VwGH 06.11.1968, 0051/67
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssatz
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Normen | |
RS 1 | Ist ein landwirtschaftlicher Betrieb von verhältnismäßig untergeordneter Bedeutung mit einem Handelsbetrieb aufs engste wirtschaftlich verflochten und ist etwa die landwirtschaftliche Erzeugung planmäßig auf den Bedarf des Handelsbetriebes ausgerichtet, so liegt ein einheitlicher Gewerbebetrieb vor, dem ua auch die steuerliche Begünstigung für landwirtschaftliche Erzeugnisse gemäß § 7 Abs 2 Z 1 lit a UStG nicht zugebilligt werden kann (Hinweis E , VwSlg 2289 F/1960). |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dkfm. Dr. Porias und die Hofräte Dr. Schimetschek, Dr. Eichler, Dr. Kaupp und Hofstätter als Richter, im Beisein des Schriftführers Sektionsrat Dr. Walter, über die Beschwerde der MG in S, vertreten durch Dr. Dietrich Roessler in Wien I, Rosengasse 2, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Berufungssenat, vom , Zl. VI-2547/11/65, betreffend Umsatz-, Einkommen- und Gewerbesteuer 1960 bis 1962, nach durchgeführter Verhandlung, und zwar nach Anhörung des Vortrages des Berichters sowie der Ausführungen des Vertreters der Beschwerde, Rechtsanwaltes Dr. Walter Anderl, und des Vertreters der belangten Behörde, Finanzrates Dr. FP, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund (Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland) Aufwendungen in der Höhe von S 790,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin betreibt in S einen Weinbau und einen Weinhandel. Diese beiden Tätigkeiten hatte das Finanzamt bereits anläßlich der Gewerbesteuerveranlagung für das Jahr 1954 als einen einheitlichen Gewerbebetrieb angesehen und die gesamten Erträgnisse mit der Begründung der Gewerbesteuer unterworfen, daß im vorliegenden Fall der Weinbau dem Weinhandel untergeordnet sei und der im Weinhandelsbetrieb zugekaufte Wein den Wein der eigenen Erzeugung bei weitem übersteige. Dieser Ansicht des Finanzamtes schloß sich auch die belangte Behörde an, als sie der gegen den erstinstanzlichen Bescheid erhobenen Berufung der Beschwerdeführerin mit Bescheid vom keine Folge gab. Eine dagegen erhobene Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wies der Gerichtshof mit Erkenntnis vom , Slg.Nr. 2289/F, als unbegründet ab, wobei er u. a. ausführte:
"Wenn ein Unternehmer, zumal am gleichen Ort, einen Weinbaubetrieb und einen Weinhandelsbetrieb führt und sämtliche Erzeugnisse im Weinhandelsbetrieb abgesetzt werden, wird die dabei zwangsläufig eintretende weitgehende Verflechtung beider Tätigkeiten in der Regel dazu führen, das Vorliegen eines einheitlichen Betriebes anzunehmen. Daß dieser aber dann, wenn das Schwergewicht der wirtschaftlichen Tätigkeit des Unternehmers - wie im Beschwerdefall - im Absatz des zugekauften Weines und nicht der verhältnismäßig kleinen Mengen des selbsterzeugten Weines liegt, ein Gewerbebetrieb ist, kann nicht zweifelhaft sein."
