahren das Gewerbe eines Gebäude-, nunmehr Immobilienverwalters ausübt, nahm für einen Teil seiner in den Umsatzsteuererklärungen für die Jahre 1974 und 1975 erklärten Umsätze (1974: S 125.694,-- und 1975: S 63.832,--) unter Berufung auf § 6 Z. 13 UStG 1972 Umsatzsteuerfreiheit in Anspruch.

Das Finanzamt beließ in den diese Jahre betreffenden Umsatzsteuerbescheiden die vorgenannten Entgelte steuerfrei, kürzte jedoch die geltend gemachten Vorsteuerbeträge anteilsmäßig.

Ausgehend von der für das Jahr 1974 festgesetzten Umsatzsteuer verhängte das Finanzamt überdies einen 10%igen Verspätungszuschlag wegen verspäteter Abgabe der Umsatzsteuererklärung.

Der Beschwerdeführer berief gegen die Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 1974 und 1975 und führte dazu aus, daß seine Tätigkeit als Versicherungsvertreter keinerlei Kosten, die zum Abzug von Vorsteuern berechtigen würden, verursache. Die Festsetzung des Verspätungszuschlages für das Jahr 1974 im Höchstausmaß sei eine unbillige Härte, da der Beschwerdeführer durch Beauftragung eines Steuerberaters und durch Einreichung der Erklärung innerhalb der durch Bescheid vom gesetzten Frist deutlich gemacht habe, daß er beabsichtige, in Hinkunft die Steuererklärungen pünktlich vorzulegen.

Mit Schreiben vom ergänzte der Beschwerdeführer seine gegen den Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 1974 gerichtete Berufung dahin gehend, daß ein weiterer Vorsteuerabzug in Höhe von S 1.170,21 begehrt werde.

Das Finanzamt gab der Berufung gegen die das Jahr 1974 betreffenden vorerwähnten Abgabenfestsetzungen mit Berufungsvorentscheidung vom insoweit statt, als es den zusätzlich begehrten Vorsteuerabzug anerkannte. Im übrigen wies es aber diese Berufung als unbegründet ab.

Schon zuvor hatte das Finanzamt mit Berufungsvorentscheidung vom die Berufung gegen den Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 1975 zur Gänze als unbegründet abgewiesen.

In beiden Berufungsvorentscheidungen, die auf Grund der rechtzeitig gestellten Anträge des Beschwerdeführers auf Vorlage der Berufungen an die Abgabenbehörde zweiter Instanz nicht mehr dem Rechtsbestand angehören, führte das Finanzamt aus, daß die steuerbefreiten Umsätze aus Versicherungsabschlüssen für von der Gebäudeverwaltung des Beschwerdeführers verwaltete Häuser stammen. Die Gebäudeverwaltung diene demnach auch zur Erzielung sogenannter unecht steuerbefreiter Umsätze und es erscheine eine Kürzung der in dieser anfallenden Vorsteuerbeträge gemäß § 12 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 4 und 5 UStG 1972 gerechtfertigt.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die beiden Berufungen ohne Durchführung weiterer Erhebungen als unbegründet ab und änderte die erstinstanzlichen Bescheide zum Nachteil des Beschwerdeführers dahin gehend ab, daß die Provisionsentgelte nunmehr ebenfalls der Umsatzsteuer unterworfen wurden. Der 10%ige Verspätungszuschlag von der für das Jahr 1974 festgesetzten Umsatzsteuer wurde dementsprechend erhöht. Die belangte Behörde begründete ihre Entscheidung hinsichtlich der Umsatzsteuerfestsetzungen für die Jahre 1974 und 1975 damit, daß - wie in der Begründung der Berufungsvorentscheidung vom unwidersprochen ausgeführt worden sei - die vom Beschwerdeführer als steuerfrei behandelten Umsätze aus Versicherungsabschlüssen für von ihm im Rahmen der Gebäudeverwaltung betreute Häuser stammten. Daraus erhelle aber, daß der Beschwerdeführer die strittigen Umsätze nicht als Versicherungsvertreter, sondern in seiner Eigenschaft als Gebäudeverwalter erzielt habe. Nach Ansicht der belangten Behörde lägen daher Erlöse vor, die zusammen mit den anderen Umsätzen aus der Gebäudeverwaltung normal zu versteuern seien. Folgerichtig wurde auch der von der Abgabenbehörde erster Instanz teilweise versagte Vorsteuerabzug wieder rückgängig gemacht.

Hinsichtlich des Verspätungszuschlages 1974 führte die belangte Behörde nach einer Darstellung des Sachverhaltes aus, es sei unbestritten, daß die vom Finanzamt für die Abgabe der Umsatzsteuererklärung 1974 eingeräumte Frist nicht eingehalten wurde.

Gründe, die die Verspätung entschuldbar erscheinen ließen, hätten nicht festgestellt werden können. Die Tatsache, daß der Beschwerdeführer die Erklärung innerhalb der letzten achttägigen Nachfrist abgegeben habe und der weitere Umstand, daß er damit und mit der Beauftragung eines Steuerberaters für die Zukunft seinen guten Willen dokumentiert habe, seien nicht geeignet, die Verspätung zu entschuldigen. Die Ausschöpfung des Ermessensrahmens sei deshalb gerechtfertigt, weil der Beschwerdeführer die eingeräumte Frist um 5 Monate überschritten habe und erst durch die Androhung bzw. Festsetzung von Zwangsstrafen zur Abgabe der Steuererklärung 1974 veranlaßt worden sei.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Über diese Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof unter Bedachtnahme auf die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift erwogen:

Gemäß § 6 Z. 13 UStG 1972 sind von den unter § 1 Abs. 1 Z. 1 und 2 fallenden Umsätzen u.a. die Umsätze aus der Tätigkeit als Versicherungsvertreter (unecht) befreit.

