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VwGH 23.08.2013, AW 2013/12/0006

VwGH 23.08.2013, AW 2013/12/0006

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssatz


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Normen
AVG §8;
BDG 1979 §15a;
VwGG §21 Abs1;
VwGG §30 Abs2;
RS 1
Nichtstattgebung - amtswegige Ruhestandsversetzung gemäß § 15a BDG 1979 - Bei der Entscheidung über Anträge auf aufschiebende Wirkung gegen amtswegige Ruhestandsversetzungen erachtet der Verwaltungsgerichtshof als bei der Interessenabwägung relevante Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses, dass der Dienstgeber Bund bei Stattgebung des Antrages im gedachten Fall der Rechtmäßigkeit des Bescheides einen Beamten im Aktivdienststand zu halten und ihm (unwiederbringlich) auch Aktivdienstbezüge zur Auszahlung zu bringen hätte, wiewohl der Beamte rechtens in den Ruhestand zu versetzen war (vgl. etwa den hg. Beschluss vom , AW 2012/12/0003). Der Beschwerdeführer vermeint nun, dieses öffentliche Interesse bestünde vorliegendenfalls deshalb nicht, weil der Bund hier von jenem Unternehmen, dem der Beschwerdeführer zur Dienstleistung zugewiesen ist, die Aktivbezüge ohnedies refundiert erhalte.Der Beschwerdeführer vertritt in diesem Zusammenhang ein zu enges Verständnis des Begriffes "öffentliches Interesse". Im Gegensatz zum Antragsteller geht der Verwaltungsgerichtshof sehr wohl davon aus, dass ein wohlverstandenes "öffentliches Interesse" des Dienstgebers Bund daran besteht, dass seinem Partner im Zuweisungsverhältnis kein Beamter im Aktivdienstverhältnis zugewiesen bleibt, der rechtens aus wichtigen dienstlichen Interessen von Amts wegen in den Ruhestand versetzt werden sollte. Auch die Vermeidung einer durch die Aufrechterhaltung eines Aktivdienstverhältnisses zum Bund mittelbar entstehenden Kostenbelastung des Unternehmens, dem der Beamte zugewiesen ist, steht somit im wohlverstandenen "öffentlichen Interesse". Darüber hinaus handelt es sich wohl bei den Interessen des genannten Unternehmens um "beteiligte Interessen" im Verständnis des § 30 Abs. 2 VwGG, mag dieses Unternehmen im dienstrechtlichen Verfahren des Beschwerdeführers auch keine Parteistellung genießen (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2010/12/0185). Die "beteiligten Interessen" im Verständnis des § 30 Abs. 2 VwGG müssen nicht die Intensität "rechtlicher Interessen", wie sie etwa § 21 Abs. 1 VwGG verlangt, erreichen. Entsprechendes gilt wohl auch für das Interesse am Unterbleiben der weiteren Zahlung der Individualzulage bei Vorliegen der Voraussetzungen für eine Ruhestandsversetzung.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag des K, vertreten durch J Rechtsanwalt GmbH, der gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom , Zl. BMLFUW-102176/0001- PR/1/2013, betreffend amtswegige Ruhestandsversetzung gemäß § 15a BDG 1979, erhobenen Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:

Spruch

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom wurde der Beschwerdeführer gemäß § 15a Abs. 1 in Verbindung mit § 236b Abs. 1 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979, BGBl. Nr. 333 (im Folgenden: BDG 1979), mit Ablauf des in den Ruhestand versetzt.