Im Hinblick auf das Vorliegen eines einheitlichen Betriebes, der als Gewerbebetrieb anzusehen ist, versagte das Finanzamt der Beschwerdeführerin in der Folge anläßlich der Steuerveranlagungen für die Jahre 1960 bis 1962 sowohl den begünstigten Umsatzsteuersatz für Landwirte gemäß § 7 Abs. 2 Z. 1 lit. a UStG hinsichtlich des selbsterzeugten Weines wie auch die Anwendung von Durchschnittssätzen für die Ermittlung des Umsatzes und Gewinnes aus Land- und Forstwirtschaft gemäß § 13 Abs. 9 UStG bzw. § 29 EStG. Dagegen erhob die Beschwerdeführerin Berufung. Sie führte dabei aus, daß das Finanzamt aus dem oben genannten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes falsche Schlüsse gezogen habe. Dieses Erkenntnis betreffe nur die Gewerbesteuer. Dagegen bleibe für die einkommensteuerliche Ermittlung der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft das Einkommensteuergesetz und insbesondere auch die Bestimmung des § 29 EStG maßgebend, wonach der Gewinn von land- und forstwirtschaftlichen Betrieben unter den dort angeführten Voraussetzungen nach bestimmten Durchschnittssätzen zu versteuern sei. Desgleichen werde auch durch das genannte Verwaltungsgerichtshoferkenntnis die Bestimmung des § 7 Abs. 2 Z. 1 lit. a UStG nicht berührt, die dem Land- und Forstwirt einen begünstigten Steuersatz für die Lieferung der in seinem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb erzeugten Gegenstände einräume. Die belangte Behörde gab der Berufung der Beschwerdeführerin - von anderen, nicht dem Gegenstand der Verwaltungsgerichtshofbeschwerde bildenden Punkten abgesehen - mit Bescheid vom keine Folge. Sie begründete den abweisenden Teil ihrer Entscheidung im wesentlichen damit, daß bei der steuerlichen Beurteilung der gegenständlichen Frage von der unbestrittenen Tatsache ausgegangen werden müsse, daß der Weinbau und der Weinhandel der Beschwerdeführerin in einem einheitlichen Gewerbebetrieb betrieben werden. Der Verwaltungsgerichtshof habe in seinem Erkenntnis vom , Slg. Nr. 2289/F, diese Feststellung für richtig befunden und bestätigt. Die Betriebsprüfung habe in ihrem Bericht vom darauf hingewiesen, daß sich die maßgebenden Umstände auch im Prüfungszeitraum nicht geändert hätten. Die Beschwerdeführerin habe diese Feststellung nicht bestritten. Bei der steuerlichen Beurteilung müsse daher von der Tatsache ausgegangen werden, daß zufolge der Zuordnung und weitgehenden Verflechtung der landwirtschaftlichen und gewerblichen Tätigkeit und des Überwiegens der gewerblichen Betätigung nach der Verkehrsauffassung und nach den tatsächlichen Gegebenheiten ein einheitlicher Gewerbebetrieb vorliege. Dies habe zur Folge, daß der begünstigte Steuersatz für Landwirte gemäß § 7 Abs. 2 Z. 1 lit. a UStG im vorliegenden Fall für den selbsterzeugten Wein nicht gewährt werden könne. Der begünstigte Steuersatz stehe nämlich nur für Gegenstände zu, die innerhalb eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes erzeugt werden. Als land- und forstwirtschaftlicher Betrieb sei aber ein Betrieb anzusehen, dessen Hauptzweck auf die Landwirtschaft gerichtet sei. Der gegenständliche einheitliche Betrieb sei aber ein Gewerbebetrieb, dessen Hauptzweck auf den Weinhandel und somit auf eine gewerbliche Betätigung und nicht auf die Land- und Forstwirtschaft gerichtet sei. Der in diesem Betriebe hergestellte Wein sei sonach in einem Gewerbebetrieb hergestellt worden. Desgleichen könnten auch die gemäß § 29 EStG und gemäß § 13 Abs. 9 UStG ergangenen Verordnungen über die Aufstellung von Durchschnittssätzen für die Ermittlung des Umsatzes und Gewinnes aus Land- und Forstwirtschaft im vorliegenden Fall nicht angewendet werden, weil diese nur für land- und forstwirtschaftliche Betriebe gelten. Da jedoch bei der Beschwerdeführerin ein einheitlicher Gewerbebetrieb und kein landwirtschaftlicher Betrieb vorliege, bleibe für die Anwendung der genannten Verordnungen kein Raum.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Wie der Verwaltungsgerichtshof schon in seinem Erkenntnis vom , Slg. Nr. 2289/F, dargelegt hat, wird die Frage, ob ein land- und forstwirtschaftlicher Betrieb zu einem gewerblichen Unternehmen gehören kann, in Rechtslehre und Rechtsprechung bejaht (vgl. Blümich-Falk, Einkommensteuergesetz,
7. Aufl., S. 1038 f.; Littmann, Einkommensteuerrecht, 8. Aufl.,
S. 1116; Herrmann-Heuer, Kommentar zur Einkommensteuer, S. 890). Ist insbesondere der landwirtschaftliche Betrieb von verhältnismäßig untergeordneter Bedeutung und dessen Erzeugung planmäßig auf den Bedarf eines Handelsbetriebes ausgerichtet, so liegt nicht ein selbständiger landwirtschaftlicher Betrieb und ein Gewerbebetrieb, sondern ein einheitlicher Gewerbebetrieb vor.
