VwGH 19.02.1971, 0047/69
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssatz
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Norm | EStG 1953 §36 Abs3 |
RS 1 | Die Tätigkeit der Mitglieder des Zusatzchores der Wiener Staatsoper erfolgt mangels Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers und mangels Weisungsgebundenheit nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses und ist folglich mit ihren Einkünften nicht der Lohnsteuer unterworfen. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kaniak und die Hofräte Dr. Eichler, Kobzina, Dr. Straßmann und Dr. Draxler als Richter im Beisein des Schriftführers Bezirksrichter Dr. Gerhard über die Beschwerde des Dr. JD in W, vertreten durch Dr. Karl Claus jun., Rechtsanwalt in Mistelbach, Bahnstraße 25, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. GA VI-716/68, betreffend Lohnsteuer - Jahresausgleich 1966, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Begründung
Das Finanzamt für den I. Bezirk forderte den Beschwerdeführer am zur Abgabe einer Erklärung zwecks Durchführung des Jahresausgleiches für das Kalenderjahr 1966 gemäß § 76 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes 1953 (EStG 1953) auf. Dieser Aufforderung kam der Beschwerdeführer nach. Mit Bescheid vom führte das Finanzamt im Hinblick auf Einkünfte, die der Beschwerdeführer im Jahre 1966 durch seine Tätigkeit beim Zusatzchor der Wiener Staatsoper fallweise in Höhe von insgesamt mehr als S 36.000,-- jährlich neben seinem Gehalt als Bundesangestellter bezogen hatte, den Jahresausgleich von Amts wegen durch und forderte einen Betrag von S 7.959,-- an Lohnsteuer nach.
Dagegen berief der Beschwerdeführer. Mit Berufungsvorentscheidung vom setzte das Finanzamt den nachgeforderten Betrag auf S 6.621,-- herab, gab im übrigen jedoch der Berufung nicht Folge. Der Beschwerdeführer begehrte fristgerecht die Vorlage an die Berufungsbehörde. Er machte geltend, daß seine Tätigkeit beim Zusatzchor der Wiener Staatsoper nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses ausgeübt werde und daher die Vornahme des Jahresausgleiches rechtswidrig gewesen sei; er führte insbesondere aus, daß seine Tätigkeit bei der Bundestheaterverwaltung sporadisch sei und über persönliches Ersuchen erfolge, aber keine Verpflichtung zur Leistung der Tätigkeit bestehe. In einer nachträglichen Eingabe verwies der Beschwerdefahrer auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 421/67, in welchem anläßlich der Entscheidung über eine Anfechtung der Wahl des Betriebsrates ausgesprochen worden sei, daß die Mitglieder des Zusatzchores nicht als Dienstnehmer angesehen werden könnten. Nach einer ergänzenden, im Wege des Finanzamtes für Körperschaften vorgenommenen Erhebung über die Art der Tätigkeit der Chorsänger zum Zusatzchor der Wiener Staatsoper und nach Vorhalt des Erhebungsergebnisses an den Beschwerdeführer erließ die belangte Behörde den nunmehr beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom , mit welchem die Lohnsteuernachforderung auf S 2.945,-- herabgesetzt, im übrigen aber die Berufung als unbegründet abgewiesen wurde.
In der Begründung dieses Bescheides finden sich folgende Sachverhaltsfeststellungen: Der Beschwerdeführer ist seit Jahren als Opernsänger des sogenannten Zusatzchores der Wiener Staatsoper tätig. Dieser Zusatzchor ist über Betreiben des seinerzeitigen Betriebsratsobermannes geschaffen worden, um für bestimmte Opernaufführungen einen verstärkten Chor zur Verfügung zu haben. Da diese Verstärkung nur fallweise notwendig war, wäre die Vergrößerung des bestehenden Staatsopernchores unrentabel gewesen. Die Mitglieder des Zusatzchores werden von einem Beauftragten der Bundestheaterverwaltung eingeteilt und stehen dann für bestimmte Aufführungen zur Verfügung. Sie machen die Proben mit, erhalten dafür ein Probenhonorar und müssen, wenn sie Wert auf Weiterbeschäftigung als Chorsänger in der Staatsoper legen, für jede einstudierte Aufführung zur Verfügung stehen. Für Krankheitsfälle stehen Ersatzleute zur Verfügung, die vom Beauftragten der Bundestheaterverwaltung notfalls rasch eingesetzt werden können. Über die Qualifikation eines Chorsängers wird durch Angestellte der Bundestheaterverwaltung entschieden.