Die belangte Behörde gelangte anders als zuvor das Finanzamt ohne nähere Prüfung deswegen zu der Beurteilung, der in Rede stehende Teil der Umsätze des Beschwerdeführers könne der eben zitierten Begünstigung nicht teilhaftig werden, weil sich aus den unwidersprochen gebliebenen Ausführungen in der Berufungsvorentscheidung vom ergeben habe, daß der Beschwerdeführer die strittigen Umsätze nicht als Versicherungsvertreter, sondern in seiner Eigenschaft als Gebäudeverwalter erzielt hat.

Diese Sachverhaltsannahme der belangten Behörde stellt sich jedoch nicht als das Ergebnis eines insofern ordnungsmäßigen Ermittlungsverfahrens dar. Die belangte Behörde übersieht nämlich, daß der Beschwerdeführer bei der in den Erledigungen des Finanzamtes zum Ausdruck kommenden Rechtsansicht - die Meinungsverschiedenheit bestand lediglich hinsichtlich des Vorsteuerabzuges - rechtlich keinen Anlaß hatte, Argumente zur Erhärtung seiner Rechtsansicht, daß für die in Rede stehenden Umsätze eine Steuerbefreiung Platz greife, vorzutragen. Sohin kann die belangte Behörde aus dem Umstand, daß der Beschwerdeführer nichts unternommen hat, um die ihm nach der Aktenlage erst durch den angefochtenen Bescheid bekannt gewordene Sachverhaltsannahme zu widerlegen, keine Anerkennung dieser Annahme, der im Abgabenverfahren auch nach objektiven Gesichtspunkten keine entsprechende, dem Beschwerdeführer erkennbare Relevanz zukam, ableiten. Kann sich die belangte Behörde aber nicht Rechtens auf eine derartige Anerkennung berufen, so fehlt jede einwandfreie Grundlage dafür, ohne Wahrung des Parteiengehörs entscheidungswesentlich davon auszugehen, daß die strittigen Umsätze des Beschwerdeführers wegen ihres Zusammenhanges mit seiner Tätigkeit als Immobilienverwalter der Befreiung gemäß § 6 Z. 13 UStG 1972 nicht teilhaftig werden können. Hiebei liegt auf der Hand, daß die belangte Behörde bei Vermeidung des Verfahrensmangels und insbesondere auch nach Prüfung der vertraglichen Grundlagen für diese Umsätze zu einem anders lautenden Bescheid hätte kommen können.

In der Festsetzung des angefochtenen Verspätungszuschlages im Höchstmaß von 10 % kann nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes dem Grunde nach jedoch keine Rechtswidrigkeit erblickt werden. Daß die Verspätung bei der Abgabe der Umsatzsteuererklärung für das Jahr 1974 entschuldbar gewesen ist, hat der Beschwerdeführer im Abgabenverfahren nicht hinreichend dargetan. Der belangten Behörde ist weiters auch keine Ermessensüberschreitung oder ein sonstiger Ermessensfehler anzulasten, wenn sie unter Bedachtnahme auf die Dauer der Verspätung und die nicht zu Unrecht erfolgte Androhung bzw. Festsetzung von Zwangsstrafen den Ermessensrahmen ausgeschöpft hat, zumal die Besteuerungsgrundlagen für die Umsatz- und Einkommensteuer der Jahre 1972 und 1973 mangels Vorlage von bezüglichen Steuererklärungen durch den Beschwerdeführer gemäß § 184 BAO geschätzt werden mußten. Hinzu kommt noch, daß sich aus dem Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 1974 gegenüber der bis dahin auf dem Abgabenkonto des Beschwerdeführers ausgewiesenen Belastung eine nicht unerhebliche Nachforderung an Umsatzsteuer 1974 (ca. S 24.000,--) ergeben hat. Allerdings war der Beschwerde auch hinsichtlich des Verspätungszuschlages letztlich deswegen Folge zu geben, weil mit der aus den bereits dargestellten Gründen erfolgenden Aufhebung des angefochtenen Bescheides hinsichtlich der Umsatzsteuer 1974 der gleichfalls angefochtenen Verspätungszuschlagsvorschreibung die Bemessungsgrundlage entzogen ist.

Zusammenfassend erweist sich sohin der angefochtene Bescheid infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften als rechtswidrig. Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 lit. c Z. 2 und 3 VwGG 1965 aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom , BGBl. Nr. 542. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil die Stempelgebühr für eine Beschwerdeausfertigung gemäß § 14 TP 6 Gebührengesetz 1957 auch dann nur S 70,-- beträgt, wenn der Beschwerdeschriftsatz aus mehreren Bogen besteht und weil die Vorlage des angefochtenen Bescheides nur in einfacher Ausfertigung erforderlich war.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1980:1978000066.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
PAAAF-52226