Mit der Beschwerde ist der Antrag verbunden, ihr die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Begründet wird dieser Antrag wie folgt:

"a) unmittelbar wirksamer Bescheid

Der angefochtene Bescheid ist dem Vollzug zugänglich, da er die Ruhestandsversetzung des Beschwerdeführers mit Ablauf des verfügt.

b) keine widerstrebenden öffentlichen Interessen

Der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung stehen auch keine öffentlichen Interessen entgegen, da durch die seit dem Jahr 2001 wirksame dauernde Dienstzuweisung des Beschwerdeführers an die Spanische Hofreitschule dieser nicht mehr in unmittelbarer Verwendung der öffentlichen Hand steht. Vielmehr ist eine aufschiebende Wirkung geboten, da im Falle der Stattgebung der Beschwerde ohne aufschiebende Wirkung jene Gehaltsbestandteile, die durch die Ruhestandsversetzung (vorläufig) entfallen würden, vom Bund als Rechtsträger der belangten Behörde zu ersetzen wären. Zumal die Spanische Hofreitschule mit dem Beschwerdeführer eine monatliche privatrechtliche Zulage iSd § 9 Bundesbediensteten-SozialplanG vereinbart hat, müsste auch dieser Vermögensnachteil bei Rechtswidrigkeit des Bescheides für die Dauer der unberechtigten Ruhestandsversetzung vom Bund ersetzt werden. Eine nachträgliche Ersatzpflicht dieser Beträge seitens der Spanischen Hofreitschule gegenüber dem Bund ist nicht vorgesehen. Würde aber der VwGH der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zugestehen, so wäre weiterhin alleine die Spanische Hofreitschule ausschließliche Schuldnerin der Individualzulage. Darüber hinaus würde der Bund für die Dauer der aufschiebenden Wirkung jene Gehaltsbestandteile, die dem Beschwerdeführer zukommen, von der Spanischen Hofreitschule ersetzt erhalten. Die Interessensabwägung kann sohin nur dahin gehen, dass die aufschiebende Wirkung jedenfalls auch und gerade im Sinne des Bundes ist. Ein unmittelbares öffentliches Interesse an der sofortigen Ruhestandsversetzung kann auch deswegen ausgeschlossen werden, da die belangte Behörde bereits seit Sommer 2010 das Ansinnen einer Ruhestandsversetzung verfolgte, aber diese erst jetzt - beinahe drei volle Jahre später - verfügte. Eine besondere Dringlichkeit der Ruhestandsversetzung ist - auch im Hinblick auf die ohnehin seitens der Spanischen Hofreitschule verfügte Dienstfreistellung - nicht gegeben.

c) unverhältnismäßiger Nachteil

Mit dem Vollzug des angefochtenen Bescheides wäre für den Beschwerdeführer wiederum ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden. So würde er die von der Spanischen Hofreitschule geschuldete Individualzulage für die Dauer des Verfahrens verlieren und hätte auch bei späterer Stattgebung der Beschwerde keine Handhabe, diese von seiner diesbezüglich privatrechtlichen Vertragspartnerin zu erhalten. Nachdem die Spanische Hofreitschule nunmehr in rechtskräftig zur Zahlung der von ihr vereinbarten Individualzulage vom OLG Wien verurteilt wurde, würde mit (vorläufiger) Wirksamkeit des angefochtenen Bescheides gerade jene Situation eintreten, die das Urteil des OLG und die Entscheidung des VwGH (zu 2010/12/0125) für unzulässig erachtet, nämlich dass die erzwungene Dienstfreistellung auch noch mit erheblichen finanziellen Einbußen verbunden wäre. Die vorzeitige Ruhestandsversetzung ist nämlich nichts anderes, als die Dienstfreistellung - eine willkürliche Maßnahme, um den Beschwerdeführer an seiner Diensterbringung zu hindern und ihn um seine diesbezüglichen Bezüge zu schmälern.

Die spätere Nachzahlung seiner Ansprüche - allenfalls im Wege einer Amtshaftung durch die Republik Österreich - wäre demgegenüber dem Beschwerdeführer nicht zumutbar, konnte er doch gerade auf Grund des rechtskräftigen zivilrechtlichen Zuspruches davon ausgehen, dass er die vertraglich wie gesetzlich zustehenden Entgelte bis zum Eintritt des Regelpensionsalters erhält. Eine bloße Nachzahlung kann den Charakter der laufenden Entgelte nicht ersetzen.