In der Begründung des angefochtenen Bescheides wird weiters ausgeführt, daß sich aus dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 421/67, folgendes ergebe: Die Chormitglieder würden auf Grund eines AIternierungskalenders im Turnus zu den Proben und schließlich zu den Vorstellungen eingeteilt. Der Operndirektion stünde außer der Prüfung der fachlichen Eignung nicht das Recht zu, bestimmte Personen in den Zusatzchor aufzunehmen. Die Operndirektion habe darnach auch keinen Anspruch auf eine Dienstleistung und der Chorsänger keine Verpflichtung zur Leistung künstlerischer Dienste. Falle ein Chorsänger etwa durch Krankheit aus, dann werde ein Ersatzmitglied eingeteilt, oder die betreffende Chorstelle bleibe unbesetzt. Der Operndirektion stünde es frei, auf die Mitwirkung eines ungeeigneten oder undisziplinierten Sängers gegenüber der Bühnengewerkschaft zu verzichten; der Chorsänger könne seine Tätigkeit ohne Kündigung jederzeit einstellen. Es bestehe kein Anspruch auf Urlaub, sondern lediglich auf ein Entgelt, welches für jede Probe mit S 90,-- und für jede Mitwirkung an einer Vorstellung mit S 180,-- festgesetzt sei und an den Sänger direkt ausbezahlt werde.
In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid aus, das erwähnte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , welches die Dienstnehmereigenschaft der Chorsänger verneint habe, sei auf den Dienstnehmerbegriff nach § 2 Abs. 2 des Betriebsrätegesetzes abgestellt, der für das Vorliegen eines Dienstverhältnisses eine weitergehende Bindung des Arbeitnehmers an einen Arbeitgeber fordere als es dem Begriff des Dienstverhältnisses im Sinne des § 36 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes 1953 eigen sei. Nach dem Einkommensteuergesetz genüge es, wenn die tätige Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers stehe oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet sei. In diesem Sinne würden im vorliegenden Falle die Merkmale, die für das Vorliegen eines Dienstverhältnisses sprächen, merklich überwiegen. Die Mitglieder des Chores müßten, um in den Genuß des vereinbarten Entgeltes zu kommen, an den Proben und Aufführungen der Staatsoper persönlich teilnehmen; sie seien während dieser Zeit an einen bestimmten Arbeitsort und an eine bestimmte Arbeitszeit gebunden. Nicht nur ihre allfällige fachliche Nichteignung, sondern auch ihr persönliches Verhalten könne Anlaß für ihr Ausscheiden aus dem Chor sein. Die Einteilung nach einem Alternierungskalender durch einen Beauftragten der Bundestheaterverwaltung gewährleiste eine gewisse Regelmäßigkeit der Beschäftigung. Wenn das einzelne Chormitglied aus unvorhergesehenen Gründen nicht mitwirke, sorge die Staatsoper selbst für entsprechenden Ersatz und es knüpfe sich daran keine weitere Rechtsfolge. Die Chormitglieder trügen offenbar auch keinerlei Unternehmerrisiko. Das einzelne Chormitglied habe, wenn es sich erst einmal zur Mitwirkung entschlossen habe, keinerlei eigene Initiative mehr und sei weitgehend persönlich in die Organisation des Betriebes des Arbeitgebers eingegliedert. Die weitgehende Unterordnung unter den Willen des Arbeitgebers komme dadurch zum Ausdruck, daß vom Chorsänger diszipliniertes Verhalten gefordert werde. Demgegenüber habe es keine wesentliche Bedeutung, daß kein schriftlicher Dienstvertrag vorliege, daß die Bindung der Mitglieder des Zusatzchores an die Staatsoper nur eine lose sei, daß sie keinen Anspruch auf bezahlten Urlaub hätten und eine Entlohnung ausschließlich für die tatsächliche Leistung bekämen.