Eine derartige Feststellung eines einheitlichen Gewerbebetriebes ist aber keineswegs - wie die Beschwerdeführerin meint - nur für den Bereich der Gewerbesteuer von Bedeutung, sondern gilt in gleicher Weise auch für den Bereich des Einkommensteuerrechts, für das der im § 28 BAO definierte Begriff "Gewerbebetrieb" ebenso gilt wie für das Gewerbesteuerrecht. Existierte im vorliegenden Fall aber nur ein einheitlicher Gewerbebetrieb, so kam naturgemäß auch die Anwendung von Durchschnittssätzen für die Ermittlung des Gewinnes aus einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb gemäß § 29 EStG nicht in Betracht, weil eben ein land- und forstwirtschaftlicher Betrieb nicht vorhanden war.
Die Beschwerdeführerin irrt aber auch, wenn sie weiters meint, daß die Feststellung eines einheitlichen Gewerbebetriebes im vorliegenden Fall die umsatzsteuerliche Begünstigung des Erlöses aus dem Verkauf des selbsterzeugten Weines nicht beeinflussen könne. Denn § 7 Abs. 2 Z. 1 lit. a UStG verlangt ausdrücklich, daß es sich um Gegenstände handeln müsse, "die innerhalb eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes erzeugt werden". Gibt es aber keinen selbständigen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb, sondern nur einen einheitlichen Gewerbebetrieb, so kann auch die Umsatzsteuerbegünstigung für land- und forstwirtschaftliche Erzeugnisse nicht Platz greifen. Daran vermag auch der Unternehmensbegriff des § 2 UStG nichts zu ändern, wonach das Unternehmen die gesamte gewerbliche und berufliche Tätigkeit des Unternehmers umfaßt. Diese umsatzsteuerliche Einheit des "Unternehmens" hat nur zur Folge, daß gemäß § 11 Abs. 1 UStG in dem Falle, daß ein Unternehmer mehrere Betriebe hat, die in allen Betrieben vereinnahmten Entgelte zusammenzurechnen sind. Liegt aber nur ein einheitlicher Gewerbebetrieb im Sinne des § 28 BAO vor, so wird er auch umsatzsteuerlich nicht in mehrere Betriebe aufgespalten, zumal gerade im Bereich des Umsatzsteuerrechts, das auch bei mehreren in einer Hand vereinigten Betrieben nur einen Unternehmer kennt, für eine solche Aufspaltung am wenigsten Anlaß vorliegt. Soweit aber die Beschwerdeführerin Beispiele aus der Rechtsliteratur anführt, in denen die Steuerbegünstigung des § 7 Abs. 2 Z. 1 lit. a UStG für Erzeugnisse aus einer Land- und Forstwirtschaft auch dann gewährt wurde, wenn diese in einem Gewerbebetrieb des Unternehmers veräußert wurden, so übersieht sie, daß es sich dabei immer um Erzeugnisse eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes gehandelt hat, nicht aber - wie hier - um Erzeugnisse eines einheitlichen Gewerbebetriebes.
Wenn schließlich die Beschwerdeführerin noch darauf hinweist, daß sie bei einer Zusammenfassung ihrer Betriebe zu einem einheitlichen Gewerbebetrieb doppelt zu einer Objektsteuer herangezogen werde, weil sie für ihre landwirtschaftlichen Grundstücke sowohl Gewerbesteuer wie auch Grundsteuer entrichten müsse, so übersieht sie, daß durch die Bestimmungen der §§ 8 Z. 1 und 12 Abs. 3 Z. 1 GewStG eine doppelte Erfassung des Grundbesitzes durch die Gewerbesteuer und die Grundsteuer vermieden wird. Inwieweit aber die Heranziehung der Beschwerdeführerin zu Umlagen für die Landwirtschaftskammer berechtigt ist, war im gegenständlichen Abgabenverfahren nicht zu prüfen.
Die vorliegende Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten des Verwaltungsgerichtshofverfahrens gründet sich auf § 48 Abs. 2 VwGG 1965.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Normen | |
Sammlungsnummer | VwSlg 3797 F/1968; |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1968:1967000051.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
WAAAF-52199