Zuletzt sei angemerkt, dass der angefochtene Bescheid eine Aufhebung der grundlosen Dienstfreistellung über den Beschwerdeführer - die dieser noch immer ausdrücklich und seit langem wünscht - unmöglich machen würde. Mit Gewährung der aufschiebenden Wirkung zugunsten der gegenständlichen Beschwerde könnte aber die Spanische Hofreitschule nochmals die verfügte Dienstfreistellung überdenken und den Beschwerdeführer jederzeit wieder mit seinen Lipizzanern - nämlich jenen Pferden, die er über Jahre und Jahrzehnte ausgebildet hat, und die nach wie vor in der Schule ihren Dienst tun - reiten und seinem Institut dienen.

Sohin muss bei Abwägung aller Für und Wider die Entscheidung über die aufschiebende Wirkung zu Gunsten des Beschwerdeführers ausgehen."

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof auf Antrag des Beschwerdeführers der Beschwerde die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, insoweit dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug des angefochtenen Bescheides für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre. Der Beschwerdeführer hat in seinem Antrag zu konkretisieren, worin für ihn der unverhältnismäßige Nachteil gelegen wäre (vgl. den hg. Beschluss eines verstärkten Senates vom , Slg. Nr. 10.381/A). Wie der Verwaltungsgerichtshof in dem eben zitierten Beschluss ausgesprochen hat, wird der Verwaltungsgerichtshof nur durch die glaubhafte Dartuung konkreter - tunlichst ziffernmäßiger - Angaben über die Einkunfts- und Vermögensverhältnisse des Antragstellers (unter Einschluss seiner Schulden, jeweils nach Art und Ausmaß) überhaupt in die Lage versetzt zu beurteilen, ob der Vollzug des angefochtenen Bescheides für den Beschwerdeführer (Antragsteller) einen angesichts des glaubhaft gemachten Sachverhaltes unverhältnismäßigen Nachteil mit sich brächte.

Bei der Entscheidung über Anträge auf aufschiebende Wirkung gegen amtswegige Ruhestandsversetzungen erachtet der Verwaltungsgerichtshof als bei der Interessensabwägung relevante Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses, dass der Dienstgeber Bund bei Stattgebung des Antrages im gedachten Fall der Rechtmäßigkeit des Bescheides einen Beamten im Aktivdienststand zu halten und ihm (unwiederbringlich) auch Aktivdienstbezüge zur Auszahlung zu bringen hätte, wiewohl der Beamte rechtens in den Ruhestand zu versetzen war (vgl. etwa den hg. Beschluss vom , AW 2012/12/0003). Der Beschwerdeführer vermeint nun, dieses öffentliche Interesse bestünde vorliegendenfalls deshalb nicht, weil der Bund hier von jenem Unternehmen, dem der Beschwerdeführer zur Dienstleistung zugewiesen ist, die Aktivbezüge ohnedies refundiert erhalte. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes vertritt der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang aber ein zu enges Verständnis des Begriffes "öffentliches Interesse". Im Gegensatz zum Antragsteller geht der Verwaltungsgerichtshof sehr wohl davon aus, dass ein wohlverstandenes "öffentliches Interesse" des Dienstgebers Bund daran besteht, dass seinem Partner im Zuweisungsverhältnis kein Beamter im Aktivdienstverhältnis zugewiesen bleibt, der rechtens aus wichtigen dienstlichen Interessen von Amts wegen in den Ruhestand versetzt werden sollte. Auch die Vermeidung einer durch die Aufrechterhaltung eines Aktivdienstverhältnisses zum Bund mittelbar entstehenden Kostenbelastung des Unternehmens, dem der Beamte zugewiesen ist, steht somit im wohlverstandenen "öffentlichen Interesse". Darüber hinaus handelt es sich wohl bei den Interessen des genannten Unternehmens um "beteiligte Interessen" im Verständnis des § 30 Abs. 2 VwGG, mag dieses Unternehmen im dienstrechtlichen Verfahren des Beschwerdeführers auch keine Parteistellung genießen (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2010/12/0185). Die "beteiligten Interessen" im Verständnis des § 30 Abs. 2 VwGG müssen nicht die Intensität "rechtlicher Interessen", wie sie etwa § 21 Abs. 1 VwGG verlangt, erreichen. Entsprechendes gilt wohl auch für das Interesse am Unterbleiben der weiteren Zahlung der Individualzulage bei Vorliegen der Voraussetzungen für eine Ruhestandsversetzung.