In der Beschwerde wird die Aufhebung des angefochtenen Bescheides "als gesetzwidrig" (offenbar richtig: wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes) beantragt. Beschwerdepunkt ist das Recht, nicht mit den Einkünften aus selbständiger Arbeit im Wege des Jahresausgleiches zur Lohnsteuer herangezogen zu werden. In der Beschwerde wird neuerlich auf das erwähnte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom Bezug genommen und ausgeführt, daß jene Umstände, die der Gerichtshof damals für maßgebend befunden habe, die Dienstnehmereigenschaft der Mitglieder des Zusatzchores nach dem Betriebsrätegesetz zu verneinen, auch der Annahme eines Dienstverhältnisses im Sinne des Einkommensteuergesetzes entgegenstünden. Ausschlaggebend sei insbesondere, daß die Operndirektion keinen Anspruch auf eine bestimmte Dienstleistung habe, daß lediglich eine lose Bindung bestehe und daß das Unternehmerrisiko für den Einzelnen darin liege, ob er überhaupt die rein künstlerische Leistung in genügendem Maß erbringen könne. Der Annahme eines Werkvertrages stehe nicht entgegen, daß der Zusatzchor aus einer mehr oder wenige feststehenden Personengruppe gebildet werde. Die Leistung des einzelnen Mitgliedes müsse im Zusammenwirken mit anderen Mitgliedern und mit dem Chorleiter oder einem anderen künstlerischen Leiter erarbeitet werden. Daß die Chorleistung an einem bestimmten Arbeitsort und zu einer bestimmten Arbeitszeit erbracht werden müsse, liege in der Natur der Sache und könne daher nicht als hervorstechendes Merkmal für das Vorliegen eines Dienstverhältnisses angenommen werden; im übrigen würden aber zur vereinbarten Gesamtleistung auch das Partiturstudium und ein privates Gesangsstudium bzw. private Proben gehören, die notwendig seien, um die bei den Aufführungen verlangten Leistungen erbringen zu können.
Die belangte Behörde beantragt in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde und wiederholt darin vorerst den bereits im Berufungsbescheid zum Ausdruck gekommenen Standpunkt, aus dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom lasse sich wegen der Verschiedenheit des Tatbestandes für den vorliegenden Beschwerdefall nichts gewinnen. Der im Berufungsbescheid ausführlich festgehaltene Sachverhalt ergebe nach Auffassung der belangten Behörde, daß der Beschwerdeführer als Mitglied des Zusatzchores steuerrechtlich als Arbeitnehmer anzusehen sei. In seinen Aufwendungen für die Tätigkeit außerhalb der Aufführungen, wie etwa für das Partiturstudium, könnten lediglich Werbungskosten erblickt werden, die auch bei unselbständiger Arbeit in jeweils verschiedener Form und Höhe erwüchsen, aber nichts mit einem Unternehmerrisiko zu tun hätten. Dem Auftraggeber komme es auch nicht auf die Erbringung eines bestimmten Werkes, sondern auf die Mitwirkung der einzelnen Mitglieder im Rahmen ihres Geschäftsbetriebes an. Das einzelne Chormitglied brauche auch nicht im Behinderungsfalle für Ersatz zu sorgen. Daß die Entlohnung von der tatsächlichen Arbeitsleistung abhängig gemacht werde, sei nicht wesentlich, da im Wirtschaftsleben grundsätzlich nur für eine tatsächliche Arbeitsleistung auch eine Entlohnung gebühre. Da der Beschwerdeführer also hinsichtlich seiner Mitarbeit in der Wiener Staatsoper an Arbeitszeit und Arbeitsort gebunden sei, dabei kein Unternehmerrisiko trage und den Weisungen eines Auftraggebers nicht nur in sachlicher, sondern auch in persönlicher Hinsicht unterworfen sei, müßten seine Einkünfte aus dieser Tätigkeit als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit angesehen werden, weshalb die Voraussetzungen für die Durchführung des Jahresausgleiches vorgelegen seien.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 76 Abs. 3 EStG 1953 hatte das Wohnsitzfinanzamt des Arbeitnehmers einen Jahresausgleich von Amts wegen durchzuführen, wenn im Kalenderjahr Einkünfte von zwei oder mehreren Arbeitgebern (§ 36 Abs. 1) bezogen worden sind, deren Summe S 36.000,-- übersteigt.
Der § 36 Abs. 1 EStG 1953 bestimmte: "Bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19) wird die Einkommensteuer durch Abzug vom Arbeitslohn erhoben (Lohnsteuer). Natürliche Personen, die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit beziehen, sind Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes. ...."