Den - oben umschriebenen - öffentlichen und beteiligten Interessen steht nach dem Vorbringen im Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der - vorübergehende - Entfall der Differenz zwischen Aktiv- und Ruhebezügen sowie insbesondere der zivilrechtlichen Ansprüche des Beschwerdeführers auf Grund einer Vereinbarung gemäß § 9 BB-SPG mit jenem Unternehmen, dem er zur Dienstleistung zugewiesen ist, gegenüber. In diesem Zusammenhang geht auch der Antrag davon aus, dass dieser Entfall aus der Sicht des Beschwerdeführers im Fall der Stattgebung der vorliegenden Beschwerde kein endgültiger wäre. Zwar wird behauptet die zivilrechtliche Vereinbarung mit dem genannten Unternehmen sei dahingehend zu verstehen, dass die in Rede stehende Individualzulage im Falle der rückwirkenden Beseitigung der Ruhestandsversetzung infolge einer erfolgreichen Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof vom Unternehmen nicht nachgefordert werden könnte; ein Bescheinigungsmittel, bzw. eine nähere Begründung, welche diese These glaubhaft zu machen geeignet wäre, enthält der vorliegende Antrag freilich nicht. Das in diesem Zusammenhang vorgelegte Urteil des Oberlandesgerichtes Wien geht davon aus, dass es für die Gebührlichkeit der Individualzulage auf die faktische Arbeitsleistung nicht ankomme, insbesondere wenn deren Erbringung durch ein Verhalten des Zuweisungsunternehmens vereitelt wurde; diese Überlegung dürfte wohl auch im Falle einer nach dem Beschwerdevorbringen vom Zuweisungsunternehmen ausdrücklich beantragten ungerechtfertigten und vom Verwaltungsgerichtshof rückwirkend aufgehobenen Ruhestandsversetzung zutreffen. Jedenfalls geht aber der Antrag davon aus, dass - bei endgültigem Entfall der Verpflichtung zur Zahlung der Individualzulage durch das Unternehmen - im Fall einer Bescheidaufhebung jedenfalls der Bund diese Individualzulage nachzuzahlen hätte.

Auf Basis dieser Antragsbehauptungen stünde dem oben dargelegten öffentlichen Interesse bzw. dem beteiligten Interesse des Unternehmens das private finanzielle Interesse des Beschwerdeführers am Unterbleiben eines vorübergehenden Entfalls der - der Höhe nach freilich nicht unbeträchtlichen - Individualzulage sowie der Differenz zwischen Aktiv- und Ruhebezügen gegenüber.

In diesem Zusammenhang kommt aber die oben wiedergegebene Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zum Tragen, wonach eine Abwägung solcher Vor- und Nachteile eine umfassende Information über die Einkunfts- und Vermögensverhältnisse des Antragstellers erfordert hätte, welche der vorliegende Antrag aber nicht enthält.

Soweit der Beschwerdeführer schließlich sein Interesse an der Aufhebung der grundlosen Dienstfreistellung, in Ansehung derer ihm kein subjektives Recht zusteht (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2010/12/0125), ins Treffen führt, ist ihm entgegenzuhalten, dass keine Indizien dafür vorliegen, wonach im Falle der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung diese Dienstfreistellung in absehbarer Zeit aufgehoben werden würde.

Aus diesen Erwägungen war der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 30 Abs. 2 VwGG aufzuheben.

Wien, am

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Normen
AVG §8;
BDG 1979 §15a;
VwGG §21 Abs1;
VwGG §30 Abs2;
Schlagworte
Interessenabwägung
Besondere Rechtsgebiete Beamten-Dienstrecht
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2013:AW2013120006.A00
Datenquelle

Fundstelle(n):
HAAAF-52084