"Der § 36 Abs. 3 EStG 1953 lautete: "Ein Dienstverhältnis liegt vor, wenn der Arbeitnehmer denn Arbeitgeber (öffentlichrechtliche Körperschaft, Unternehmer, Haushaltsvorstand) seine Arbeitskraft schuldet. Dies ist der Fall, wenn die tätige Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist."
Da im vorliegenden Beschwerdefall die von der belangten Behörde vorgenommene Berechnung des Jahresausgleiches nicht bestritten ist, hängt das Schicksal der Beschwerde ausschließlich davon ab, ob der Beschwerdeführer im Zusatzchor der Wiener Staatsoper im Rahmen eines Dienstverhältnisses tätig war. Der Beschwerdeführer und die belangte Behörde haben richtig erkannt, daß der vorliegende Sachverhalt sowohl Elemente, die für ein Dienstverhältnis, als auch solche, die dagegen sprechen, enthält. Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung entschieden hat, sind Rechtsverhältnisse, die Elemente mehrerer verschiedener Vertragstypen enthalten, nach den Merkmalen zu beurteilen, die darin überwiegen (siehe die Erkenntnisse Slg. 825/F und 1820/F). Die für diese Entscheidung notwendigen Sachverhaltsfeststellungen hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid getroffen. Die Merkmale, die gegen ein Dienstverhältnis sprechen, und die, die das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses vermuten lassen, mußten also gegeneinander abgewogen und so das Gesamtbild des vorliegenden Beschäftigungsverhältnisses gewonnen werden (siehe Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes Slg. 3282/F). Die Beurteilung des Gesamtbildes der Tätigkeit ist eine Rechtsfrage.
Die belangte Behörde hat die Beurteilung, ob ein Dienstverhältnis vorliegt, mit Recht aus dem Gesichtswinkel des § 36 Abs. 3 EStG 1953 vorgenommen. Sie hat sich dabei vorwiegend auf die im zweiten Satz dieser Gesetzesstelle festgelegten Kriterien gestützt. Von diesen Kriterien scheidet "die Betätigung des geschäftlichen Willens unter der Leitung des Dienstgebers" für den vorliegenden Fall aus, da damit in erster Linie Dienstleistungen im Außendienst getroffen werden sollen, wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom , Slg. 1008/F, ausgesprochen hat. Was aber "die Pflicht, im geschäftlichen Organismus den Weisungen des Dienstgebers zu folgen", anlangt, so ist vorerst davon auszugehen, daß dieser Umstand, wie sich aus dem Zusammenhang der gesamten im § 36 Abs. 3 EStG 1953 getroffenen Regelung ergibt, nur dann rechtserheblich sein kann, wenn überhaupt ein, in welcher Form immer zustandegekommenes Vertragsverhältnis vorliegt, nach welchem eine Arbeitsleistung geschuldet wird. Der Gerichtshof teilt die Auffassung der belangten Behörde insoweit, als diese überhaupt das Vorliegen einer Schuldigkeit zur Erbringung einer Arbeitsleistung angenommen hat, mag auch ein schriftlicher Vertrag zwischen den Mitgliedern des Zusatzchores und dem Bunt nicht bestehen, weil die Mitglieder des Zusatzchores zwar ohne rechtliche Sanktion von der Mitwirkung an einer Aufführung Abstand nehmen können, für den Fall der Mitwirkung aber die gegenseitigen Rechte und Pflichten nach den unbestrittenen Feststellungen der belangten Behörde festgelegt waren. Die Möglichkeit des einzelnen Chorsängers, ohne Kündigung und ohne rechtliche Sanktion jederzeit seine Tätigkeit einstellen zu können, schließt es aber nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes aus, eine Eingliederung der Mitglieder des Zusatzchores in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers im Sinne des § 36 Abs. 3 EStG 1953 als gegeben anzunehmen; auch die bloß fallweise vorgesehene Mitwirkung des Zusatzchores spricht gegen eine solche Annahme, wenngleich eine gewisse Regelmäßigkeit der Beschäftigung durch den sogenannten "Alternierungskalender" gewährleistet sein mag. Daß die Leistung in den Räumen des Auftraggebers und zu bestimmten Zeiten erbracht werden muß, was, für sich allein betrachtet, ein Indiz für eine Eingliederung in den geschäftlichen Organismus wäre, fällt demgegenüber nicht entscheidend ins Gewicht, da die Mitwirkung an einer künstlerischen Aufführung und an den vorangehenden Proben schon ihrer Natur nach an eine bestimmte Zeit und an einen bestimmten Ort gebunden ist, sodaß selbst bei ausdrücklich erklärter Willensübereinstimmung der Vertragspartner, daß rechtlich und wirtschaftlich nur ein Arbeitserfolg und nicht die Arbeitskraft geschuldet, folglich ein Werkvertrag begründet werden solle, keine andere Möglichkeit bestünde, die geschuldete Leistung zu erbringen. Es kann aber auch nach dem Inhalt der bestehenden Vereinbarung, wie ihn die belangte Behörde unbestrittenermaßen feststellte, nicht von einer für einen Dienstvertrag typischen Weisungsgebundenheit gesprochen werden, da sich diese im vorliegenden Falle nur auf ein bestimmtes Verhalten bei den Proben und bei den Aufführungen bezog, eine derartige Gebundenheit jedoch - etwa an die Anordnungen des Inspizienten - schon nach der Natur der Sache unerläßlich ist, selbst bei ausdrücklich erklärter Willensübereinstimmung der Vertragspartner, daß rechtlich und wirtschaftlich der Arbeitserfolg und nicht die Arbeitsleistung geschuldet werde. Wenn die belangte Behörde weiters ihren Standpunkt damit vertreten zu können glaubt, es spreche für das Vorliegen eines Dienstverhältnisses, daß die Mitglieder des Zusatzchores ihre Leistung persönlich erbringen müssen, so muß ihr erwidert werden, daß künstlerische Leistungen, auf Grund welchen Titels immer sie geschuldet werden, ihrer Natur nach als unvertretbar anzusehen sind; daß es sich aber bei der Mitwirkung an Aufführungen der Wiener Staatsoper sowohl bei Solisten als auch bei Chormitgliedern um die Erbringung einer künsterlischen Leistung handelt, kann nicht ernstlich in Zweifel gezogen werden. Letztlich hat die belangte Behörde ins Treffen geführt, die Mitglieder des Zusatzchores der Wiener Staatsoper hätten kein Unternehmerrisiko zu tragen. Art und Umfang des Unternehmerrisikos können nun aber nicht bei jeder Erwerbstätigkeit mit denselben Maßstäben gemessen werden. Nach Auffassung des Gerichtshofes liegt bei einer künstlerischen Betätigung ein Unternehmerrisiko schon dann vor, wenn im Falle der unverschuldeten Unmöglichkeit, die Leistung zu erbringen, kein Anspruch auf Entgelt besteht und damit der Einsatz von Zeit und Mühe für die Ausbildung und Aufrechterhaltung der künstlerischen Befähigung zunichte wird; vom Bestehen eines Entgeltsanspruches in den Fällen der unverschuldeten Verhinderung ist aber die belangte Behörde im vorliegenden Falle nicht ausgegangen. Die belangte Behörde irrt auch, wenn sie in diesem Aufwand Werbungskosten im Sinne des § 9 EStG 1953 erblickt, weil für Werbungskosten ein Zusammenhang mit Einnahmen wesentlich ist, also dann keine Werbungskosten geltend gemacht werden können, wenn keine Einnahmen erzielt wurden. Der belangten Behörde ist allerdings darin Recht zu geben, daß der Beschwerdeführer aus dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 421/67, für den vorliegenden Rechtsfall nichts unmittelbar für sich gewinnen kann, da der damals entschiedene Rechtsfall auf der Grundlage eines anders lautenden Tatbestandes, nämlich des § 2 des Betriebsrätegesetzes, zu lösen war.
Aus den vorhin dargestellten Erwägungen ist der Gerichtshof der Auffassung, daß die belangte Behörde die Rechtsfrage, ob der Beschwerdeführer seine Einkünfte als Mitglieds des Zusatzchores der Wiener Staatsoper auf Grund eines Dienstverhältnisses bezog, unrichtig beurteilt und diese Einkünfte daher auch rechtsirrig als lohnsteuerpflichtig angesehen hat. Durch die Einbeziehung dieser Einkünfte in einen amtswegigen Jahresausgleich hat die belangte Behörde folglich mit dem angefochtenen Bescheid den Beschwerdeführer im Beschwerdepunkt in seinen Rechten verletzt. Der Bescheid war sohin gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Wien, am
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Norm | EStG 1953 §36 Abs3 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1971:1969000047.X00 |
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Fundstelle(n):
EAAAF-52192